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HISTORISCHES & AKTUELLES:
Nazi-Jäger und ihre Aktivitäten:
Töten, Entführen, der juristischen Verfolgung zuführen
Zuletzt AKTUALISIERT am 29.03.2025 !
BUNDESPRÄSIDENT STEINMEIER bekennt sich am 19.04.2023 zur deutschen Verantwortung für die NS–Verbrechen zum 80. Jahrestag des Gedenkens an den Warschauer Aufstand: „Für uns Deutsche kennt die Verantwortung vor unserer Geschichte keinen Schlussstrich. Sie bleibt uns Mahnung und Auftrag in der Gegenwart und in der Zukunft. Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass viel zu wenige andere Täter sich verantworten mussten nach dem Krieg. Ich stehe heute vor Ihnen und bitte um Vergebung für die Verbrechen, die Deutsche hier begangen haben."
Seiteninhalt:
- NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers von NS-Verfahren - Geplante und Kontrollierte Nazi-Jäger-Aktionen der Selbstjustiz: Jagen, Aufspüren und TÖTEN NS-Belasteter Personen
- Geplante und Kontrollierte Nazi-Jäger-Aktionen: Jagen, Aufspüren, ENTFÜHREN und Zuführen NS-Belasteter Personen zur juristischen Aufarbeitung
- Geplante und Kontrollierte Nazi-Jäger-Aktionen: Jagen, Aufspüren und ZUFÜHREN NS-Belasteter Personen zur juristischen Aufarbeitung mittels historischer NS-Forschung und Archivnutzungen
- Geplante und Kontrollierte Nazi-Jäger-Aktionen: Jagen, Aufspüren und ÖFFENTLICHES BENENNEN und BELEIDIGEN von NS-Belasteten zur symbolpolitischen öffentlichen Konfrontation
- Aktuelle Thematisierungen von Nazi-Jäger-Aktivitäten und Nazi-Beleidigungen beim Amtsgericht Mosbach seit 2022
- YouTube-Videos zu Nazi-Jäger-Aktivitäten
- Stellungnahme der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen Sachverständigen aus Kitzingen zu sogenannten Nazi-Jäger-Aktivitäten auch in der IN DER NS-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG NACH 1945
- Beantragte Stellungnahmen bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen und Gutacherin aus Kitzingen zur Nazi-Jagd im Rahmen der NS-Vergangenheitsbewältigung
9.1 Beantragte Stellungnahme bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Kitzingen zur Einordnung des Nazi-Jäger-Typus für den zu begutachtenden Antragsteller von NS-Verfahren
9.2 Beantragte Stellungnahme bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Kitzingen zur Beteiligung des zu begutachtenden Antragstellers von NS-Verfahren an der Nazi-Jagd nach dem KZ-Wachmann John Demjanjuk, NS-Prozessen und Urteilen des 21. Jahrhunderts
9.3 Beantragte Stellungnahme bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Kitzingen zur Ablehnung der Kontinuität von Nazi-Funktionseliten seitens des Antragstellers von NS-Verfahren im Rahmen der NS-Vergangenheitsbewältigung sowie zur historischen und aktuellen Nazi-Jagd nach 1945
9.4 Beantragte Stellungnahme bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Kitzingen zur "Ablehnung des Nationalsozialismus" als Begründung für die Einschränkung von Sorgerecht
ZENTRALE STELLE DER LANDESJUSTIZVERWALTUNGEN
ZUR AUFKLÄRUNG NATIONALSOZIALISTISCHER VERBRECHEN
Stellenausschreibungen
Wir suchen ab 1. Januar 2023 sowie ab 1. Juni 2023 jeweils (m/w/d)
eine Staatsanwältin / einen Staatsanwalt,
eine Richterin / einen Richter oder
eine Polizeibeamtin / einen Polizeibeamten (gehobener Dienst)
als Dezernentin / Dezernenten bei der Zentralen Stelle.
Unsere Aufgabe besteht darin, das gesamt erreichbare Material über nationalsozialistische Verbrechen im In- und Ausland zu sammeln, zu sichten und auszuwerten. Hauptziel ist es, nach Ort, Zeit und Täterkreis begrenzte Tatkomplexe herauszuarbeiten und festzustellen, welche daran beteiligten Personen noch strafrechtlich verfolgt werden können. Zur Bewältigung unserer Aufgabe ordnen die Länder Richterinnen / Richter und Staatsanwältinnen / Staatsanwälte für zumeist zwei Jahre nach Ludwigsburg ab. Für die Stelle kommt gleichermaßen eine Polizeibeamtin / ein Polizeibeamter des gehobenen Dienstes in Betracht.
Ihre Fragen beantworten wir gerne unter (07141) 49 87 70. Die Interessenbekundung und Bewerbung hat dann auf dem Dienstweg zu erfolgen. Wir freuen uns auf das Telefonat mit Ihnen!
https://zentrale-stelle-ludwigsburg.justiz-bw.de/pb/
1. NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach
Nach Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg mit Beschluss vom 15.12.2022 - 6 S 1420/22 - unterliegt der Nationalsozialismus nicht der grundrechtlich geschützten Weltanschauungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG.
Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat, insbesondere zu beantragten NS- und Rechtsextremismus-Strafverfahren, bisher ausdrücklich und EXPLIZIT versagt und NICHT ausgestellt.
Auch für die beim Amtsgericht Mosbach beantragten Wiederaufnahmeverfahren, amtsseitigen Verfügungen und gerichtlichen Prüfungen in NS- und Rechtsextremismus-Angelegenheiten verweigert das Amtsgericht Mosbach ordnungsgemäße Eingangs- und Weiterbearbeitungsbestätigungen mit konkreten Sachverhaltsbenennungen.
Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>
»Mein Überleben musste einen Sinn haben«: Der Holocaust-Überlebende, der zum Nazijäger wurde – Von der Macht des Glaubens und der menschlichen Stärke Gebundene Ausgabe – 15. März 2023
von Josef Lewkowicz (Autor), Michael Calvin (Autor), Ulrike Strerath-Bolz (Übersetzer) »Das war meine Bestimmung«, ist Josefs feste Überzeugung: Er überlebte die Zwangsarbeit im Konzentrationslager von Płaszów unter dem später durch »Schindlers Liste« berüchtigt gewordenen »Schlächter von Płaszów«, Amon Göth. Er überstand die Hölle von Auschwitz und Mauthausen, dank aus der Not geborenem Geschick, Glück und einem unerschütterlichen Glauben, der ihm bis heute Kraft gibt. All das, so ist er überzeugt, um nach seiner Befreiung selbst die Bestrafung seines ehemaligen Peinigers Göth herbeizuführen, indem er ihn im Auftrag der Amerikaner persönlich stellte. Und um zum Retter hunderter jüdischer Waisenkinder zu werden, die er unter großem Einsatz aufspürte und aus oft furchtbaren Lebensumständen befreite. »Mein Überleben musste einen Sinn haben« sagt Josef Lewkowicz heute – und er tat alles, um das wahr zu machen.
1.1 Gerichtlich verfügte Beauftragung der forensischen Sachverständigen aus Kitzingen durch das Amtsgericht Mosbach bezüglich der gerichtlichen und außergerichtlichen Anti-Nazi-Aktivitäten des Antragstellers von NS-Verfahren
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten.
Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel 6, 8 und 9 auf dieser Seite.
Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU AKTIVITÄTEN VON SOGENANNTEN NAZI-JÄGERN auch in der IN DER NS-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG NACH 1945 bis heute am Beispiel des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach in 2022 mit seinen jahrelangen Bemühungen um die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.
Das Amtsgericht Mosbach hat jedoch seit dem 03.06.2022 eine gemäß § 158 StPO ordnungsgemäße Eingangsbestätigung mit den Benennungen der Konkreten Eingabedaten, der Konkreten Sachverhaltsbenennungen mit einer kurzen Zusammenfassung der Angaben zu Tatzeit, Tatort und angezeigter Tat bisher ausdrücklich und explizit versagt und NICHT ausgestellt. Siehe dazu auch Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS- und Rechtsextremismusverfahren >>>
KZ-Aufseherinnen im Visier der Fahnder in »Ost- und Westdeutschland
In aufwendiger Recherche hat der Autor die Biografie dreier ehemaliger KZ-Aufseherinnen und einer ehemaligen politischen Gefangenen als Beispiel dafür zusammengestellt, wie unterschiedlich solche Fälle nach dem Ende des NS-Regimes in Ost und West behandelt wurden. Anhand zahlreicher historischer Belege zeichnet er die Lebensbilder dieser Frauen und ihre grausamen Taten nach. Die unterschiedliche Vorgehensweise in der Strafverfolgung dieser Täterinnen in beiden deutschen Staaten und die aufgezeigten Versäumnisse stimmen nachdenklich. Manche von ihnen entgingen jeder Strafe und konnten reuelos bis zum Ende ihrer Tage ein unbeschwertes Leben führen.
Unser Nationalsozialismus: Reden in der deutschen Gegenwart Gebundene Ausgabe – 25. Januar 2023
Unnachahmlich treffsicher nimmt der Historiker Götz Aly den keineswegs immer »vorbildlichen« Umgang der Deutschen mit ihrer nationalsozialistischen Vergangenheit in den Blick: Oft ist von »den Tätern« die Rede, wenn es um die NS-Verbrechen geht, von »der SS« oder »den Nationalsozialisten«. Doch es waren Hunderttausende Deutsche, die aktiv Menschheitsverbrechen ungeheuren Ausmaßes begingen, und viele Millionen, die diese billigten, zumindest aber geschehen ließen. Götz Aly setzte sich in seinen Reden der vergangenen Jahre, von denen die wichtigsten in diesem Band versammelt sind, immer wieder mit den vielfältigen Praktiken auseinander, die Schuld auf möglichst kleine Gruppen und Unpersonen abzuschieben. Doch auch wenn sich mancher dagegen sperrt, so zeigt Götz Aly, es bleibt »Unser Nationalsozialismus«. Seine Maxime lautet: Die Vergangenheit nicht »bewältigen«, sondern vergegenwärtigen. So lässt sich daraus lernen. »Götz Aly (hat) uns vor Augen geführt, dass kein deutscher Staatsbürger sich heute davon freisprechen kann, vom Holocaust möglicherweise profitiert zu haben. Es bleibt die Schuld, die von allen beglichen werden muss.« Patrick Bahners zur Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises 2018 an Götz Aly
2. Geplante und Kontrollierte Nazi-Jäger-Aktionen der Selbstjustiz: Jagen, Aufspüren und TÖTEN NS-Belasteter Personen
Insbesondere in der unmittelbaren Nachkriegszeit war das Töten von Nazis ein offizielles Thema mit Todesurteilen nach einer juristischen Aufarbeitung oder ein aber inoffizielles Thema der Selbstjustiz. Beispiele filmischer Thematisierungen sind u.a. :
- 27.01.2023 - ARD Doku-Serie : Shlomo - Der Goldschmied und der Nazi >>> Nach dem Aufstand und Ausbruch aus dem KZ Sobibor schließt sich Shlomo zunächst den russischen Partisanen zur Bekämpfung der Nazi-Besatzung an. SIEHE AUCH: NAZI-JAGD >>> juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen sowie Aufspüren und Töten von Nazis in Selbstjustiz >>>
- 22.01.23 - ARD - Das Erste TAORT - Lenas Tante : SIEHE AUCH: NAZI-JAGD >>> juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen sowie Aufsprüren und Töten von Nazis in Selbstjustiz >>>
- Schatten der Mörder
Schatten der Mörder – Shadowplay (internationale Titel Shadowplay, The Defeated) ist eine deutsch-kanadische Fernsehserie von Måns Mårlind mit Taylor Kitsch als US-amerikanischem Polizisten Max McLaughlin und Nina Hoss als deutscher Hauptkommissarin und studierter Semiologin Elsie Garten. Sie spielt im Sommer des Jahres 1946 im stark zerstörten Nachkriegs-Berlin. Am 10. Oktober 2020 hatte die Serienproduktion ihre Weltpremiere auf dem Filmfestival Canneséries, nahm aber nicht am Wettbewerb teil. Die Originalfassung wurde in acht Folgen produziert, im ZDF fand die Erstausstrahlung der Serie jedoch in vier Episoden in Spielfilmlänge ab dem 30. Oktober 2020 statt
https://de.wikipedia.org/ - Inglourious Basterds
Inglourious Basterds (absichtliche Falschschreibung für englisch Inglorious Bastards, etwa: „Unrühmliche Mistkerle“) ist ein am 20. August 2009 erschienener US-amerikanisch-deutscher, kontrafaktischer Kriegsfilm von Quentin Tarantino.
https://de.wikipedia.org/ - Hunters (2020) ist eine US-amerikanische Fernsehserie, die seit Februar 2020 auf Prime Video ausgestrahlt wird. Sie erzählt eine fiktive Geschichte und handelt von der namensgebenden Gruppe, die in den USA der 1970er Jahre Nazis jagt, um sie von der weiteren Infiltration der US-Gesellschaft abzuhalten und sich an ihnen für ihre Verbrechen zu rächen. Kritisiert wurde die Serie unter anderem von der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau.
https://de.wikipedia.org/wiki/Hunters_(2020)
„Tatort"-Kritik „Murot und das 1000-jährige Reich“
Alt-Nazi mit Schnappatmung
20.10.2024 - 21:45 Uhr
„Tatort-Kritik „Murot und das 1000-jährige Reich“: Alt-Nazi mit Schnappatmung
Der Wind hat sich gedreht: von Strelow (Ludwig Simon, li.) nimmt Sonderermittler Rother (Ulrich Tukur) in die Zange. Wir haben gesehen: „Murot und das 1000-jährige Reich“ mit dem großartigen Ulrich Tukur in einer Doppelrolle.
Lokales: Tom Hörner (hör)
- Tom Hörner
- Was taugt „Murot und das 1000-jährige Reich“. Der neue „Tatort“ aus „Wiesbaden“ im Schnellcheck.
- Die Handlung in zwei Sätzen Murot (Ulrich Tukur) und seine Assistentin Wächter (Barbara Philipp) warten am Frankfurter Flughafen auf die Auslieferung des Alt-Nazis Hagen von Strelow, der dem LKA-Fahnder vor 20 Jahren durch die Lappen ging. Doch der eigentliche Film spielt in den letzten Kriegstagen auf einem Dorf und erzählt davon, wie von Strelow zum Verbrecher wurde.
Zahl der Leichen elf, wenn man einen vom Parade-Nazi Hagen von Strelow (Ludwig Simon) erschossenen Dorfhund mitzählt.
Der doppelte Tukur Natürlich spielt Ulrich Tukur den Sonderermittler Rother genau so glaubhaft wie seinen angestammten Murot – wobei sich beide Figuren gar nicht so unähnlich sind. Ganz großes Kino: Der vor der versammelten Dorfgesellschaft musizierende Rother, der erst des „Führers“ Lieblingslied anstimmt, um dann unvermittelt in den britischen Schmähsong „Hitler Has Only Got One Ball“ zu verfallen.
Zwischentöne Aber natürlich kriegt auch Rother sein Fett weg – etwa wenn Barbara Philipp, die eine untergetauchte Jüdin spielt, über den sich ums Trinkgeld drückenden Polizisten lästert: „Nazi – und dann auch noch geizig!“ Denn eines ist klar: Zum Widerstandskämpfer wird der hoch dekorierte Polizist erst, als er alles daran setzt, dass ein verlorener Krieg nicht noch mehr in die Länge gezogen wird und noch mehr Opfer kostet.
Unser Fazit Dichter Plot mit famosem Schluss und einem in Schnappatmung verfallenden Alt-Nazi im Flieger.
https://www.stuttgarter-zeitung.de/
Murot-„Tatort“ im Ersten:
„Eines Tages werden Sie zur Rechenschaft gezogen“
Von Heike Hupertz
20.10.2024, 15:24Lesezeit: 3 Min.
Mordermittlung im Frühjahr 1944: Ludwig Simon (li.), Barbara Philipp und Ulrich Tukur in „Murot und das 1000-jährige Reich“
Im „Tatort: Murot und das 1000-jährige Reich“ tritt Ulrich Tukur als Ermittler im Jahr 1944 und in der Gegenwart auf. Es geht um Kriegsverbrechen, Indoktrination und späte Sühne. Den besten Part gibt Barbara Philipp.
Geschichte ist Trumpf im neuen Murot-„Tatort“ des Hessischen Rundfunks, der, wie bei einer archäologischen Ausgrabung, Schicht für Schicht Einsicht in das Gewordene der Gegenwart freilegt. Der Frühling sprießt an diesem Ort, scheinbar jenseits der Zeitläufte, mit schönsten Blüten. Die Uhr scheint stehen geblieben im hessischen Fachwerkdorf jenseits des Limes, dort, wo der Naturpark Taunus 2000 Jahre Geschichte präsentiert. Nahebei liegt das Römerkastell Saalburg, im Jahr 90 nach Christus erstmals befestigt. 1897 ließ sich Kaiser Wilhelm II. von Archäologen überzeugen, ein Wiederaufbau könne den Herrschaftsanspruch des Deutschen Reichs in Stein manifestieren. Wilhelm II. und das Römische Reich – das gefiel.
Auf dem Weg nach Neu-Anspach liegt der Hessenpark. Mehr als 100 historische Fachwerkhäuser wurden hier seit 1974 aufgebaut und bilden eine künstlich angelegte dörfliche Struktur. Auch sie sind materielle Zeitzeugen, Stein und Holz als Manifestationen der harten Lebensweisen früherer Jahrhunderte. Heute sind beide Örtlichkeiten Touristenattraktionen, zeigen hier den Traum des deutschen Kaisers von der Weltherrschaft, dort die Fiktion bodenständigen Alltags.
Am Tag der Entscheidung in Nordhessen
Geht es nach „Murot und das 1000-jährige Reich“, der größtenteils im Hessenpark spielt, so fand hier im Frühling des Jahres 1944 der eigentliche D-Day statt, noch bevor am 6. Juni 1944 die Landung der Alliierten in der Normandie begann: „Decision Day“, Tag der Entscheidung, der eigentliche Beginn der Befreiung der Deutschen von der NS-Herrschaft. Das ist freilich Humbug und hat in einem „Tatort“-Krimi nichts zu suchen?
Wer die bisherigen Murot-„Tatorte“ gesehen hat, weiß, was einen erwartet. Zuallerletzt die übliche Whodunit-Dramaturgie. Hat der Kommissar (Ulrich Tukur) nicht gerade in „Murot und das Paradies“ in seinem Traum vom Glück Adolf Hitler erschossen? Im neuen „Tatort“ könnte er wieder den Lauf der Geschichte ändern.
Zeitsprung: Am Flughafen Frankfurt erwarten Murot und seine Kollegin Magda Wächter (Barbara Philipp) ein Flugzeug aus Argentinien. Ein uralter Mann befindet sich an Bord, ihm soll in Frankfurt, Ort der Auschwitz-Prozesse, späte Gerechtigkeit widerfahren. Es geht um ebenjene Ereignisse im Hessendorf im Frühling 1944.
Dort bleiben Oberst Rother (Ulrich Tukur), Sonderermittler Hitlers, und sein schneidiger Adjutant von Strelow (Ludwig Simon) mit Motorschaden liegen. Nahebei stürzt ein britischer Pilot mit seiner Spitfire ab. Rother kümmert es nicht. Er ist nicht nur kriegs-, er ist ideologiemüde. Man nimmt Quartier im Gasthaus. Die Bedienung Else (Barbara Philipp) erkennt Rother als untergetauchte jüdische Ärztin. Ein Philosophieprofessor (Cornelius Obonya), strammer Nazi, verwartet die Zeit bis zum Endsieg beim Schachspielen. Im Wald liegen vier tote deutsche Soldaten, ein fünfter ist schwer verletzt. Schließlich findet sich auch der Pilot tot in der Dorfkapelle, Schuss ins Herz. Rother ermittelt und beobachtet. Etwa die kleine Waltraud (Viola Hinz), deren „Heil Hitler“-Gruß wie aus der Pistole geschossen kommt.
Video
Trailer:„Murot und das 1000-jährige Reich“
Wer Spannung bei der Aufklärung der Todesfälle sucht, geht hier fehl. Rother ermittelt einmal alles durch. Das im positiven Sinn Irritierende liegt anderswo. „Eines Tages werden Sie für Ihre Taten zur Rechenschaft gezogen. Sie missachten alle Gesetze“, sagt Rother zu dem, der viele Jahrzehnte später im Flugzeug sitzt und, einmal gelandet, beim Anblick der Gespenster der Vergangenheit sich zu Tode erschreckt. Es müssen die Gesetze der Menschlichkeit gemeint sein.
Matthias X. Oberg (Regie und Koautor), Michael Proehl und Dirk Morgenstern (Buch) und die Kamera von Max Preiss spielen mit einer Gegenwart, die sich als historisch gewarnt erkennen müsste. Sie nehmen sich rechte Indoktrination und ihre Auswirkung auf Kinder und junge Erwachsene vor. Das, was Erika Mann in ihrem 1938 in Amerika erschienenen Sachbuch „Zehn Millionen Kinder. Die Erziehung der Jugend im Dritten Reich“ („School for Barbarians“) beschrieben hat. Mithin etwas, das uns heute beschäftigen muss. Zur Aktualität dieses historischen „Tatorts“ gehört das Spiel des Austauschens von Zeiten. In einer Szene singt Rother 1944 im Gasthaus das britische Spottlied „Hitler has only got one ball“, zur Melodie des River Kwai March, als Filmmusik komponiert 1957. Ob Murot hier ein Zeitreisender ist, ein Träumender oder der rächende Geist dieses Kriegsverbrechers, sei hier nicht entschieden. Eines aber sei bestimmt: Barbara Philipp spielt hier famos wie stets.
Der Tatort: Murot und das 1000-jährige Reich läuft am Sonntag um 20.15 Uhr im Ersten.
Quelle: F.A.Z.
https://www.faz.net/
Irgendjemand musste die Täter ja bestrafen
Die Rache der Juden, das Versagen der deutschen Justiz nach 1945 und das Märchen deutsch-jüdischer Versöhnung
Achim Doerfer
Produktbeschreibung
Jüdische Rache und jüdischer Widerstand - ein verdrängtes Kapitel deutscher Erinnerungskultur.
Als Nachkomme von Holocaust-Überlebenden macht sich Achim Doerfer auf die Suche nach einem Gefühl, das nach dem Ende des Nationalsozialismus und dessen gigantischen Verbrechen nicht nur in seiner Familie seltsam blass blieb: der Wunsch nach Vergeltung, nach Rache.
Nicht ohne Grund war der Jubel bei der Tel-Aviv-Premiere von Quentin Tarantinos Film »Inglourious Basterds« groß: endlich eine künstlerische Fantasie, die Jüdinnen und Juden als machtvoll darstellte. Aber es gab Widerstand und Racheakte auch in der Realität: in den Gettos Osteuropas, bei den jüdischen Partisanengruppen, bei der jüdischen Brigade der britischen Armee.
Auch wenn es angesichts des gigantischen Massenmords der Nazis viel mehr hätten sein müssen: Achim Doerfer geht diesen Widerstands- und Rachegeschichten nach, um einer Erinnerungs- und Gedenkkultur, die den Opferstatus von Jüdinnen und Juden in unser aller Köpfe zementiert, etwas entgegenzusetzen. Zumal das Versagen der deutschen Justiz nach 1945 nicht minder gigantisch war: Akribisch listet Doerfer auf, wie die Täter systematisch geschont wurden, Millionen von Opfern keinerlei Gerechtigkeit zuteilwurde - und damit letztlich auch keine gesellschaftliche Perspektive im Nachkriegsdeutschland, weder in der BRD noch in der DDR. Dass mit der massenhaften Wiedereingliederung der Täter auch die von der Mehrheitsgesellschaft viel beschworene und bejubelte Versöhnung zwischen Deutschen und Juden bis heute ein unwürdiges Gedenktheater blieb, ist die bittere Erkenntnis dieses brillanten, wütenden und nachdenklich stimmenden Buches.
- Produktdetails
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- Artikelnr. des Verlages: 4001976
- 1. Auflage
- Seitenzahl: 368
- Erscheinungstermin: 7. Oktober 2021
- Deutsch
- Abmessung: 217mm x 146mm x 32mm
- Gewicht: 548g
- ISBN-13: 9783462050882
- ISBN-10: 3462050885
- Artikelnr.: 61769091
- Herstellerkennzeichnung
- Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG, Verlag
- Bahnhofsvorplatz 1
- 50667 Köln
- verlag@kiwi-verlag.de
- www.kiwi-verlag.de
- +49 (0221) 37685-0
Rezensionen
»Dieses Buch war überfällig. [...] Doerfer dekliniert sie alle durch, die vielfältigen und brutalen Widerstands- und Rachegeschichten, die Überlebende und Zeitzeugen überliefert haben.« Ebba Hagenberg-Miliu General-Anzeiger 20220122
https://www.buecher.de/
Neue Dokuserie: Shlomo - Der Goldschmied und der Nazi
Sendung: NDR Info | 27.01.2023 | 14:00 Uhr
2 Min | Verfügbar bis 27.01.2025
Im Mittelpunkt stehen SS-Lageraufseher Gustav Wagner und der Jude Shlomo Smajzner. Eine Dokuserie über Schuld, Rache und Gerechtigkeit.
https://www.ndr.de/
Shlomo Szmajzner und Gustav Wagner: Der Goldschmied und sein Peiniger >>>
Sobibór - Aufstand im Vernichtungslager der Nazis >>>
Dossier: "Shlomo - Der Goldschmied und der Nazi" >>>
Dramatische Historie: "Shlomo - Der Goldschmied und der Nazi"
Diese beiden Männer wollten nur noch ihrer Vergangenheit entkommen. Doch als sich der ehemalige SS-Mann Gustav Wagner und der jüdische Goldschmied Stanisław "Shlomo" Szmajzner im Jahr 1978 plötzlich in Brasilien gegenüberstehen, ist alles wieder da.
Wagner gehörte zu den brutalsten Nazi-Tätern des 20. Jahrhunderts. Als Lagerspieß des Nazi-Todeslagers Sobibór war er unter den jüdischen Arbeitshäftlingen wegen seines Sadismus und seiner Unberechenbarkeit gefürchtet. Und Shlomo Szmajzner hat das Lager nur überlebt, weil er eine makabere Aufgabe hatte: Er sollte dort Schmuck schmieden für die Nazis, aus dem Gold ermordeter Juden. Gustav Wagner hatte ihn dafür eigens vor der sofortigen Tötung bewahrt. Als Szmajzner seinem Peiniger 35 Jahre später wieder begegnet, stellt sich für ihn die Frage: Rache oder Sühne?
https://www.ndr.de/
Doku-Serie in der ARD-Mediathek | Podcast auf NDR Info
Shlomo und sein schlimmster Peiniger
Stanisław "Shlomo" Szmajzner überlebt das Vernichtungslager Sobibór - und trifft 35 Jahre später seinen Peiniger wieder. Als Doku-Serie und Podcast in der ARD. >>>
Das Gelände des ehemaligen KZ Sobibor in Polen © NDR / WDR
Sobibór - Aufstand im Todeslager der Nazis
Aus dem Vernichtungslager Sobibór kommen im Zweiten Weltkrieg nur wenige Menschen lebend wieder heraus. 1943 aber können einige fliehen. >>>
"Shlomo - Der Goldschmied und der Nazi" - Jetzt neu in der ARD Audiothek
Von Daily Good NewsShlomo Szmajzner hatte im Lager die makabre Aufgabe, Schmuck für die Nazis zu schmieden, aus dem Zahngold der ermordeten Juden. Gustav Wagner, auch die "Bestie von Sobibor" genannt, war ein glühender Nationalsozialist. Er war aufgrund seines Sadismus und seiner Unberechenbarkeit gefürchtet. Rund 250.000 Menschen wurden in Sobibor ermordet, sehr wenigen gelang die Flucht. Shlomo war einer von ihnen. Als er 36 Jahre später, am anderen Ende der Welt in Brasilien, seinem Peiniger wieder begegnet, stellt sich für ihn die Frage: Rache oder Sühne? Shlomo – Der Goldschmied und der Nazi. Podcast von Antonius Kempmann und Martin Kaul mit Johannes Nichelmann und Janis Gebhardt. Alle Episoden in der ARD Audiothek: https://www.ardaudiothek.de/sendung/shlomo-der-goldschmied-und-der-nazi/12295737/ Die dreiteilige TV-Doku "Shlomo - Der Goldschmied und der Nazi" gibt es in der ARD Mediathek: https://www.ardmediathek.de/serie/Y3JpZDovL25kci5kZS80ODY2 Regie: Matthias Kapohl, Redaktion: Ulrike Toma und Christine Adelhardt. Ein Podcast von NDR, WDR und Studio Jot. 2023.
https://www1.wdr.de/
Doku "Shlomo - Der Goldschmied und der Nazi" : Wer war Shlomo Szmajzner?
26. Januar 2023, 16:39 UhrLesezeit: 4 min
Eine Doku über einen Holocaust-Überlebenden - und einen Verdacht.
Von Aurelie von Blazekovic
Es gibt Szenen, ganz nüchtern festgehalten auf Kamera, die sind so unfassbar, dass man das gar nicht glauben mag, wie da einfach ein paar Journalisten drum herumstehen, ihren Job verrichten, mitschreiben und aufzeichnen konnten. Die Kamera war die eines brasilianischen Fernsehsenders im Jahr 1978, das Geschehen spielte sich auf einer Polizeistation in São Paulo ab. Da hatte sich Gustav Wagner zwar gestellt, Chefaufseher des Vernichtungslagers Sobibor, doch er tat so, als wüsste er nichts vom Massenmord. Auf der Polizeistation ist da auch Shlomo Szmajzner, einer der wenigen Überlebenden des Lagers. Er erkennt den Mann sofort, "das ist der Oberscharführer Wagner", sagt er und wendet sich dann vom Reporter ab. Er redet auf Portugiesisch auf Wagner ein, der vom anderen Ende des Raums auf ihn zukommt: "Weißt du, was mir das bedeutet? Hast du dir das mal überlegt? Hast du wirklich nicht den Mut zu sagen, was du getan hast? Sei doch ein Mensch und erzähl die Wahrheit, heute nach 36 Jahren. Sei doch mal ein Mann und erklär dich, schäm dich, und sag die Wahrheit." Wagner steht Szmajzner inzwischen gegenüber, er trägt ein Hemd mit weit offenem Kragen, er zieht an seiner Zigarette. Und er grinst.
https://www.sueddeutsche.de/
Vergangenheit geklärt!
"Tatort: Lenas Tante": Brisante Neuigkeiten über Deutschlands "älteste" TV-Ermittlerin
Im 34. Jahr schiebt Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) in Ludwigshafen Krimidienst. Damit dürfte sie Deutschlands langjährigste TV-Ermittlerin sein. Im "Tatort: Lenas Tante" wurde ihre Rolle nun noch mal neu erklärt, ihre Kindheit und Erziehung aufgedröselt. Was über Lena Odenthal nun bekannt ist!
22.01.2023, 22:15
Im ebenso unterhaltsamen wie anrührenden "Tatort: Lenas Tante" ermittelten die Kommissarinnen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) im Altersheim. Doch nicht nur die Senioren dort standen im Mittelpunkt, sondern auch Lenas 80-jährige Tante Niki Odenthal (Ursula Werner), die ihre Nichte - wohl erstmals - in Ludwigshafen besuchte. Langzeit-Autor Stefan Dähnert, der seine Figur schon lange kennt, erzählte nicht nur eine Krimigeschichte über lange Lebenslinien, er verortete auch die Figur der Lena Odenthal neu. Doch was kam im Krimi über deren Kindheit, Jugend und Charakter neu heraus?
WORUM GING ES?
In einer sehr stimmungsvollen Anfangssequenz verfolgte man als Zuschauer den Weg eines Sarges zur Einäscherung. Als die Flammen das Holz erfassen, war das erschrockene Gesicht des Anlagen-Operateurs zu sehen: Kam da nicht eben ein Arm aus dem Sarg? So oder so - Altenheimbewohner Herrweg überlebte die Verbrennung nicht. Tatsächlich wurde festgestellt, dass der Ü 90-Senior zuvor wohl stark sediert, aber eben nicht tot war.
Kommissarin Johanna Stern (Lisa Bitter) befragte den knuffigen Arzt Dr. Roters (Johannes Dullien), der den Totenschein - fälschlicherweise? - ausstellte. In die Ermittlungen von Odenthal und Stern mischte sich Lenas Tante (Ursula Werner) ein. Die bei ihrer Nichte urlaubende pensionierte Staatsanwältin interessierte sich auffällig "unauffällig" für Lenas aktuellen Fall.
WORUM GING ES WIRKLICH?
So leichtfüßig und dennoch mit Tiefgang wie in "Lenas Tante" erlebt man die beiden taffen Ermittlerinnen aus Ludwigshafen selten. Die geschiedene Zwillingsmutter Johanna Stern darf sich in einen angenehm wurschtigen Nerd-Arzt verlieben, und Lenas Vergangenheit wird einfach mal neu definiert.
Autor Stefan Dähnert, der für seine Heldin schon die zeitlich weit auseinander liegenden persönlichen Liebesgeschichten "Tod im Häcksler" (1991) und "Die Pfalz von oben" (2019) schrieb - beide mit Ben Becker - fügt mit seinem neuen Drehbuch der Odenthal-Biografie ein weiteres Essenz-Kapitel hinzu: Wie wurde Lena zu dem, was sie ist? Ihre hohen Moral-Standards, ihr mitunter manisches Engagement, aber auch das Leiden daran, wurde im Film über das erzieherische Vorbild - Lenas Tante - stimmig und anrührend erklärt.
WAS HAT MAN NEU ÜBER LENA ODENTHAL ERFAHREN?
Lenas Souveränität leidet sichtbar, wenn die resolute Tante auftaucht. In dieser Beziehung steckt viel Vergangenheit - und sie steht durchaus unter Spannung. Im Krimi erfahren wir, dass Lenas Mutter ihre Tochter im Kindesalter verlassen und ins Ausland gegangen ist. Danach ist Lena bei ihrer Tante Niki aufgewachsen, einer kompromisslosen Nazi-Jägerin und Kämpferin, wie man im Film erfährt. Niki scheint in Sachen Gerechtigkeit und Konsequenz ein Vorbild für Lenas Leben und Berufsauffassung zu sein, auch in ihrer Taffness fungierte die alte Dame als "Role Model".
Und doch: Wie in jeder anderen (Quasi)-Mutter-Tochter-Beziehung liegt in hohen Maßstäben auch viel Druck verborgen: Offenbar hatten Tante und Nichte über viele Jahre nur sehr reduzierten Kontakt, besucht wurde Lena von Niki noch nie. Offenbar musste sich die Kommissarin über mehrere Lebensjahrzehnte von der starken Frau und Tante "freischwimmen".
WER SPIELTE LENAS TANTE?
Die Titelfigur des Krimis wurde von Ursula Werner gespielt, die tatsächlich in diesem Jahr - aber erst am 28. September - 80 Jahre alt wird. Werner, die in Berlin aufgewachsen und Schauspiel an der berühmten (späteren) "Ernst Busch"-Schule studierte, war schon in der DDR eine prägende Schauspielerin: In vielen DEFA-Filmen und als Ensemble-Mitglied am Berliner Maxim Gorki Theater (1974 bis 2009) war die nur 1,58 Meter große Mimin zu sehen.
Ihre am meisten gefeierte Filmrolle spielte sie dennoch erst 2008 in Andreas Dresens "Wolke 9". Da verkörperte sie eine Frau, die mit Ende 60 ihren älteren Ehemann für einen noch älteren Mann verlässt. Im Film, in dem sich Werner selbstbewusst nackt zeigt, wird erzählt, dass Liebe und Körperlichkeit im Alter nicht einfach aufhören. Für diese Rolle erhielt Ursula Werner 2009 den Deutschen Filmpreis für die beste weibliche Hauptrolle.
WIE GEHT ES BEIM LUDWIGSHAFENER "TATORT" WEITER?
Der nächste Ludwigshafener "Tatort" trägt den Titel "Gold". Der Krimi ist abgedreht und befindet sich gegenwärtig in der Post-Production, ein Sendetermin steht noch nicht fest. Inhaltlich dürfte es sich um eine eher schräge Geschichte handeln, denn es geht um die Gier nach Gold und den eventuellen Fund des verschollenen Schatzes der Nibelungen.
Der Film (Drehbuch: Fred Breinersdorfer und Katja Röder, Regie: Esther Wenger) erzählt von einem verschwundenen Bankfilialleiter mit einer Passion für Ritterspiele. Im Zuge der Ermittlungen werden versteckte Goldmünzen gefunden, offensichtlich etliche Jahrhunderte alt. Münzspezialist Albert Dürr, Kurator im Wormser Nibelungen-Museum, bestätigt den historischen Fund. Heino Ferch spielt neben Ulrike C. Tscharre mal wieder eine Episodenhauptrolle in einem "Tatort".
https://www.weser-kurier.de/
SO WIRD DER „TATORT“
Der Besuch der alten Tante
KULTUR
Stand: 22.01.2023 | Lesedauer: 3 Minuten
Elmar Krekeler
Von Elmar Krekeler
Redakteur Feuilleton
Wenn ein alter Mann im Heim stirbt, muss das nicht unbedingt am deutschen Pflegeelend liegen. Der neue Ludwigshafener „Tatort“ beginnt als handelsüblicher Thesenfall – und endet als finsterer Zeitgeschichtskrimi. Zum Glück.
Friedrich Dürrenmatt hat ja Diverses geschrieben, das heute fast nur noch als Titelverballhornung existiert. „Der Richter und sein Henker“ zum Beispiel. Das ist natürlich schade und ein erheblicher Kulturverlust.
Manch einer ist ja gar nicht mehr gewahr, was es bedeutet, wenn man eine nicht mehr ganz junge Frau, die man ziemlich lange nicht gesehen hat, beispielsweise vom Bahnhof abholt.
Was Lena Odenthal tut. Die Frau ist ihre Tante und war mal Staatsanwältin. Und mit ihr war wahrscheinlich ähnlich ungut Kirschen essen, wie mit ihrer (von Isabelle Huppert gespielten) französischen Kollegin mit dem sprechenden Namen Charmant-Kilman in Claude Chabrols „Geheime Staatsaffären“. Mit der teilt Niki Odenthal die Leidenschaft für ziemlich zeichenhaft ziegelrote Oberbekleidung.
„Lenas Tante“ heißt der 77. Ludwigshafener „Tatort“ nicht sehr überraschend. Dass was folgt, nicht so lustig werden wird wie der Boulevardkracher um Charlies Verwandte, wissen wir schon, als Niki und Lena auf dem schrecklich unbehausten Ludwigshafener Bahnsteig sich noch warmlaufen für jenes Gewitter aus Vorwürfen und Frotzeleien, das den ganzen Fall wie ein roter Faden durchzieht.
Da war da nämlich dieser Sarg, der einer ordnungsgemäßen Verbrennung zugeführt wurde, bis sich der Deckel hob und Finger verzweifelt ins Freie grabbelten. Was sehr nach Edgar Wallace aussah, dem Mann im Sarg aber nicht half. Fritz Herrweg starb – rechnet man seinen fälschlicherweise medizinisch ordentlich und amtlich beglaubigten Tod in seinem Altenpflegeheim dazu – zum zweiten Mal.
Herrweg, ein Motzki vor dem Herrn, den keiner leiden konnte, war aber nicht nur gar nicht tot gewesen, er wäre auch – im Gegensatz zum Attest des untröstlichen und aus Personalnot eingesprungenen Amtsarztes – nicht eines natürlichen Todes gestorben. Insulin in zu hoher Dosis führte zum Ableben des immerhin schon 96-Jährigen.
Der Arzt – ein gemütlicher Mann mit viel Bauch und wenigen Haaren – ist untröstlich. Und kümmert sich rührend um die Aufklärung von Herrwegs wahrer Todesursache und um Lena Odenthals ziemlich attraktive Kollegin Johanna Stern. Die beiden balzen umeinander herum. Aber das führt uns jetzt hier nicht weiter, wie es auch in „Lenas Tante“ zu nichts weiter führt.
Jetzt müssen wir allmählich auf Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“ zurückkommen. Und auf einen kapitalen roten Hering, den uns Stefan Dähnert mit seinem Drehbuch auftischt. Dähnert hat für ein Drama um ein Duell von Greisinnen in einem Altenpflegeheim schon den Gerhart-Hauptmann-Preis bekommen.
Und erst einmal sieht es so aus, als wolle er – das kam schon häufiger vor im „Tatort“ – wieder einmal eine Mördergeschichte aus dem kapitalistisch entleerten Herzen des deutschen Pflegeelends erzählen. Entlang des zweifachen Endes von Fritz Herrweg. Es finden dazu die üblichen Informationsdialoge statt.
Bis zum Hals im braunen Sumpf
Man beginnt schon zu gähnen. Dann ist da Fritzens Enkel, der sich nicht mehr mit beiden Beinen auf dem Boden unserer freiheitlich-demokratischen Rechtsordnung befindet, sondern bis zum Hals im braunen Sumpf. Dann stirbt da noch ein Alter im Altenheim. Am Grab des Fritz Herrweg werden verbotene Nazi-Lieder gesungen, Kränze mit SS-Schwur liegen herum.
Und die Tante in Rot, die Lena vollkommen zu Recht fragt, wie sie es eigentlich so lange in Ludwigshafen ausgehalten hat (Ulrike Folkerts ermittelt im 34. Jahr), wird allen immer unheimlicher. Ist da eine neue Claire Zachanassian unterwegs, die alte Schulden eintreibt, eine Nichte sozusagen jener Rächerin der Vergangenheit aus Dürrenmatts Drama von 1956?
Das sieht alles sehr solide aus. Wird vom Regisseur Tom Lass sehr ruhig erzählt. Wird von allen Beteiligten – angeführt von Ursula Werners Niki Odenthal – mit ziemlicher Lust ausgespielt. Und vermeidet spekulative Klischeefallen auf allen doppelten Böden, auf die Dähnert seine Geschichte schickt.
Lenas Tante verabschiedet sich aus Ludwigshafen und uns in die Woche. Sie darf ruhig wiederkommen. Solange sie es noch kann.
https://www.welt.de/kultur/
ARD-Sonntagskrimi
Der Ludwigshafener »Tatort« im Schnellcheck
Die Tante der Kommissarin erzählt von der Nazijagd, im Pflegeheim sterben die Alten mysteriöse Tode – und Miles spielt den Blues: Der Odenthal-»Tatort« ist gewagt gebaut, geht aber weitgehend auf.
Von Christian Buß
22.01.2023, 15.58 Uhr
Das Szenario:
Wodkadunst, Zigarettenrauch und die zermürbende Last ungesühnter NS-Verbrechen: Kommissarin Odenthal (Ulrike Folkerts) bekommt Besuch von Ihrer Tante (Ursula Werner), einer Staatsanwältin, die sich einst als Nazijägerin einen Ruf erworben hat und an exzessiven Abenden von ihrem Kampf um Aufarbeitung erzählt. Derweil untersucht Odenthal mit der Kollegin Stern (Lisa Bitter) einen Todesfall in einem Pflegeheim, wo ein Patient nach einer Insulinüberdosis fälschlich für tot erklärt wurde, um dann im Krematorium verbrannt zu werden. War das Mord? Handelt es sich bei dem Toten um einen NS-Verbrecher? Und hatte die Tante bei seinem grausamen Ableben die Hände im Spiel?
Der Clou:
Kostenoptimierung bei der Altenpflege, Konzentrationslager während der NS-Zeit: Die Konstruktion dieses Sühne-Krimis ist riskant, da die Parallelführung von der Kasernierung pflegebedürftiger Alter und der Einrichtung von Konzentrationslagern im »Dritten Reich« zur Relativierung einladen könnte. Ein-, zweimal wackelt der Plot, aber am Ende wird er so klar wie korrekt aufgelöst.
Kommissarin Stern in der KZ-Gedenkstätte: Wer war »die Schlange von Natzweiler«? Foto: Benoît Linder / SWR
Das Bild:
SS-Scherge mit Starkstromkabel. Im Zentrum dieses »Tatort« steht ein KZ-Wärter, der als »Schlange von Natzweiler« Lagerinsassen gequält und getötet haben soll. Nur ein einziges, unscharfes Bild existiert von dem Mann aus dieser Zeit. Kommissarin Stern stöbert es in der Gedenkstelle des KZ Natzweiler-Struthof auf.
Der Dialog:
Kommissarin Bitter horcht den Arzt des Pflegeheimes beim Dinner über die Kostenplanung seines Arbeitgebers aus:
Kommissarin: »Lohnt sich das eigentlich für so ein Heim, wenn die Pflegeeinstufung erhöht wird?«
Arzt: »Gibt natürlich einen finanziellen Unterschied. Zwischen den Pflegegraden 2 und 5 das 16-Fache. Da fängt ein Heim erst an, richtig Geld zu verdienen.«
Kommissarin: »Wär es möglich, dass das Heim den Arzt bestochen hat?«
Arzt: »Jede Krankenkasse hat ihren eigenen Sachverständigen, die müssten schon alle bestechlich sein.«
Kommissarin: »Das heißt, wenn ich die Pflegestufe erhöhen wollen würde, müsste ich den Patienten manipulieren? Was müsste ich tun, um den Patienten so richtig runterzupegeln, dass der bei der kassenärztlichen Untersuchung nicht mehr ansprechbar ist?«
Arzt: »Du bist mir unheimlich!«
Mehr zum Thema
»Tatort« über NS-Verbrechen und Seniorenheime: Altenpflege à la McDonald’s Von Christian Buß
Der Song:
»Yesterdays« von Miles Davis . Die Ballade läuft, als die Tante ihrer Nichte am rauchverhangenen Küchentisch erzählt, wie sie zur Nazijägerin wurde – und wie sie der Verjährungsparagraph in den Sechzigerjahren daran gehindert hat, ihren Auftrag zu Ende zu führen. Miles spielt den Blues, die Tante sinniert über die Vergeblichkeit alles Strebens nach Gerechtigkeit.
https://www.spiegel.de/
»Tatort« über NS-Verbrechen und Seniorenheime
Altenpflege à la McDonald’s
Meine Tante, die Nazijägerin: Kommissarin Odenthal erhält Besuch von einer alten Dame – und im kostenoptimierten Altenheim sterben die letzten hochbetagten NS-Verbrecher. Ein riskant gebauter »Tatort«.
Von Christian Buß
20.01.2023, 17.40 Uhr
McDonald’s, Fressnapf, JalouCity, das alles sind Franchise-Marken. Zu Fast-Food, Tierfraß und Rollladen ist in den letzten Jahren ein weiteres Segment im Lizenz-Kommerz hinzugekommen: die Altenpflege.
»Ich bin Franchise-Unternehmerin«, sagt im »Tatort« die Geschäftsführerin eines Seniorenheims, und es klingt eher wie ein Fluch als ein Segen. Die Unternehmerin führt aus: »Drei Mahlzeiten und nachmittags auch noch Kaffee und Kuchen, bei einer Pauschale von 4,30 Euro am Tag. Was denken sich die Leute?« Nun ist einer der 4,30-Euro-Alten zu Tode gekommen und die sowieso schon schmale Pauschale futsch.
Altenverwahrung im Franchise
Die Umstände des Ablebens rufen Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) und Johanna Stern (Lisa Bitter) auf den Plan: Der 96-Jährige war vom Arzt erst für tot erklärt worden, bäumte sich dann aber im Feuer des Krematoriums noch einmal auf. Offenbar war der Alte mit Insulin in den Scheintod gespritzt worden. Der Verdacht: Werden die Bewohner und Patienten in der Franchise-Altenverwahrungsanstalt medikamentös runtergepegelt, um eine höhere Pflegestufe anmelden zu können und so eine höhere Pauschale zu bekommen? Und: Funktioniert Pflege inzwischen tatsächlich nach dem Fast-Food-Prinzip?
Was am Anfang wie ein deprimierender »Tatort« zum Pflegenotstand daherkommt, entwickelt dank der Episodenhauptdarstellerin zwischenzeitlich einen unerwarteten Esprit: Die 79-jährige Ursula Werner (bekannt aus Andreas Dresens Senioren-Erotikdrama »Wolke 9«) spielt die sauf-, rauf- und rauchwütige Tante von Odenthal, die zu Besuch in Ludwigshafen anrückt. »Rauchen Sie genug?«, fragt die alte Dame besorgt in Odenthals Kollegium hinein, das nach früheren Rotweinorgien inzwischen tatsächlich geradezu asketisch lebt. Aber wo die alte Tante ist, da geht es hoch her, und es wird Wodka und Pizza in großen Mengen konsumiert.
»Die Schlange von Natzweiler«
Bei den Besäufnissen taucht die alte Dame tief in die Geschichte ein. Sie hat sich in früheren Jahren einen Ruf als furchtlose Nazijägerin erworben. Ihr Auftauchen und das obskure Ableben des Senioren scheinen in Zusammenhang zu stehen. Der getötete Greis soll einst als »Schlange von Natzweiler« eine KZ-Schreckensherrschaft geführt und mit einem Starkstromkabel Insassen totgeschlagen haben. Kommissarin Stern lässt sich in der Gedenkstelle des Lagers Natzweiler-Struthof in den historischen Kontext einführen; Odenthal wird Zeugin, wie bei der Trauerfeier der mutmaßlichen KZ-Bestie ein Kranz mit dem SS-Wahlspruch »Meine Ehre heißt Treue« aufgestellt wird.
Es ist eine riskante Erzählanordnung, der dieser »Tatort« (Regie: Tom Lass) folgt: in der Gegenwart die kostenoptimierte Kasernierung der pflegebedürftigen Alten, in der Vergangenheit die Einrichtung von Arbeits- und Vernichtungslagern, die das Menschheitsverbrechen ermöglichten. Man könnte verführt sein, das eine Motiv mit dem anderen zu vergleichen und so den Holocaust zu relativieren, die Fallstricke sind im Stoff eingeschrieben. Einmal wundert sich im Film eine bosnische Pflegekraft über das »Land, das Heime baut, um alte Menschen loszuwerden.«
Doch Drehbuchautor Stefan Dähnert, der bereits frühe legendäre Odenthal-Fälle wie »Tod im Häcksler« geschrieben hat, gerät bei seiner mehrmals Haken schlagenden Geschichte nicht in den Verdacht, unfreiwillig den Holocaust zu relativieren. Seine neue Folge fügt sich in eine Reihe von »Tatort«-Produktionen, in denen zuletzt mit Überlebenden aus der NS-Zeit konfrontative Aufarbeitungsdramen entwickelt worden sind, etwa in einer starken Folge aus dem Saarland.
Dass solche Geschichtsaufarbeitungen auch in Pflegeheimen spielen müssen, liegt in der Natur der Sache. Dort leben nun mal die letzten hochbetagten Täter. Und möglicherweise leben sie dort – das ist die grausame Ironie – neben den ebenso hochbetagten letzten Opfern.
Bewertung: 7 von 10 Punkten
»Tatort: Lenas Tante«, Sonntag, 20.15 Uhr, Das Erste
https://www.spiegel.de/
Kino und Realität: Die echten Nazi-Jäger
Jüdische GIs gehen hinter deutschen Linien auf Nazi-Hatz: Der Plot des neuen Tarantino-Films "Inglourious Basterds" klingt irre. Doch tatsächlich jagten nach Kriegsende 1945 jüdische Kommandos SS-Schergen. Einige planten gar einen Sühnemord an sechs Millionen Deutschen - das Gift stand schon bereit.
Von Christoph Gunkel
12.08.2009, 11.27 Uhr
Der Befehl ist unzweideutig: "Wir haben nur eine Aufgabe, eine einzige: Nazis töten", schärft der zackige Offizier Aldo Raine seinen Männer ein. Raine und seine Eliteeinheit treibt ein einziger Gedanke: Rache. "Wir werden grausam zu den Nazis sein. Die Spuren unserer Grausamkeit finden sie in den ausgeweideten, zerstückelten und entstellten Körpern, die wir ihnen zurücklassen", erklärt Raine im neuen Film des US-Regisseurs Quentin Tarantinos kühl. "Nazis verdienen keine Menschlichkeit."
Die Order in "Inglourious Basterds", der am 20. August in den deutschen Kinos anläuft, ist reine Fiktion; mit der historischen Realität hat das Werk kaum etwas gemein: Jüdische GIs sollen im Film im besetzten Frankreich auf Nazi-Jagd gehen und ihrem Anführer sogar die Skalps der von ihnen getöteten Deutschen bringen. Cowboys gegen das "Dritte Reich" - Tarantino hat wieder munter Genres gemischt. "Zeitgeschichte", so hat der Starregisseur jüngst dem SPIEGEL gesagt, "beschränkt meine Figuren. Sie ist ein Korsett für sie." Deshalb fliegt im Film auch die ganze NS-Führungsriege in die Luft.
Die SPIEGEL Gruppe ist nicht für den Inhalt verantwortlich.
Doch trotz aller Überdrehtheiten und Überzeichnungen - es gab tatsächlich großangelegte Rachepläne jüdischer Gruppen, die den Massenmord an den Juden auf eigene Faust sühnen wollten. Mit der slapstickhaften Gewalt à la Tarantino allerdings hatten die nichts zu tun, und sie fanden auch nicht im besetzten Frankreich während des Krieges statt - sondern in Italien, Österreich und Deutschland unmittelbar nach Kriegsende, als jüdischstämmige Soldaten SS-Männer per Standgericht aburteilten und exekutierten. Und einige jüdische Partisanen planten gar einen Rache-Massenmord an den Deutschen, nach der biblischen Losung: Auge um Auge, Zahn um Zahn, sechs Millionen für sechs Millionen.
Racheengel aus Palästina
Chaim Miller bereut bis heute nichts von dem, was er als junger Mann im Sommer 1945 in Norditalien getan hat. "Damals war es genau das Richtige", sagt der 88-Jährige ohne zu zögern. Genau das Richtige bedeutete: Entführen, vernehmen, hinrichten. Heute zählt er viele Deutsche zu seinen Freunden und würde so etwas niemals wieder tun, "doch nach dem Krieg waren die Bedingungen völlig anders". Es habe keinen Staat Israel und kein funktionierendes Rechtssystem gegeben, das die deutschen Verbrechen angemessen hätte verfolgen können. Miller und seine Mitstreiter quälte das Gefühl, dass nur ein paar NS-Größen festgenommen wurden. "Die anderen hat man einfach laufen lassen."
Es ist ein verschlungener Weg, der Miller zum Nazi-Jäger und Rachenengel aus Palästina werden ließ. In Wien geboren, schloss er sich 1934 einer zionistischen Jugendbewegung an und spürte bald den aufkeimenden Antisemitismus in seiner Heimat. Kurz vor dem Krieg gelang ihm auf illegalem Weg die Auswanderung nach Palästina. Dort begann er ein Leben in einem Kibbuz, trat aber schon bald der Palmach bei, einer militärischen Elitetruppe innerhalb der zionistischen Untergrundorganisation Hagana. Weil er fließend Deutsch sprach, landete er in der "deutschen Abteilung" der Palmach - in dieser Spezialeinheit trugen jüdische Kämpfer deutsche Uniformen, wurden nach deutschen Militärlehrbüchern ausgebildet und sangen sogar Wehrmachtslieder. Die "deutsche Abteilung" sollte als schlagkräftige Sabotagezelle hinter den deutschen Linien aktiv werden, falls Hitlers Wüstengeneral Erwin Rommel tatsächlich die Grenzen Palästinas erreichen sollte.
Dazu kam es nicht. Doch die militärische Ausbildung sollte Millers weiteres Leben prägen: Jüdische Soldaten wie er brannten auf einen Kampfeinsatz gegen die Deutschen in Europa - und wurden bitter enttäuscht von den Briten, die damals per Völkerbundmandat über Palästina herrschten. Aus Angst vor dem Unmut der Araber zögerte London den Einsatz jüdischer Kampfeinheiten in der britischen Armee jahrelang heraus. Erst Ende 1944 stimmte Churchills Regierung der Bildung einer "Jüdischen Brigade" innerhalb ihrer Truppen zu. Für Chaim Miller kam die Entscheidung zu spät. Er landete genau am 8. Mai 1945 in Italien. Offiziell war der Krieg da gerade vorbei - nur für Miller und seine Kameraden noch lange nicht.
Todesurteil "im Namen des jüdischen Volkes"
Soldaten der "Jüdischen Brigade" blieben nach Kriegsende in der italienischen Kleinstadt Tarvisio an der Grenze zu Österreich, um zu helfen, jüdische Flüchtlinge nach Palästina zu schleusen. Gleichzeitig bildeten sich kleine Trupps, die nach SS-Leuten mit blutiger Vergangenheit fahndeten. "Wir erhielten Tipps und Namen von Titos Geheimdienst", erzählt Miller. Um nicht aufzufallen, verdeckten die jüdischen Soldaten den Davidstern, der sonst stolz auf ihrer Uniform prangte. Sie wollten aussehen wie normale britische Soldaten.
Die Nazi-Jäger fuhren über die Grenze nach Österreich, gaben sich als britische Militärpolizisten aus und luden gefangene SS-Männer auf ihre Wagen, vorgeblich um sie zur Vernehmung zu bringen. Dann kehrten sie zurück über die Grenze und fuhren in entlegene Waldstücke. "In dem Moment ahnten die meisten, dass wir keine britischen Polizisten sind", erinnert sich Miller. "Sie hatten Angst." Die Entführten wurden verhört, manchmal stundenlang. Man suchte nach verräterischen Blutgruppen-Tätowierungen unter dem Arm, die nur SS-Angehörige hatten. Manche leugneten alles, andere waren geständig. Am Ende urteilte ein Standgericht und verlas ein Todesurteil - "im Namen des jüdischen Volkes".
Was anschließend geschah, nennt Miller nicht beim Namen. Er umkreist es mit Andeutungen, spricht nicht von Exekutionen, sondern von "Dingen", die dann passiert seien. "Sie haben für ihre Verbrechen bezahlt. Sie sind alle im Wald geblieben." Bei zehn Hinrichtungen sei er anwesend gewesen. Einmal habe er selbst abgedrückt. Nur einen Mann ließ seine Gruppe wieder frei, weil sie sich nach dem Verhör unsicher geworden waren. "Wir wollten nur die bestrafen, die nachweislich Verbrechen begangen haben", sagt er.
"Rächt uns!"
Nach drei Monaten endeten die Einsätze, Miller und seine Kameraden wurden in die Niederlande versetzt. "Wir bedauerten das. Sonst hätten wir noch mehr erwischt." Wie viele Nazis es wirklich waren, die der Selbstjustiz zum Opfer fielen, ist bis heute unklar. Schätzungen schwanken zwischen 100 und 300.
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Ganz andere Dimensionen hatte eine jüdische Gruppe im Sinn, die sich "Nakam" nannte, Rache. Ihre Mitglieder hatten einen ganz anderen Hintergrund als die jüdischen Soldaten aus Palästina: Sie hatten Krieg und Judenvernichtung selbst miterlebt. Ihr charismatischer Anführer, der Dichter Abba Kovner, war aus dem Ghetto von Wilna geflohen und hatte seit 1942 als Partisan in den Wäldern außerhalb der Stadt gegen die Deutschen gekämpft.
Von Kovner stammt der Satz, dass sich die Juden "nicht wie Schafe zur Schlachtbank" treiben lassen sollten - eine Formulierung, die lange missverstanden wurde, weil sie wie Kritik an den Opfern klang. So hielt sich lange nach dem Krieg auch unter Historikern die Mär, es habe gar so gut wie keinen bedeutsamen jüdischen Widerstand gegeben.
Kovner hingegen hatte einfach früh die Mordpläne der Nazis durchschaut und zum Kampf aufgerufen - und später zur Vergeltung. "Die Juden schrieben mit ihrem Blut an die Wände der Gaskammern: Rächt uns! Es ist die Pflicht von uns Übriggebliebenen, diese Rache durchzuführen", soll er Ende März 1945 in Bukarest zu Mitstreitern gesagt haben. "Wir müssen der Welt zeigen, dass niemand so viel Blut vergießen kann, ohne dafür entsprechend zu zahlen. Deshalb muss die Rache dieselbe Dimension wie der Nazi-Massenmord haben."
Aktion "Todesbrot"
Akribisch arbeitete die Nakam verschiedene Pläne zur Tötung von möglichst vielen Deutschen aus. Das Trinkwasser in deutschen Großstädten sollte vergiftet werden. Ein Nakam-Mitglied war bereits ins Nürnberger Wasserwerk eingeschleust worden und hatte herausgefunden, welche Leitungen in welche Wohnviertel führen - so wollte man Opfer unter den Alliierten vermeiden. Doch das Boot, das das Gift aus Palästina nach Europa bringen sollte, wurde von der britischen Polizei durchsucht. Kovner wurde festgenommen, das Gift konnten seine Begleiter noch im Meer versenken. Womöglich wurde Kovner Opfer eines Verrats - die Gegner einer Kollektivstrafe für das Volk der Holocaust-Täter fürchteten, dass eine so ungeheure Racheaktion die geplante Errichtung eines Staates Israel gefährden könnte.
Vergeltungsplan nach Kriegsende: "Nehmt Rache!" Von Gerhard Spörl
"Nehmt Rache!"
Also trat Plan B der Nakam in Kraft, die Aktion "Todesbrot". Wieder wurde ein Verbindungsmann eingeschleust, diesmal in die Nürnberger Genossenschaftsbäckerei, die das US-Internierungslager Langwasser mit Brot versorgte. Dort saßen besonders viele SS-Angehörige ein. Der "Nakam"-Aktivist fand heraus, dass am Wochenende die deutschen Häftlinge dunkles Brot, die US-Wachen jedoch Weißbrot bekamen - der perfekte Zeitpunkt, die Richtigen zu treffen: Am 13. April 1946 brachen mehrere "Nakam"-Mitglieder in die Bäckerei ein und bestrichen die dunklen Brote mit einer Arsen-Lösung - insgesamt 3000 Stück.
Jahrelang glaubten sie, damit Hunderte Deutsche getötet zu haben. Doch die Konzentration des Giftes war zu schwach gewesen. Mehr als 2200 Gefangene erlitten zwar Vergiftungserscheinungen, Hunderten musste der Magen ausgepumpt werden und einige verloren kurzzeitig ihre Sehkraft - doch niemand starb.
Für die Rächer muss das wie eine Szene aus einem bizarren Hollywood-Film geklungen haben: ein Haufen fieser SS-Leute, die sich unter Bauchweh krümmen. Sicherlich surreal genug für einen Tarantino-Film.
https://www.spiegel.de/
Nazi Jagers DVD – Untertitelt, 25. April 2014
Het complete archief: 13 dvd’s + dossiers over de klopjacht op de grootste oorlogsmisdadigers uit de Tweede Wereldoorlog. Doelwitten: Wernher von Braun - Hans Kammler - Arthur Rudolph - Martin Bormann - Dr. Rohde - Hans-Dietrich Ernst - Heinrich Neuschwanger - Joachim Peiper - Franz Stangl - Karl Silberbauer - Albert Speer - Joseph Mengele - Wilhelm Stuckart - Otto Abetz - Reinhard Heydrich - Adolf Eichmann - Klaus Barbie - Ivan Demjanjuk - Hermann Goering - Heinrich Himmler. OPSPOORDERS: Major Robert B. Staver - Simon Wiesenthal - Major Eric Alistair ‘Bill’ Barkworth - Fred ‘Dusty’ Rhodes - SAS UN War Crimes Commission - Mossad Abba Kovner - Joseph Harmatz - Leipe Distel - Jan Kubiš - Jozef Gabcík - Isser Harel - Shimon Avidan - Yona Blatman - Serge & Beate Klarsfeld.
Mit Al Pacino
Nazi-Killerkommandos in New York: Die wilde Serie „Hunters“ hat einen wahren Kern
Dienstag, 18.02.2020, 11:02
Eine bunte Truppe Nazi-Jäger will in den 1970er-Jahren in den USA ein Viertes Reich verhindern: Die neue Amazon-Serie "Hunters" ist ein buntes Technicolor-Drama mit sattem Seventies-Look, schnoddrig-jüdischem Witz, hohem Bodycount - und extremer Beklemmung.
Washington ist infiltriert, Killerkommandos durchstreifen New York, eine Grillparty endet mit einer Massenhinrichtung: Die Nazis sind in der Amazon-Original-Serie "Hunters" (ab 21. Februar) längst nicht besiegt. Im Gegenteil, sie arbeiten 1977 daran, in den USA mit tödlicher Brutalität ein Viertes Reich zu gründen und den Genozid an den Juden zu vollenden.
Die wollen sich das allerdings nicht gefallen lassen: Also versammelt der Holocaust-Überlebende Meyer Offermann (Al Pacino) eine bunt zusammengewürfelte Truppe, um Jagd auf die in aller Öffentlichkeit versteckten Nazis zu machen. Weil die Behörden nichts unternehmen, wollen sie selbst dafür sorgen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Allen voran der junge Jonah (Logan Lerman), dessen Großmutter vor seinen Augen von einem untergetauchten Auschwitz-Mörder hingerichtet wurde. Denn ein Ende haben die Nazi-Schrecken in "Hunters" nicht.
Nun ist "Hunters" nicht die erste Amazon-Serie, die sich mit den Nachwehen des Dritten Reiches beschäftigt. In den vier Staffeln von "The Man In The High Castle" hatten die Achsenmächte den Krieg sogar gewonnen: eine beängstigende Vorstellung, aber eben auch nur eine Vorstellung.
In "Hunters" ist es anders. Die Serie kommt daher wie ein bunter Technicolor-Actiontrip für Erwachsene mit sattem 70ies-Look, schnoddrig-jüdischem Witz und fantasievollen Nostalgieeinschüben. Und doch spielt hier die Realität eine viel größere Rolle, auch wenn die zehn Episoden mit einer äußerst knalligen Optik bebildert und die jüdische Rächer wie Superhelden inszeniert wurden.
Die Beklemmung ist allgegenwärtig, weil Serienschöpfer David Weil Geschichten vom Holocaust verarbeitet hat, die ihm seine Großmutter erzählte. Auch dass tausende Nazis unerkannt in den USA untertauchten und dort sogar von der CIA protegiert wurden, entspricht der Wahrheit.
Der Holocaust ist stets präsent
David Weil macht überhaupt keine Anstalten, dem Publikum den Schrecken des Holocaust zu ersparen. Im Gegenteil: Der millionenfache Mord ist stets präsent, immer wieder zeigen Rückblenden die Gräueltaten der Nazis, die die Überlebenden genauso verfolgen wie die Nachgeborenen. "Die Geschichte wiederholt sich immer wieder", gibt der alte Meyer Offermann dem jungen Jonah mit auf dem Weg. "Auch wenn es immer wieder neue Menschen gibt, die auf ein anderes Ende hoffen."
Die Serie zeigt ganz klar Kante - wider die weltweit zu beobachtenden faschistoiden Tendenzen und die zunehmende Ausgrenzung und Verfolgung Andersdenkender, Andersglaubender, Andersaussehender, Andersliebender. Was ein junger, smarter US-Nazi in regelmäßigen Monologen über natürliche Auslese und Segregation absondert, sind genau die Gedanken, die heute von Politikern formuliert werden, die vom rechten Rand her die Gesellschaft spalten wollen.
Dass David Weil einen diversen Cast einsetzt, dass seine Protagonisten farbig, homosexuell, alt und jung sind, ist das Beste, was er tun konnte. Denn es sind immer die Minderheiten, die Randgruppen, die Nazi-Pöbel zuerst zum Opfer fallen.
Produziert wurde der zehnteilige Verschwörungsthriller vom visionären Regisseur Jordan Peele, der 2018 für den Horrorfilm "Get Out" den Oscar für das beste Drehbuch erhielt. Neben Schauspiellegende Al Pacino und Logan Lerman gehören unter anderem Lena Olin ("Riviera") und "How I Met Your Mother"-Star Josh Radnor zum hochkarätigen Ensemble.
*Der Beitrag "Nazi-Killerkommandos in New York: Die wilde Serie „Hunters“ hat einen wahren Kern" wird veröffentlicht von Teleschau.
https://www.focus.de/
FILM „PLAN A“
„Gib ihnen Hoffnung, und sie tun alles für dich“
Veröffentlicht am 08.01.2022 | Lesedauer: 6 Minuten
Von Britta Schmeis
„Plan A – Was würdest du tun?“
1945 plant eine Gruppe Holocaust-Überlebender die größte Racheaktion der Geschichte: Für jeden ermordeten Juden soll ein Deutscher sterben. Doch kurz bevor der erste Giftanschlag ausgeführt werden kann, wird der Plan aufgedeckt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg planten jüdische Widerstandskämpfer einen verheerenden Rache-Anschlag, sechs Millionen Deutsche sollten vergiftet werden. Die Hintergründe sind bisher kaum bekannt. Der israelische Film „Plan A“ erzählt nun davon – und von zerstörten Menschen, die vom Willen zur Vergeltung am Leben gehalten werden.
Es ist ziemlich zu Beginn, als der Shoah-Überlebende Max der jüdischen Brigade der britischen Armee den entscheidenden Rat erteilt: „Gib ihnen Hoffnung, und sie tun alles für dich“, sagt er. Es ist das perfide Spiel erfolgreicher Kriegsführung: Wer Rettung verspricht, erhält Loyalität – und tötet am Ende doch. Max hat alle Hoffnung verloren, er will Rache. „Ich verdiene es“, sagt jener Max in dem aktuellen Kinofilm „Plan A“. Er nimmt Rache, zunächst innerhalb der jüdischen Brigade. Später schließt er sich einem viel größeren, einem viel ungeheuerlicheren, verheerenden Plan an: Über die Trinkwasserversorgung deutscher Großstädte sollen sechs Millionen Deutsche vergiftet werden – als Vergeltung für sechs Millionen ermordete Juden. Der bis heute wenig bekannte Geheimbund Nakam – hebräisch für Rache – hatte den Vergeltungsschlag geplant...
https://www.welt.de/
NAZI-JÄGER RAFI EITAN †
Seinen ersten tödlichen Auftrag erhielt er mit 17
Veröffentlicht am 24.03.2019 | Lesedauer: 3 Minuten
Von Gil Yaron
Benjamin Netanjahu würdigte ihn als „Helden des Geheimdienstes des Staates Israel“: Rafi Eitan ist mit 92 Jahren in Tel Aviv gestorben. Der Mossad-Agent leitete 1960 die Kommandoaktion zur Festnahme Adolf Eichmanns. Josef Mengele entwischte ihm hingegen.
Die Mission wurde zum Vorbild zahlloser Einsätze israelischer Geheimdienste. Gotthilf Wagner war Anführer der etwa 4000 Mitglieder starken deutschen Templer-Gemeinde im heiligen Land, damals britisches Mandatsgebiet. Das stolze NSDAP-Mitglied war auch als „der kleine Führer“ bekannt.
Wagner hatte allen Deutschen verboten, in Palästina Grundbesitz an Juden zu verkaufen. Damit verhinderte er die Ausweitung Tel Avivs. Deshalb sollte Wagner aus dem Weg geräumt werden. Am 22. März 1946 brachte ein Team von 17 jüdischen Agenten Wagners Wagen in einer Geschäftsstraße der Weißen Stadt zum Stehen.
Der Anführer ging zur Fahrertür, streckte einen Revolver ins Auto und tötete Wagner und einen weiteren Insassen mit Kopfschüssen. Im zarten Alter von 17 Jahren bestand Rafi Eitan so seine Feuertaufe als Berufssoldat. Wagner sollte nicht der letzte Nazi und Feind Israels sein, den Eitan zur Strecke brachte.
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Am Samstag verstarb Eitan im Alter von 92 in Tel Aviv eines natürlichen Todes. Er war einer der letzten Vertreter von Israels Gründergeneration. Politiker, allen voran Premier Benjamin Netanjahu, betrauerten den schillernden Mossad-Agenten als „Helden Israels“. Eitans bekannteste Mission war die Ergreifung des Nazi-Verbrechers Adolf Eichmann in Argentinien.
Eitans zweitberühmtester Einsatz machte ihn umstritten. Denn er war für die Rekrutierung Jonathans Pollards verantwortlich, der die USA, Israels wichtigsten Verbündeten, ausspionierte. Als dieser entdeckt wurde, ließ Eitan ihn fallen. Die Pollard-Affäre belastet das bilaterale Verhältnis bis heute. Und in Israel haben viele Eitans treulosen Umgang mit dem ergebenen Agenten nie verziehen.
Eitan kam 1926 im Kibbuz Ein Harod als Sohn russischer Einwanderer zur Welt. Schon in jungen Jahren, noch vor Beginn von Israels Unabhängigkeitskrieg im Jahr 1948, stellte er seinen Mut unter Beweis. Freunde nannten ihn „Rafi den Stinker“, in Erinnerung an einen Einsatz, in dem er sich durch Abwasserkanäle an eine britische Radarstation in Haifa herangepirscht und diese gesprengt hatte.
Eichmann-Entführung – „Eine meiner leichteren Missionen“
Dies sollte es Schiffen mit jüdischen Flüchtlingen ermöglichen, die Küste des britischen Mandatsgebiets unbemerkt zu erreichen. Im Krieg wurde er mehrmals verletzt, verlor sein Gehör und einen Teil seines Sehvermögens. Hörgerät und eine dicke Brille wurden zu seinem Markenzeichen.
In den 50er-Jahren gründete Eitan das Einsatzkommando des Mossad, Israels Auslandsgeheimdienst. In dieser Funktion befehligte er 1960 die legendäre Verhaftung Adolf Eichmanns in Argentinien, und dessen Verschleppung nach Israel. Der Eichmann-Prozess war ein Meilenstein in Israels Geschichte.
Eitan bezeichnete den Einsatz indes als „eine meiner leichteren Missionen“. Dank seiner Erfolge wurde Eitan in den 80er-Jahren Chef des „Büros für wissenschaftliche Beziehungen“, das Waffensysteme befreundeter Staaten ausspionierte. Deshalb rekrutierte er Pollard, ein Mitglied der US Navy, der Israel eine Fülle geheimer Dokumente zukommen ließ.
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Doch als das FBI Pollard enttarnte, gab Eitan Anweisung, Pollard in der israelischen Botschaft in Washington kein Asyl zu gewähren. Pollard wurde gefasst und zu 30 Jahren Haft verurteilt und kam erst 2015 wieder frei. Eitan bezeichnete dies später als „meinen berühmtesten Fehler. Ich bedauere ihn von ganzem Herzen“.
Washingtons Zorn über die Pollard-Affäre beendete Eitans Karriere. Er wurde ein erfolgreicher und wohlhabender Geschäftsmann. Im Jahr 2006 machte er als Politiker ein Comeback. Als Vorsitzender der „Rentner“-Partei errang er sieben Sitze in der Knesset und diente drei Jahre als Rentenminister.
Im öffentlichen Leben spielte der Held bis zuletzt eine umstrittene Rolle. Erst vergangenes Jahr löste der ehemalige Nazijäger in seiner Heimat Aufruhr aus, als er in einer Videobotschaft überraschend seine Unterstützung für die AfD bekundete. Eitan hinterließ eine Frau, drei Kinder und Enkel.
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Wie der Mossad bei der Jagd nach Nazis versagte
Der Mossad gilt als bester Auslandsgeheimdienst der Welt. Eine historische Kommission hat seine Jagd nach NS-Verbrechern analysiert: Eine Ansammlung von falschen Spuren, Fehlern und Pannen.
Veröffentlicht am 23.11.2017 | Lesedauer: 30 Minuten
Von Yossi Melman
Am Abend des 11. Mai 1960 steigt Riccardo Klement um 20.04 Uhr in einem entlegenen Vorort von Buenos Aires aus einem Bus der Linie 203. Der 54-jährige Mann hat seine Schicht im argentinischen Werk von Mercedes-Benz hinter sich und ist auf dem Weg nach Hause. Wie jeden Abend knipst er in der fast menschenleeren Gegend seine Taschenlampe an und macht sich im Dunkeln auf den Weg in eine ärmliche, einsame Baracke ohne Strom- und Wasseranschluss in der Garibaldi-Straße, wo er mit seiner Frau und seinen vier Söhnen seit einigen Jahren lebt.
Nach ein paar Metern wird Klement von einem Mann angesprochen, der vor einem Auto wartet. Der Wagen hat offenbar eine Panne, die Motorhaube steht offen. „Momentito, señor!“, sagt der Fremde, doch Klement reagiert misstrauisch. Dann geht alles ganz schnell. Klement wird von dem Fremden und anderen Männern, die aus dem Auto springen, überwältigt. Er ruft um Hilfe, doch das Motorgeräusch übertönt seine Stimme. Dann zerren die Männer ihr Opfer auf die Rückbank des Wagens und bringen Riccardo Klement in eine abgelegene Villa am anderen Ende der Stadt. „Seien Sie ruhig, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist“, sagt einer der Männer zu Klement. Der wehrt sich nicht mehr und antwortet: „Ich ergebe mich meinem Schicksal.“
In der Villa wird Klement untersucht. Auf der Innenseite des linken Oberarms entdecken die Entführer eine Narbe. Dann wird Riccardo Klement verhört. „Ist das ihr einziger Name? Hatten Sie auf dem Oberarm eine SS-Nummer tätowiert? Wie heißen Sie wirklich?“ Klement leugnet etwa eine Viertelstunde lang. Dann gibt er auf.
Denn Riccardo Klements wirklicher Name ist Adolf Eichmann. Als Obersturmbannführer der SS war er an zentraler Stelle verantwortlich für die Deportation und Ermordung von sechs Millionen Juden. Nach dem Sieg der Alliierten über Deutschland war Eichmann erst in der Lüneburger Heide abgetaucht. 1950 gelang es ihm dann mithilfe brauner Seilschaften und eines nazifreundlichen Bischofs im Vatikan, über Südtirol nach Argentinien auszuwandern.
Eichmann wurde in Buenos Aires von Lothar Herrmann, einem Überlebenden des Holocaust, zufällig erkannt. Herrmann, ein deutschstämmiger Jude, informierte einen alten Freund in Deutschland: den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer. Der war 1936 vor den Nazis nach Dänemark und später nach Schweden geflohen, wo er mit Willy Brandt im Widerstand arbeitete. Er machte sich auch in der jungen Bundesrepublik keine Illusionen über die deutschen Behörden, die oft noch mit ehemaligen Nazis durchsetzt waren. Bauer wollte sicherstellen, dass Eichmann gefasst wird – und informierte den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad.
Der Rest ist Legende. Die Entführung von Adolf Eichmann, dem Cheflogistiker der Schoah, gilt als Meisterstück des Mossads. Obwohl sie keine Waffen bei sich trugen und auf fremdem, 12.000 Kilometer von der Heimat entfernten Territorium agierten, gelang den Agenten die vom israelischen Ministerpräsidenten David Ben Gurion persönlich befohlene Aktion. Die Nachricht von Eichmanns Verhaftung und der anschließende Prozess in Jerusalem machten weltweit Schlagzeilen. Adolf Eichmann wurde in Jerusalem zum Tode verurteilt und am 1. Juni 1962 in Ramia bei Tel Aviv gehängt. Das Signal schien klar: Wo immer sich NS-Kriegsverbrecher auf der Welt auch versteckten, der Mossad würde sie kriegen. Alle.
Doch ein vertraulicher Bericht, den der Mossad 2017 von seiner Historischen Kommission ausarbeiten ließ, räumte mit diesem Mythos gründlich auf. Die allermeisten NS-Täter kamen ungeschoren davon. Die Agenten des Mossads haben nicht jeden Stein umgedreht und sind nicht jeder Spur in alle Welt gefolgt – selbst wenn sie klare Hinweise auf Täter und ihre Verstecke hatten. Über Jahre wurde die Jagd auf NS-Mörder sogar fast ganz eingestellt.
Die Autoren der dreibändigen Mossad-Studie machten keinen Hehl daraus, dass es sich um ein Dokument der Enttäuschung handelt. Das wird bereits im Titel deutlich, der sich auf einen der Sprüche Salomons bezieht. Er lautet: „Wolken und Wind, jedoch kein Regen: Auf den Spuren von NS-Kriegsverbrechern, die keine Strafe ereilte.“
Bisher haben nur Historiker, Wissenschaftler und Journalisten beschrieben, wie der Mossad NS-Kriegsverbrecher aufgespürt und eliminiert hat. Jetzt wurden diese Ereignisse zum ersten Mal von der Behörde selbst bestätigt. Der Mossad hat also eine offizielle und definitive Version seiner Jagd auf die Nazis abgeliefert. Aus den vertraulichen Unterlagen geht klar hervor, welche NS-Kriegsverbrecher auf der Fahndungsliste des Geheimdienstes standen. Folgenden Nazis war der Mossad auf den Fersen:
• Josef Mengele, einer der übelsten Verbrecher des Nazi-Regimes. Als KZ-Arzt im Vernichtungslager Auschwitz war er mitverantwortlich für den Massenmord an Hunderttausenden Juden. Berüchtigt sind seine Menschenversuche: Vor allem an Kindern, Zwillingen und Kleinwüchsigen führte er grausame medizinische Experimente durch.
• Adolf Eichmann, der Cheforganisator der sogenannten „Endlösung“
• Herbert Cukurs, auch der „Henker von Riga“ genannt, der unzählige Morde selbst begangen hat und für den Tod von mindestens 30.000 Juden verantwortlich war
• Hitlers Sekretär und NSDAP-Kanzleichef Martin Bormann, eine der treibenden Kräfte bei der Vernichtung der europäischen Juden
• Gestapo-Chef Heinrich Müller, der als Teilnehmer an der Wannseekonferenz die „Endlösung“ mit organisierte
• Eichmanns hauptamtlicher Mitarbeiter Alois Brunner
• Horst Schuhmann, der in Auschwitz an Experimenten zur Kastration und Sterilisation mittels Röntgenstrahlen teilnahm
• Walter Rauff, der als Ingenieur und Mitglied der SS „Gaswagen“ entwickelte, mobile Gaskammern
• Klaus Barbie, der „Schlächter von Lyon“ genannte Gestapo-Offizier
• Franz Murer, auch „Schlächter von Wilna“ genannt
• und Ernst Lerch, der die Ermordung von Tausenden polnischen Juden befehligte
Mordauftrag Damaskus
Nach der Festnahme von Adolf Eichmann im Jahre 1960 und seiner Hinrichtung 1962 im Anschluss an den Prozess in Jerusalem erhielt Israel eine Menge Informationen über NS-Kriegsverbrecher. Trotzdem stufte der Mossad nur Mengele, Bormann und Brunner als „gesuchte Verbrecher“ ein, die es entweder durch gerichtliche Strafverfolgung, Gefangennahme oder ein Attentat zu bestrafen galt. Die Suche nach den dreien lief parallel.
Brunner war der Erste, dessen Aufenthaltsort ermittelt wurde. Der Sohn eines österreichischen Bauern hatte in den 40er-Jahren Hunderttausende von Juden in Österreich, Griechenland, der Slowakei und Frankreich in Vernichtungslager deportieren lassen. Wie auch im Fall Eichmann war die wichtigste Informationsquelle des Mossads der deutsche Staatsanwalt Fritz Bauer, der den Hinweis gegeben hatte, Brunner könnte sich in Damaskus aufhalten.
Diese Information wurde von Franz Peter Kobisnky bestätigt, einem Deutschen, der zum Islam übergetreten war und in Ägypten lebte. Im Mossad-Bericht wird er als „Ehrenamtlicher“ bezeichnet, was hieß, dass er dem Mossad gelegentlich Informationen zukommen ließ. Der Großteil davon stellte sich aber als „wenig konkret“ heraus, und mit der Zeit wurde deutlich, dass er „ein Lügner war, und der Kontakt zu ihm wurde abgebrochen“. Doch seine Informationen über Brunner waren konkret. Brunner war nach Kairo gekommen, um sich einer medizinischen Behandlung zu unterziehen, und kehrte nach deren Abschluss nach Damaskus zurück. Kobinsky pflegte Kontakte zu vielen Exildeutschen in Kairo und konnte dem Mossad Brunners genaue Anschrift mitteilen.
„Mifratz“ war auf Aufträge in arabischen Ländern spezialisiert
Anders als viele Nazis war Brunner nicht nach Südamerika geflohen, sondern in den Nahen Osten: zunächst nach Ägypten und dann nach Syrien. Dort lebte er unter dem Namen „Georg Fischer“ und verdiente sich seinen Lebensunterhalt, indem er die Spitzen der syrischen Regierung in militärischen und Sicherheitsfragen beriet. Er hatte einen deutschen Pass, der auf seinen falschen Namen ausgestellt war, und syrische Reisepapiere, in denen er sich mit dem Titel „Doktor“ schmückte, obwohl er nie studiert hatte.
Mit dem Auftrag, ihn ausfindig zu machen und zu liquidieren, wurde Jitzchak Schamir betraut, einer der Anführer der „Stern-Gang“, die in den Jahren vor der israelischen Unabhängigkeit 1948 gegen die britischen Truppen gekämpft hatte.
Schamir war 1955 vom Mossad angeworben worden, zusammen mit einigen seiner Freunde aus der früheren Untergrundorganisation. Schamir, in den 1980er-und 1990er-Jahren mehrfach israelischer Ministerpräsident, war 1961 Kopf der kleinen Mossad-Abteilung „Mifratz“, die in Paris stationiert und auf Spezialaufträge in arabischen Ländern spezialisiert war.
Der Mossad erstellte ein Profil von Brunner, das allerdings zum Teil auf diffusen Beschreibungen von Zeitzeugen und Mitarbeitern beruhte. So war die Rede davon, dass „Zigeunerblut in seinen Adern floss“ und „seine Bewegungen abgehackt und nervös wirkten, als wäre er ein Feigling … und sein Gang dem eines Affen ähnlich“. Es gab auch nur ein altes Foto von ihm und sonst nichts als seine Anschrift – 22 George Khadad Street, die er auch als Geschäftsadresse für seine Firma „Qatar Office“ nutzte.
Es waren also noch eine Menge Wissenslücken zu schließen, bevor der Mossad den Entschluss fassen konnte, ihn zu liquidieren. Deshalb musste ein Agent nach Damaskus entsandt werden, um weitere Informationen für den Geheimdienst zu sammeln. Für diese Mission wurde ein 31-jähriger Agent mit dem Decknamen „Candle“ ausgewählt. Auch er war Mitglied der „Stern Gang“ gewesen. Schamir war sein direkter Führungsoffizier. In Europa und den arabischen Ländern bediente er sich einer arabischen Identität.
Am 23. Mai 1961 flog Candle nach Beirut und reiste am nächsten Tag auf dem Landweg nach Damaskus weiter. Nachdem er in seinem Hotel eingecheckt hatte, ging er zu Fuß in die George Khadad Street und fing an, Haus und Passanten in Augenschein zu nehmen. „Unmittelbar neben dem Haus stand ein europäisch aussehender Mann, der sich umdrehte und in das Gebäude ging.“
Die „Bestrafung“ kam als Briefbombe
Candle fing ein Gespräch mit dem Klempner in einem angrenzenden Laden an, der ihm erzählte, dass Dr. Fischer der einzige europäische Bewohner des Hauses sei. Candle ging in das Haus, klingelte an der Tür der Wohnung, in der Brunner offenbar lebte, und ein Mann von europäischem Aussehen öffnete in einem Bademantel. Candle erzählte ihm, dass er auf der Suche nach einem gewissen Mr. Barda sei. Fischer war nervös und äußerst argwöhnisch und begann, den Fremden auszufragen, wobei er anfing zu stottern. Candle entschuldigte sich und ging, war aber der festen Überzeugung, den Mann gefunden zu haben, nach dem sie suchten.
Anschließend kehrte Candle nach Europa zurück, um die zweite Stufe der Unternehmung einzuleiten – „die Bestrafung“ oder, im Klartext, die Eliminierung Brunners vorzubereiten. Dazu wollte er sich einer Briefbombe bedienen. Die Vorbereitungen inklusive der Zusammenstellung seines Gepäcks sowie der Herstellung eines Reisepasses und der passenden Coverstory lagen in den Händen des militärischen Geheimdienstes und dauerten vier Monate. Schamir und Harel überwachten die Vorbereitungen in der Anlage des Militärgeheimdienstes minutiös. Am Ende wurden Schamir ein Pass, eine Briefbombe und ein Begleitbrief übergeben, der eine Bedienungsanleitung enthielt. Im Mossad-Archiv existiert ein Schriftstück mit Schamirs Unterschrift, in dem er den Erhalt des „Sprengstoffs“ bestätigt.
Shamir flog zurück nach Paris, wo Candle schon bald zu ihm stieß. Er unterrichtete Candle über alle Details der Mission, übergab ihm den Reisepass sowie alles, was er benötigte, darunter auch den Umschlag mit Sprengstoff. Die Entscheidung, wie die Briefbombe zu Brunner kommen sollte, überließ er völlig dem Agenten.
Brunner erholte sich schnell wieder
Am Samstag, dem 9. September 1961 kam Candle wieder via Beirut in Damaskus an und stieg erneut im Hotel „El-Abedin“ ab. In seinem Zimmer setzte er die Briefbombe zusammen und entschied, dass es am Besten sei, wenn er den Klempner bat, den Umschlag bei Brunner abzugeben. Aber zu seiner Überraschung fand er den Klempnerladen geschlossen. Candle war fest entschlossen, die Mission durchzuführen und beschloss zu improvisieren.
Er ging vom Hotel aus zur Hauptpost und dort zum Schalter für Einschreibesendungen. Die Angestellte wollte wissen, was der Umschlag enthielt. „Buchhaltungsunterlagen“, antwortete Candle. Sie verlangte, er solle seine Anschrift auf die Rückseite schreiben. Candle erfand eine Adresse, bezahlte die Briefmarken und ging. Er nahm ein Taxi und reiste sofort nach Beirut weiter. Von dort flog er nach Frankfurt und rief seinen Agentenführer Schamir an, berichtete, dass der Umschlag an seinen Empfänger auf dem Weg und er wohlbehalten zurückgekehrt sei.
Ein paar Tage später war in der libanesischen Zeitung „Al-Hayat“ zu lesen, dass es am Dienstag, dem 13. September um 12.30 Uhr, in der Hauptpost von Damaskus eine Explosion gegeben habe. Ein Ausländer sei verletzt und in ein Krankenhaus gebracht worden. Er habe, wie er sagte, einen an ihn adressierten Umschlag geöffnet, dabei sei dieser explodiert. Obwohl die Medien keine Namen nannten und auch nichts darüber sagten, was mit ihm passiert war, war dem Mossad klar, dass es sich nur um Alois Brunner handeln konnte. Später wurde von mehreren glaubwürdigen Quelles des Mossads berichtet, dass „ein deutscher Berater eine Augenverletzung“ davongetragen hätte. Aber es war keine sehr ernsthafte Verletzung. Brunner erholte sich schnell wieder und ging seinen Geschäften unter dem alten Decknamen „Georg Fischer“ nach.
Gespensterjagd
Meir Amit, der 1963 Chef des Geheimdienstes wurde, räumt in der Studie ein, dass er „der Überzeugung war, der Mossad hätte sich zu sehr auf die Verfolgung der Nazi-Verbrecher konzentriert“. Allerdings wolle er „das Thema nicht komplett fallen lassen, sondern nur den Umfang der Operationen beschränken“. Amit ordnete an, eine neue Liste mit gesuchten Kriegsverbrechern zusammenzustellen, auf der neben Mengele und Cukurs auch Bormann und der Leiter der Gestapo, Heinrich Müller, auftauchten. Die Studie bezeichnet „die Suche nach ihnen“ als „Gespensterjagd“.
Bormann war der persönliche Sekretär Hitlers und der ranghöchste Nazi-Verbrecher, der nach dem Krieg spurlos verschwand. Im Lauf der Jahre erhielt der Mossad immer wieder Hinweise, die zum Teil nur Gerüchte waren, dass Borman sich irgendwo in Südamerika oder Europa verstecke. Mossad-Beamte versuchten immer wieder, diese zu verifizieren, und schickten 1962 sogar ein Überwachungsteam zur Hochzeit von Bormanns Tochter. Bei einer anderen Operation platzierten sie einen Informanten, einen örtlichen Rabbi, in einem Kloster nahe der Stadt Lumbumbashi im Kongo, wo Bormanns Sohn lebte.
Mossad-Mitarbeiter wurden ausgeschickt, um andere Informanten zu befragen, darunter auch einige Journalisten. Aber es stellte sich bald heraus, dass eine Reihe von ihnen geldgierige Lügner waren, während andere in aller Unschuld nur helfen wollten, aber über keine ernst zu nehmenden Kontakte verfügten.
Einer der Journalisten, Codename „Zaloza“, war zwanzig Jahre lang Informant des Mossads. 1979 traf sich Zaloza in Europa mit einem hochrangigen Mossad-Mitarbeiter, der ihm Unterlagen für eine Südamerikareise überbrachte, wo Zaloza nach Mengele und Bormann suchen wollte.
Die Identität von „Zaloza“ wird in den Berichten der Historischen Komission eindeutig geklärt. Es handelt sich – ausgerechnet – um Gerd Heidemann, jenen Reporter des Magazins „Stern“, der im Frühjahr 1983 mit einem vermeintlichen Scoop weltberühmt wurde. Zehn Tage lang galt Heidemann als größte Spürnase aller Zeiten, weil er „Hitlers Tagebücher entdeckt“ hatte, wie der „Stern“ stolz titelte. Nach zwei gut verkauften Ausgaben flog die Fälschung auf. Heidemann wurde fristlos entlassen und zusammen mit dem Fälscher der Tagebücher Konrad Kujau vor Gericht gestellt und verurteilt.
Und so wenig Zaloza alias Heidemann echte Hitler-Tagebücher beschaffen konnte, war es ihm auch nicht möglich, Martin Bormann aufzuspüren. Der Kriegsverbrecher war lange tot, er hatte, wie sich später herausstellte, im umkämpften Berlin am 2. Mai 1945 mit einer Giftkapsel Suidzid begangen. Bereits im April 1973 hatte der hessische Generalstaatsanwalt die Suche nach Martin Bormann für beendet erklärt, nachdem im Dezember 1972 in der Nähe des Lehrter Bahnhofs in Berlin zwei Skelette entdeckt worden waren, von denen eines Martin Bormann zugeordnet wurde. Letzte Zweifel an der Identität räumte 1998 eine DNS-Analyse aus.
Operation „Cosinus“
Eine andere Suche, die ohne konkrete Anhaltspunkte auskommen musste, war die nach Heinrich Müller, von 1939 bis 1945 Leiter der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). Während seiner Verhöre wurde Adolf Eichmann viele Male nach Müller befragt, und jedes Mal antwortete er: „Müller lebt nicht mehr.“ Aber der Mossad glaubte ihm nicht und versuchte, Müller aufzuspüren.
Dabei konzentrierte die Behörde sich auf Müllers Frau Sophie und ihre Kinder Reinhard und Elisabeth, die in München lebten. Nach dem Krieg waren die einzelnen Familienmitglieder von deutschen Beamten verhört worden, hatten aber immer behauptet, nichts von ihrem Ehemann und Vater gehört zu haben. Aber niemand glaubte der Frau und den Kindern eines Gestapo-Chefs. In der Hoffnung, weitere Hinweise zu erhalten, wurde die Operation „Cosines Woman“ in die Wege geleitet.
Ziel der Operation war, sich heimlich Zugang zu ihren Wohnungen zu verschaffen, um dort die „erforderlichen Hinweise“ zu finden, wie es in der offiziellen Mossad-Studie heißt. Besonderes Interesse galt der Verbindung Sophie Müllers zu einem Mann namens Keith, der in Panama lebte und dem Mossad zufolge Heinrich Müller ähnelte.
„Nach fünf Nächten engmaschiger Überwachung“
Wie im vertraulichen Mossad-Report nachzulesen ist, war es am 2. November 1967 um 19.54 Uhr so weit. „Nach fünf Nächten engmaschiger Überwachung und Beobachtung des Hauses und seiner Umgebung inklusive Registrierung der Personen, die das Haus betraten und verließen, sowie der Suche nach Polizeipräsenz war der Augenblick gekommen, das Haus zu betreten.“
Zwei Agenten brachen in die Wohnung Sophie Müllers in München-Pasing ein. Zwei weitere Teams aus jeweils zwei Agenten blieben zur Absicherung und Beobachtung außerhalb des Hauses. Aber es dauerte nur sechs Minuten, bis Nachbarn die Einbrecher entdeckt hatten und die Polizei riefen. Nach ihrer Verhaftung versuchten die beiden, ihre Tarngeschichte aufrechtzuerhalten, und behaupteten, Engländer zu sein, aber die deutschen Vernehmungsbeamten glaubten ihnen nicht und hielten sie für Mossad-Agenten.
DIE GESICHTER DER GESTAPO
Die beiden wiesen sich schließlich als Baruch Shor und Daniel Gordon aus. Einer von ihnen ist inzwischen verstorben, der andere bat darum, sein Pseudonym zu wahren. Um den Mossad zu schützen, behaupteten sie, aus eigener Initiative und als Privatpersonen gehandelt zu haben, weil Angehörige während des Holocaust von den Nazis umgebracht worden seien. Darüber hinaus besorgte der Mossad ihnen gute Anwälte. Hinter den Kulissen wurden Strippen gezogen, damit die beiden auf freien Fuß gesetzt wurden.
Die deutschen Behörden und ihre Geheimdienste haben schon immer Sympathien für den Mossad gezeigt und mit ihm kooperiert, sie waren auch in diesem Fall hilfreich. Das Gericht verurteilte die Angeklagten zu drei Monaten Haft, aber nach vier Wochen wurden sie schon wieder freigelassen.
2013 erklärte der deutschte Historiker und Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Johannes Tuchel, Müllers Leiche sei mit anderen im August 1945 von einem Beerdigungskommando im Garten des Reichsluftfahrtministeriums gefunden und in einem Massengrab auf dem Jüdischen Friedhof in Berlin-Mitte bestattet worden. Andere Quellen haben diese Behauptung bisher nicht bestätigen können.
Bringt sie alle um
Doch tatsächlich hatte die Jagd auf alte Nazis für die Mossad-Chefs selten oberste Priorität: weder für die Mossad-Chefs Isser Harel, Meir Amit und Tzwi Zamir noch für die Ministerpräsidenten David Ben Gurion, Levi Eschkol und Golda Meir, die von den 50er- bis in die 70er-Jahre das Land regierten.
Gegen Ende des Jahres 1968 hatte die israelische Regierung sogar beschlossen, die Jagd nach Nazi-Kriegsverbrechern fast völlig einzustellen. Das war das Ergebnis eines Treffens zwischen Premierminister Levi Eshkol und General Zvi Zamir, der Meir Amit als Leiter des Mossads abgelöst hatte. Nur nach Bormann und Mengele sollte weiter gefahndet werden. Wie in der Studie eingeräumt wird, bedeutete das praktisch, dass 1969 die Verfolgung von Nazi-Kriegsverbrechern eingestellt wurde.
Doch knapp zehn Jahre später änderte sich die Haltung der Regierung wieder. Menachem Begin, der 1977 mit seinem konservativen Likud-Block die Wahlen gewann, nahm die Jagd nach den Massenmördern wieder auf. Am 23. September 1977 rief der frischgewählte Premier Begin sein Sicherheitskabinett zu einer geheimen Sitzung zusammen. Nach einer kurzen Beratung wurde Beschluss B2 verabschiedet.
Um die Gefahr zu minimieren, dass der Beschluss in falsche Hände geriet, wurde er schriftlich in nur zwei Exemplaren ausgefertigt: Das Kabinett wies den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad an, die Suche nach NS-Kriegsverbrechern wieder aufzunehmen, um sie „in Israel vor Gericht zu stellen“. Wenn das nicht möglich sei, sollten die Personen, nach denen gefahndet wurde, getötet werden. Ganz oben auf der Liste: Josef Mengele, einer der berüchtigten Ärzte von Auschwitz, die grausame Experimente an KZ-Häftlingen vorgenommen hatten.
JOSEF MENGELE – KZ-ARZT IN AUSCHWITZ
Der Text des von Begin auf den Weg gebrachten Beschlusses ist noch immer unter Verschluss. Auch dieses Dokument wird in der geheimen Studie aufgeführt, die die Historische Kommission des Mossads angefertigt hat.
Dass Begin bei der Verfolgung von Nazi-Verbrechern einen härteren Kurs fuhr als seine Vorgänger, hat wohl mehrere Gründe. Zum einen verstand er sich als beinharter Nationalist, der für die Belange seines Volkes einstand. Zum anderen hatte er die Auslöschung der Juden in Europa mit eigenen Augen gesehen. Er hatte das erste Jahr des Zweiten Weltkriegs in Polen und der Sowjetunion miterlebt, während seine Vorgänger auf dem Stuhl des Ministerpräsidenten in der relativen Sicherheit des von den Briten kontrollierten Palästina gelebt hatten.
Dementsprechend wurde eine neue und längere Liste von Nazis erstellt, die auf „ihren Verbrechen am jüdischen Volk“ basierte. Es wurde festgelegt, dass „ihre Eliminierung unter dem Deckmantel einer jüdischen Partisanenbewegung“ erfolgen solle. Begin legte den Beschluss, „sie all umzubringen“, seinem Kabinett vor, das ihn bestätigte.
Wieder Damaskus
Begins Beschluss fachte das Interesse des Mossads an Alois Brunner erneut an. Sechzehn Jahre nach dem ersten Versuch, ihn zu beseitigen, sollte diese Operation nun endlich erfolgreich abgeschlossen werden.
Die dafür notwendigen Informationen lieferte ein Agent mit dem Decknamen „Nuksha“. Er war ein bosnischer Muslim und Nazi-Gegner, der schon im Dienst von Titos Partisanen in Jugoslawien gegen die Nazis gekämpft hatte. Allerdings hasste er Titos kommunistisches Regime nach dem Krieg und wanderte in die Schweiz aus, die ihm politisches Asyl gewährte. Über einen früheren bosnischen Freund, Elias Darbitsh Al-Az Sulaiman – einen Nazi-Kollaborateur, der nach dem Krieg mit seiner Familie nach Damaskus geflohen war –, brachte er die Mossad-Jäger erneut auf die Spur Brunners.
Der Mossad schickte ihn 1979/80 dreimal nach Damaskus. Offiziell war er ein Geschäftsmann auf dem Weg in die Arabischen Emirate. Er schaffte es, sich zweimal mit Brunner in dessen Wohnung und einmal mit ihm im „Sheraton-Hotel“ zu treffen. Mit den Informationen, die er sammelte, fühlte sich der Mossad auf der sicheren Seite und fing an, einen Mordplan zu entwerfen.
Eine wesentlich kleinere Menge Sprengstoff
Die wichtigste Information, die Nukshah geliefert hatte, betraf Brunners Interesse an Naturheilkunde; er ließ sich die Kataloge einer im österreichischen Karlstein angesiedelten Firma „Freunde der Heilkräuter“ schicken.
Zwei Mossad-Agenten fuhren nach Karlstein, stahlen Umschläge und Broschüren der Firma und brachten sie nach Israel. Dort bereiteten die Experten der Technikabteilung (auch „Spielzeugfabrik“ genannt) eine weitere Briefbombe vor, die aus Karlstein verschickt werden sollte.
Aber als Agenten sie dort versenden wollten, entpuppte sich der Briefkasten, den sie ausgewählt hatten, als zu klein. Sie mussten also improvisieren und verpackten alles in einen neuen, kleineren Umschlag. Das aber bedeutete eine wesentlich kleinere Menge Sprengstoff. Als Brunner dem Umschlag öffnete war die Explosion nicht stark genug, um ihn umzubringen. Er überlebte auch dieses Mossad-Attentat und lebte weiterhin ein komfortables Leben, bis er 2001 im Alter von 89 Jahren in der syrischen Hauptstadt starb.
Operation „Bone Biter“
„Bone Biter“ war der Codename für die Suche nach Walter Rauff. Rauff trat kurz nach dem Abitur in die Reichsmarine ein, die er auf eigenen Wunsch 1937 verließ, um einer unehrenhaften Entlassung wegen Ehebruchs zuvorzukommen. Er war seit 1940 SS-Standartenführer und ein enger Mitarbeiter Reinhard Heydrichs. Heydrich, der 1942 durch ein Attentat in Prag getötet wurde, hatte Rauff mit der technischen Weiterentwicklung der Gaswagen beauftragt, die zur Tarnung mit einem roten Kreuz versehen wurden. Gaswagen kamen während der ersten Phase der „Endlösung“ zum Einsatz, bevor Gaskammern in den Konzentrationslagern gebaut wurden.
Rauff wurde nach dem Krieg von alliierten Truppen in Mailand verhaftet und sollte bei den Nürnberger Prozessen verurteilt werden, entkam aber aus einem italienischen Internierungslager und setzte sich nach Syrien ab. Als der damalige Präsident Husni Za’im im August 1949 entmachtet und hingerichtet wurde, floh Rauff wieder über Italien nach Südamerika.
In Italien verriet ein italienischer Beamter seinen Aufenthaltsort an Shalhevet Freier, den dortigen Chef des gerade gegründeten israelischen Geheimdienstes. Freier, der später Vorsitzender der Israelischen Atomenergiekommission werden sollte, nahm Kontakt zu Rauff auf, und die beiden trafen sich zu Gesprächen, die zehn Tage dauerten.
Keine Berührungsängste
Freier befragte Rauff zur Situation in Syrien und zahlte für seine Informationen. Er schlug Rauff vor, als israelischer Agent nach Ägypten zu gehen. Die Tatsache, dass Rauff ein gesuchter Nazi-Kriegsverbrecher war, war ihm egal. In Freiers Augen heiligte das Ziel, Informationen über Israels Feinde zu erhalten, die Mittel.
Auch Rauff hatte keine Berührungsängste; dass er noch ein paar Jahre intensiv an Plänen gearbeitet hatte, alle Juden auszurotten, schien ihn nicht zu stören. Ganz im Gegenteil sah er im Kontakt mit dem israelischen Geheimdienst eine Art Versicherung gegen seine Ausweisung oder sogar Hinrichtung.
Zunächst schien Rauff den Auftrag übernehmen zu wollen, zog dann aber sein Einverständnis zurück und reiste mit Frau und zwei Kindern wie geplant nach Südamerika weiter. Freier wurde in die israelische Botschaft in Washington versetzt, hielt aber Kontakt zu Rauff und korrespondierte mit ihm bis 1951. Später behauptete Freier, Rauff habe ihm nichts von seiner Rolle bei der Entwicklung der Gaswagen erzählt, sondern behauptet, als technischer Leiter jener Gestapo-Abteilung vorgestanden zu haben, die britische Pfundnoten fälschte.
Chile lehnte die Auslieferungsanträge ab
Während des Eichmann-Prozesses tauchte Rauffs Name immer wieder auf, und ab 1961 stellte die bundesrepublikanische Regierung eine Reihe von Auslieferungsanträgen an Chile, die allesamt abgelehnt wurden.
Der Mossad folgte 1977 Begins Richtlinie und setzte Rauff im Oktober auf die Liste der Nazi-Verbrecher, die „bestraft“ werden sollten. Anfänglich hoffte der Mossad auch, dass eine Kontaktaufnahme mit Rauff ihn auch zu Mengele führen würde.
Schließlich stöberte der Mossad Rauff in Santiago de Chile auf, hauptsächlich durch die Suche in Telefonbüchern und Hinweise von jüdischen Informanten. Es stellte sich heraus, dass er in der Hauptstadt eine Fischhandelsfirma namens „Pescara Camillio“ betrieb. Wieder bat der Mossad den Journalisten Zaloza alias Heidemann um Hilfe.
Heidemann reiste 1979 in Begleitung eines Freundes, des ehemaligen Generals der Waffen-SS Karl Wolff, nach Südamerika. Wolff war als Himmlers Adjutant in die Verschickung der Warschauer Juden nach Treblinka und der italienischen Juden nach Auschwitz involviert gewesen. In den Nürnberger Prozessen trat er aufgrund seiner Kontakte zum britischen und amerikanischen Geheimdienst im Frühjahr 1945 als Zeuge der Anklage auf, wurde aber 1949 zum ersten Mal und 1964 zum zweiten Mal wegen Beihilfe zum Mord an über 300.000 Juden verurteilt, musste aber nur wenige Jahre im Gefängnis verbringen.
Beide wurden von einem Mossad-Agenten begleitet. Wieder einmal störte sich der Mossad nicht daran, dass er mit einem früheren SS-Mann und Nazi-Verbrecher zusammenarbeitete. In diesem Fall rechtfertigte die Operation als solche die Mittel.
Zaloza konnte keine Informationen zu Mengele beschaffen, und der Mossad verzweifelte fast daran, dass er seiner einfach nicht habhaft wurde. Allerdings kam er ihm verschiedentlich sehr nah. Einmal obervierte der Mossad eine Wohnung von Mengele in Argentinien, aus der dieser aber bereits ausgezogen war. Er suchte nach ihm in Paraguay, während der Flüchtige gerade von Deutschen in Brasilien versteckt wurde. Mengele starb 1979 im Alter von 67 Jahren, aber auch das wurde erst bestätigt, als brasilianische Behörden seinen Körper 1985 exhumieren ließen.
Zwei Exekutionen innerhalb von 24 Stunden
Bei der Suche nach Rauff war Zaloza/Heidemann erfolgreicher. Er und Wolff schafften es immerhin, sich mit Rauffs Sohn zu treffen, der in der Firma seines Vaters arbeitete. Außerdem lebte der Sohn in der Nähe des Hauses seines Vaters. Diese Details wurden in einem ausführlichen Bericht dargelegt, zu dem auch Zeichnungen und Bilder von Rauffs Haus an der Los Pozos Nr. 7243 im Stadtteil Los Condes von Santiago de Chile gehörten. Es war eine Einbahnstraße, und Rauff, der keinen Wagen besaß, lebte dort allein mit einer Chilenin und einem Schäferhund.
Nach ein paar weiteren Monaten sorgfältiger Planung und Überwachung wurde die Ausführung der Operation mit dem Namen „Stainless Steel“, die Ermordung von Rauff, am 17. März 1980 beschlossen. Der Plan war sogar noch weitaus umfassender, denn er sah zwei Exekutionen innerhalb von 24 Stunden vor: Außer Rauff sollte auch Klaus Barbie, der „Schlächter von Lyon“, der in La Paz, Bolivien, untergeschlüpft war, aus der Welt geschafft werden.
Zwei ranghohe Mossad-Beamte flogen nach Südamerika: der damalige Leiter der Behörde, General Yitzhak Hofi, und Schabtai Schavit, zu der Zeit Vorsteher des Sondereinsatzkommandos „Masada“ und späterer Mossad-Leiter. Hofi und Schavit richteten eine Kommandozentrale in Panama ein, von der aus sie alles im Blick behalten konnten, sowie weitere Büros in Köln und Paris.
Ein anderer wichtiger Punkt war die Öffentlichkeitsarbeit. Der Weltöffentlichkeit sollte vermittelt werden, dass die beiden ermordeten Männer gesuchte Nazi-Kriegsverbrecher waren, die den Tod von Hunderttausenden von Juden auf dem Gewissen hatten und bisher ohne Strafe davongekommen waren.
Killerkommandos flogen nach Santiago de Chile
Außerdem sollte die Welt erfahren, dass die Strafe von „jenen, die niemals vergessen“ vollstreckt worden war. Israel als Staat konnte nicht zugeben, ein Killerkommando geschickt zu haben.
Wie aus dem Bericht der Mossad-Komission hervorgeht, hatte der Dienst zwei Presseerklärungen vorbereitet. Die zu Rauff lautete: „Heute wurde einer der größten Nazi-Verbrecher, SS-Oberst Walter Rauff, in Chile exekutiert. Rauff war als technischer Leiter der Gestapo für die Entwicklung und den Einsatz der Gaswagen verantwortlich, in denen über Hunderttausend Juden ermordet wurden. Außerdem verübte er Verbrechen gegen das jüdische Volk als Gestapo-Kommandeur in Tunis und war in der gleichen Funktion in Mailand verantwortlich für die Deportation der dortigen Juden in Vernichtungslager. Von einem französischen Militärgericht wurde er 1943 zum Tode verurteilt. 1962 stellte ein Gericht in Hannover einen Haftbefehl gegen ihn aus, und die deutsche Regierung beantragte bei chilenischen Behörden seine Auslieferung. Chile lehnte das Gesuch ab. Wir gehören zu denen, die die Nazi-Verbrechen nie vergessen werden, und haben deshalb beschlossen, ihn im Namen der Gerechtigkeit zu exekutieren.“
Killerkommandos des Mossads flogen nach Santiago de Chile und La Paz. Sie mieteten Autos, bereiteten sichere Häuser vor und legten Fluchtwege fest. Sie erhielten ihre Waffen von Kurieren, die auf grenzüberschreitenden Transport spezialisiert waren. Der Mossad-Studie zufolge bezog das erste Killerkommando Position vor dem Haus von Rauff, ebenso wie am zweiten in La Paz. Dann verdarb der Hund von Rauff die ganze Aktion. Er fing an zu bellen, und Rauffs Haushälterin (dem Bericht nach auch seine Geliebte) kam aus dem Haus. Sie entdeckte die Fremden und fing an herumzuschreien, woraufhin die Agenten sofort die Flucht ergriffen.
Beide Operationen wurden abgebrochen, denn die Israelis befürchteten, dass die chilenischen Behörden ihre bolivianischen Kollegen warnen würden. Rauff, ein unverbesserlicher Nazi, starb 1984 in Chile im Alter von 77 Jahren an Lungenkrebs.
Operation „Amadeo“
Trotz des doppelten Fehlschlags hielt der Mossad weiter an seinem Plan fest, Barbie zu töten, der unter dem Namen Klaus Altmann in Bolivien lebte. Barbie war SS-Offizier gewesen und wurde als Sipo-Beamter zunächst in den Niederlanden und dann in Frankreich eingesetzt. In beiden Ländern war er für den Tod von vielen Tausend Juden verantwortlich. Er galt als Sadist, der jüdische Häftlinge gefoltert hatte, darunter Frauen und Kinder sowie Mitglieder der französischen Résistance. Auch die Verhaftung und der Foltertod des Résistance-Führers Jean Moulin gingen auf sein Konto. Wegen seiner Grausamkeit wurde er der „Schlächter von Lyon“ genannt.
Nach dem Krieg wurde er in Deutschland zunächst vom amerikanischen Spionageabwehrkorps angeworben, das von seinen Kenntnissen über französische Kommunisten profitieren wollte. Als er in Frankreich in Abwesenheit zum Tode verurteil wurde, waren es wiederum die Amerikaner, die ihn vor einer Vollstreckung des Urteils bewahrten. Später arbeitete er außerdem für britische Geheimdienste.
Der amerikanische Geheimdienst sorgte auch dafür, dass Barbie über eine der „Rattenlinien“ genannten Fluchtwege aus Europa fliehen konnte. Kopf dieses Schmugglernetzwerks war der faschistische kroatische Priester Krunoslav Draganović, der Barbie auch mit gefälschten Papieren auf den Namen Altmann versorgte, mit denen dieser 1951 erst nach Argentinien und dann nach La Paz in Bolivien reiste. Erst später wurde bekannt, dass der BND ihn in den Sechzigerjahren als Agent in Bolivien beschäftigt hatte.
PASSAGIERE AUF DER „RATTENLINIE“
Nachdem 1972 bekannt geworden war, dass Klaus Altmann tatsächlich der „Schlächter von Lyon“ war, beantragte die französische Regierung seine Auslieferung. In den 70er-Jahren wurde Barbie/Altmann dreimal verhaftet, aber jedes Mal wieder auf freien Fuß gesetzt.
Kurz vor Ende seiner Dienstzeit stimmte Mossad-Chef Hofi einer weiteren Operation gegen Barbie zu. Doch dann brach der erste Libanonkrieg aus, und der Zeitpunkt für die Aktion wurde wieder und wieder verschoben. Im Januar 1983 reisten Masada-Agenten erneut nach La Paz, begleitet von ihrem Kommandanten Schavit. Tagelang wurde der gesuchte Nazi beschattet.
Inzwischen hatte das internationale Interesse an Barbie deutlich zugenommen, und Ende Januar beugte sich die neue bolivianische Regierung dem zunehmenden Druck, nahm Barbie wegen Steuerhinterziehung gefangen und schob ihn nach Frankreich ab, wo ihm in Lyon der Prozess gemacht wurde. Die weitreichende mediale Aufmerksamkeit schockierte die französische Gesellschaft, weil durch den Prozess deutlich wurde, in welchem Maße die französische Bevölkerung im Zweiten Weltkrieg mit den Nazis kooperiert hatte. In dieser Hinsicht lässt sich der Barbie-Prozess durchaus mit dem Einfluss des Eichmann-Prozesses auf die israelische Gesellschaft vergleichen. 1987 wurde Barbie zu lebenslanger Haft verurteilt und starb 1991 im Gefängnis an Krebs.
Operation „Black Mare“
Seit 1977 standen zwei weitere Namen auf der Mossad-Liste gesuchter Nazi-Kriegsverbrecher: Franz Murer und Ernst Lerch waren österreichische Nationalsozialisten.
Murer trat der NSDAP 1938 bei und war dafür verantwortlich, dass 1941 bis 1943 etwa achtzigtausend Juden in Wilna ermordet wurden. 1948 wurde er zunächst von einem litauischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt, aber bereits 1955 nach Österreich abgeschoben. Nach dem Eichmann-Prozess wurde er 1962 in Österreich erneut vor Gericht gestellt, das ihn aber freisprach.
In den späten 1970ern schickte der Mossad zwei Agenten in das kleine Städtchen Gaishorn am See, wo Murer inzwischen lebte. Die Operation lief unter dem Namen „Black Mare“. Die Agenten besuchten den Bauernhof, fanden heraus, dass Murer tatsächlich dort lebte, machten Filmaufnahmen und lieferten einen detaillierten Bericht, in dem Gebäude, landwirtschaftliche Maschinen und Zugangsstraßen aufgeführt wurden. Dann wurde ein zweites Agentenduo losgeschickt, das sich als niederländisches Paar ausgab, das vorhabe, in der Gegend zu wandern, und deshalb ein Zimmer auf dem Bauernhof mietete. Die beiden sollten herausfinden, ob Murer eliminiert werden könnte, und wenn ja, wie. Nach ihren „Ferien“ schlugen die beiden vor, Murer mit einer Kleinwaffe zu erschießen.
„Es gab andere Dinge, die höhere Priorität genossen“
Aber wie in anderen Fällen auch wurde die Aktion wieder und wieder vertagt. „Wie auch vorher schon“, folgert die Mossad-Studie, „gab es andere Dinge, die höhere Priorität genossen.“
1989 beantragte Yitzhak Zommer, der zu dieser Zeit für die Jagd auf Nazis verantwortlich war, bei Mossag-Chef Schavit, die Ermordung von sowohl Murer als auch Ernst Lerch anzuordnen, der ebenfalls auf der Liste der Nazi-Verbrecher stand.
Lerch war als SS-Sturmbannführer mitverantwortlich für den Tod von mehr als zwei Millionen Juden und Roma in Polen, speziell in Lublin, Polen. Nach dem Krieg wurde er verhaftet, konnte fliehen und tauchte zunächst unter. Erst 1960 wurde er erneut verhaftet und vom Landgericht Wiesbaden zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Ein weiterer Prozess in seiner Heimatstadt Klagenfurt wurde 1971 nach nur zwei Tagen eingestellt. Er starb 1997 ebendort.
Schevit beschied den Antrag, die beiden Österreicher zu erschießen, abschlägig und führte „diplomatische Verwicklungen“ ins Feld. Und so wurde die Jagd auf Nazi-Kriegsverbrecher nach 32 Jahren ohne offiziellen Beschluss still und leise beendet.
Autor der Studie ist Holocaust-Überlebender
Ein besonders schmerzlicher Punkt dieser Geschichte ist, dass der Autor der Mossad-Studie selbst ein Überlebender des Holocaust ist.
Yossi Chen war sechs Jahre alt, als er mit seinem Vater im September 1942 aus dem Getto von Lachwa floh (damals im von den Deutschen besetzten Ostpolen gelegen, heute Weißrussland). Lachwa war das erste Getto, das gegen die Nazi rebellierte. Chen lebte bei einer Partisanengruppe in den Wäldern und emigrierte 1949 nach Israel. Nach dem Schulabschluss trat er in die Armee ein und wurde Nachrichtenoffizier. 1972 wurde er zum Mossad abkommandiert und arbeitete 20 Jahre für den Auslandsgeheimdienst. Er rekrutierte zwar Agenten in Europa, war aber in die Nazi-Jagd selbst nicht eingebunden.
Der Ton seines Berichts ist durch die Bank trocken und faktenorientiert, und von seiner eigenen Vergangenheit ist an keiner Stelle die Rede. Trotzdem schimmern seine Verbitterung und Enttäuschung immer wieder durch (in seinen Anspielungen auf Sprichwörter). „Wir hätten viel mehr tun sollen“, sagte der jetzt 81-jährige Chen mir im Gespräch. „Ich gebe zu, ich kann das nicht davon trennen, ein Holocaust-Überlebender zu sein. Aber ich wäre glücklicher, wenn wir die Nazis getötet hätten.“
Hier nur zwei Beispiele dafür, dass der Mossad etwas durchaus schnell erledigen kann, wenn er unbedingt will: Im Verlauf von nur neun Monaten töteten 1972/73 Mossad-Killerkommandos neun palästinensische Terroristen in ganz Europa. Zwischen 2010 und 2012 töteten Mossad-Agenten in Teheran vier iranische Atomforscher und verwundeten einen weiteren.
Der Mossad und Ministerpräsidenten konzentrierten sich auf drängendere, manchmal existenzielle Gefahren für Israel: das ägyptische Raketenprogramm, palästinensische und Hisbollah-Terroristen und die Massenvernichtungswaffen von Syrien, Iran und Irak.
Unter dem Strich bleibt festzuhalten: Ein Kriegsverbrecher wurde gefasst (Adolf Eichmann), einer umgebracht (Herbert Cukurs) und einer verwundet (Alois Brunner). Das sind drei von elf Männern auf einer Fahndungsliste: eine erstaunlich niedrige Quote, wenn man sich vor Augen hält, dass es derselbe Staat war, der Atomreaktoren in Syrien und dem Irak zerstört hat, der mit einem Virus iranische Atomanreicherungsanlagen zum Scheitern brachte und dem es immer wieder gelungen ist, Terroristen von Hisbollah und palästinensischen Organisationen zu verfolgen, zu bestrafen und mitunter auch zu töten.
Aus dem Englischen übersetzt von Michael Kellner.
Dieser Artikel wurde erstmals im November 2017 veröffentlicht.
https://www.welt.de/geschichte/article170869691/Wie-der-Mossad-bei-der-Jagd-nach-Nazis-versagte.html
Vergeltungsplan nach Kriegsende
"Nehmt Rache!"
Erbittert hatte Abba Kovner gegen die Nationalsozialisten gekämpft. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wollte der jüdische Partisan Rache für den Holocaust nehmen - mit der Vergiftung von Millionen Deutschen.
Von Gerhard Spörl
08.05.2015, 17.15 Uhr
Der Krieg war aus, jetzt kam die Zeit der Rache. Rund 50 jüdische Männer und Frauen sammelte Abba Kovner um sich. Sie hatten wie er als litauische Partisanen gegen die deutschen Besatzer gekämpft oder ein Konzentrationslager im Osten überlebt. "Wir müssen der Welt zeigen, dass niemand so viel Blut vergießen kann, ohne dafür entsprechend zu zahlen", schwor Kovner sie ein. Blut für Blut.
Wie die Deutschen wollten sie wahllos töten: Männer, Frauen, Alte, Kleinkinder, Säuglinge. Und sie wollten möglichst genauso viele Deutsche töten, wie die Deutschen Juden getötet hatten. "Dahm Israel Nakam" nannte Kovner seine Gruppe - "Das Blut Israels wird über euch kommen". Sie wollten Rache üben im Namen der vielen Juden, die während des Holocausts in Synagogen und jüdischen Wohnvierteln ihre Verzweiflungsschreie an die Wände geschrieben hatten: "Wir werden ermordet, nehmt Rache!"
Gift in Milchkonserven
Aber wie Rache nehmen für Millionen ermordeter Juden? Ganz einfach, sagte Kovner: Sie müssten nur in einigen deutschen Großstädten das Trinkwasser vergiften. Dieses Vorhaben beschreiben Jim G. Tobias und Peter Zinke in ihrem Buch "Nakam. Jüdische Rache an NS-Tätern". Kovner reiste nach Palästina, um sich Gift zu besorgen. Und Kovner, der glühende Zionist, wollte David Ben-Gurion, den Zionistenführer, der erster Ministerpräsident Israels werden sollte, über seine Rache an den Deutschen informieren. Wenige Monate nach Kriegsende kam Kovner in Tel Aviv an.
Aber Ben-Gurion und die anderen Zionistenführer dachten an die Zukunft ihres Landes, nicht an Rache an den Deutschen. Sie wollten, dass möglichst viele Überlebende aus West- und Osteuropa hierher kommen und dabei helfen würden, das Land aufzubauen. Sie hielten Kovner für einen gefährlichen Spinner. Trotzdem bekam Kovner in einem Labor, was er brauchte. Das Gift füllte er in 20 Dosen Milchkonserven und einige Tuben Zahnpasta und verstaute alles in seinem Rucksack. Damit ging er an Bord des Schiffes, das ihn zurückbringen sollte. Gefälschte Papiere wiesen ihn als einen britischen Soldaten aus.
In der Zwischenzeit hatten sich Kovners Leute Uniformen und Papiere besorgt und fuhren durch Deutschland. Sie schauten sich in Hamburg, Frankfurt, Nürnberg, Weimar, Dachau und Berlin um. Nürnberg fanden sie gut geeignet, weil Hitler dort seine Reichsparteitage veranstaltet hatte. Auch Weimar, wegen der Nähe zum Konzentrationslager Buchenwald, kam in die engere Wahl. Dann aber fanden sie heraus, dass sie in Hamburg und Nürnberg am leichtesten einen von ihnen in die Wasserwerke einschleusen könnten. Sie besorgten sich Karten der Leitungsnetze und der Ersatzversorgungssysteme. Sie waren bereit. Fehlten nur noch Kovner und das Gift.
Verrat in Toulon?
Aber Kovner wurde aufgehalten. Als das Schiff im Hafen von Toulon an der französischen Mittelmeerküste anlegte, wurde sein Name über Lautsprecher ausgerufen. In Panik warf er Dosen und Zahnpastatuben über Bord. Dann nahmen britische Soldaten ihn fest. Sie sagten ihm, er sei wegen des falschen Passes aufgefallen. Aber Kovner glaubte, dass er verraten worden war. Er schwor Stein und Bein, dass die Briten einen Tipp aus Israel bekommen hatten.
Abba Kovner verbrachte ein paar Monate in einem britischen Gefängnis in Ägypten, ging danach nach Israel und kämpfte als Offizier im Israelischen Unabhängigkeitskrieg 1947/1948, in dem er die "Battle Pages" herausgab - moralische Aufmunterungsprosa, in der er die gegnerischen Ägypter als Schlangen und Hunde bezeichnete, zum Ärger anderer Offiziere. In den Jahren danach schrieb er preisgekrönte Gedichte. Der ehemalige Partisanenführer und verhinderte Racheengel war nun ein Poet, der seine Erinnerungen in Verse fasste. Kovner lebte in einem Kibbuz, sagte als Zeuge im Eichmann-Prozess aus und starb 1987 am jüdischen Neujahrsfest im Alter von 69 Jahren.
An seine wilde Geschichte erinnert das Lied "Six Million Germans/Nakam", das die Klezmer-Band Daniel Kahn & The Painted Bird im Jahr 2007 aufnahm.
https://www.spiegel.de/
Das Töten von Nazis, NS-Belasteten-Mitläufern-Trittbrettfahrern-Helfern im Rahmen der Selbstjustiz in der unmittelbaren Nachkriegszeit kann als unmittelbare Vergeltung und Rache für die NS-Verfolgten- und NS-Opfer-Gruppen gesehen und verstanden werden. Eine Statistik aus dem Jahr 2021 spricht von ca. 17 Millionen von den Nazis getöteten Menschen.
Nazis töteten ungefähr 17 Millionen Menschen
HOLOCAUST-GEDENKTAG
Themen›Geschichte›
von
Matthias Janson,
22.01.2021
Während der Hitlerzeit in Deutschland wurden wissenschaftlichen Schätzungen zufolge ungefähr 17 Millionen Menschen von Nationalsozialist_innen und ihren Unterstützer_innen ermordet. Das zeigt die Statista-Grafik auf Basis von Daten, die das United States Holocaust Memorial Museum (USHMM) veröffentlicht hat. Die Schätzungen basieren auf Kriegsberichten derjenigen, die die NS-Bevölkerungspolitik umgesetzt haben, sowie auf demographischen Studien zum Bevölkerungsverlust während des Zweiten Weltkriegs, die nach dem Krieg durchgeführt wurden. Die jüngste Schätzung zur Opferzahl der Homosexuellen beruht auf den Forschungen des deutschen Historikers Dr. Alexander Zinn, der zu dieser Opfergruppe zuletzt intensiv geforscht hat.
Ein Teil der Opfer davon wurde in Deutschland selbst ermordet, etwa in Konzentrationslagern, Gefängnissen, bei Pogromen oder in Krankenanstalten wie Bernburg, Hadamar, Hartheim und Sonnenstein. Eine besonders große Zahl an Menschen wurde in Polen und der ehemaligen Sowjetunion ermordet. Hier hatten die Deutschen Vernichtungslager errichtet, in denen unter anderem ein Großteil der jüdischen Opfer umgebracht wurden. Zudem erschossen Einsatzgruppen im rückwärtigen Heeresgebiet viele Zivilisten, die meisten davon Juden. Den Großteil der russischen Kriegsgefangenen ließ die Wehrmacht in Gefangenenlagern verhungern. In der Grafik nicht aufgeführt sind deutsche politische Gegner und Widerstandskämpfer in von den Achsenmächten besetzten Gebieten. Ihre Zahl ist laut USHMM bislang unbestimmt.
Kommenden Mittwoch, am 27. Januar 2021, ist in Deutschland der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Vor 76 Jahren, am 27. Januar 1945, wurde das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz von Truppen der Roten Armee befreit. Der Gedenktag existiert in Deutschland seit 1996. Im Jahr 2005 wurde der Tag von den Vereinten Nationen zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust erklärt.
https://de.statista.com/
Ende des 20. und Anfang des 21. Jahrhundert steht eher die historische, politische und juristische Aufarbeitung des Nationalsozialismus mit seinen verschiedenen Tätergruppen im Vordergrund.
„Nazis töten“: Wahlplakat sorgt für Aufregung - das sagt die Staatsanwaltschaft
StartseiteLokalesGeretsried-WolfratshausenWolfratshausen
Erstellt: 27.08.2021 Aktualisiert: 27.08.2021, 08:21 Uhr
Von: Carl-Christian Eick
Ein Wahlplakat
Ein Wahlplakat der Partei „Die Partei“ hat in Wolfratshausen eine kontroverse Diskussion ausgelöst. Handelt es sich bei dem Slogan um einen Tötungsaufruf?
Bad Tölz-Wolfratshausen/Miesbach – Zum Repertoire der 2004 in Frankfurt gegründeten Partei „Die Partei“, die sich selbst als satirische Spaßpartei deklariert und nach eigenen Angaben gut 56 000 Mitglieder zählt, gehört die gezielte Provokation. Jüngstes Beispiel: Wahlplakate mit dem Slogan „Nazis töten“, die in der Stadt Wolfratshausen sowie in der Stadt Bad Tölz und in Miesbach aufgehängt worden sind. Die Plakate haben eine kontroverse Diskussion in sozialen Netzwerken ausgelöst. Die Kernfrage: Stellen die zwei Worte einen Tötungsaufruf dar?
Wahlplakat von „Die Partei“ sorgt für Aufregung: Wahlleiterin verweist auf Strafverfolgungsbehörde
Ob die Wahlplakate strafrechtlich relevant sind, kann die Leitende Regierungsdirektorin Sabine Preisinger, im Landratsamt in Bad Tölz als Wahlleiterin verantwortlich für den einwandfreien Ablauf der Bundestagswahl im Wahlkreis 223 (Bad Tölz-Wolfratshausen/Miesbach) nicht sagen. Grundsätzlich seien die Parteien selbst für die Inhalte ihrer Wahlwerbung verantwortlich. Bestehe der Verdacht, dass eine rote Linie überschritten ist, sei es Sache der Strafverfolgungsbehörden, sprich der Polizei sowie der Staatsanwaltschaft, dies zu überprüfen.
„Die Aussage entbehrt zwar nicht einer gewissen Zweideutigkeit, allerdings liegt unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs eine Deutung im Sinne einer straflosen Handlung nahe.
Staatsanwaltschaft Deggendorf nach der rechtlichen Würdigung der Wahlplakate
Auf Nachfrage unserer Zeitung verweist Erster Hauptkommissar Andreas Czerweny, Leiter der Polizeiinspektion Wolfratshausen, auf eine aktuelle Entscheidung der Staatsanwaltschaft Deggendorf. Auch in Niederbayern hatte „Die Partei“ vor wenigen Tagen besagte Plakate aufgehängt – von einem Ermittlungsverfahren sah die Staatsanwaltschaft nach eingehender Prüfung der Aktion ab. Der Grund: „Eine Aufforderung zur Tötung von Nazis kann nicht festgestellt werden.“ Die Aussage „Nazis töten“ entbehrt laut Anklagevertretung zwar nicht „einer gewissen Zweideutigkeit“ – doch unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs liege „eine Deutung im Sinne einer straflosen Äußerung nahe“.
Die Staatsanwaltschaft kommt zu dem Schluss, dass die Aussage „als Meinungsäußerung“ laut Artikel 5, Absatz 1 des Grundgesetzes gedeckt ist. Zugute gehalten wird „Der Partei“ in diesem Kontext zudem, „dass die Vereinigung in der Öffentlichkeit unter anderem als Satire-Partei wahrgenommen wird“. Ganz wichtig: Der Slogan „Nazis töten“ endet mit einem Punkt „und nicht wie andere Plakatbotschaften der Vereinigung mit einem eine Aufforderung ausdrückenden Ausrufezeichen“, betont die Staatsanwaltschaft nach der sogenannten rechtlichen Würdigung. „Im Vordergrund steht die Kritik an Personen, die nationalsozialistisches Gedankengut vertreten, deren Handeln überspitzt beurteilt wird.“
„Nazis töten.“: Feststellung ist laut „Die Partei“ unstrittig
Auch eine Beleidigung gemäß Paragraf 185 Strafgesetzbuch liegt laut Strafverfolgungsbehörde nicht vor. Das Recht auf Meinungsfreiheit sei für die freiheitlich-demokratische Ordnung „schlechthin konstituierend“ – und falle ergo höher ins Gewicht.
https://www.merkur.de/
Siehe dazu auch:
- Beantragte NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS-Verfahren >>>
- Petition beim Landtag Baden-Württemberg zur Aufarbeitung nationalsozialistischen Unrechts >>>
- Zuständigkeit des Amtsgerichts Mosbach in NS- und Rechtsextremismus-Verfahren >>>
- Verfahrensstrategien in den beim Amtsgericht Mosbach beantragten NS-Verfahren >>>
- Amtsseitig offizielle Verknüpfung von Familienrechtsverfahren mit NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : International und innerstaatlich >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : Nazi-Jäger-Anwendung >>>
- Nazi-Jäger und ihre Aktivitäten >>>
3. Geplante und Kontrollierte Nazi-Jäger-Aktionen: Jagen, Aufspüren, ENTFÜHREN und Zuführen NS-Belasteter Personen zur juristischen Aufarbeitung
Berühmte Beispiele von entführten NS-Tätern sind u.a. :
- konkrete Entführung von Adolf Eichmann, dem Architekten des Holocaust, aus Argentinien in nach Israel in 1960
- Versuchte Entführung von Kurt Lischka unter Beteiligung der Nazi-Jäger Beate und Serge Klarsfeld
- symbolpolitische Entführung von Adolf Butenandt in 2013
Beate Klarsfeld: Veruschte Entführung von SS-Obersturmbannführer und Gestapo-Chef Kurt Lischka
In 1971 versuchte sie gemeinsam mit ihrem Mann, den für die Deportation von 76.000 Menschen aus Frankreich verantwortlichen SS-Obersturmbannführer und Gestapo-Chef Kurt Lischka aus Deutschland zu entführen und der Justiz in Paris auszuliefern, da eine frühere Verurteilung Lischkas weitere juristische Schritte blockierte. Beate Klarsfeld wurde dafür am 9. Juli 1974 zu zwei Monaten Freiheitsstrafe von einem Kölner Gericht verurteilt[27], die Strafe aber nach internationalen Interventionen und Protesten zur Bewährung ausgesetzt. Lischka blieb ebenfalls zunächst auf freiem Fuß. 1976 begannen Ermittlungen gegen Lischka, 1980 wurde er verurteilt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Beate_Klarsfeld
Versuchte Entführung von Kurt Lischka
Beate Klarsfeld jagte SS-Mann in Köln
Stand: 22.03.2006, 11:59 Uhr
Kurt Lischka war maßgeblich für die Juden-Deportation aus Frankreich verantwortlich. Unbehelligt von der deutschen Justiz lebte er in Köln."Nazi-Jägerin" Beate Klarsfeld wollte ihn deshalb am 22. März 1971 entführen.
Von Dominik Reinle
Das Wetter an diesem Montagmorgen im Jahr 1971 ist kalt und regnerisch. Es ist sieben Uhr, als die "Klarsfeld-Bande", wie die Gruppe später in den Medien genannt wird, vor einem Haus an der Bergisch-Gladbacher Straße in Köln-Holweide Position bezieht. Dort wohnt der ehemalige SS-Obersturmbannführer Kurt Lischka. Beate Klarsfeld und ihr Mann Serge warten zusammen mit drei Juden, die sie wenige Wochen zuvor in einem Restaurant kennen gelernt haben. Den drei Männern ist Lischkas Gesicht aus einem kürzlich gedrehten Film bekannt, den die Klarsfelds ihnen vorgeführt haben. Ihr Plan: Sie wollen Lischka mit Chloroform betäuben, im Mietwagen über die Grenze schaffen und in seine ehemaligen Diensträume in Paris bringen. Dort soll er vor der Weltpresse der französischen Justiz übergeben werden.
Für die Deportation von 76.000 Juden mitverantwortlich
Die Opfer: Juden werden aus Frankreich deportiertDie Opfer: Juden werden aus Frankreich deportiert
Bereits fünf Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges ist Lischka in Frankreich in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt worden. In der Zeit von November 1940 bis Oktober 1943 war er nicht nur Kommandeur der Sicherheitspolizei (Sipo) und des Sicherheitsdienstes der SS (SD) in Paris, sondern auch Hauptverantwortlicher der Gestapo in Frankreich. Als "Schreibtischtäter" gehört der promovierte Jurist zu den Hauptverantwortlichen, die rund 76.000 Juden aus Frankreich in die Vernichtungslager deportiert haben. Bereits 1938 war er in Berlin Chef des "Judenreferats" der Gestapo für das ganze Reich und verantwortlich für die ersten Massenverhaftungen nach der Reichspogromnacht. Seine Vorgesetzten bescheinigten ihm damals: "Wille: zäh, Charakter: aufrecht, nationalsozialistisches Weltbild: gefestigt". Von Januar bis Oktober 1940 war Lischka Leiter der Gestapo in Köln.
Ein Bahnpolizist greift ein - die Aktion misslingt
Beate Klarsfeld in ihrem Büro in ParisLebt in Paris: Beate Klarsfed
Kurt Lischka verlässt am 22. März 1971 das Haus um 7.25 Uhr, um mit der Straßenbahn in die Kölner Innenstadt zu fahren, wo er als Prokurist eines Getreidegroßhandels arbeitet. Wie verabredet hebt Beate Klarsfeld beim Erscheinen von Lischka ihre Fellmütze. Das Zeichen für den Zugriff. Doch weil bereits zu viele Passanten unterwegs sind, wird die Aktion abgebrochen. Beate Klarsfeld hat Lischkas Tagesablauf ausgekundschaftet und weiß, dass er seine Mittagspause zu Hause verbringt.
Um 13.25 Uhr kommt er wieder an der Haltestelle Maria-Himmelfahrt-Straße an. Serge Klarsfeld und ein Komplize fassen Lischka unter die Arme und zerren ihn zum Auto. Ein dritter Mann schlägt mit einem Schlagstock auf Lischkas Kopf ein. Doch die Entführer haben die Kraft des fast zwei Meter großen Mannes unterschätzt. Der 61-Jährige wehrt sich und ruft laut um Hilfe. Als sich ein zufällig anwesender Bahnpolizist einmischt, ergreifen die Klarsfelds und ihre Unterstützer die Flucht.
Kurt Lischka auf dem Weg zu seiner Kölner Wohnung, gefilmt von Kameramann Harry DreifussInterview Beate Klarsfeld WDR aktuell 12.12.2011 01:12 Min. Verfügbar bis 31.12.2500 WDR
"Der Entführungsversuch brachte die Sache ins Rollen"
"Wir waren zu unprofessionell, wir waren nicht der Mossad", sagt Beate Klarsfeld rückblickend im Interview. Schon die Anmietung des Fluchtwagens sei schief gelaufen. Weil sie zu spät zur Übergabe des vorbestellten Vier-Türers erschienen seien, hätten sie sich mit einem Coupé begnügen müssen. "Aber immerhin: Durch den Entführungversuch hatten wir die Möglichkeit, die Sache ins Rollen zu bringen." Nach der Tat fährt Beate Klarsfeld nach Paris zurück, wo die damals 32-jährige Berlinerin seit 1960 wohnt. Doch der erhoffte Aufruhr in den Medien über das straflose Leben Lischkas bleibt aus. Deshalb informiert sie die deutsche Presse und übernimmt die Verantwortung für die Tat. Sie kündigt an, noch über 300 weitere unbestrafte Kriegsverbrecher entführen zu wollen. Zwar wird dadurch eine Flut von Artikeln ausgelöst, aber Lischka bleibt weiterhin auf freiem Fuß. Dafür erlässt das Kölner Amtsgericht Haftbefehle gegen die Klarsfelds.
Beate Klarsfeld stellt sich den deutschen Behörden
Am 1. April 1971 taucht Beate Klarsfeld unangemeldet bei der Kölner Staatsanwaltschaft auf. Zusammen mit dem Deportierten Raphael Feigelsohn, der KZ-Kleidung trägt, übergibt sie dem Staatsanwalt Dokumente über Lischkas Vergangenheit. "Ich sagte ihm: Ich bringe Ihnen Beweise über Lischkas Rolle in der Nazi-Zeit", erinnert sich Beate Klarsfeld. "Wenn Sie Lischka nicht festnehmen, dann müssen Sie mich festnehmen." Ihr Kalkül geht auf: Sie kommt für gut zwei Wochen in Untersuchungshaft und wird angeklagt, was internationale Proteste hervorruft. Beate Klarsfeld nutzt das öffentliche Interesse für ihre Botschaft: Nicht ihr Entführungsversuch sei der Skandal, sondern die andauernde Straffreiheit von NS-Verbrechern.
Beate Klarsfeld in ihrem Büro in Paris2. Interview Beate Klarsfeld WDR aktuell 12.12.2011 01:31 Min. Verfügbar bis 31.12.2500 WDR
Kein Prozess in Deutschland, keine Auslieferung nach Frankreich
Während der Vorbereitung auf ihren Prozess treibt Beate Klarsfeld ihre Kampagne weiter voran. Regelmäßig reist sie mit Demonstrantengruppen aus Paris zu Protestaktionen nach Deutschland. Mit dabei sind hauptsächlich die mittlerweile erwachsenen Kinder der aus Frankreich deportierten Juden. Beate Klarsfeld will erreichen, dass die Rechtslage, die als Begründung für Lischkas Straflosigkeit dient, geändert wird. Denn nach deutscher Lesart lässt der 1955 in Kraft getretene "Überleitungsvertrag" zwischen der Bundesrepublik und den drei Westmächten ein deutsches Verfahren gegen Lischka nicht zu. Die Begründung: Paragraph drei verbiete es deutschen Gerichten, eine Person zu verfolgen, wenn ein alliiertes Gericht bereits abschließend gegen sie geurteilt habe. Auch eine Auslieferung des deutschen Staatsbürgers Lischka an Frankreich kommt nicht in Frage. Das verbietet das deutsche Grundgesetz.
Bundestag stimmt nach Jahren "Lex Klarsfeld" zu
Um dieses Dilemma zu beseitigen, haben sich zwar die deutsche und die französische Regierung bereits am 2. Februar 1971 auf ein Zusatzabkommen geeinigt, das auf eine Initiative der Kölner Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 1966 zurückzuführen ist. Doch der Bundestag verzögert die Zustimmung Jahr um Jahr. Hauptverantwortlich für die Verschleppung ist der FDP-Abgeordnete Ernst Achenbach aus Essen, wie Marc von Miquel im Buch "Karrieren im Zwielicht" von Prof. Norbert Frei schreibt. Achenbach sitzt als Berichterstatter im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages, wo er für das Zusatzabkommen zuständig ist. Wie Serge und Beate Klarsfeld recherchiert haben, ist Achenbach selbst in die Deportation von Juden aus Frankreich verstrickt. Der Druck der Klarsfeld-Kampagne führt dazu, dass Achenbach von seinem Berichterstatter-Posten zurücktreten muss.
Im Januar 1975 ist es dann doch soweit: Beate Klarsfeld ist im Bundestag dabei, als das Zusatzabkommen ratifiziert wird. Der in den Medien als "Lex Klarsfeld" bezeichnete Vertrag macht den Weg frei für den Lischka-Prozess. Um die Eröffnung des Verfahrens zu beschleunigen, organisiert Beate Klarsfeld erneut spektakuläre Aktionen in der Bundesrepublik. In Köln werden mehrmals die Scheiben des Lischka-Büros eingeworfen.
Lischka: "Von mir angeordnete Sühnemaßnahme"
Zu zehn Jahren Haft verurteilt: Kurt LischkaZehn Jahre Haft: Kurt Lischka
Im Oktober 1979 werden schließlich neben Lischka auch seine früheren SS-Kollegen Herbert Hagen und Ernst Heinrichsohn vor dem Kölner Landgericht angeklagt. Rechtsanwalt Serge Klarsfeld vertritt mehrere hundert Hinterbliebene als Nebenkläger. Er hat Dokumente zusammengestellt, die die Beteiligung der Angeklagten an den Transporten in die Vernichtungslager beweisen. In einem von Lischka im Februar 1943 unterzeichneten Bericht mit dem Titel "Endlösung der Judenfrage in Frankreich" heißt es: "Die französische Polizei hat in Durchführung einer von mir angeordneten Sühnemaßnahme die Festnahme von 2.000 Juden ( ...) veranlasst." Während Lischka nur zu seiner Person aussagt, behaupten die anderen beiden Angeklagten, nicht gewusst zu haben, was mit den von ihnen Deportierten in Auschwitz geschehen würde.
Im Februar 1980 spricht die Kammer alle drei Männer schuldig. Lischka wird zu zehn Jahren Haft verurteilt. Hagen muss für zwölf Jahre und Heinrichsohn für sechs Jahre hinter Gitter. "Das war das höchste, was sie in diesem Rahmen bekommen konnten", sagt Beate Klarsfeld. "Für uns war es eine große Befriedigung, dass unsere Arbeit Erfolg hatte. Für die Opfer war es eine Genugtuung zu merken, dass ihr Engagement etwas bewirkte."
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AUS LIEBE ZUR GERECHTIGKEIT
Beate Klarsfeld - Die Nazi-Jägerin
Stand: 27. Januar 2022, 02:16 Uhr
Am 7. November 1968 ohrfeigte Beate Klarsfeld Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger. Sie klagte den CDU-Politiker wegen seiner einstigen NSDAP-Mitgliedschaft an und forderte ihn auf, von seinem Amt zurückzutreten. Es war der Auftakt zu einer rastlosen und beinahe lebenslangen Jagd auf unbehelligt lebende NS-Täter.
In Deutschland stand im November 1966 Kurt Georg Kiesinger (CDU) kurz davor, der dritte Bundeskanzler der Bundesrepublik zu werden. Zu dieser Zeit veröffentlichte Beate Klarsfeld Artikel über das ehemalige NSDAP-Mitglied Kiesinger, in denen sie klar machte, wie unerträglich sie es fände, einen hohen Nazipropagandisten als Regierungschef zu haben: "Da sagte mein Mann, das können wir nicht auf uns sitzen lassen! Und dann kam die Entscheidung: Wir müssen was tun. Also die Vergangenheit von Kiesinger aufdecken und dann auch die Kampagne führen, seinen Rücktritt fordern."
Der Skandal als Waffe
Kiesinger war in intellektuellen Kreisen umstritten, aber die breite Öffentlichkeit wusste kaum etwas über dessen NSDAP-Mitgliedschaft und Rolle im Nationalsozialismus. Beate und Serge Klarsfeld wollten das ändern. Nach mehreren kleineren Aktionen trat Beate Klarsfeld am Vormittag des 7. November 1968 auf dem West-Berliner Parteitag der CDU aufs Podium und ohrfeigte den Bundeskanzler. In einem Schnellverfahren wurde sie zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Die Haftstrafe wurde aber nicht sofort vollstreckt und später auf vier Monate mit Bewährung abgemildert.
Leider ist es so, dass man mit verbalen Aktionen nichts mehr erreichen kann. Um einen Skandal aufzudecken, muss man auch mit einem Skandal antworten.
Beate Klarsfeld
Aus Langeweile nach Paris
Beate Klarsfeld wurde am 13. Februar 1939 in Berlin als Beate Auguste Künzel geboren. Eher aus Langeweile ging sie mit 21 Jahren als Au-pair-Mädchen nach Paris. Eigentlich wollte sie dort nur ein Jahr verbringen, doch als sie den drei Jahre älteren Serge Klarsfeld kennenlernt, blieb sie. Der französische Geschichtsstudent erzählte der jungen Deutschen vom verbrecherischsten Kapitel der deutschen Geschichte, der nationalsozialistischen Herrschaft. Es war ein Thema, über das in Beate Klarsfelds Schulzeit in den 1950er-Jahren kaum gesprochen wurde. Serge erzählte ihr auch vom KZ Auschwitz, in dem sein Vater 1943 ermordet wurde. Serge, der jüdische Student, wurde so zum Mentor der deutschen Protestantin und 1963 auch ihr Ehemann.
Lebensaufgabe
Beate Klarsfeld hatte spätestens nach der Ohrfeige für den Bundeskanzler ihre Lebensaufgabe gefunden. Auch nachdem Kiesinger 1969 von seinem Amt als Bundeskanzler zurückgetreten war, blieb das Ehepaar Beate und Serge Klarsfeld auf der Suche nach ehemaligen Nazi-Größen, denn nach wie vor lebten unzählige von ihnen weitestgehend unbehelligt in der ganzen Welt - in der Bundesrepublik, in Südamerika und sogar in der sich als strikt antifaschistisch darstellenden DDR. In Archiven in den USA und der DDR studierte das Ehepaar Klarsfeld Akten und sammelte Beweise.
Versuchte Entführung
1971 versuchten die beiden, den einstigen SS-Mann Kurt Lischka aus Köln nach Frankreich zu entführen. Lischka lebte als Getreidehändler in Köln, er war ein angesehener, wohlsituierter Bürger. Seine Vergangenheit als Gestapochef von Köln und später als SS-Obersturmbannführer, sein Aufstieg zum Befehlshaber und Kommandeur der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) in Paris kümmerte in Köln offenbar niemanden. In Frankreich war das hingegen anders: Dort war Lischka, der die Deportation zehntausender Juden angeordnet hatte, schon 1950 zu lebenslanger Zwangsarbeit verurteilt worden. Die deutschen Gesetze besagten aber, dass man im eigenen Land nicht noch einmal für eine Tat verurteilt werden kann, für die man in einem anderen Land schon bestraft wurde. Lischkas Entführung misslang. Erst 1980 wurde ihm der Prozess gemacht. Das Landgericht Köln verurteilte den einstigen SS-Mann zu einer Haftstrafe von zehn Jahren.
Enttarnung von Klaus Barbie
Klarsfelds größter Erfolg aber war die Enttarnung des früheren Lyoner Gestapo-Chefs Klaus Barbie, bekannt als "Schlächter von Lyon". Dieser leitete eine Sektion des SD in Lyon und war berüchtigt für seine ungeheure Brutalität. Anfang der 1970er-Jahre spürte das Paar Barbie in Bolivien auf. Ein Entführungsversuch scheiterte, aber 1983 wurde Barbie nach Frankreich ausgeliefert und 1987 zu lebenslanger Haft verurteilt.
Erich Honecker um Unterstützung gebeten
Schon bei der Kampagne gegen Kiesinger hatte die DDR Beate Klarsfeld unterstützt. 1988 kam es zu einem letzten Zusammentreffen mit DDR-Politikern. Beate Klarsfeld war auf der Jagd nach Alois Brunner, einem der größten Nazi-Schreibtischtäter nach Adolf Eichmann. Er war unter anderem für die Razzia in Nizza verantwortlich, bei der Serges Vater verschleppt und später ermordet wurde. In Abwesenheit war Brunner in Frankreich bereits zum Tode verurteilt worden. Doch Syrien, wo Brunner seit Mitte der 1950er-Jahre lebte, wehrte alle Auslieferungsgesuche ab und bestritt, dass Brunner in Damaskus sei. Klarsfeld wendete sich 1988 direkt an Staatschef Erich Honecker.
Ich hatte Herrn Honecker in Paris zu einem Abendessen getroffen, das war unter Präsident Mitterrand, der uns eingeladen hat in den Élysée-Palast. Ich ging auf Herrn Honecker zu, er wusste natürlich schon, wer ich war. Ich sagte dann: 'Herr Honecker, ich war mehrere Male bei Ihnen in der DDR, der Fall Alois Brunner muss gelöst werden.'
Beate Klarsfeld
Noch kurz vor dem Mauerfall schickte die DDR ein Auslieferungsersuchen an Damaskus ab. Doch Alois Brunner wurde nicht ausgeliefert. Er lebte bis zu seinem Tod unbehelligt in Damaskus.
Zwischen Heldentum und Verfolgung
Zu Hause in Frankreich sind Beate und Serge Klarsfeld Helden. In den 1970ern formierte sich eine Gruppe von Nazi-Jägern um das eloquente Ehepaar. Aber ihre Aktionen brachten ihnen nicht nur den Unmut deutscher Politiker ein, sondern führten sie auch in Lebensgefahr: 1972 explodierte ihr Auto. Sie bekamen Morddrohungen, Personenschutz und ein gefährliches Paket ins Haus - 500 Gramm Dynamit, 300 Gramm Tapeziernägel. Dem Ehepaar passierte wie durch ein Wunder nichts. Die westdeutsche Presse versuchte Beate Klarsfeld – im Gegensatz zur Studentenbewegung um Rudi Dutschke - als durchgeknallte bourgeoise Frau aus Frankreich darzustellen.
Man hatte alles mögliche versucht, mich als Stasi-Gesandte, als Mossad-Gesandte zu diskreditieren. Wir haben es lächelnd abgetan, denn wir wussten, was wir tun. Wir haben uns nie von irgendeiner Gruppe oder Partei einwickeln lassen.
Beate Klarsfeld
"Wunderbares Familienleben"
Inzwischen ist es ruhiger geworden um die Klarsfelds. Das Paar engagiert sich vor allem für die Opfer des Nationalsozialismus, schreibt die Lebensgeschichten von französischen Juden auf. Wenn man Beate Klarsfeld heute fragt, wie sie all die Rückschläge und Anfeindungen wegstecken konnten, sagt sie: "Wir haben ein wunderbares Familienleben mit zwei wunderbaren Kindern, was uns wahrscheinlich auch gerettet hat. Ich muss sagen, das ist ein Glücksfall und wahrscheinlich auch ziemlich selten."
Späte Anerkennung für Beate Klarsfeld
2012 stand Beate Klarsfeld als Kandidatin der Linkspartei für das Amt der Bundespräsidentin wieder in der Öffentlichkeit. Bei der Wahl unterlag sie allerdings Joachim Gauck. 2015 wurde sie für ihr lebenslanges Engagement mit dem Bundesverdienstorden 1. Klasse ausgezeichnet. Frankreichs Präsident François Hollande würdigte Beate Klarsfeld bereits ein Jahr zuvor, indem er sie in den Rang einer "Kommandeurin der Ehrenlegion" versetzte. 2016 verlieh ihr der Staat Israel in Würdigung ihrer Verdienste die israelische Staatsbürgerschaft.
Über dieses Thema berichtete der MDR Aktuell auch im:
TV | 18.03.2012 | 21:45 Uhr
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Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazijäger: Eine Graphic Novel über den Kampf gegen das Vergessen Gebundene Ausgabe – 4. Mai 2021
Eine berühmte Ohrfeige: Es ist der 7. November 1968. Eine Frau ohrfeigt in aller Öffentlichkeit den deutschen Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger und bezeichnet ihn als "Nazi". Diese Frau ist Beate Klarsfeld und diese Ohrfeige steht für ihr jahrzehntelanges Engagement im Kampf gegen alte und neue Nazis. Zusammen mit ihrem Mann Serge hat sie sich der Jagd nach Kriegsverbrechern verschrieben, die sie über Kontinente hinweg aufspürt. Der größte Erfolg für sie persönlich war der Prozess gegen Klaus Barbie, den "Schlächter von Lyon". Erinnerungen in Bildern: Diese Graphic Novel erzählt nicht nur die Geschichte der Ohrfeige, sondern auch die von Beate und Serge Klarsfeld und ihrer Jagd nach Gerechtigkeit. Sie ist eine mutige Frau, die vor Gefahren für sich selbst nicht zurückschreckte und die unbeirrt ihren Weg fortgesetzt hat. Gegen staatliche und persönliche Widerstände ankämpfend, hat sie nie akzeptiert, dass manche NS-Kriegsverbrecher einfach so davonkommen sollten. Die Bedrohung ist noch nicht gebannt: Gerade in der heutigen Zeit, in der eine Verschiebung des Diskurses nach Rechts stattfindet, ist es immens wichtig, Menschen wie Beate Klarsfeld als Vorbild zu haben. Nicht jede*r muss sich dazu selbst in Gefahr begeben, aber wir alle müssen wachsam sein und aufstehen, wenn die nationalsozialistischen Verbrechen verharmlost werden!
1. April 1971 - Beate Klarsfeld zeigt sich selbst an
Stichtag
Seine Vorgesetzten bescheinigen ihm: "Wille: zäh; Charakter: aufrecht; nationalsozialistisches Weltbild: gefestigt." Kurt Lischka ist seit Mitte der 1930er Jahre für die Gestapo tätig. Nach der Reichspogromnacht ist er für die Massenverhaftungen deutscher Juden verantwortlich.
Von Januar bis Oktober 1940 leitet Lischka die Gestapo in Köln. Anschließend ist er bis Oktober 1943 Polizeichef im besetzten Paris. Als "Schreibtischtäter" gehört der promovierte Jurist zu den Hauptverantwortlichen, die rund 76.000 Juden aus Frankreich in die Vernichtungslager deportieren.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebt Lischka unbehelligt in Köln. In Frankreich wird er 1950 zwar in Abwesenheit zur lebenslanger Haft verurteilt, doch die Bundesrepublik liefert ihn, weil er deutscher Staatsbürger ist, nicht aus. Das verbietet das Grundgesetz. Auch einen eigenen Prozess wollen die deutschen Behörden nicht anstrengen. Die Begründung: Das folge aus dem "Überleitungsvertrag" zwischen der Bundesrepublik und den drei Westmächten. Paragraph drei verbiete es deutschen Gerichten, eine Person zu verfolgen, wenn ein alliiertes Gericht bereits abschließend über sie geurteilt hat.
"Auf einen großen Skandal aufmerksam machen"
Für "Nazi-Jägerin" Beate Klarsfeld ist das ein Skandal. Sie wurde 1968 bekannt, als sie Kanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) ohrfeigte und so dessen NS-Vergangenheit weltweit bekannt machte. Nun will sie - zusammen mit ihrem Mann Serge und drei jüdischen Helfern - Lischka entführen. In Paris soll er der französischen Justiz übergeben werden. Doch der Plan misslingt: Als Lischka am 22. März 1971 vor seiner Wohnung in Köln-Holweide betäubt und in ein Auto gestoßen werden soll, kommen ihm Passanten zu Hilfe. Die "Klarsfeld-Bande", wie sie später in den Medien genannt wird, muss fliehen. Beate Klarsfeld fährt nach Paris zurück, wo die damals 32-jährige Berlinerin seit 1960 wohnt. Sie informiert die Presse, doch Lischka bleibt trotz zahlreicher Artikel weiterhin auf freiem Fuß. Dafür erlässt das Kölner Amtsgericht Haftbefehle gegen die Klarsfelds.
Am 1. April 1971 taucht Beate Klarsfeld unangemeldet bei der Kölner Staatsanwaltschaft auf und zeigt sich selbst an: "Wenn Sie Lischka nicht festnehmen, dann müssen Sie mich festnehmen." Ihr Kalkül geht auf: Sie kommt für gut zwei Wochen in Untersuchungshaft und wird angeklagt. Das ruft internationale Proteste hervor. Beate Klarsfeld nutzt das öffentliche Interesse für ihre Botschaft: "Mit einem kleinen Skandal auf einen großen aufmerksam machen."
Klarsfeld verurteilt - Lischka auf freiem Fuß
1974 wird Beate Klarsfeld in ihrem Prozess zu zwei Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt, die sie aber nie absitzen muss. Lischka bleibt weiterhin in Freiheit. Zwar haben sich die deutsche und die französische Regierung bereits im Februar 1971 auf ein Zusatzabkommen geeinigt, was eine juristische Verfolgung ermöglichen würde. Doch der Bundestag verzögert die Zustimmung Jahr um Jahr.
Hauptverantwortlich für die Verschleppung ist der FDP-Abgeordnete Ernst Achenbach aus Essen. "Achenbach nutzte seine Schlüsselstellung als Berichterstatter des Auswärtigen Ausschusses dazu, die Unterzeichnung des Zusatzabkommens zu blockieren". Zu diesem Schluss kommt 2010 die Historikerkommission, die im Auftrag des Auswärtigen Amtes dessen Rolle im Zweiten Weltkrieg untersucht hat. Spitzendiplomat Achenbach wurde noch unter Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) befördert. "Eine entscheidende Ursache für Achenbachs unantastbare Position dürfte seine Rolle als Königsmacher (...) der sozialliberalen Koalition gewesen sein", so die Kommission. Wie Serge und Beate Klarsfeld recherchiert haben, war Achenbach selbst in die Deportation von Juden aus Frankreich verstrickt. Der Druck der Klarsfeld-Kampagne führt dazu, dass Achenbach von seinem Berichterstatter-Posten zurücktreten muss.
"Lex Klarsfeld" ermöglicht Prozess
1975 ist es dann soweit: Beate Klarsfeld ist im Bundestag dabei, als das Zusatzabkommen ratifiziert wird. Der in den Medien als "Lex Klarsfeld" bezeichnete Vertrag macht den Weg frei für den Lischka-Prozess. 1979 wird der ehemalige SS-Obersturmbannführer vor dem Kölner Landgericht angeklagt. Rechtsanwalt Serge Klarsfeld vertritt mehrere hundert Hinterbliebene als Nebenkläger. 1980 wird Lischka wegen Beihilfe zum Mord zu zehn Jahren Haft verurteilt.
Stand: 01.04.2011
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Festnahme von Adolf Eichmann in Argentinien und Entführung nach Israel
Eichmann fühlte sich in Argentinien sehr sicher und gab sogar Interviews. Aber soweit er je stillen Schutz aus den USA oder Westdeutschland hatte, verlor er ihn, als er versuchte, sich in Interviews mit Willem Sassen, einem niederländischen SS-Mann und NS-Propagandisten, durch die Belastung Dritter reinzuwaschen, und Sassen Teile der Interviews an das Life-Magazin verkaufen wollte. CIA-Chef Allen Dulles meldete am 20. September 1960, Life wolle die Fluchterinnerungen Eichmanns drucken.[47]
Am 11. Mai 1960 gelang einer Zielfahndergruppe des Mossad (u. a. Peter Malkin, Zvi Aharoni und Rafi Eitan) der Zugriff auf Eichmann in San Fernando, einem Stadtteil von Buenos Aires. Argentinien hatte zu der Zeit kein Auslieferungsabkommen mit Israel, so dass die Operation ohne Einbeziehung der örtlichen Behörden ausgeführt wurde. Die Zielperson „Attila“ (Eichmann) wurde sodann mit einem Flugzeug der El Al – als Flugbesatzungsmitglied getarnt und so an den argentinischen Flughafenkontrollen vorbeigeschmuggelt – am 22. Mai direkt von Buenos Aires nach Israel verbracht. Premierminister David Ben Gurion gab am 23. Mai bekannt, dass Eichmann sich in Israel in Haft befinde.[48]
Am 23. Mai 1960 erließ der Distriktrichter in Haifa den Haftbefehl gegen Eichmann. Auf Antrag Argentiniens befasste sich auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit dem Vorfall. Er stellte nach einer Anhörung Israels mit der Resolution 138 vom 23. Juni 1960 fest, dass ein Vorgehen wie das in Betracht stehende im Wiederholungsfall den internationalen Frieden und die Sicherheit gefährden könne, und verlangte von Israel die Leistung angemessener Wiedergutmachung.[49] In einer gemeinsamen Erklärung vom 3. August 1960 ließen Argentinien und Israel verlautbaren, übereingekommen zu sein, die Angelegenheit, die auf ein Vorgehen israelischer Staatsbürger zurückgehe, das fundamentale Rechte des argentinischen Staates verletzt habe, als erledigt zu betrachten.[50]
Lothar Hermann, der erste Hinweisgeber, wurde 1961 in Argentinien verhaftet und misshandelt. Erst 1972 erhielt er heimlich die von der israelischen Regierung ausgelobte Belohnung. Im Jahr 2012 wurde er von der jüdischen Gemeinde Buenos Aires geehrt.[51]
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Nachruf auf Gabriel Bach : Vom Flüchtling zum Ankläger
Gabriel Bach floh als Kind vor den Nazis und war 1961 Generalstaatsanwalt im Prozess gegen Adolf Eichmann. 94-jährig verstarb Bach nun in Jerusalem.
21. 02. 2022
Ein Herr mit grauem Haar, korrekt mit Krawatte und Jackett bekleidet, stets freundlich und allen Fragen zugetan: So trat Gabriel Bach in den vergangenen Jahren immer wieder in Deutschland auf. Dabei hätte der gebürtige Halberstädter Jude allen Grund dazu gehabt, diesem Land und seinen Bewohnern zu misstrauen: Als Kind in Berlin aufgewachsen, floh Bach 1938 als Elfjähriger mit seiner Familie in die Niederlande.
Nur wenige Wochen vor dem Überfall Nazi-Deutschlands auf das Nachbarland gelang ihm im März 1940 die Weiterreise in das damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Man ließ sich in Jerusalem nieder, so wie Tausende andere Verfolgte, für die Erez Israel (das Land Israel) die Rettung bedeutete.
Aber nicht wegen seiner Flucht geriet Bach zu einer der bekanntesten Persönlichkeiten Israels, sondern wegen Adolf Eichmann. Nach seinem Jurastudium in London trat Bach der Staatsanwaltschaft bei und wurde 1961 zu einem der Ankläger gegen den Organisator des Judenmords, der ein Jahr zuvor von einem Mossad-Kommando aus seinem Versteck in Argentinien nach Israel entführt worden war. Er leitete die Voruntersuchung und fungierte als stellvertretender Generalstaatsanwalt.
Bis ins hohe Alter hat Gabriel Bach immer wieder von diesem Verfahren berichtet, auch von seinen Gesprächen mit Eichmann, der den Eindruck vermitteln wollte, er habe nur Befehle ausgeführt. Der Behauptung, da habe ein willenloser NS-Bürokrat vor Gericht gesessen, trat Gabriel entschlossen entgegen, nannte Beispiele.
Der Eichmann-Prozess ließ ihn nie los
Selbst die Bitte eines deutschen Generals, einen jüdischen Techniker wegen seines Fachwissens vom Mord zu verschonen, habe Eichmann abgelehnt. „Eichmann war besessen von der Judenfrage“, davon war Bach überzeugt. Niemand sollte der Mordmaschine entkommen. Schon gar nicht sei Eichmann ein „Hanswurst“ gewesen, wie Hannah Arendt den Angeklagten damals bezeichnete.
Der Zeit sagte Bach einmal: „Wenn irgendjemand überhaupt die Todesstrafe verdient hat, dann er.“ In der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni 1962 wurde Eichmann erhängt. Bach ist, obwohl eingeladen, nicht dabei gewesen. Doch das Verfahren hat ihn sein ganzes Leben nicht mehr losgelassen.
Der Prozess hat Geschichte geschrieben und Gesellschaften verändert, in Israel wie in der Bundesrepublik. Der Holocaust, ein zuvor in beiden Ländern gemiedenes Thema, geriet in den Fokus des Interesses. Wenige Jahre später standen in Frankfurt am Main Täter aus dem Vernichtungslager Auschwitz vor Gericht.
Versuch einer Aussöhnung zwischen Deutschland und Israel
30 Jahre lang hatte Gabriel Bach Deutschland nach seiner Flucht gemieden, ist nicht einmal im Transit dort umgestiegen. Erst der Kontakt zu dem späteren SPD-Bundespräsidenten Gustav Heinemann führte ihn zurück in seine ursprüngliche Heimat. Bach hielt fortan Vorträge und trat immer wieder vor Schulklassen auf.
Sein Thema war nicht nur der Eichmann-Prozess, sondern auch der Versuch einer Aussöhnung zwischen Deutschland und Israel. Bach lobte den konsequenten Umgang der deutschen Strafjustiz mit den letzten lebenden NS-Verbrechern in den letzten Jahren, nachdem diese Justiz lange genug weggeschaut hatte.
Am vergangenen Freitag ist Gabriel Bach im Alter von 94 Jahren in Jerusalem verstorben.
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Nazi in der Humboldt Universität entführt
Die Gruppe Wissen im Widerstand erklärt in ihrem Bekenner*innenschreiben, warum sie Adolf Butenandt entführt haben und was ihre Forderungen für eine Rückgabe sind. An der Stelle, an der das Portrait von Adolf Butenandt hing, ist nun ein Portrait der Refugee-Aktivistin Napuli Paul Langa zu sehen.
Bekenner*innenschreiben
Wir haben heute, am 05.12.2013, einen Nazi im Hauptgebäude der Humboldt Universität Berlin überwältigt und entführt um darauf aufmerksam zu machen, dass im Hauptgebäude der HU nationalsozialistische Nobelpreisträger in einer patriarchalen Ahnengalerie von “Wissenschaftsvätern” geehrt werden. Adolf Butenandt wurde 1934 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Biochemie, nachdem sein Vorgänger Carl Neuberg aufgrund des antisemitischen „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ entlassen wurde. Butenandt profitierte also vom Nationalsozialismus. 1936 trat er in die NSDAP ein.
Adolf Butenandt war an fragwürdigen medizinisch-militärischen Forschungsprojekten beteiligt ( u.a. an der Luftwaffenversuchsstation in Rechlin) und arbeitete eng mit Günther Hillmann und Otmar Freiherr von Verschuer zusammen. Letzterer war sogenannter “Rassenhygieniker” und 1942-1945 Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie, was die Kontinuität von kolonialrassistischen Verbrechen in der NS-Zeit deutlich werden lässt. Verschuer und Hillmann arbeiteten gemeinsam an einem Forschungsprojekt, für das sie Blutproben und Leichenteile von dem KZ-Arzt Joseph Mengele erhielten, der in Auschwitz Experimente an Gefangenen durchführte. Es ist naheliegend, dass Butenandt von den Versuchsreihen wusste. Seine Verstrickung in NS-Verbrechen werden auch dadurch deutlich, dass er alle Unterlagen mit dem Vermerkt “Geheime Reichssache” vernichtete.
Nach dem Krieg hat Butenandt ein Bild von neutraler und objektiver Wissenschaft propagiert, die unabhängig von politischen Systemen sei. Er trug so dazu bei, die Bemühungen der Nachkriegszeit zu vereiteln, die Mittäterinnenschaft der Wissenschaft bei den Verbrechen der Hitler-Ära aufzuklären und strafrechtlich zu verfolgen, indem er sich für seine Nazikollegen einsetzte und argumentierte, dass diese neutrale Wissenschaft betrieben hätten und daher keine Schuld tragen würden. So entkam durch seine Hilfe zum Beispiel der “Rassenhygieniker” Eugen Fischer der Entnazifizierung, der 1908 in Namibia Experimente an Herero und Nama durchführte, von 1927 bis 1942 ebenfalls Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Anthropologie und von 1933 bis 1934 Rektor der Berliner Universität, der heutigen HU, war.
Dass in der HU zahlreiche Nazis und Kolonialrassisten mit Portraits geehrt werden und die kolonialen Forschungsreisen von Alexander von Humboldt als Inbegriff von Wissenschaft und Neugier verherrlicht werden, zeigt die tiefe Verwurzelung von Kolonialrassismus in der weißen_deutschen Wissenschaft. Struktureller, institutionalisierter und individueller Rassismus sind Teil aller gesellschaftlichen und somit universitären Ebenen. Menschen, die rassistische Diskriminierung erfahren, wird dadurch der Zugang zu Hochschulen massiv erschwert. Auch die Portraits reproduzieren solche Machtverhältnisse, machen Menschen unsichtbar und schließen aus: Die meisten Menschen dort entsprechen der Norm von Zweigeschlechtlichkeit, gelten als nicht behindert, haben von Rassismus profitiert – die Aufzählung könnte endlos fortgesetzt werden. Andere Menschen werden selten bis gar nicht repräsentiert.
Erinnern an vergangene Verbrechen bedeutet zu erkennen, wo die unmittelbare Beteiligung in der Gegenwart liegt. Erinnern heißt, dies zum Ansporn zu nehmen, gesellschaftliche Verhältnisse zu verändern. Erinnern heißt, gesellschaftlich aktiv zu sein.
An das Präsidium der HU Berlin: Wenn ihr Adolf Butenandt wiedersehen wollt, geht bis zum 20. Januar auf folgende Forderungen ein:
– Alle Nazis und Rassist_innen raus aus der Uni!
– Keine Ehrung von NS- und Kolonialverbrecher_innen!
– Sofortiger Austritt aus dem rassistischen, zugangserschwerenden Verein UniAssist! (Über UniAssist müssen sich alle Menschen ohne deutsche Hochschulzugangsberechtigung kostenpflichtig bewerben)
– Keine Zusammenarbeit mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz am im Aufbau befindlichen Stadtschloss und außerhalb davon, solange diese nicht die Herkunft ihrer Sammlungsstücke ausführlich aufarbeitet und koloniale Raubgüter zurückgibt!
– unbefristete Bereitstellung von Ressourcen zur umfassenden Aufarbeitung der Kolonial- und NS-Vergangenheit der HU!
– Umbenennung der Universität!
– Umsetzen eines umfangreichen Konzeptes gegen Rassismus, zum Beispiel Schaffung von Stellen für Antirassismusbeauftragte. Für die Erarbeitung eines Konzeptes sollen Personen, die rassistische Diskriminierung erfahren, bezahlt werden.
– Die Uni soll ihren Einfluss geltend machen und auf den Berliner Senat, allen voran Henkel, einwirken, um die Räumung der von Refugees besetzten Schule und des Protestcamps am Oranienplatz zu verhindern!
außerdem:
– Öffnung der Uni für alle! Keine Zugangsbeschränkungen, (die Leute ausschließen-doppelt,oder?)! Das heißt, dass auch Refugees an der Uni studieren können!
– Studentische Selbstbestimmung ermöglichen! Präsidium abschaffen! Entscheidungen sollen in offenen Versammlungen getroffen werden!
– Vorgeschriebene Studienpläne abschaffen – Möglichkeit einer freien Gestaltung des Studiums!
– Bewertung und Leistungsüberprüfung abschaffen!
An der Stelle, wo wir Adolf Butenandt entführten, wird nun Widerstand sichtbar: ein Portrait von Napuli Paul Langa. (siehe Bild im Anhang) Napuli Paul Langa ist eine Aktivistin der Refugee Strike Bewegung gegen rassistische Gesetze der Bundesrepublik Deutschland. Sie hat im Herbst 2012 bei der Protesttour der Geflüchteten durch Deutschland mitgemacht und organisiert seitdem den Protest am besetzten Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg. Langa kämpft für die Abschaffung der Lager- und Residenzpflicht, den Stopp aller Abschiebungen, für ein dauerhaftes Bleiberecht, das Recht auf Arbeit, Bildung, selbstbestimmtes Wohnen, und Bewegungsfreiheit. Kolonialrassistische Zustände, wie zum Beispiel die aggressive Außenpolitik der BRD und die deutschen Konzerne, zwingen Menschen weltweit zur Flucht. Ausbeutung, Repression, Militarisierung und Kriege werden vom deutschen Imperialismus wieder in die Welt getragen. So war auch das Motto des Refugee Tribunals gegen die Bundesrepublik Deutschland 2013: “Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört!”
Warum das Portrait einer Person ohne konkreten HU-Bezug im Hauptgebäude hängen soll? Gegenfrage: Hängen die Portraits der Menschen dort, um geehrt zu werden, oder nur weil die Uni sich mit ihnen schmücken möchte? Um die Kontinuität der rassistischen Ehrungen zu durchbrechen, haben wir diesen freigewordenen symbolischen Raum einer Person gewidmet, die Widerstand gegen bestehende Machtverhältnisse leistet. Unserer Meinung nach sollte dieser Raum nicht nur jenen vorbehalten bleiben, die u.a. das Privileg eines Aufenthaltstitels und damit Zugang zu deutschen Hochschulen haben. Keine strukturellen Ausschlüsse an Hochschulen und anderswo!
Gruppe Wissen im Widerstand
https://www.glokal.org/nazi-in-der-humboldt-universitat-entfuhrt/
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Claim of Responsibility:
Today, December 5th 2013, we overpowered and kidnapped a Nazi in the main building of the Humboldt University Berlin. We did this to call attention to the fact that the HU honors Nazi Nobel laureates in its buildings in the style of a patriarchal ancestral portrait gallery. The abducted Adolf Butenandt became director of the Kaiser-Wilhelm-Institute for Biological Chemistry in 1934. He replaced Carl Neuberg, who lost the job due to the antisemitic “Law for the Restoration of the Professional Civil Service”. That way Butenandt directly profited from the National Socialist system. He already joined the NSDAP in 1936. Butenandt participated in dubios medical and military research projects (for example in the air force trial station in Rechlin) and worked together closely with Günther Hillmann and Otmar Freiherr von Verschuer. Verschuer was so called “racial hygienist” and between 1942 and 1945 the director of the Kaiser-Wilhelm-Institute for Anthropology – this shows in particular the continuity of colonial racism in the Nazi Era. Verschuer and Hillman also worked together on a research project for which the concentration camp doctor Joseph Mengele provided them with blood samples and body parts from Auschwitz, where he conducted experiments with detainees. It is assumed that Adolf Butenandt knew about this reasearch project. That he was involved in Nazi crimes also becomes clear through the fact that he destroyed all documents with the title “Secret Reich Business”. After the war, Butenandt propagandized an idea of neutral and objective Science operating independently from political systems. In denazification processes Butenandt spoke for his Nazi colleagues and argued that they were not to blame for crimes against humanity because they had just practised objective reasearch, as he said. Doing so, Butenandt took part in blocking the postwar efforts to investigate and prosecute the accompliceship of Science in the crimes of the Nazi era. One of those, who escaped denazification with the help of Butenandt is the “racial hygienist” Eugen Fischer, who did experiments on Herero and Nama people in Namibia in 1908, was Director of the Kaiser-Wilhelm-Institut for Anthropology from 1927-1942 and was Director of the Berlin University (todays Humboldt University) from 1933 to 1934.
The fact that many National Socialists and colonial racists are honored in the Humboldt University with portraits, shows how much the colonial attitude is part of todays white_German science. Another example is that the colonial expeditions of Alexander von Humboldt are frequently referred to and glorified as embodiment of curiosity and science. Structural, institutionalized and individual racism is taking place on all levels of the university and society and drastically limits the access for People of Color to colleges and universities. The portraits in the Main Building reproduce these power relations, too – they make certain people invisible and have an excluding effect. Most people who are honored there, fit into binary binary gender expectations, are constructed as abled, did profit from racism – the list of privileges could go on and on. Other people are almost never represented. Remembrance of crimes in the past means to recognize where the direct involvement lies in the present. Remembrance means to change social conditions. Remembrance means to become active within society.
To the presidium of the HU Berlin: If you want to see Adolf Butenandt again, respond to our ransom demands until January 20th:
– No Nazis and racists at any place in the university!
– No Honoring of Nazis and colonial criminals!
– The HU must quit the membership in the racist association UniAssist! (Everybody who wants to study at the HU with a non-german certificate has to apply via UniAssist and pay application fees)
– The HU must quit the collaboration with the Preußischer Kulturbesitz Foundation regarding the future Stadtschloss and everywhere else, as long as the foundation has not processed the ownership history of their holdings extensively and given back all colonial loots!
– The HU must provide ressources for permanent and thorough historical reappraisal of the Nazi- and colonial past of the HU!
– The HU must change its name in order to no longer honor the Humboldt Brothers!
– The HU must pay people who expierience racist discrimination to elaborate an extensive concept to combat racism in the HU!
– The HU must exercise its influence on the Berlin Senate, especially Henkel, to prevent the eviction of the school and the protest camp at Oranienplatz which are squatted by Refugees!
furthermore:
– The HU must be open for everybody: no admission restrictions! Everybody should have the chance to study including people who are denied a permanent residence permit by the state!
– Student self-determination must be possible: We demand the presidium to be abolished – instead, decisions should be made in open gatherings!
– No prescribed course schemes – it should be possible to organize the studies by oneself!
– No examination and no marks!
On the spot where we kidnapped Adolf Butenandt, resistance has now been made visible: a portrait of Napuli Paul Langa. (see picture in attachment) Napuli Paul Langa is an activist from the Refugee Strike against racist laws in Germany. In Autumn 2012 she took part in the refugee protest tour through Germany and since then organizes the protest at the squatted Oranienplatz in Berlin-Kreuzberg. Langa is fighting for the abolishment of Lager and Residenzpflicht, against deportations, for permanent residence permit, the right to work, self determined living and freedom of movement. Colonial racist conditions like the aggressive foreign policy of Germany and German corporations force people to flee worldwide. Exploitation, repression, militarisation and wars are brought to the world through German imperialism. This is why the motto of the Refugee Tribunal against Germany 2013 was: “We are here because you destroy our countries!”
Why should a portrait be in the main building, if the person has no specific connection to the HU? Counterquestion: Are the portraits there to honor the persons, or are they there for the HU to praise itself? To disturb the continuity of the racist honoring we rather want to dedicate this symbolic space to a person who fights against established power relations. We think the space in the main building should not only be reserved for those who for example have the privilege to have a residence permit and thus have access to German colleges_universities. Against structural exclusion in universities and everywhere else!
Group knowledge in resistance
Dieser Beitrag wurde am 6. Dezember 2013 von glokal in Blog veröffentlicht. Schlagworte: Humboldt Universität, Kolonialismus, Nationalsozialismus, Rassismus, Reparationen.
https://www.glokal.org/nazi-in-der-humboldt-universitat-entfuhrt/
Der Generalstaatsanwalt und der Schriftsteller
Erkenntnisse aus der Korrespondenz zwischen Fritz Bauer und Thomas Harlan
„Thomas, mein Freund, wo in aller Welt käme ich hin, wenn ich fürchten müsste, dass Du meine Worte nicht im Sinn der völligen Verbundenheit interpretieren würdest“, so heißt es in einem Brief des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer an den Schriftsteller und Filmemacher Thomas Harlan, Sohn von Veit Harlan, der in der NS-Zeit den Film „Jud Süß“ drehte.
Von Hans Rubinich | 18.09.2015
Eine schwarz-weiß Aufnahme von Fritz Bauer aus dem Jahr 1961.
Fritz Bauer verstand die Aufarbeitung der Nazi- Verbrechen als Voraussetzung einer demokratischen Nachkriegsgesellschaft. (picture-alliance/ dpa /Goettert)
Der Brief ist einer von 120 Briefen, die Bauer zwischen 1962 und 1968 schrieb und die das Fritz-Bauer-Institut in Frankfurt am Main aktuell wissenschaftlich ausgewertet hat und veröffentlicht. Die Briefe erzählen von einer engen Freundschaft zweier höchst unterschiedlicher Menschen. Auf der einen Seite Fritz Bauer, der Mahner, der NS-Täter vor die deutschen Gerichte stellt. Auf der anderen Seite Thomas Harlan, der mit künstlerischen Mitteln gegen NS-Täter vorgeht, die in der Bundesrepublik wieder zu Amt und Würden gekommen sind.
In Harlan sieht Bauer einen Verbündeten, einen Vertreter der jungen Generation, die das Schweigen der Väter und das grassierende Beschweigen der NS-Vergangenheit brechen will. Freilich so radikal, wie es Bauer in seinem Amt und als Justizjurist nie tun konnte. Die Briefe von Bauer an Harlan gewähren nun auch einen neuen Zugang zu dem Menschen Fritz Bauer. „Wer in ihm nur den ‚Nazi-Jäger‘ sieht, der verkennt den Menschen Bauer vollkommen“, sagt Werner Renz vom Fritz-Bauer-Institut. Bauer sei ein couragierter Streiter für die Menschen- und Freiheitsrechte gewesen, aber auch ein seelisch Verletzter und innerlich Versehrter.
Produktion: DLF 2015
https://www.deutschlandfunk.de/
4. Geplante und Kontrollierte Nazi-Jäger-Aktionen: Jagen, Aufspüren und ZUFÜHREN NS-Belasteter Personen zur juristischen Aufarbeitung mittels historischer NS-Forschung und Archivnutzungen
Beispiele dieses Nazi-Jäger-Typus sind u.a.:
- Hanns Alexander
- Simon Wiesenthal
- Generalstaatsanwalt Fritz Bauer
- Otto John (Erster Präsident des Verfassungsschutzes)
- Beate Klarsfeld
- Serge Klarsfeld
- Josef Lewkowicz
Nazi hunter
A Nazi hunter is an individual who tracks down and gathers information on alleged former Nazis, or SS members, and Nazi collaborators who were involved in the Holocaust, typically for use at trial on charges of war crimes and crimes against humanity. Prominent Nazi hunters include Simon Wiesenthal,[1] Tuviah Friedman, Serge Klarsfeld, Beate Klarsfeld, Ian Sayer, Yaron Svoray, Elliot Welles, and Efraim Zuroff.[2]
https://en.wikipedia.org/wiki/Nazi_hunter
Chasseur de nazis
Un chasseur de nazis est un individu qui traque et recueille des informations sur d'anciens nazis, des membres des SS et des collaborateurs des nazis présumés impliqués dans la Shoah, généralement dans le but d'utiliser ces informations comme éléments à charge lors de procès pour crimes de guerre et crimes contre l'humanité. Parmi ces chasseurs de nazis sont notamment connus Simon Wiesenthal, Tuviah Friedman, Serge et Beate Klarsfeld, Ian Sayer (en), Yaron Svoray (en), Elliot Welles (en), Efraim Zuroff, Neal Sher.
https://fr.wikipedia.org/wiki/Chasseur_de_nazis
++++
Angespielt
True Crime aus der Nazizeit: „The Darkest Files“
Berlin · Paintbucket Games will viel mit seinem neuen Werk: „The Darkest Files“ soll NS-Verbrechen aufarbeiten und gleichzeitig ein unterhaltsames Videospiel sein. Kann das klappen?
28.03.2025 , 15:23 Uhr 5 Minuten Lesezeit
True Crime aus der Nazizeit: „The Darkest Files“
11 Bilder
Von Benedikt Wenck, dpa
Es ist ein grausamer Fall, den die Staatsanwältin Esther Katz in der jungen Bundesrepublik aufklären will: Ein Mann im Rentenalter wurde in den letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs hingerichtet, angeblich wegen Hochverrats. Doch vieles passt im ersten Fall, der im Spiel „The Darkest Files“ zu lösen ist, nicht zu den Akten. Wurde der Mann zu Unrecht erschossen?
Esther Katz ist eine fiktive Person. Im Spiel gehört sie zum Team von Fritz Bauer, einem der hartnäckigsten Verfolger von NS-Verbrechen im Deutschland der 1950er und 1960er Jahre. Bauer war Generalstaatsanwalt in Frankfurt und hatte für seine Ermittlungen eine Gruppe junger und unbelasteter Staatsanwältinnen und Staatsanwälte um sich versammelt. Ester Katz ist im Spiel eine von ihnen. Und die Spielenden schlüpfen in ihre Rolle.
Akten wälzen, Zeugen befragen
Bei den Ermittlungen ist viel klassische Recherchearbeit zu erledigen: Zunächst gibt es Akten aus der Zeit des Verbrechens. Sie sind die Grundlage dafür, Zeuginnen und Zeugen einzuladen und zu befragen. Spannend: Paintbucket Games setzt in dem Spiel auf reale Fälle.
Während der Befragungen kommt das wohl ungewöhnlichste Feature des Spiels zum Einsatz, ein spannender Kunstgriff: Aus den Büroräumen in Frankfurt, in denen sich Katz und das Team sonst bewegen, werden die Spielenden quasi zum jeweiligen Tatort teleportiert.
Tatort-Besuche per Zeitmaschine
Dort spielen sich die Geschehnisse von damals vor ihren Augen ab - und zwar immer etwas anders, je nachdem, wie sie die Zeuginnen und Zeugen nacherzählen. Anhand bestimmter Gegenstände im Tatort-Bereich können dann noch weitere Fragen gestellt werden, die gegebenenfalls zu weiteren Erkenntnissen und Beweisen führen.
So füllt sich im Verlauf mehrerer In-Game-Tage die Akte mit Aussagetranskripten, Dokumenten, Fotos und weiteren Belegen. Anhand eines Grundrisses des Tatorts kann man dann eine Theorie aufstellen, wie sich die Tat tatsächlich abgespielt haben könnte.
Nazis den Prozess machen
Als Nächstes wird den Verdächtigen der Prozess gemacht: Vor Gericht präsentiert Esther Katz ihre Theorie. Einsprüchen der Gegenseite werden dann die einschlägigen Dokumente und Aussagen entgegengestellt, damit die wahren Schuldigen verurteilt werden können.
Dieser Ablauf macht aller Grausamkeit der Verbrechen zum Trotz Spaß. Je nach Schwierigkeitsgrad müssen die Spielenden im Prozess entweder nur die richtigen Dokumente, oder sogar die entscheidenden Absätze hervorheben, um ihre Theorie zu beweisen.
Grips und Knobelei sind gefragt
Das erfordert ordentlich Grips und kann zu langer Knobelei zu einzelnen Details der jeweiligen Fallakte führen. Das Spiel macht das leider nicht wirklich einfacher. Zwar sind alle Dokumente verfügbar, sogar die genauen Transkripte der Gespräche mit den Zeuginnen und Zeugen.
Man sieht jedoch maximal zwei Seiten gleichzeitig, die man nur über Lesezeichen selbst sortieren kann. Eine Art leerer Tisch, auf dem man sich die Akte selbst auslegen kann, wäre hier hilfreicher gewesen. Immerhin: Es gibt ein Hilfesystem, das wichtige Tipps geben kann.
Urteile variieren nach Argumentation
Je nachdem, wie viel Staatsanwältin Katz beweisen kann, ergehen auch unterschiedliche Urteile gegen die Angeklagten. In einer anschließenden Videosequenz bewertet Bauer den Erfolg des Prozesses. Danach können sich Spielende dann auch ansehen, wie es wirklich gewesen ist. Denn wie zuvor erwähnt: Alle Fälle im Spiel sind real.
Daneben geht es in „The Darkest Files“ aber auch darum, unter welchen Bedingungen und gegen welche Widerstände Fritz Bauer und sein Team arbeiten mussten. Esther Katz bekommt Drohbriefe, eine Zeitung verfasst abschätzige Artikel, eines Tages fliegt ein Stein durch die Scheibe des Büros. Als junge Frau wird Katz auch mehrfach nicht ernst genommen oder sogar sexistisch beleidigt.
Ein Spiel als Warnung
Was das Spiel aussagen will, macht es schon im Intro mit einem Zitat von Fritz Bauer klar: „Nichts gehört der Vergangenheit an. Alles ist Gegenwart und kann wieder Zukunft werden.“ Das Spiel rückt sehr nah an die Grausamkeiten der Nazizeit heran, macht sie persönlich greifbar und gibt damit die Warnung aus: nie wieder.
Gleichzeitig kritisiert es die im Nachkriegsdeutschland schweigende Gesellschaft, wenn es um NS-Verbrechen ging - und geht auch der Frage nach, inwieweit Justiz und Polizei in der jungen Bundesrepublik noch von NS-Angehörigen durchsetzt, wenn nicht sogar bestimmt waren.
Düstere Graphic Novel in englischer Sprache
Optisch gestützt wird das Thema durch den prägnanten visuellen Stil von Paintbucket Games. Alles ist sehr dunkel, fast schwarz-weiß gehalten, die Umgebungen und Charaktere erinnern an eine düstere Graphic Novel.
Vertont wurde das Spiel - wohl mit Blick auf die internationale Vermarktung - leider nur auf Englisch (mit teils ausgeprägtem deutschen Akzent). Für Texte und Untertitel lassen sich als Sprachen aber auch Deutsch oder Französisch einstellen
Fazit: Beeindruckend und fesselnd, aber nur zwei Fälle
Gewünscht hätte man sich am Ende dann doch mehr Umfang. Katz löst im Laufe des Spiels zwei Fälle, darauf folgt ein kurzer Epilog. Die Fälle sind zwar anspruchsvoll und können nur mit großer Detailversessenheit und oftmals wohl nur nach mehreren Anläufen gelöst werden. Doch viel mehr als zehn Stunden Spielzeit kommen dabei trotzdem nicht herum.
Dennoch ist Paintbucket Games ein beeindruckendes Stück irgendwo zwischen Visual Novel und Anwaltsspiel gelungen. Es fesselt emotional und kann auch spielerisch überzeugen.
„The Darkest Files“ ist für PC und Mac via Steam verfügbar. Es kostet rund 20 Euro und ist ab zwölf Jahren (USK) freigegeben.
© dpa-infocom, dpa:250328-930-417410/1
(dpa)
https://www.saarbruecker-zeitung.de/
Neues Kapitel in der Holocaust-Debatte: Neil Barofsky will bei der Credit Suisse die Täter aus der Nazizeit jagen
Der scharfe Hund ist zurück – und wie. Für sagenhafte 2300 Dollar die Stunde durchforstet der amerikanische Anwalt die CS-Archive nach Helfern und Helfershelfern der Nazis. Dafür hat er einen Freibrief der USA.
Zoé Baches
11.01.2025, 21.45 Uhr
Diesen Mann wird die Schweiz einfach nicht los: Zuerst überwachte er die Credit Suisse, nun arbeitet er für die UBS: Neil Barofsky, Partner der amerikanischen Anwaltskanzlei Jenner & Block. Christopher Goodney / Bloomberg
Neil Barofsky, der langjährige Schrecken jedes Bankers der früheren Credit Suisse (CS), ist zurück. Viel mächtiger als zuvor – und offenbar auch deutlich besser gelaunt. Als unabhängiger Ombudsmann überwacht der 54-jährige Partner der amerikanischen Anwaltskanzlei Jenner & Block ein Team von gut fünfzig Personen. Diese durchforsten an bis zu sechs Tagen die Woche die Archive der CS zum dunkelsten Kapitel ihrer Geschichte: dem Umgang der Grossbank mit jüdischen Geldern und mit Nazis in der Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg.
Barofsky hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Er will nicht weniger, als ein neues Kapitel in der Aufarbeitung des Holocaust zu schreiben. Das zeigen Gespräche mit Involvierten, dies erschliesst sich auch aus einer jüngst veröffentlichten E-Mail von ihm an den US-Haushaltsausschuss betreffend «Übersicht über die Untersuchung von Naziverbindungen bei der Credit Suisse». Der frühere Holocaust-Vergleich aus dem Jahr 1999 habe sich auf die Opfer der Nazizeit konzentriert, ist zu hören, Barofsky mache nun Jagd auf die Täter, das sei sein Plan.
Den Job als Ombudsmann bei der CS hatte Barofsky bekanntermassen zwischen Juni 2021 und November 2022 schon einmal inne. Wegen eines Streits über das Ausmass der Nachforschungen und seine Arbeitsweise erneuerte die Grossbank seinen Vertrag nicht mehr. Ein Jahr später hat ihn nunmehr die UBS zurück auf seine alte Position geholt.
Der am meisten gehasste Mann in der CS
Barofsky sei im Vergleich zu früher menschlich wie ausgewechselt, sagen Personen, die heute mit ihm zusammenarbeiten. Der amerikanische Anwalt war ja schon in mehreren Rollen bei der CS aktiv. Das erste Mal überwachte er bei der CS als sogenannter Monitor ab 2014, ob diese im Nachgang des Steuerstreits mit den USA ihre internen Prozesse so gefestigt hatte, dass amerikanische Kunden kein Geld mehr vor dem US-Fiskus verstecken konnten. Während vier Jahren sass Barofsky mit zeitweise hundert Mitarbeitern unweit des Zürcher Paradeplatzes. Und er sei in dieser Zeit der am meisten gehasste Mann in der Bank gewesen, so erinnern sich frühere CS-Banker. Arrogant sei er aufgetreten, selbstherrlich und wenig interessiert an einer differenzierten Betrachtung.
Sieben Jahre später ist, jetzt aus der UBS, nur noch Gutes über ihn zu hören. Eine Person, die mit ihm zusammenarbeitet, bezeichnet Barofsky als einen liebenswürdigen Mann, als aufrichtig und als jemanden, der leidenschaftlich entschlossen sei, die Wahrheit zu finden.
Der Zeitpunkt der Publikation der neuesten E-Mail von Barofsky sei auch politisch motiviert, glaubt ein Insider. Und verweist auf jüngste Medienberichte, dass die UBS kurz vor einer Einigung mit dem US-Justizministerium über eine hohe Zahlung wegen einer anderen CS-Altlast stehen soll. Laut dem «Wall Street Journal» soll es dabei um Versäumnisse der CS nach der Einigung im Steuerstreit gehen, damals sass Barofsky bereits als Monitor bei der Grossbank.
Trotzdem hat Barofsky Grund zur guten Laune. Sein Mandat hat sich deutlich vergrössert. Beim ersten Engagement ab Juni 2021 überwachte er nur die Aufarbeitung einer Liste von 12 000 in Argentinien ansässigen Deutschen, die möglicherweise Verbindungen zu Nazis hatten. Mit dieser Liste hatte sich die jüdische Nichtregierungsorganisation Simon Wiesenthal Center ursprünglich an die CS gewandt.
Rapportieren in die USA
Zwar ist das Thema Holocaust-Gelder auf Schweizer Banken seit 1999 abschliessend geregelt. So regelte der globale Vergleich mit jüdischen Klägern in den USA das Thema für die gesamte Schweiz allumfassend, auch in Bezug auf künftige, damals noch nicht bekannte Vorgänge. Im Geiste des früheren CS-Verwaltungsratspräsidenten Rainer E. Gut arbeitete die Grossbank aber weiter bei historischen Abklärungen mit.
Auch die Argentinien-Liste wurde mit den neuesten forensischen Mitteln noch einmal überprüft. Die externen Forensiker Alix Partners, deren Arbeit Barofsky als Ombudsmann überwachte, kamen zu dem Schluss, dass lediglich 8 bisher nicht bekannte Nazikonten bei der früheren Kreditanstalt aus dem Zeitraum von 1933 bis 1945 in der Liste gefunden wurden. Von denen waren 7 kurz nach Adolf Hitlers Machtergreifung im Januar 1933 bereits wieder geschlossen worden.
Barofsky verlangte nun eine Ausweitung der Suche, was die CS als nicht zielführend erachtete, zudem stiess sie sich an seiner intransparenten Arbeitsweise als auch am luxuriösen Salär. Nach der Entlassung habe Barofsky mündlich gar implizite Drohungen ausgestossen, einen vernichtenden Bericht zu schreiben, der publik werde, behaupten involvierte Personen. Barofsky und Jenner & Block reagierten nicht auf Anfragen. Die UBS bestätigt einzig, Barofsky bei seinen Untersuchungen vollumfänglich zu unterstützen.
Sicher ist, dass die Angelegenheit beim Haushaltsausschuss des US-Senats landete, diesem obliegt die Rechtsprechung über das Büro der Sondergesandten für Holocaust-Angelegenheiten. Der Ausschussvorsitzende Sheldon Whitehouse und der Senator Chuck Grassley leiteten nun eine Untersuchung ein. Heute rapportiert Barofsky an die beiden, ihm offenbar wohlgesinnten hochrangigen US-Politiker. Diese erteilten ihm den Auftrag, in der Angelegenheit CS «sämtliche Steine umzudrehen».
Schliessen der Lücken
Barofsky hat also eine Carte blanche erhalten; und das von ihm überwachte Team aus UBS-Mitarbeitern, Forensikern von Alix Partners, Wissenschaftern und Anwälten besitzt vollen Zugriff auf alle CS-Unterlagen mit Bezug zur Nazizeit. Die Archive seien riesig, ist zu hören, viele Dokumente liegen in Zürich, aber auch in anderen Ländern Europas und in Südamerika.
In seiner E-Mail schreibt Barofsky auch, 3600 Schachteln mit neuen Dokumenten identifiziert zu haben. Diese Aussage sei irreführend, kritisieren Befragte. Jene Schachteln seien immer schon Teil des historischen Archivs gewesen. Auch bei den früheren Untersuchungen durch die Kommission Paul Volcker und die Expertengruppe Jean-François Bergier seien diese gesichtet worden.
Allerdings hätten jene bewusst nicht alle Spuren weiterverfolgt, weil der Aufwand als zu gross antizipiert worden sei. So auch nicht die nun von Barofsky angepeilten «Individuen und die juristischen Personen, die den Nazis oder mit Nazis verbundenen Partnern beim Bewegen, Überweisen oder Verbergen von geraubten Vermögenswerten halfen». Bereits 1997 hatte der heutige Chefredaktor der «NZZ am Sonntag» Beat Balzli in seinem Buch «Die Schweiz und die Vermögen der Naziopfer: Eine Spurensuche» ausführlich die verabscheuenswürdigen Methoden geschildert, wie auch Banker der damaligen CS Konten jüdischer Inhaber an die Gestapo verrieten und gestohlene Vermögen und Wertpapiere vergoldeten. Balzli warnte damals davor, dass Helfershelfer und Intermediäre ungestraft davonkommen könnten.
Genau diese Lücke will Barofsky nun schliessen. Dass die furchtbaren Verbrechen der Nazis nicht in Vergessenheit geraten dürfen und allfällige nicht gesühnte Verbrechen aufgearbeitet werden müssen, darin sind sich alle Befragten einig. Uneinig ist man sich über die Grenzen. Involvierte verweisen auf die massiven Schwierigkeiten, selbst mit der neuesten Technologie, angesichts der äusserst anspruchsvollen Datenlage. Viele Bankkonten wurden damals mit nur ganz wenigen Informationen äusserst diskret aufgesetzt.
Exemplarisch zeigt sich das an einer Liste nazifreundlicher Anwälte in Zürich, die die Bergier-Kommission publiziert hatte. Barofsky könne zwar aufzeigen, dass einige dieser Anwälte ein Konto bei der damaligen CS gehabt hätten, was ja nicht überraschend sei, so ein Insider. Nun aber angesichts der vorliegenden Unterlagen zu belegen, dass jemand wirklich über diese Bankkonten Nazis geholfen habe, das werde sehr schwierig.
Ein weiterer Befragter betont, dass klar sein müsse, dass Barofsky eine historische Abklärung mache. Geldforderungen dürften daraus keine erwachsen, denn diese seien mit dem globalen Vergleich von 1999 abschliessend geregelt. Dennoch rechnen einige Befragte damit, dass es zu entsprechenden Untersuchungen auch bei der UBS kommen könnte. Weil dort mehr Dokumente aus der Nazizeit vernichtet worden seien, würden sich die Untersuchungen noch aufwendiger gestalten als bei der CS, so Befragte.
Apropos Kosten: Offenbar verhält sich Barofsky heute etwas zurückhaltender als noch in Runde eins. In den ersten anderthalb Jahren als Ombudsmann habe er nur in den teuersten Hotels logiert und auf Erstklassflüge für sich und sein Team bestanden, war damals zu hören. Barofsky sei mit ihr «nur» in der Businessclass gereist, erklärt dagegen eine Person, die heute mit ihm arbeitet.
Allerdings habe er seinen Stundenansatz erhöht, die UBS bezahle ihm derzeit sagenhafte 2300 Dollar pro Stunde. Laut einem Informanten können in den amerikanischen Topkanzleien nur vereinzelt Partner ein derart hohes Honorar verlangen. Für sein erstes Ombudsmann-Mandat erhielt Barofsky dann insgesamt gut 25 Millionen Dollar Salär.
https://www.nzz.ch/wirtschaft/
BMJ-Pressemitteilung
Ausschreibung zum Fritz Bauer Studienpreis 2025
Am 1. Juli 2025 wird der Fritz Bauer Studienpreis für Menschenrechte und juristische Zeitgeschichte zum sechsten Mal verliehen. Der Preis ist mit 5.000 Euro dotiert. Bewerbungen hierzu können ab sofort eingereicht werden.
Pressemitteilung Nr. 57/2024
02. Juli 2024
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt:
„Fritz Bauer war eine der Schlüsselfiguren in der jungen Demokratie der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, die Gräueltaten des nationalsozialistischen Unrechtsstaates aufzudecken. Gerade in der heutigen Zeit sollte uns sein unbedingter Wille zur Aufklärung über das geschehene Unrecht und sein Mut, sich einzumischen, wenn er Gefährdungen von Rechtsstaat und Demokratie erspürte, ein Vorbild sein.“
Das wissenschaftliche Wirken Fritz Bauers umfasste insbesondere das Strafrecht und den Strafvollzug, das Völkerstrafrecht sowie auch die rechtsphilosophische Auseinandersetzung etwa mit der Ethik des Juristen. Diese Lebensthemen Fritz Bauers haben ungebrochene Aktualität. Mit dem Preis wird eine herausragende deutschsprachige Dissertation des rechtswissenschaftlichen Nachwuchses ausgezeichnet, die sich mit diesen Lebensthemen Fritz Bauers und deren zeitgenössischen Bedeutung für die Rechtswissenschaft beschäftigt. Auch soll damit die Bedeutung und das Wirken Bauers für die Rechtswissenschaft von Heute betont werden. Der Studienpreis wird seit dem 1. Juli 2015 alle zwei Jahre vom Bundesminister der Justiz vergeben.
Bewerben können sich Doktorandinnen und Doktoranden, die ihr Promotionsverfahren in den Jahren 2023 oder 2024 abgeschlossen haben. Der Bewerbung ist eine kurze Darstellung beizufügen, welches Lebensthema oder welche Lebensthemen Fritz Bauers in der Dissertation thematisiert werden und welche Bedeutung diese auch heute noch für die Rechtswissenschaft haben.
Weiterführende Informationen zur Ausschreibung können unter www.bmj.de/FBSP25 abgerufen werden.
https://www.bmj.de/
Fritz Bauer - Jurist im Dienste der Humanität
Nur wenige Juristinnen und Juristen in der jungen Bundesrepublik besaßen den Mut, die Ausdauer und die moralische Klarheit, den bestürzenden Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus zu thematisieren, juristisch aufzuarbeiten und mit den Mitteln des Rechts zu beantworten. Fritz Bauer (1903-1968) war einer dieser wenigen Juristen und gilt als Initiator des sogenannten Auschwitz-Prozesses.
2025 | BMJ | Das Bundesministerium der Justiz fühlt sich seinem Andenken deshalb besonders verpflichtet. Fritz Bauer stritt im Westdeutschland der Nachkriegszeit unermüdlich für die juristische Ahndung des nationalsozialistischen Unrechts. Es ging ihm nicht um Vergeltung, sondern um die Aufarbeitung des Geschehenen. Die im Namen des nationalsozialistischen Unrechtsregimes begangenen Taten sollten im Gerichtssaal sichtbar gemacht werden. Für die für den Nationalsozialismus so charakteristische Verbindung von Bürokratie und roher Gewalttätigkeit hatte Fritz Bauer einen klaren Blick. Nicht nur jene Täter, an deren Händen Blut klebte, sondern auch die an den Schreibtischen, sollten zur Verantwortung gezogen werden.
https://www.bmj.de/DE/
Fritz Bauer – Jurist im Dienste der Humanität
26.12.2022 | BMJ | Nur wenige Juristinnen und Juristen in der jungen Bundesrepublik besaßen den Mut, die Ausdauer und die moralische Klarheit, den bestürzenden Zivilisationsbruch des Nationalsozialismus zu thematisieren, juristisch aufzuarbeiten und mit den Mitteln des Rechts zu beantworten.
Fritz Bauer – Jurist im Dienste der Humanität | PDF, 4MB, Datei ist barrierefrei⁄barrierearm
https://www.bmj.de/
https://www.bmj.de/
Die SS - Macht und Mythos: Täterjagd (6/6)
Nach 1945 entziehen sich die meisten SS-Täter ihrer Verantwortung. Durch Leugnen, neue Identitäten oder Flucht nach Südamerika. Geheime Nazi-Netzwerke helfen ihnen, der Justiz zu entkommen.
Videolänge:43 min Altersbeschränkung:FSK 12 Datum: 27.02.2022
Verfügbarkeit:
Video verfügbar bis 05.05.2025
https://www.zdf.de/
De nazi-jager: het leven van Simon Wiesenthal 1908-2005 Taschenbuch – 1. September 2010
Alte Kriegsverbrechen und neue Zivilcourage
Ulrich Tukur muss als Kriminalist Felix Murot in die Vergangenheit reisen
Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress
Im neuen Murot-»Tatort« findet ein Kriminalfall im Zweiten Weltkrieg in die Gegenwart. Und Hauptdarsteller Ulrich Tukur treibt doppeltes Spiel
von Andrea Löbbecke
20.10.2024 20:55 Uhr
Für den neuen Fall des hessischen Tatort-Kommissars Felix Murot haben sich die Macher wieder etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Während der Wiesbadener LKA-Kommissar Murot (Ulrich Tukur) und seine Assistentin Magda Wächter (Barbara Philipp) am Frankfurter Flughafen auf die Ankunft des greisen Kriegsverbrechers Hagen von Strelow aus Südamerika warten, spielt der Hauptstrang der Handlung im Zweiten Weltkrieg im Jahr 1944. Der Hessische Rundfunk (HR) zeigt den TV-Krimi »Murot und das 1000-jährige Reich« am Sonntag (20. Oktober) um 20.15 Uhr im Ersten.
Tukur spielt eine Doppelrolle
Hauptdarsteller Tukur ist in einer Doppelrolle zu sehen. Er spielt nicht nur den LKA-Ermittler in der Gegenwart, der sich ärgert, dass ihm von Strelow vor mehr als 20 Jahren entwischte. Er ist auch in der Rolle des Friedrich Rother zu sehen. Der kriegsmüde Kommissar strandet im Sommer 1944 gemeinsam mit seinem Adjutanten in einem hessischen Dorf. Dieser Adjutant ist der junge Hagen von Strelow (Ludwig Simon), ein regimetreuer und ehrgeiziger Nationalsozialist.
Als in dem Dorf ein britischer Pilot ermordet wird, beginnt Rother zu ermitteln. Dabei hilft ihm die Kellnerin Else Weiß (ebenfalls gespielt von Barbara Philipp), die ein großes Geheimnis mit sich trägt. Der Kriminalfall nimmt Fahrt auf, als klar wird, dass der Brite ein mutmaßlicher Spion ist und brisante kriegsentscheidende Dokumente bei sich hatte. Aber wo sind die Papiere?
Ein Film über Schuld und Sühne, Verrat und Vertrauen
In dem Kriminalfilm nach einem Buch von Michael Proehl, Dirk Morgenstern und Matthias X. Oberg geht es um Schuld und Sühne, Verrat und Vertrauen. »Eines Tages werden Sie für Ihre Taten zur Rechenschaft gezogen. Sie missachten alle Gesetze«, sagt etwa Kommissar Rother zu dem jungen Hagen von Strelow 1944. Dieser erwidert, das »Tausendjährige Reich« folge seinen eigenen Gesetzen - und richtet seine Waffe gegen Rother.
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»Es war uns wichtig einen Bogen zu schlagen, zu erzählen, was eine
Diktatur mit Menschen macht, ob es Zivilcourage gibt und was der Preis dafür sein kann«, erklärt HR-Redakteur Jörg Himstedt. »Gleichzeitig hat uns natürlich gereizt, das Format »Tatort« in einem anderen Kontext zu transponieren und gleichzeitig einen spannenden Fall zu erzählen - nur einmal ganz anders.«
Die historischen Häuser, Autos und Kostüme hätten beim Dreh einen erheblichen Mehraufwand erzeugt, berichtet Regisseur Oberg. »Ohne den Hessenpark als Drehort wäre dieser »Tatort« kaum realisierbar gewesen.« Der Film wurde im Frühjahr 2023 unter anderem in dem Freilichtmuseum nördlich von Frankfurt gedreht.
Tukur und Phillip in Doppelrollen zu sehen, verleiht dem Krimi einen besonderen Reiz. Allerdings nimmt die Handlung vor 80 Jahren den weitaus größeren Teil des Films ein. Der Kriminalist Rother schätzt die kluge Else Weiß und fragt sie zu den Ermittlungen um Rat. Er weiß um ihr Geheimnis, aber verrät sie nicht.
Als Murot den Kriegsverbrecher aus dem Flugzeug abholt, damit ihm in Deutschland der Prozess gemacht werden kann, schließt sich der Kreis: »Buenos días, Herr von Strelow, so sieht man sich wieder«, sagt der LKA-Ermittler.
»Murot und das 1000-jährige Reich« läuft am Sonntag (20. Oktober) um 20.15 Uhr im Ersten.
https://www.juedische-allgemeine.de/
Holocaust survivor, 96, recalls horrifying moment the 'Butcher of Płaszów' shot dead a Jewish man he found too 'handsome'
Josef Lewkowicz, 96, told Good Morning Britain about horrors of the Holocaust
READ MORE: JOSEF LEWKOWICZ recalls how he confronted Amon Goeth
By ELMIRA TANATAROVA FOR MAILONLINE
PUBLISHED: 10:36 BST, 17 April 2023 | UPDATED: 10:54 BST, 17 April 2023
A Holocaust survivor - who lived through six concentration camps, including Auschwitz - has recalled a horrific moment which saw a Jewish man killed just for being too 'handsome' for a Nazi to bear.
Josef Lewkowicz, 96, laid bare the atrocities committed by Amon Goeth - known as the Butcher of Płaszów - who he later went on to track down and confront after being freed.
After the war, the Austrian Nazi officer was finally found hiding under a false name at Dachau concentration camp.
Speaking on Good Morning Britain, the Polish-born author opened up about just one chilling example of the villain - who was played by Ralph Fiennes in the 1993 film Schindler's List - and his 'crazy' mind.
'There's no expression how to describe him...he was just a murderer,' Josef recounted.
'He went through the camps, we were shivering because we never knew what this crazy mind would happen.'
Once, a man in front of him was shot just because the horrific monster said he 'cannot take a Jew so handsome looking'.
In Josef's new book The Survivor, he details capturing the man who had tormented him for years after offering his services to the United Nations Relief and Rehabilitation Administration.
He told Susanna Reid and Ed Balls that his blood 'boiled' upon seeing Goeth in 1946, who looked 'like a beggar' and was lying on the ground at Dachau.
'I didn't know what to do,' he admitted. 'To shoot him would be like giving him a gold medal.
'I started beating him...calling him all the names he would call us.'
Josef was even reprimanded for his violence by American intelligence - but has no regrets for his actions.
'I can tell you that it is not a miracle that I survived,' he concluded. 'Every day was a miracle to survive. At day we prayed to be night, because during the day to survive was a miracle...at night we prayed to be day...'
Speaking on Good Morning Britain, the Polish-born inspirational author opened up about just one chilling example of the villain - who was played by Ralph Fiennes (pictured) in the 1993 film Schindler's List - and his 'crazy' mind
Josef was just 14 when he was given his first job of shovelling human bones into a wheelbarrow at the Płaszów concentration camp in Poland.
It marked the start of three years of misery that saw him shipped through five different concentration camps as a teenager.
During that time - in which Nazis killed all 150 members of his family - he saw starving prisoners butchering and eating a dead boy and watched guards make prisoners jump off cliffs.
While being held captive in Ebensee – a concentration camp in Austria – Josef had once recalled how conditions became unbearable as he watched on as starving people roasted the body of a dead Russian boy.
In 2019, he told The Sun: 'A young Russian boy died and there was a few of the Russian people went and cut off his whole behind, and made a fire with branches and dry wood, and roasted human flesh, and ate it.
'I had seen so much cruelty that nothing surprised me anymore.'
Josef added that he has chosen to share his harrowing story in a bid to preserve the truth for generations to come.
He then made it his life mission to hunt down Nazis who went into hiding after the war, saying: 'I have to get after those Nazis who tortured us, that made our days miserable, killing us, beating us, hanging us.'
Josef trained as a policeman and set about searching large prisoner of war camps and interrogating captured German soldiers about where SS officers had fled to.
Shortly before Goeth was executed for his war crimes, former prisoner Josef went to see him in his cell where he told him: 'You are the worst – there is nothing like you.'
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https://www.dailymail.co.uk/
»Nehmen uns ein Lager nach dem anderen vor«
Die Jagd nach den Hundertjährigen
Dieses Jahr wurden eine 97-jährige KZ-Sekretärin und ein 102-jähriger KZ-Wachmann zu Haftstrafen verurteilt. Beide Verfahren hat Thomas Will angestoßen. Stellt Deutschlands oberster Nazijäger noch mehr Greise vor Gericht?
Aus Ludwigsburg berichtet Fabian Hillebrand
21.12.2022, 09.30 Uhr
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Oberstaatsanwalt Thomas Will, Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen Foto: Sebastian Gollnow / picture alliance/dpa
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https://www.spiegel.de/
Aufklärer Thomas Will von Zentraler Stelle: Bezeichnung «Nazi-Jäger» mag ich nicht
von dpa/lsw |
31.01.2022, 08:52 Uhr | aktualisiert: 01.02.2022, 10:45 Uhr
Der Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg sieht seine Aufgabe losgelöst von politischen Ansichten der Menschen im Zweiten Weltkrieg. Die politische Überzeugung sei nicht ausschlaggebend dafür, sie heute zu verfolgen, sondern ihre Taten, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Will der «Heilbronner Stimme» (Montag). «Wir verfolgen Mörder oder Mordgehilfen.» Die Arbeit der Zentralstelle solle klarstellen: «Was ihr da getan habt, wobei ihr mitgemacht habt - ohne euch die Hände dreckig zu machen - ist strafbar gewesen.»
Ludwigsburg.
Er lese als Bezeichnung für die Mitarbeiter der Zentralstelle immer wieder «die Nazi-Jäger», sagte Will. «Das mag ich gar nicht.» Das Label «Nazi» gelte für viele Menschen im Nationalsozialismus, teils verführte Menschen, aufgewachsen im System. «Leute, die vielleicht indoktriniert waren oder überzeugte Nazis waren.»
Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen wurde 1958 gegründet. Sobald sie ihre Vorermittlungen abschließt, werden die Verfahren an die örtlichen Staatsanwaltschaften abgegeben. Diese müssen dann über Anklagen entscheiden. So gibt es noch heute Gerichtsprozesse.
Die jüngsten Beschuldigten seien bald 95 Jahre alt, sagte Will der Zeitung. Die baden-württembergische Landesregierung wolle in der laufenden Legislaturperiode über eine Nachfolgeeinrichtung der Zentralen Stelle entscheiden. «Unsere 800 Meter Akten und die Kartei sind ein unglaublicher Schatz», sagte der Oberstaatsanwalt. «Sie zeigen die Verbrechen des Zweiten Weltkriegs in umfassender Weise, ein Meer von Taten.» Das sei auch für Forscher wichtig.
Wie Entscheidungen getroffen wurden - im Jahr 1960 oder 2020 - sage darüber hinaus viel über die Gesellschaft aus, führte Will aus. «Die Gesellschaft, die aus sich heraus Verbrechen begangen hat und die später versucht hat, mit den Tätern in ihrer Mitte umzugehen - auch indem man zum Teil nicht damit umgegangen ist.»
© dpa-infocom, dpa:220131-99-912859/2
https://www.lkz.de/
Aufarbeitung von NS-Verbrechen
:Das Ende der „Nazijäger“: Warum es die Zentralstelle in Ludwigsburg weiter braucht
Die meisten NS-Verbrecher sind inzwischen tot. Doch die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen arbeitet weiter. Bald möglicherweise mit einem veränderten Auftrag.
04. März 2022, 16:08 Uhr •Ludwigsburg
Zentralstelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Hier lagern hunderte Meter Acktenbestände.
© Foto: Martin Kalb/Zentralstelle
Als Thomas Will 2003 bei der „Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ in Ludwigsburg anfing, war auch schon die Rede von „den mutmaßlich letzten Verfahren“, erinnert sich der Oberstaatsanwalt. Wann immer Medien in den vergangenen Jah...
https://www.swp.de/
Der Fall Collini
Der junge Anwalt Leinen (Elyas M’Barek) lässt sich nichts und niemanden beeindrucken. Der junge Anwalt Leinen lässt sich nichts und niemanden beeindrucken. | Bild: ARD Degeto / Constantin Film Verleih
Spielfilm Deutschland 2019
Der junge Anwalt Caspar Leinen übernimmt ein spektakuläres, aber aussichtsloses Mandat. Als Pflichtverteidiger vertritt er Fabrizio Collini, der den Großindustriellen Hans Meyer in einem Hotelzimmer ermordet hat. Nicht nur das Schweigen des 70-jährigen Angeklagten macht dem Anwalt die Verteidigung schwer. Leinen kannte Meyer und verehrt ihn als väterlichen Freund.
Obwohl ihn seine Jugendliebe Johanna auffordert, das Mandat für den Mörder ihres geliebten Großvaters niederzulegen, entscheidet sich Leinen für sein Berufsethos. Der renommierte Jurist Richard Mattinger, der Meyers Familie als Nebenkläger vertritt, stellt ihn auf die Probe: Er versucht den Berufsanfänger für einen Deal zu gewinnen, um den Prozess abzukürzen. Auch Leinen wäre es am liebsten, wenn sich Collini endlich erklären würde – jedoch nicht aus juristischem Kalkül, sondern um die Wahrheit ans Licht zu bringen.
Das Motiv für die Tat liegt, wie er vermutet, weit zurück im Jahr 1944 und in der Zeit der NS-Besatzung in Italien. Ob Meyer ein Kriegsverbrecher war, scheint jedoch außer Leinen kaum jemand wissen zu wollen. Auch ihm fällt es nicht leicht, das Andenken seines Mentors infrage zu stellen.
https://www.daserste.de/
Der Fall Collini (Film)
Der Fall Collini ist ein deutscher Politthriller von Marco Kreuzpaintner, der am 18. April 2019 in die deutschen Kinos kam. Es handelt sich um eine Verfilmung des Romans Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach aus dem Jahr 2011.
Handlung
Nachdem im Jahr 2001 der angesehene Industrielle Jean-Baptiste Meyer in seiner Hotelsuite in Berlin ermordet worden ist, stellt sich der Rentner und ehemalige Gastarbeiter Fabrizio Collini in der Lobby widerstandslos als vermeintlicher Täter der Polizei. Der junge Rechtsanwalt Caspar Leinen, der gerade erst seine Zulassung bekommen hat, wird als dessen Pflichtverteidiger bestellt. Als er erfährt, dass es sich bei dem Toten um „Hans“ Meyer handelt, der wie ein Ersatzvater für ihn war, mit dessen verstorbenem Enkel Philipp er zur Schule ging und mit dessen Enkelin Johanna er liiert war bzw. ist, will Leinen sich für befangen erklären und das Mandat niederlegen. Aber sein ehemaliger Hochschullehrer Richard Mattinger, der jetzt als Nebenkläger die Familie des Ermordeten vertritt, rät Leinen dazu, das Mandat weiterzuführen: Gefühle dürfe ein Strafverteidiger sich vor Gericht nicht erlauben.
Da Collini beharrlich schweigt, scheint der Fall aussichtslos. Mattinger schlägt Leinen vor, um den Prozess abzukürzen, solle er Collini zu einem Geständnis bringen, im Gegenzug werde der Oberstaatsanwalt nur auf Totschlag statt Mord plädieren. Als im Gericht aber die Tatwaffe präsentiert wird, fällt Leinen ein, dass Philipp ihm damals in Meyers Bibliothek die gleiche Waffe gezeigt hatte. Es ist eine Walther P38, die heute als Tatwaffe eher selten benutzt wird. Leinen erwirkt eine mehrtägige Unterbrechung der Verhandlung und fährt nach Montecatini, dem Heimatdorf Collinis, während sein Vater in Ludwigsburg Akten zu NS-Verbrechen studiert.
Leinen trifft den Dorfbewohner Claudio Lucchesi, der ihm erzählt, was 1944 in Montecatini passiert ist: Als junger SS-Sturmbannführer leitete Hans Meyer in der Toskana nach einem Attentat von Partisanen eine Vergeltungsmaßnahme. Unter den willkürlich Ausgewählten war auch der Vater des Angeklagten. Meyer zwang den kleinen Collini, mit anzuschauen, wie der durch das Exekutionskommando schwerverletzte Vater mit mehreren Pistolenschüssen hingestreckt wurde. Lucchesis Vater war dabei als Dolmetscher tätig und wurde deshalb kurz nach dem Krieg als Kollaborateur hingerichtet.
Mattinger versucht, Leinen davon abzuhalten, dies vor Gericht vorzubringen, indem er ihm lukrative Wirtschaftsfälle in Aussicht stellt, doch Leinen geht nicht darauf ein. Als Lucchesi vor Gericht seine Zeugenaussage macht, ist nun auch Collini bereit, über seine Motivation zu reden. Mattinger erklärt das für irrelevant; Collini und seine Schwester hätten bereits 1968 Strafanzeige gegen Meyer erstattet, und das Verfahren sei damals eingestellt worden. Leinen recherchiert, dass es dabei nicht um die Schuldfrage gegangen ist, sondern dass wegen einer kurz zuvor erfolgten Gesetzesänderung NS-Verbrechen wie das von Meyer nur noch als Totschlag eingestuft wurden und deshalb verjährt waren. Leinen konfrontiert den damals im Gesetzgebungsverfahren mitinvolvierten Mattinger damit, der schließlich eingesteht, dass dies Unrecht gewesen sei. Als am nächsten Tag das Urteil verkündet werden soll, erklärt die Richterin, dass Collini in der Nacht Suizid begangen habe.
Per Post erhält Leinen mit einer kurzen Notiz seines inzwischen toten Mandanten ein Foto, das diesen mit seinem Vater zeigt.
Literarische Vorlage, Stab und Besetzung
Der Film basiert auf dem Roman Der Fall Collini von Ferdinand von Schirach aus dem Jahr 2011 über den Mord am Industriellen Jean-Baptiste Meyer durch den Rentner und ehemaligen Gastarbeiter Fabrizio Collini.[3][4] Bert Rebhandl von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung schreibt, von Schirach habe mit seinem Roman so etwas wie erzählerische Rechtskulturgeschichte im Dienste der Vergangenheitsbewältigung betrieben.[5] Sein Roman wurde von Christian Zübert, Robert Gold und Jens-Frederik Otto für den Film adaptiert.
https://de.wikipedia.org/
AUFARBEITUNG NATIONALSOZIALISTISCHER VERBRECHEN
NS-Verbrechen: Die USA weisen aus - und was macht Deutschland?
Der Fall des ehemaligen KZ-Wächters Friedrich Karl B. unterstreicht, wie unterschiedlich die USA und Deutschland mit Holocaust-Tätern umgehen. Der 95-Jährige wird seinen Lebensabend in Deutschland verbringen.
08.04.2021
Der 95-jährige Friedrich Karl B. muss keinen Prozess in Deutschland fürchten. Am 20. Februar dieses Jahres war der ehemalige Wächter in einem Konzentrationslager vom US-Bundesstaat Tennessee nach Frankfurt am Main ausgeliefert worden, nachdem ein US-Gericht ihn für schuldig befunden hatte, ein Holocaust-Täter zu sein.
B. hatte gestanden, als KZ-Wächter gedient zu haben, sagte allerdings einer US-Einwanderungsbehörde, er habe weder die Misshandlung von Gefangenen miterlebt, von Todesfällen gewusst, noch die Märsche zur Evakuierung des Lagers bewacht. In Deutschland angekommen gab B. bekannt, dass er nicht gewillt sei, noch einmal auszusagen.
Da es keine überlebenden ehemaligen Häftlinge mehr gibt, die als Zeugen gehört werden könnten, stellte die Generalstaatsanwaltschaft Celle am 31. März das Verfahren ein: Es gebe keine Beweise, damit war der Fall erledigt. B., der seit 1959 in den USA gelebt hatte, wird nun vermutlich den Rest seines Lebens in Deutschland verbringen.
Christoph Heubner, geschäftsführender Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees in Berlin, findet es "seltsam", dass die US-amerikanische und deutsche Justiz zu so unterschiedlichen Bewertungen des Falls kommen: "Wenn die Amerikaner Leute zurückschicken, ist es die Pflicht der deutschen Staatsanwaltschaften, das aufzuklären", sagt er der DW.
Zwei Sichtweisen auf Schuld und Beweise
Doch die Zurückhaltung der deutschen Behörden, den Fall anzugehen, ist nicht unüblich: In den vergangenen vier Jahrzehnten wurden 70 alternde Nazi-Täter aus den USA nach Deutschland überführt - die überwältigende Mehrheit hat niemals ein deutsches Gericht zu Gesicht bekommen.
Viele verbringen ihren Lebensabend auf Kosten der Steuerzahler im Altenheim wie Jakiw Palij - der 95-jährige SS-Kollaborateur wurde 2018 nach langen diplomatischen Querelen von seiner Heimat New York nach Deutschland gebracht.
Das Gesetz, das in den USA zur Anwendung kommt, geht zurück auf eine Novelle des Einwanderungsgesetzes im Jahr 1978. Demnach können die USA jeden ausweisen, der sich nachweislich an NS-Verbrechen beteiligt hat - wobei dies nur gilt, wenn es ein Land gibt, das sich bereit erklärt, den Täter aufzunehmen.
In Deutschland hingegen gibt es kein Gesetz, das sich explizit mit Holocaust-Verbrechen befasst. Auch Jahrzehnte nach dem Krieg können ehemalige Nationalsozialisten nur wegen Mordes oder Beihilfe zum Mord verurteilt werden. Alle anderen Verbrechen - Vergewaltigung, Entführungen, Folter oder Totschlag - sind inzwischen verjährt. Und es ist schwierig, konkrete Verbrechen nachzuweisen.
Thomas Walther weiß das sehr genau. Der 77-jährige Anwalt und ehemalige Richter hat eine wichtige Rolle dabei gespielt, in den vergangenen 20 Jahren ehemalige Nazis in Deutschland aufzuspüren und zu verurteilen. Häufig hatte Walther damit zu kämpfen, die Unwägbarkeiten der deutschen Gesetzgebung den Holocaust-Überlebenden zu erklären, die er vertreten hat.
"In einer US-Einwanderungsbehörde reicht es aus, zu dem Schluss zu kommen, dass der Angeklagte lügt", sagt er der DW: "Dass er seine Nazi-Vergangenheit geheim gehalten hat und in irgendeinem Konzentrationslager gedient hat, welches auch immer dieses gewesen sein mag und was auch immer dort tatsächlich passiert ist."
In Deutschland hingegen brauchen Staatsanwälte Beweise für ein bestimmtes Verbrechen, um überhaupt Hoffnung auf Erfolg zu haben. Und dafür muss ein Tatort ausgemacht werden. "Man muss beweisen, dass er [ein Wächter] in Lager X war und nicht in Lager Y", sagt Walther: "Nur, wenn ich einen Tatort habe, kann ich auch den Haupttatbestand bestimmen - den Mord an bestimmten Menschen zum Beispiel. Und dann muss man die Frage beantworten: Auf welche Art und Weise hat der Beschuldigte Beihilfe zum Mord geleistet?"
Der Fall des KZ-Wächters Friedrich Karl B.
Das macht es für die Ermittler und Staatsanwälte sehr schwierig, besonders, wenn es - wie im Fall Friedrich Karl B.s - darum geht, Ereignisse aufzuklären, die sich in den Wirren Norddeutschlands am Ende des Krieges abspielten.
Die KZ-Gedenkstätte Neuengamme hat dabei eine entscheidende Rolle gespielt, insbesondere der dortige Chefhistoriker Reimer Möller. Er war es, der der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg eine Liste schickte. Sie beinhaltet B.s Namen und wurde bei der Bergung eines im Mai 1945 von der Royal Air Force versenkten Schiffes gefunden.
Mit diesem Beweismittel konnte Möller das zusammenfügen, was über B.s Geschichte bekannt ist: Im Januar 1945 wurde B. demnach als 19-jähriger Marinesoldat von der SS als Wachmann in zwei Meppener Konzentrationslager geschickt, die Teil des "Systems" Neuengamme waren, das sich über mehr als 80 Lager von Hamburg bis an die Nordseeküste erstreckte.
B. bewachte Häftlinge auf der Insel Langeoog, einem der vielen Orte, an denen Juden, Dänen, Polen, Russen, Italiener und andere Zwangsarbeiter gezwungen waren, riesige Verteidigungsanlagen entlang der deutschen Grenze im Norden zu errichten. Nach Erkenntnissen der Gedenkstätte Neuengamme starben Hunderte Menschen, weil ihnen ausreichend Nahrung, Kleidung und Schutz fehlten.
Ein vorsitzender US-Richter befand außerdem, dass die Gefangenen der Meppener Lager unter "grauenhaften" Bedingungen festgehalten wurden und "bis zur Erschöpfung und zum Tod" arbeiten mussten. Allerdings ist sich niemand sicher, wo B. genau eingesetzt war. Die Lager wurden im März 1945 evakuiert. Es ist bekannt, dass mindestens 70 Menschen auf den folgenden sogenannten Todesmärschen starben. Doch Friedrich Karl B. bestreitet, diese Märsche bewacht zu haben und Möller kann nicht mit Sicherheit sagen, dass B. einer der Marinesoldaten war, die die Gefangenen auf den Märschen bewachten.
Mangelnder Wille in Deutschland
Das ist ein Problem, das Eli Rosenbaum bekannt vorkommt. Rosenbaum ist womöglich der zentrale Ermittler beim Aufspüren von Holocaust-Tätern in den USA. Seit drei Jahrzehnten "jagt" Rosenbaum Nazis - auch, wenn er den Begriff "Nazi-Jäger" selbst nicht gerne gebraucht. Zuerst war er Direktor der Justiz-Behörde "Office of Special Investigations". Seit elf Jahren leitet er die im Justizministerium angesiedelte Abteilung für "Human Rights Enforcement Strategy and Policy".
Rosenbaum sagt, der Mangel an politischem Willen in Deutschland habe zu erheblicher Frustration geführt. "Das größere Problem mit der deutschen Regierung über die Jahrzehnte hinweg war, dass sie sich häufig geweigert haben, Menschen aufzunehmen, die wir auf Grund ihrer Beteiligung an Nazi-Verbrechen abschieben wollten", sagt er der DW.
"Sie sagen uns dann normalerweise: Tut mir leid, aber diesen Fall können wir nicht verfolgen - unsere Vorgehensweise ist es, nur Menschen aufzunehmen, die wir auch strafrechtlich verfolgen können", berichtet Rosenbaum: "Das führte dazu, dass eine ganze Reihe Nazi-Verbrecher in den USA gestorben sind, obwohl wir die Fälle vor Gericht gewonnen haben und bewiesen haben, dass sie sich an Nazi-Verbrechen beteiligt haben. Aber Deutschland war nicht willens, sie aufzunehmen."
Die Botschaft der Verfolgung
Viele der über 100 NS-Verbrecher, die seine Organisation aufspürte, hat Rosenbaum selbst interviewt. "Je später die Fälle vor Gericht gebracht werden, umso stärker ist die Botschaft", sagt er: "Wenn du es wagst, solche Verbrechen zu begehen, besteht die sehr reelle Chance, dass dich die Überreste der zivilisierten Welt, solange es nötig ist, deshalb verfolgen werden."
Für Rosenbaum gibt es keinen Grund, warum 90-Jährige nicht vor Gericht gebracht werden sollten, unabhängig davon, wie klein ihre Rolle im Holocaust gewesen sein mag. "Ich habe nicht die Angewohnheit, sie einzustufen", sagt er: "Für das einzelne Opfer war dies der wichtigste Täter. Alle diese Fälle senden eine entscheidende Botschaft."
Diese Botschaft sei simpel, erläutert er. Sie richte sich an potenzielle Beteiligte zukünftiger Gräueltaten: Diese Taten werden nicht vergessen werden.
Dieser Artikel wurde aus dem Englischen übersetzt.
https://www.dw.com/de
Der letzte Nazi-Jäger
Veröffentlicht am 13.06.2019 |
Von Per Hinrichs
Chefreporter WELT AM SONNTAG
Stefan Willms versucht, die letzten noch lebenden NS-Verbrecher zu finden. Dazu ermittelt er an den Tatorten, in Archiven – und er muss die überlebenden Opfer befragen, was genau passiert ist. Dass er weitermacht, schulde er den Opfern, sagt er.
Polizisten, sagt Stefan Willms, nehmen am Ende ihrer Dienstzeit immer ein oder zwei Fälle mit nach Hause, die sie nicht mehr loslassen. Meist geht es um ungelöste Morde, verschwundene Kinder oder besonders grausame Verletzungen. Dinge, die sich einbrennen, die einen beschäftigen. Willms weiß schon, welchen Fall er mitnehmen wird.
Der 60-jährige Kriminalkommissar arbeitet zusammen mit drei Kollegen in der „Ermittlungsgruppe Nationalsozialistische Gewaltverbrechen“ beim Landeskriminalamt (LKA) in Düsseldorf. Die vier Polizisten sind die letzten NS-Ermittler in Deutschland...
https://www.welt.de/
Rudolf Höß: Wie der Auschwitz-Kommandant festgenommen wurde
Stand: 31.08.2022 15:30 Uhr
In einem Versteck bei Flensburg wird Rudolf Höß, der frühere Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, im März 1946 entdeckt. Sein Häscher: ein junger Jude, der nach dem Krieg für die Briten Nazis jagt.
von Oliver Diedrich, NDR.de
Zehn Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs: Ein junger Mann bollert am 11. März 1946 spät abends gegen das Tor einer Scheune auf einem Bauernhof bei Flensburg: Der 28-Jährige trägt britische Uniform. Dabei war er vor ein paar Jahren noch Deutscher. Als Jude musste er damals vor den Nazis fliehen. Jetzt ist Hanns Alexander zurück - als Nazi-Jäger der British War Crime Investigation Group. Und er steht kurz vor seinem größten Fang: Ex-Auschwitz-Kommandant Rudolf Höß. "Aufmachen!", brüllt Alexander. In der Scheune schrickt ein Mann aus dem Schlaf. Als dieser die Tür öffnet, rammt ihm Alexander den Lauf seiner Pistole in den Mund.
Früherer Auschwitz-Kommandant Höß wird am Ehering identifiziert
Er stößt dem Verdächtigen die Waffe in den Mund, damit dieser sich nicht mit einer Zyankali-Kapsel das Leben nehmen kann. Als klar ist, dass er kein Gift bei sich hat, lässt sich Alexander seine Papiere zeigen. Der Mann hat einen vorläufigen Personalausweis auf den Namen Franz Lang bei sich. Alexander erklärt, dass er ihn für Rudolf Höß hält, den früheren Kommandanten des Vernichtungslagers in Auschwitz. Als der Mann leugnet, untersucht Alexander seinen Arm. Viele SS-Angehörige hatten ihre Blutgruppe eintätowiert - doch Fehlanzeige. Dann entdeckt er einen Ehering an der Hand des Mannes. "Her damit oder ich schneide Dir den Finger ab", droht Alexander. Er bekommt den Ring. Innen sind zwei Namen eingraviert: Hedwig und Rudolf.
Alexanders Jagd nach Nazi-Verbrechern und die Ergreifung des KZ-Kommandanten Höß sind Teil des Doku-Dramas "Nazijäger - Reise in die Finsternis" in der ARD-Mediathek.
Die Jagd auf KZ-Kommandant Höß durch Norddeutschland
Hanns Alexander flieht vor den Nazis nach England
Hanns Alexander und Rudolf Höß - ihre Lebenswege könnten kaum unterschiedlicher sein. Alexander wird 1917 geboren und wächst als Sohn eines erfolgreichen jüdischen Arztes in Berlin auf. Er verbringt eine glückliche Kindheit mit seinem Zwillingsbruder und zwei Schwestern. Ihre Eltern haben häufig Gäste. Dazu gehören Prominente wie Albert Einstein und Marlene Dietrich. Die Brüder Alexander sind immer zu Streichen aufgelegt, ihre schulischen Leistungen eher mäßig. Aber Hanns Alexander hat "Grips", wie Großneffe Thomas Harding in seiner Biografie über seinen Onkel formuliert. Dieser habe immer gewusst, wie man mit überraschenden Problemen umgeht. Und Alexander sei "auf den großen Boulevards genauso zu Haus gewesen wie in den engen Gassen". Nach der Machtergreifung der Nazis wird das Leben für Juden in Deutschland unerträglich. 1936 flieht Alexander im Alter von 19 Jahren nach England, so wie die meisten Angehörigen seiner Familie.
Rudolf Höß macht in der SS Karriere
Rudolf Höß (links) begrüßt Heinrich Himmler im Konzentrationslager Auschwitz (1942). © picture alliance / Mary Evans Picture Library
Begrüßung per Handschlag: Rudolf Höß (links) empfängt seinen "Förderer" Heinrich Himmler im KZ Auschwitz.
Rudolf Höß stammt aus Baden-Baden. Als junger Mann schließt er sich nach dem Ende des Ersten Weltkriegs einem ultra-rechten Freikorps an und tritt 1922 in die NSDAP ein. Wegen Mordes an einem "Verräter" aus der Gruppe kommt er 1924 ins Gefängnis, wird aber 1928 vorzeitig entlassen, als die Rechten im Reichstag erstarken. Höß stößt zu den "Artamanen", einer völkisch-nationalen Siedlungsbewegung, und gründet eine Familie. 1934, so berichtet er es selbst später, holt ihn Heinrich Himmler, der ihn von den "Artamanen" kennt, in die SS. Höß wird als Offizier in den Konzentrationslagern Dachau und Sachsenhausen eingesetzt, wo die Nationalsozialisten politische Gegner einsperren. 1940 beauftragt ihn Himmler, im besetzten Polen ein KZ aufzubauen. Dort in Auschwitz organisiert Höß den Mord an mindestens 1,1 Millionen Juden, Sinti und Roma und anderen Gefangenen. Höß ist ein Technokrat des Staatsterrors, aber er ist offenbar kein Sadist: "Er war ein ganz normaler Mensch. Er machte den Eindruck eines ehrlichen, ruhigen, eher schweigsamen Menschen, er schlug niemanden." Das berichtete der Auschwitz-Überlebende Józef Paczyński NDR.de. Er war als KZ-Gefangener der Friseur des Lagerkommandanten.
Brüder Alexander wollen gegen Hitler-Deutschland kämpfen
Hanns Alexander und sein Zwillingsbruder Paul entscheiden sich im Exil in London, gegen die Nazis zu kämpfen. 1939 treten die beiden in eine Pioniereinheit der britischen Armee ein, die extra für Flüchtlinge wie sie gegründet wurde. Sie heben in Frankreich Schützengräben aus und helfen an der englischen Küste beim Ausbau der Seeverteidigung. Doch Waffen erhalten die etwa 10.000 Freiwilligen nicht, weil ihnen die Engländer nur begrenzt vertrauen. Aber die Alexanders wollen sich in ihrer neuen Heimat integrieren, sie wollen Briten werden. Schließlich dürfen sie an einem Offizierslehrgang teilnehmen und werden 1943 in die reguläre Armee übernommen. Nach der Landung der Alliierten in der Normandie bewacht Hanns Alexander dort mit seinen Leuten besiegte deutsche Offiziere. Dann wird er Adjutant seines Kommandeurs. Er fällt positiv auf. So sehr, dass seine Vorgesetzten Alexander gegen Kriegsende in eine neu gegründete Spezialeinheit berufen.
Bergen-Belsen: Schock über Ausmaß deutscher Kriegsverbrechen
Im April 1945 stoßen die Briten im von ihnen befreiten KZ Bergen-Belsen auf grauenhafte Zustände: Massengräber und lebende Skelette.
Ende April 1945 stellen die Briten ein Ermittlerteam zusammen, um deutsche Kriegsverbrecher zu jagen. Auslöser sind die grauenhaften Zustände im gerade befreiten Konzentrationslager Bergen-Belsen. Dorthin werden umgehend die ersten Mitglieder der War Crime Investigation Group entsandt. Alexander trifft am 12. Mai ein. Er ist fassungslos: "Leichen liefen herum, Leichen lagen herum. Es gab Menschen, die glaubten, noch am Leben zu sein, die es in Wirklichkeit aber nicht mehr waren." Thomas Harding schreibt in seinem Buch "Hanns und Rudolf", dass Bergen-Belsen das Leben seines Großonkels komplett veränderte: "Die meisten Opfer waren Juden. Was ihnen passiert war, hätte leicht auch ihm passieren können. Hanns war nicht länger der sorglose, ein bisschen egoistische junge Mann von einst. Er war von einer kaum noch kontrollierbaren Wut erfasst. Und er sah plötzlich einen Sinn in seinem Leben, er sah eine Aufgabe für sich."
Buch-Tipp "Hanns und Rudolf"
Thomas Harding, ein Großneffe von Hanns Alexander, hat dessen Biografie aufgeschrieben. In "Hanns und Rudolf" schildert Harding parallel dazu das Leben von Rudolf Höß. Die Zitate von Alexander in diesem Artikel sind dem Buch entnommen.
"Hanns und Rudolf. Der deutsche Jude und die Jagd nach dem Kommandanten von Auschwitz"
Die Jagd auf Rudolf Höß - Ermittler stoßen auf "Rattenline Nord"
Viele prominente Nazis fliehen damals vor den Alliierten Richtung Südamerika. Andere setzen sich auf der "Rattenlinie Nord" ab. So wie Rudolf Höß samt Ehefrau und fünf Kindern. Sie gehören einem ganzen Treck aus ehemaligen Kollegen an. Höß bringt seine Familie nach St. Michaelisdonn, wo der Bruder seiner Frau lebt. Dann zieht er weiter. Höß hofft noch auf den "Endsieg". In der Nähe von Flensburg trifft er Himmler wieder, seinen großen Förderer. Höß ist entsetzt, als Himmler erklärt, der Krieg sei verloren und sie sollten alle untertauchen. Himmler sei bester Laune gewesen, schreibt Höß später: "Dabei war die Welt untergegangen, unsere Welt." Höß erhält den Ausweis eines verstorbenen Matrosen - Franz Lang.
Auschwitz-Kommandant kommt als Landwirt unter
Er marschiert weiter nach Sylt und meldet sich unter dem falschen Namen bei der dortigen Marineschule. Am 8. Mai kapituliert Deutschland. Ein paar Tage später erfährt Höß aus dem Radio von Himmlers Tod. Dieser war bei Lüneburg den Briten in die Hände gefallen und nahm sich mit einer Zyankali-Kapsel das Leben. Höß wird als "Franz Lang" interniert. Doch weil er angibt, dass er Erfahrung als Landwirt hat, darf er bald gehen. Das Arbeitsamt weist ihm eine Stelle zu. Am 5. Juli 1945 kommt Höß auf dem Hansen-Hof in Gottrupel an.
Erster Coup von Nazi-Jäger Alexander
Alexander feiert Ende 1945 seinen ersten großen Erfolg als Nazi-Jäger. Nach wochenlangen Ermittlungen und einer Hatz kreuz und quer durch Niedersachsen und halb Deutschland nimmt er am 10. Dezember den früheren NS-Verwalter von Luxemburg, Gustav Simon, fest. Simon hatte sich damit gebrüstet, dass er das gesamte Großherzogtum "judenfrei" machte. Bei einem Empfang im Palast in Luxemburg bedankt sich die Großherzogin persönlich bei Alexander für dessen Einsatz. Der 28-Jährige gilt jetzt als Top-Ermittler der War Crimes Group. Anfang 1946 wird Alexander auf Höß angesetzt. Aus Verhören wissen Amerikaner und Briten bereits, dass sich viele frühere KZ-Verwalter nach Norddeutschland in Richtung dänischer Grenze absetzten. Alexander fährt nach Flensburg und beginnt mit den Ermittlungen.
Hedwig Höß: Kennt sie das Versteck ihres Mannes?
Aus einem abgefangenen Brief an Hedwig Höß geht hervor, dass sie wahrscheinlich den Aufenthaltsort ihres Mannes kennt. Militärpolizisten nehmen die Frau des früheren Auschwitz-Kommandanten in St. Michaelisdonn fest und bringen sie nach Heide, wo Alexander sie verhört. Sie schweigt. Daraufhin fährt Alexander nach St. Michaelisdonn, um ihre Kinder zu vernehmen. Diese sagen, sie wüssten nicht, wo ihr Vater ist. Alexander schnappt sich den ältesten Sohn Klaus und bringt ihn nach Heide ins Gefängnis zu seiner Mutter. Hedwig Höß ist entsetzt. Aber sie verrät ihren Mann nicht. Und auch Klaus bleibt dabei, dass er den Aufenthaltsort nicht kenne. Aus Protest gegen die Haft tritt Hedwig Höß mit ihrem Sohn in Hungerstreik. Alexander befragt sie immer wieder. Nun sagt sie: "Mein Mann ist tot." Alexander beschließt, sie noch stärker unter Druck zu setzen: Als eine Lokomotive mit lautem Dampfen an dem Gebäude vorbeifährt, stürmt er in ihre Zelle. Er erklärt, wenn sie jetzt nicht aussage, werde er ihren Sohn in den Zug setzen und nach Sibirien deportieren lassen. Sie habe zehn Minuten. Er lässt ihr Stift und Zettel da und geht. Hedwig Höß bricht ein - als Alexander zurückkommt, hat sie Adresse und Tarnnamen ihres Mannes aufgeschrieben.
Nach dem Zugriff feiern die Jäger ihren Fang
Noch am gleichen Tag braust Alexander mit 25 bewaffneten Männern nach Gottrupel. Um 23 Uhr treffen sie ein. Nach der Identifizierung und Festnahme von Höß in der Scheune ist Alexander klar, dass seine Kameraden Rache an dem Massenmörder nehmen wollen. Er lässt es zu, dass die Männer Höß verprügeln. Nach einigen Minuten meint der Militärarzt: "Sag ihnen, sie sollen aufhören, sonst müsst ihr eine Leiche mitnehmen." Sie fahren Höß nach Heide. Doch bevor sie dort im Gefängnis ankommen, lässt Alexander an einer Kneipe Halt machen. Dort erwartet ihn sein Bruder Paul. Dieser schreibt einen Tag später einen Brief an ihre Eltern in London: "Hanns hat eine erfolgreiche Zeit hier verbracht. Er hat das Schwein von Auschwitz geschnappt. Wir stießen mit Champagner und Whiskey an. Muss die Darstellung der Geschichte mit all ihren Einzelheiten Hanns überlassen. Er ist ein prima Kerl. Aber sagt ihm das nicht, sonst wird er noch eingebildet."
"Macht mich krank zu sehen, wie viele Mörder ich gehen lassen musste"
Galgen auf dem Gelände des Stammlagers Auschwitz © NDR Foto: Christian Spielmann
Der Galgen, an dem Höß 1947 hingerichtet wurde, steht heute noch in der KZ-Gedenkstätte in Auschwitz.
Rudolf Höß legt später ein umfangreiches Geständnis ab. Er sagt als Zeuge in den Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozessen aus. Er selbst muss sich in Polen vor Gericht verantworten. Am 16. April 1947 wird Höß hingerichtet - an einem Galgen im früheren KZ Auschwitz.
Hanns Alexander verlässt Deutschland wenige Wochen nach der Festnahme von Höß. Er schwört sich, das Land nie wieder zu betreten. Dem bleibt er treu, auch als er Jahrzehnte später von der Gedenkstätte Bergen-Belsen eingeladen wird. Im Mai 1946 heiratet er in London seine Verlobte Ann Graetz. Sie bekommen zwei Kinder. Alexander arbeitet bei einer Bank. Er verbringt viel Zeit in der Synagoge. Autor Thomas Harding berichtet, dass sein Onkel nach wie vor gerne Leuten Streiche spielte und den Kindern "unangemessene Witze" erzählte. Der Krieg dagegen sei für Alexander nie wieder ein Gesprächsthema gewesen: "Ich wollte nicht mit den Kindern darüber sprechen, weil sie nicht hasserfüllt aufwachsen sollen. Ich bin aber hasserfüllt. Es macht mich krank zu sehen, wie viele Mörder ich gehen lassen musste." Im Dezember 2006 stirbt Alexander im Alter von 89 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung.
https://www.ndr.de/
AMAZON PRIME VIDEO: Fritz Bauer - Generalstaatsanwalt. Nazi-Jäger >>>
Am 20. Dezember 1963 begann am Frankfurter Landgericht das erste große bundesdeutsche Gerichtsverfahren gegen Nazi-Kriegsverbrecher. Die Ermittlungen leitete ein hessischer Generalstaatsanwalt, der als Jude und Sozialdemokrat selbst vom NS-Regime verfolgt worden war: der Jurist Fritz Bauer (1903-1968). Er stellte sich gegen eine Politik des Schweigens und Vergessens.
Dokumentation
Fritz Bauer: oder Auschwitz vor Gericht Taschenbuch – 14. September 2015
Fritz Bauer zwang die Deutschen zum Hinsehen: Inmitten einer Justiz, die in der jungen Bundesrepublik noch immer von braunen Seilschaften geprägt war, setzte er den großen Frankfurter Auschwitz-Prozess durch. Er kooperierte mit dem israelischen Geheimdienst, um Adolf Eichmann vor Gericht zu bringen. Aber wer war der kämpferische Einzelgänger wirklich? Ronen Steinke erzählt das Leben eines großen Juristen und Humanisten, dessen persönliche Geschichte zum Politikum wurde.
ARD-Dokudrama „Nazijäger“
Kindermörder und Gaslieferanten
14.01.2022 - 16:40 Uhr
Das Dokudrama „Nazijäger“ im Ersten erzählt, wie britische Soldaten nach dem Zweiten Weltkrieg deutsche Kriegsverbrecher suchten: eine öffentlich-rechtliche Sternstunde.
Thomas Klingenmaier
Stuttgart - Hanns Alexander, Jahrgang 1917, Sohn einer jüdischen Arztfamilie aus Berlin, fand Zuflucht vor den Nazis im englischen Exil. In Uniform kehrte er zurück und stieß zum War Crimes Investigation Team, das Kriegsverbrecher aufspüren sollte. Spätabends am 11. März 1946 klopfte Alexander, begleitet von Angehörigen des Militärgeheimdienstes, viele von ihnen jüdische Exilanten wie er oder in England geborene Juden, an die Tür eines Bauernhofs im Dorf Gottrupel in der Gegend von Flensburg. Der Mann, der öffnete, behauptete, der Landarbeiter Fritz Lang zu sein. Alexander aber wusste, wen er vor sich hatte: den abgetauchten SS-Obersturmbannführer Rudolf Höß, den ehemaligen Kommandanten des Vernichtungslagers Auschwitz.
Die Wut der Greifer
Das Greiferkommando verprügelte Höß, bis Alexander den Gewaltexzess abbrach. Ihm war klar, dass Höß als Zeuge und Angeklagter viel zu wichtig war, um ihn vorab Rachegelüsten ausliefern zu dürfen. Die Misshandlung zeigt Raymond Leys TV-Film „Nazijäger – Reise in die Finsternis“ im Ersten ziemlich ungeschminkt. Das mag erstaunen in Zeiten, in denen Marschgemeinschaften dumpfer Krakeeler und kühl kalkulierender Demokratiezersetzer historische Wahrheiten verdrehen und die Nazihistorie zu bereinigen versuchen.
Verquere Aufrechnungen der Marke „Die anderen haben doch auch ...“ bis hin zur Behauptung, Geständnisse von Höß und Konsorten seien unter Folter erpresste Lügengespinste, sind dabei ein gefährliches Mittel der neubraunen Propaganda. Aber „Nazijäger“ geht ganz und gar nicht unvorsichtig mit dem Thema um, nur ehrlich. Leys außergewöhnlich konstruierter Film zeigt mit einem Mix aus Spielszenen, Dokumentaraufnahmen und Interviews mit Überlebenden noch einmal, woher die Wut des Greifkommandos kommt, macht sie nachvollziehbar. Und lässt die Leistung umso größer erscheinen, die Verbrechen der Nazis für die Nachwelt mit den Werkzeugen der Justiz – Beweissammlung, Zeugenbefragung, Angeklagtenverhöre, Glaubhaftigkeitswägung – aufgearbeitet zu haben.
Zyklon B und Menschenversuche
Alexander (Robin Sondermann) ist von seinen Eindrücken nach der Befreiung des KZs Bergen-Belsen traumatisiert. Sein Kollege Anton Walter Freud (Franz Hartwig), auch er eine historische Figur, der ins Exil geflohene Enkel von Sigmund Freud, geht ruhiger, beherrschter an die Aufklärung heran. Der von Ley klar betonte Kontrast verdeckt aber nie, was im Inneren von Freud vorgeht.
Wir erleben ein paar aus dramaturgischen Gründen ineinander geschobene Tage des Jahres 1946, in denen das britische Fahndungsteam wichtige Erfolge erringt. Neben Höß kommen sie Bruno Tesch auf die Spur, dessen Firma Tesch & Stabenow das Mordgas Zyklon B nach Auschwitz geliefert hatte. Und sie finden den SS-Arzt Alfred Trzebinski, der an Menschenversuchen in Neuengamme beteiligt war sowie an der Ermordung von 20 Kindern im Nebenlager Bullenhuser Damm, die solche Versuche überlebt hatten. Der Kindermord nimmt in „Nazijäger“ den breitesten Raum ein.
Die Überlebenden mahnen
Ley macht uns mit den Schwestern Andra und Tatiana Bucci bekannt, die als Kinder Auschwitz überlebt haben. Ihr kleiner Cousin Sergio wurde nach Neuengamme weiterverschleppt, er gehört zu den Ermordeten vom Bullenhuser Damm. Ley schneidet aber nicht einfach Interviews mit den Buccis zwischen die Spielszenen, sein Film ist viel feiner gesponnen. Es geht nicht so sehr darum, was die Buccis sagen könnten, ihre Berichte sind ja schon in Drehbuch und Spielszenen eingeflossen. Es geht um ihre Präsenz, ihre Lebendigkeit, um die Erinnerung an all die Jahre, die anderen genommen wurden. Aber auch um den Hinweis darauf, dass das Geschehene noch nicht völlig historisch ist, was immer das sein mag. Die Opfer könnten heute noch immer unter uns leben, wären sie nicht ermordet worden.
Diese Verknüpfung betont Ley noch, indem er seine Kinderdarsteller den Buccis begegnen lässt, ein Brückenschlag zwischen damals und heute, zwischen Realität und Fiktion. Damit das nicht als Anspruch der absoluten Austauschbarkeit von Erzählung und Wirklichkeit missdeutet wird, fügt Ley eine ungewöhnliche Brechung ein. Manche Verhörszene findet vor heutigem Publikum statt, das Filmset wird eine Art Theaterbühne, und eine Kamera zeigt andere Kameras bei der Filmarbeit.
Der Sinn der Methode
Das beugt einerseits jedem anmaßenden Dokumentenanspruch vor. Wir sehen bei aller Dichte keine Realität, sondern eine Inszenierung, eine, die mit exzellenten Schauspielern anschaulich macht, wie die Nazis davonzukommen versuchten, mit Anmaßung und Lügen, dann mit Trotz, dann mit Weinerlichkeit – sie selbst seien die Opfer, hätten nur Befehle ausgeführt und dabei viel Elend aushalten müssen. Wir werden von „Nazijäger“ daran erinnert, dass dies nicht Geschichte selbst, sondern Geschichtserkundung ist – zu der wir alle aufgefordert sind.
Zum anderen birgt das Filmen des Filmens vor Publikum eine Hoffnung – die, dass wirklich jemand hinschaut. Die kann man nur teilen. Wenn am Jahresende Bilanz gezogen wird, was das öffentlich-rechtliche System denn Wichtiges und Sehenswertes produziert hat, wird „Nazijäger“- Reise in die Finsternis“ ziemlich weit oben auf der Liste stehen.
Die Nazijäger – Reise in die Finsternis. ARD, 16. Januar 2022, 21.45 Uhr. Bereits hier in der Mediathek abrufbar, in drei halbstündige Segmente unterteilt.
Der Filmemacher Raymond Ley
Person
Raymond Ley wurde 1958 in Kassel geboren. Er ist Mitbegründer des Kasseler Dokumentarfilm- und Videofestes. Er gilt seit langem als Spezialist für Dokudramen.
Werk
Ley ist für seine Arbeiten vielfach ausgezeichnet worden. Unter anderem hat er gedreht: „Die Nacht der großen Flut“ (2005“) über die Hamburger Flutkatastrophe von 1962; „Eschede Zug 884“ (2007/2008); „Eichmanns Ende: Liebe, Verrat, Tod“ (2010); „Die Kinder von Blankenese“ (2010); „Meine Tochter Anne Frank“ (2014);
„Eine mörderische Entscheidung“; „Schuss in der Nacht – Die Ermordung Walter Lübckes“ (2020); „Der große Fake – Die Wirecard-Story“ (2021).
https://www.stuttgarter-zeitung.de/
Prozesse gegen NS-Täter: Das Ende der Nazi-Jäger
Die Nazi-Jäger im deutschen Ludwigsburg forschen seit 60 Jahren NS-Verbrecher aus. Jetzt sitzen in den allerletzten Prozessen 90- bis 100-Jährige auf der Anklagebank. Was bringt die späte Anklage?
Von Siobhán Geets
21.10.21
Es ist still im Saal des Landesgerichts Itzehoe bei Hamburg. Am Freitag vorvergangener Woche sollte der Prozess gegen eine ehemalige Sekretärin im Vernichtungslager Stutthof bei Danzig beginnen. Doch nun erscheint der vorsitzende Richter ohne Robe auf der Bank. „Die Angeklagte ist flüchtig“, sagt Dominik Groß, „die Kammer hat Haftbefehl erlassen.“
Die Flüchtige heißt Irmgard F. und ist 96 Jahre alt. In einer zum Gerichtssaal umfunktionierten Industrielagerhalle sollte sie sich für Beihilfe zum heimtückischen und grausamen Mord in 11.412 Fällen sowie für Beihilfe zum versuchten Mord in 18 weiteren Fällen verantworten. Doch F. verließ ihr Seniorenheim in aller Früh und ließ sich von einem Taxi zur U-Bahn fahren. Danach verlor sich ihre Spur. Und so fahndete die Polizei nach einer fast 100-Jährigen mit Rollator, um sie in den Gerichtssaal zu bringen.
Der Fall hat einmal mehr für Aufregung über Prozesse gegen greise NS-Täter gesorgt. Soll man sie nach all den Jahren wirklich noch belangen? Geht es um späte Gerechtigkeit, um Genugtuung, um Aufarbeitung? Die Frage ist auch, welche Rolle die „kleinen Rädchen“ in der Mordmaschinerie des NS-Regimes überhaupt gespielt haben. Rund 65.000 Menschen haben die Nazis in Stutthof ermordet. Sie wurden mit einer Genickschussanlage getötet, vergast, vergiftet, gefoltert und zu Tode gequält. Hat sich Irmgard F. zur Mittäterin gemacht?
Für eine Verurteilung muss erst bewiesen werden, dass die damals 19-Jährige von der Grausamkeit und Heimtücke gewusst hat, die bei der Ermordung der Menschen in Stutthof vorlagen, betont F.s Anwalt Wolf Molkentin im Interview mit dem „Spiegel“. Ist dem nicht so, dann bleibt nur Beihilfe zum Totschlag – was längst verjährt wäre.
"Nazi!"-"Selber Nazi!": Über NS-Vergleiche
Von Gernot Bauer
Mehr als 120 Verfahren gegen ehemalige NS-Angehörige wurden in den vergangenen zehn Jahren an deutsche Staatsanwaltschaften weitergegeben. Ausgeforscht hat die mutmaßlichen Täterinnen und Täter, darunter auch Irmgard F., die „Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ in Ludwigsburg. Hier, in Baden-Württemberg, sitzen die letzten „Nazi-Jäger“. Viel Zeit bleibt ihnen nicht: Wer damals alt genug war, um für Verbrechen zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist heute 90 bis 100 Jahre alt.
Wer die Zentrale Stelle besucht, muss durch ein eisernes Tor in einer Mauer und dann im Gebäude durch eine Sicherheitsschleuse. Das Haus, vor der Gründung der Zentralen Stelle ein Frauengefängnis, ist bis heute gut gesichert. Hier befinden sich das Archiv mit mehr als 1,7 Millionen Karteikarten – geordnet nach Personen und Tatorten – sowie 800 Regalmeter Akten. Mehr als 700.000 Namen von Beschuldigten und Zeugen finden sich darin. Die Ermittler von Ludwigsburg nutzen Geburtsdaten und Melderegister, um potenzielle Täter ausfindig zu machen. Längst geht es nicht mehr um die großen NS-Verbrecher, denn sie sind seit Jahren tot. Angeklagt werden heute die Mitmacher und Zuschauer. Köche und Sekretärinnen, Wachmänner und Buchhalter, Lkw-Fahrer und Zugführer.
Oberstaatsanwalt Thomas Will sucht sie bis heute. Der 61-Jährige befasst sich in der Zentralen Stelle seit 2003 mit der Frage, ob Wachen und anderes Personal aus den Vernichtungslagern der Nationalsozialisten juristisch belangt werden können. Als Ermittler besuchte er etliche ehemalige KZ, recherchierte in den Archiven Russlands, Großbritanniens und Italiens. Seit einem Jahr leitet er die Zentrale Stelle in Ludwigsburg. Als Nazi-Jäger wollen Will und seine Kollegen nicht bezeichnet werden. Sie sehen sich als Ermittler, die Taten aufklären und sie juristisch aufarbeiten, egal, wie lange es her ist.
Will erzählt lange über die Geschichte der Nazi-Prozesse in Deutschland. Geduldig erklärt er – wenn nötig auch wütenden Bürgern am Telefon –, wieso eine strafrechtliche Verfolgung der Täter auch heute noch nötig ist.
Kinder von Beschuldigten werfen der Justiz vor, die lange verpasste Vergangenheitsbewältigung nun auf Kosten ihrer betagten Eltern auszutragen. Tatsächlich liegt es an der Rechtsauffassung, dass sie nicht schon viel früher vor Gericht landeten.
Die Alliierten erklärten bereits 1943 ihre Absicht, die Grausamkeiten des NS-Regimes zu ahnden. Nach der Befreiung Europas gab es die ersten Prozesse vor Militärgerichten. Die Verfahren des internationalen Militärgerichtshofs in Nürnberg in den Jahren 1945 bis 1948 brachten zahlreiche Todesstrafen gegen führende Nationalsozialisten und Wehrmachtsgeneräle. Doch manche wurden nicht vollstreckt, etliche in Freiheits- und später in Bewährungsstrafen umgewandelt. „Nach den Prozessen in den 1940er- und 1950er-Jahren dachte man, die Entnazifizierung sei zu Ende“, sagt Will. Deutschland habe einen Schlussstrich ziehen wollen.
Doch dann, Anfang 1958, taucht in Baden-Württemberg der ehemalige Befehlshaber eines SS-Einsatzkommandos auf. Ein Zeuge erkennt den Kriegsverbrecher und zeigt ihn an. „Am Ende wurden im Ulmer Einsatzgruppen-Prozess zehn Angeklagte wegen der Ermordung von mehr als 5000 Jüdinnen und Juden verurteilt“, sagt Will. „Es ging nicht mehr, wie in den alliierten Prozessen zuvor, um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, sondern um tausendfachen Mord.“
Der Prozess sorgt für großes Medieninteresse und führt zu einer Wende im Umgang mit NS-Verbrechern. Der Öffentlichkeit wird bewusst, dass ein Großteil bislang ungestraft davongekommen ist und unklare Zuständigkeiten eine Aufarbeitung verhindert haben. Es ist die Geburtsstunde der Zentralen Stelle in Ludwigsburg.
„Nicht alle haben das bejubelt“, sagt Will. Die Kompetenzen der neuen Behörde bleiben begrenzt: Sie hat weder Weisungsbefugnisse, noch kann sie selbst anklagen. Die Zentrale Stelle gibt ihre Erkenntnisse an Staatsanwaltschaften weiter. Ob Ermittlungen aufgenommen werden, liegt nicht in der Hand der Ludwigsburger Nazi-Jäger. Trotzdem werden rasch erste Erfolge erzielt.
Mitte der 1960er-Jahre arbeitet man in Ludwigsburg mit Hochdruck. Die Nazi-Jäger-Institution wird auf mehr als 120 Mitarbeiter aufgestockt, fast alles Männer. Die Zentrale Stelle ist eine verrauchte Behörde mit Zigarettenautomaten auf den Gängen. Damals debattiert Deutschland über die Verjährung. Eduard Dreher, ehemals Staatsanwalt unter den Nazis und in den 1960er-Jahren Beamter im Justizministerium, fügt 1968 bei einer Gesetzesreform eine unscheinbare Klausel ein. Sie sorgt dafür, dass Beihilfe zum Mord in einigen Fällen nach 15 Jahren verjährt. Die Verjährung soll ab 1969 einsetzen, wird dann aber verschoben und 1979 abgeschafft. Seither ist klar: Mord verjährt nicht.
Mittlerweile ermittelt die Behörde seit mehr als 60 Jahren. 18.661 Verfahren hat sie an die Staatsanwaltschaften und Gerichte weitergereicht oder ausgeforscht, immerhin noch fast 100 Fälle waren es von 2016 bis 2020. „Unser Kerngeschäft“, sagt Will, „sind nationalsozialistische Verbrechen durch Einsatzgruppen, in Konzentrationslagern und auch in Kriegsgefangenenlagern.“ Die Ermittler nähern sich den Tätern über sogenannte „Komplexe“: Sie sehen sich an, was an einem bestimmten Ort geschehen ist – und suchen dann nach Beteiligten, die damals älter als 18 Jahre waren und heute noch am Leben sein könnten.
„Wir haben für eine Verfolgung realistisch gesehen noch die Jahrgänge 1922 bis 1927, das sind jene, die wir noch lebend finden können.“
Thomas Will, Oberstaatsanwalt
Trotz zahlreicher Vorermittlungen wurden in den vergangenen zehn Jahren gerade einmal drei Beschuldigte verurteilt. Für Will ist das keine Niederlage: „Es geht weniger um die Strafen als um die Aufarbeitung, die so ein Prozess mit sich bringt.“
Durch lange Gänge und mit Linoleum überzogene Böden führt der Oberstaatsanwalt ins Archiv der Behörde. Hier liegen, in Schränken sortiert, mehr als 1,7 Millionen Karteikarten und die dazugehörigen Akten, darunter die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaften. „Wir haben die Geschichte der Bundesrepublik ab 1958 abgebildet“, sagt Will. Auch, wenn die Täter häufig unbekannt bleiben: „Wir wissen, was geschehen ist.“
Aus den Erkenntnissen der Ermittler von Ludwigsburg lässt sich auch ablesen, wie sich die Rechtsprechung über die Jahrzehnte verändert hat. Als 1963 in Frankfurt bei den Auschwitz-Prozessen die ersten KZ-Täter vor Gericht gestellt wurden, verlangten die Richter nach konkreten Tatnachweisen. Dass der Hauptangeklagte Robert Mulka in Auschwitz für die Ermordung der Menschen verantwortlich war, reichte ihnen nicht für einen Schuldspruch. Am Ende machte es zwar keinen Unterschied: Mulka wurde aufgrund seiner Unterschrift auf Dokumenten über die Ankunft von Deportierten zu Beihilfe am Mord an einer gewissen Zahl an Menschen verurteilt und bekam eine lange Haftstrafe. Doch der Fall beeinflusste die Rechtsauffassung der kommenden Jahrzehnte: In Anklagen gegen ehemalige KZ-Mitarbeiter wurde künftig stets der konkrete Tatnachweis gesucht.
Die große Wende begann 2007 und hat, so seltsam das klingen mag, mit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA zu tun. Kurz davor hatte der in Deutschland lebende Marokkaner Mounir al-Motassadeq den Terroristen der al-Kaida Geld überwiesen. Verurteilt wurde er Anfang 2007 wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und der Beihilfe zum Mord in 246 Fällen. Selbst geschossen oder Bomben gebastelt hatte al-Motassadeq nicht. Wenn das für islamistische Terroristen gilt, sagten sich damals viele aufklärungswillige Juristen, wieso nicht auch für Nazi-Kriegsverbrecher?
„Die Entscheidung des Bundesgerichts Hamburg hat uns genutzt“, sagt Will. Sie zeigte: Es kommt auf das Fördern einer Haupttat an. Es sind die Gehilfen, die ein System am Laufen halten.
Der Impuls für die neue Rechtsauslegung kam mit dem Fall Demjanjuk vor zehn Jahren. Das Verfahren gegen den gebürtigen Ukrainer wurde in der Zentralen Stelle vorbereitet und aufgebaut, die Ermittler gaben unzählige Ordner an die Staatsanwaltschaft München weiter. John Demjanjuk, Jahrgang 1920, war 1942 als Soldat der Roten Armee in einem Kriegsgefangenenlager interniert, als ihn die SS rekrutierte und als Wachmann in unterschiedlichen Vernichtungslagern einsetzte. Nach dem Krieg ging Demjanjuk in die USA, von wo aus er 1986 nach Israel ausgeliefert und zum Tode verurteilt wurde. Nachdem klar wurde, dass Demjanjuk mit einem Wachmann aus dem Vernichtungslager Treblinka verwechselt worden war, wurde das Urteil zwar aufgehoben, und er durfte zurück in die USA. Doch bei erneuten Ermittlungen kam heraus, dass er auch im Vernichtungslager Sobibor im Osten Polens eingesetzt gewesen war.
Die USA lieferten ihn erneut aus, diesmal nach Deutschland. In München wurde der damals 90-Jährige im Jahr 2011 zu fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt – wegen Beihilfe zum Mord an 28.060 Menschen. Demjanjuk starb, bevor das Urteil rechtskräftig wurde. Doch der Fall führte dazu, dass auch andere Wachmänner angeklagt wurden – und zu einem neuen Umgang mit NS-Tätern: Wer sich an der systematischen Mordmaschinerie der Nationalsozialisten beteiligt hat, trägt Mitschuld und kann zur Verantwortung gezogen werden.
„Demjanjuk war für uns ein Anstoß“, sagt Will. „Wir haben uns gefragt, was das für die anderen Vernichtungslager bedeutet, und überprüft, wer noch am Leben ist.“ In einem nächsten Schritt sahen sich die Ermittler jene KZ an, die zwar nicht als Vernichtungslager deklariert waren, in denen aber auch systematisch getötet wurde. Seit dem Urteil gegen Demjanjuk hat die Zentrale Stelle auch an österreichische Staatsanwaltschaften Fälle von KZ-Bewachern abgegeben. Zur Anklage kam es nicht, alle fünf Verfahren wurden eingestellt.
Mehr als 30 Fälle haben die Ermittler in Ludwigsburg im Jahr 2013 an die Staatsanwaltschaften weitergegeben. Darunter war auch der „Buchhalter von Auschwitz“ Oskar Gröning. Schon 2005, nach ausführlichen Medieninterviews mit Gröning, hatte die Zentrale Stelle die Staatsanwaltschaft Frankfurt um eine Wiederaufnahme der Ermittlungen ersucht – ohne Erfolg. „Damals galten die Ermittlungen zu den Konzentrationslagern als abgeschlossen“, sagt Will. Doch nach dem Urteil gegen Demjanjuk wird doch Anklage gegen Gröning erhoben. Unter großem medialen Interesse wird der damals 94-Jährige 2015 wegen Beihilfe zum Mord in 300.000 Fällen zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Gröning stirbt, bevor er die Haft antreten kann.
Die Wachmänner der KZ, darüber besteht kaum Zweifel, mussten über den systematischen Mord in den Lagern Bescheid gewusst haben. Dass sie nun, so lange nach dem Krieg, angeklagt werden, das können viele Menschen nicht verstehen, am allerwenigsten die Täter selbst. Oskar Gröning fragte während des Verfahrens, wo das alles hinführen solle: Würden nun auch Lokführer und alle anderen Helfer angeklagt? „Ja, selbstverständlich“, sagt Staatsanwalt Will, „wenn sie zur Tat beigetragen haben. Es würde doch heute auch niemand sagen: Jemand, der Gefangene bewacht, die ermordet werden sollen, macht sich nicht mindestens als Gehilfe schuldig. Das widerspricht doch jedem vernünftigen Denken!“
Nach 1945 machte sich eine Art kollektive Verdrängung in Deutschland und Österreich breit: Was wir getan haben, war böse, aber damals nicht illegal und damit strafrechtlich auch heute nicht relevant. Beschuldigte behaupten häufig, dass die Verbrechen der Nationalsozialisten ein Produkt von Befehlen und Gehorsam gewesen wären. Das bezeichnet Martin Cüppers als „reine Fiktion“. Der Historiker arbeitet seit 2005 in der Zentralen Stelle und ist seit 2014 deren wissenschaftlicher Leiter. Cüppers interessiert sich weniger für Abstraktes, der 55-Jährige erforscht den Alltag im Nationalsozialismus.
„Viel alltägliche Gewalt entstand aus persönlicher Initiative heraus“, sagt er, „aus dem Willen der Menschen zur Grausamkeit.“ Auch Wehrmachtsoldaten seien freiwillig zu Mördern geworden. Einige von ihnen hat die Zentrale Stelle ausgeforscht.
Aber was bringt es, 100-Jährige vor Gericht zu zerren? Für Juristen ist klar: Von einer Anklage abgesehen wird nur bei Verhandlungsunfähigkeit der Beschuldigten.
In Österreich wurde dieser Punkt der Strafprozessordnung kaum umgesetzt. Während die BRD die Zentrale Stelle gründete, um nach dem Abzug der Alliierten selbst Prozesse ins Rollen zu bringen und dem Ausland die Bereitschaft zur Vergangenheitsbewältigung zu signalisieren, inszenierte man sich in Österreich als Opfer.
Die Volksgerichtsbarkeit, jene speziellen Schöffensenate, vor denen sich NS-Täter nach dem Krieg verantworten mussten, wurden 1955 abgeschafft. „Die halbherzige Entnazifizierung“, sagt der Wiener Historiker Hans Safrian, „war damit vorbei.“ Zwar forschte der Holocaust-Überlebende Simon Wiesenthal etliche mutmaßliche NS-Verbrecher aus. Doch die Politik schätzte seine Bemühungen nicht, ganz im Gegenteil. Mehr als 600.000 Österreicher waren in der NSDAP gewesen und seit 1949 wieder wahlberechtigt – ein gewaltiges Stimmenreservoir, das keine Partei vergraulen wollte.
„In Österreich gab es eine Art Generalamnestie. Das ist der größte Unterschied zur BRD“, sagt Safrian. Die Täter von damals konnten sich wieder sicher fühlen. In Österreich gab es von 1955 bis 1975 gerade einmal 20 rechtskräftige Verurteilungen, zahlreiche Verfahren wurden eingestellt.
„Viele Mörder haben große Karrieren hingelegt“, sagt Safrian, „so wie Heinrich Gross, der durch den Mord an Kindern wirklich alle ethnischen Grundsätze gebrochen hat.“ Erst Ende der 1990er-Jahre wurden nach Recherchen der profil-Journalistin Marianne Enigl Ermittlungen gegen Gross eingeleitet. Er hatte als Leiter der „Kinderfachabteilung“ in der Wiener „Euthanasie-Klinik“ am Spiegelgrund behinderte Kinder gequält und ermordet.
Am Ende wurde ihm Verhandlungsunfähigkeit attestiert.
Auch in den Medien waren die NS-Verbrecher und mögliche Verfahren gegen sie kaum Thema: „profil war eines der wenigen Medien, das sich in den 1980er- und 1990er-Jahren eingehender damit befasst hat“, sagt Safrian.
Während es in Österreich Anfang der 1970er-Jahre die letzten Verurteilungen von NS-Verbrechern gab, finden in Deutschland jetzt erst die wohl letzten Prozesse überhaupt statt.
Zur Anklage kommt es auch heute in den wenigsten Fällen. Viele sterben während der Ermittlungen oder im Lauf des Prozesses. Die Haft angetreten hat nur ein einziger der in den vergangenen 15 Jahren Verurteilten. Die anderen wurden aus
gesundheitlichen Gründen von der Haft verschont oder haben Bewährungsstrafen bekommen.
Hinzu kommt, dass viele Staatsanwälte oder Gerichte nicht willens scheinen, sich einen solchen Prozess anzutun. Häufig wird auf Zeit gespielt. Auch den Fall Irmgard F. hatte die Zentrale Stelle bereits vor Jahren an die Staatsanwaltschaft Itzehoe weitergereicht. Doch diese ließ viel Zeit verstreichen, bis sie einen Historiker für ein Gutachten beauftragte und Anklage erhob.
Eines hat Irmgard F. mit ihrer Flucht vor dem Prozess bewirkt: Das mediale Interesse an dem Fall ist dadurch noch einmal gestiegen. Die Ermittler dürften darüber nicht unglücklich sein. Ihnen geht es weniger um Strafen als um die Aufklärung der größten Verbrechen in der Geschichte der Menschheit. Ähnlich formulieren es häufig die Zeugen, die vor Gericht gegen Täter aussagen. Der Prozess sei eine „Art von Genugtuung“, sagte etwa eine Überlebende von Auschwitz, die 49 Familienmitglieder im Holocaust verloren hatte, während des Prozesses gegen Oskar Gröning. „Es geht mir nicht um die Strafe, es geht mir um das Urteil, die Stellungnahme der Gesellschaft.“ Andere betonten, wie wichtig es sei, dass die Welt die Wahrheit erfahre.
Holocaust-Leugner finden sich bis heute. Täter und Zeugen aber wird es in absehbarer Zeit nicht mehr geben. Dann braucht es auch keine Ankläger mehr – und keine Nazi-Jäger. Thomas Will wird wohl der letzte Chef der Zentralen Stelle sein, seine 20 Mitarbeiter die letzten Ermittler. Ein paar Jahre noch, sagt er, dann ist wohl wirklich alles vorbei. „Vom letzten Prozess spricht man zwar seit Jahrzehnten. Jetzt befinden wir uns aber tatsächlich auf der Zielgeraden.“
Acht Verfahren gegen ehemalige Wachmänner von KZ und Kriegsgefangenenlager liegen aktuell bei den Staatsanwaltschaften. Gut möglich, dass es die letzten sein werden. Mit dem Tod der Täter geht eine wichtige Phase der Aufarbeitung zu Ende. Ludwigsburg aber soll bleiben – als Ort der Erinnerung und der Bildung.
Die Flucht der 96-jährigen Irmgard F. war nur von kurzer Dauer. Sie wurde gefasst, am 19. Oktober hat die Verhandlung begonnen. F. trägt jetzt eine Fußfessel.
Ihr Anwalt Wolf Molkentin hält es für vorstellbar, dass der Sekretärin die Codes der Nazis („Sonderbehandlung“ für die Ermordung von Menschen) tatsächlich nichts sagten, sie das volle Ausmaß des Grauens also nicht kannte. Der Jurist zeigt auch Verständnis dafür, dass betagte Angeklagte die Verfahren als Zumutung empfinden. Molkentin kann den späten Prozessen aber auch etwas Positives abgewinnen: „Es ließe sich die Chance ergreifen, sich am Ende des Lebens der Aufklärung eines dunklen Kapitels der eigenen Lebensgeschichte zu stellen“, schreibt der Anwalt in einem Mail an profil. Er persönlich befürworte die „letzten“ NS-Prozesse: „Besser spät als nie.“
https://www.profil.at/ausland/das-ende-der-nazi-jaeger/401763657
Frust und Geduld: Der Alltag im Leben des letzten "Nazi-Jägers"
Von Orlando Crowcroft • Zuletzt aktualisiert: 27/01/2020
Im Juni 2013 wurde der ehemalige Polizist Laszlo Csatary angeklagt, weil er zum Tod von 15.000 Juden beigetragen hatte, die 1944 in das Vernichtungslager Auschwitz geschickt wurden. Zu diesem Zeitpunkt war Csatary 98 Jahre alt und hatte seit dem Zweiten Weltkrieg den größten Teil seines Lebens in Kanada verbracht - als Kunsthändler.
Csatary sollte aber nie für seine Verbrechen vor Gericht erscheinen: Am 12. August 2013 starb er in einem Budapester Krankenhaus an einer Lungenentzündung.
Um Csatary ausfindig zu machen und ihn vor Gericht zu bringen, spielten das Simon-Wiesenthal-Zentrum sowie der Nazi-Jäger Efraim Zuroff eine entscheidende Rolle. In einem Gespräch mit Euronews vor dem Holocaust-Gedenktag (27. Januar) beschrieb Zuroff den Fall von Csatary als einen der frustierenden Momente seiner Arbeit.
"Es gab mehrere Dutzend Fälle, in denen rechtliche Schritte unternommen wurden. Um ehrlich zu sein, wurden nur sehr wenige tatsächlich bestraft. Aber ich denke, dass es wahrscheinlich eine weitaus schmerzhaftere Strafe ist, sie bloßzustellen, als sie letztendlich ins Gefängnis zu stecken", sagte er.
Zuroff hat in den letzten vier Jahrzehnten Dutzende von ehemaligen Nazis und Nazi-Kollaborateuren persönlich gejagt und zur Anklage gebracht, von einfachen Offizieren und Lageraufsehern bis hin zu Lagerkommandanten, die nach Kriegsende 1945 ein neues Leben begannen.
'Mangelnde Dringlichkeit'.
Viele Täter und Mittäter haben die US-amerikanischen und kanadischen Behörden belogen, um nach Nordamerika umzusiedeln, während andere in Europa blieben. Zwar haben die Regierungen in vielen Fällen geholfen, Nazi-Kriegsverbrecher aufzuspüren und zu verurteilen, in anderen Fällen aber haben sie nicht schnell genug gehandelt.
Am 22. Januar 2020 starb ein US-Amerikaner, Michael Karkoc, im Alter von 100 Jahren, während gegen ihn wegen seiner angeblichen Beteiligung an einem Massaker an Juden in Chlanlow, Polen, im Jahr 1944 ermittelt wurde. Zuroff sagte, dass die amerikanischen und polnischen Behörden "mit einem Mangel an Dringlichkeit" gehandelt hätten.
Auf der einen Seite beraubt das hohe Alter vieler Akteure und Täter im Holocaust oft die Opfer der Gerechtigkeit, doch eine längere Lebenserwartung ermöglicht es Zuroff zufolge auch, diejenigen zu finden und vor Gericht zu bringen, die an der Ermordung der Juden vor sieben Jahrzehnten beteiligt waren.
"Als ich anfing, gegen Nazi-Kriegsverbrecher zu ermitteln, dachten wir, es würde eine kurzlebige Anstrengung werden [...]. Wie ist es möglich, dass ich 1948 geboren wurde und immer noch Nazis jage. Es ist verrückt", sagte er.
"Aber die Verlängerung der Lebenserwartung hat es uns ermöglicht, Menschen Anfang der 90er Jahre wieder zu finden, die bei guter Gesundheit sind und vor Gericht stehen können".
Dazu gehört der Fall von Bruno Dey, einem 93-jährigen ehemaligen SS-Wachmann im Konzentrationslager Stutthof bei Danzig, der wegen Beihilfe zur Ermordung von 5.230 Menschen angeklagt ist. Dey war 17 und 18 Jahre alt, als er seine mutmaßlichen Verbrechen beging.
Efraim Zuroff ist ein israelischer Historiker amerikanischer Abstammung. Er ist Direktor des Simon Wiesenthal Centers in Jerusalem. Wegen seiner Suche nach mutmaßlichen Nazi-Verbrechern und ihren Mittätern ist er auch als "letzter Nazi-Jäger" bekannt geworden.
Sie können unser vollständiges Interview mit Efraim Zuroff im Videoplayer oben ansehen.
https://de.euronews.com/2020/01/27/
Argentinien: Ein begehrtes Fluchtziel von NS-Verbrechern
Gerald J. Steinacher
29.10.2020 / 9 Minuten zu lesen
Nach dem Ende des Nationalsozialismus flohen Nazis, SS-Angehörige, Kollaborateure und Faschisten vor der Nachkriegsjustiz. Viele gelangten über Italien nach Argentinien. Das Rote Kreuz, die päpstliche Hilfskommission und die argentinische Regierung spielten eine wichtige Rolle bei der Flucht.
Nach dem Ende des "Dritten Reiches" wurden Interner Link:einige führende Nationalsozialisten durch den Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg abgeurteilt. Später waren es Industriekapitäne, Diplomaten, SS-Offiziere, Ärzte, Juristen und Generäle, die sich in zwölf Nürnberger Nachfolgeprozessen ihrer Verbrechen zu verantworten hatten. Diese Prozesse, die gleichsam symbolisch die Eliten des Nazi-Staates vor Gericht stellten, dauerten bis 1949. Daneben gab es noch eine ganze Reihe anderer Interner Link:Kriegsverbrecherprozesse in Europa, in Deutschland etwa in Dachau mit 1.700 Angeklagten. Doch Tausende Nazis, SS-Angehörige, Kollaborateure und Faschisten aus ganz Europa flüchteten nach Spanien – wo die faschistische Interner Link:Diktatur unter Francisco Franco errichtet worden war – oder Übersee, um der Bestrafung zu entgehen und beruflich neu anzufangen.
Weithin bekannt ist, dass Argentinien nach 1945 eines der begehrtesten Fluchtziele von Nazis war. Die Diskussion darum, wie diese NS-Flucht vonstattenging, war allerdings bis vor kurzem eher von Fiktion als von Fakten geprägt. Ein Beispiel dafür sind Verschwörungstheorien rund um allmächtige Geheimorganisationen, die SS-Verbrecher nach Argentinien geschleust haben sollen. So gibt es bis heute die Vorstellung, dass sich nach dem Krieg ehemalige SS-Angehörige zur Geheimorganisation "Odessa" zusammenschlossen. Aktuelle Forschungen zeigen, dass die Wirklichkeit weitaus komplizierter war – aber nicht weniger spannend. Zur Auflösung der Fußnote[1] NS-Netzwerke gab es sehr wohl, aber diese waren keineswegs allmächtig und zentral gesteuert. Ihr Ziel war zudem meist nicht, wie oftmals vermutet, die Errichtung eines "Vierten Reiches", sondern vielmehr der Schutz vor Interner Link:Strafverfolgung für NS-Täter und der Aufbau einer neuen Existenz für sich und iInterner Link:hre Familien. Solche Netzwerke allein reichten aber nicht aus: Nach dem Ende des Nationalsozialismus und dem Beginn des Kalten Krieges gab es eine ganze Reihe von Institutionen und Regierungen, die Nationalsozialisten und deren Kollaborateuren zu einem Neustart verhalfen.
Italien als Drehkreuz nach Übersee
Der Großteil der SS-Angehörigen, Belasteten und Kriegsverbrecher wählte den Fluchtweg über Italien, das ab 1946 als Drehkreuz nach Nord- oder Südamerika, Spanien oder in den Mittleren Osten fungierte. Um die damalige Situation in Europa in der unmittelbaren Nachkriegszeit zu verstehen, muss man sich das Interner Link:Chaos jener Jahre bewusst machen. Millionen von Entwurzelten waren in Bewegung: Vertriebene 'Volksdeutsche' (Angehörige deutschsprachiger Minderheiten) aus dem Osten, Nazi-Kollaborateure und Anti-Kommunisten aus Osteuropa, Deserteure, Kriegsgefangene, Soldaten und Interner Link:Überlebende des Interner Link:Holocaust. Italien bot Menschen aus Mittel- und Osteuropa mit Triest und Genua die nahegelegensten Überseehäfen. Nach der weitgehenden Auflösung der alliierten Militärregierung in Italien im Dezember 1945 wollten die italienischen Behörden die Entwurzelten rasch wieder loswerden. Denn die Anwesenheit und Versorgung von Heimatlosen aus ganz Europa wurde im kriegszerstörten Italien als Belastung angesehen. Daher – und auch wegen des herrschenden Chaos nach Krieg und Bürgerkrieg – gab es nur lasche Kontrollen an den Grenzen und im Hinterland.
Diese Fluchtroute war damals kein Geheimnis: Italienische, Schweizer und deutsche Zeitungen berichteten etwa um 1948 wiederholt über die NS-Fluchtwege. Zur Auflösung der Fußnote[2] Gerade die Grenzregion Südtirol wurde zu einer beliebten Zwischenstation auf dem Weg nach Genua und spielte eine bedeutende Rolle als 'Nazi-Schlupfloch', durch welches sich unzähligen Kriegsverbrechern – darunter einschlägige NS-Täter wie Adolf Eichmann, Josef Mengele, Otto Wächter und Ludolf von Alvensleben – mit neuen Papieren ein Fluchtweg aus Europa eröffnete Zur Auflösung der Fußnote[3], Schätzungsweise flüchteten allein über Italien tausende Nazis und SS-Angehörige aus ganz Europa.
Die Rolle des Roten Kreuzes
Internationales Reisen war für Deutsche in den ersten Nachkriegsjahren – und besonders für NS-Belastete – aufgrund alliierter Bestimmungen offiziell nicht möglich. Nazis auf der Flucht scheuten daher den Kontakt mit Behörden. Man konnte sich zwar illegal und ohne Reisepass nach Italien durschlagen, aber für eine Überfahrt per Schiff nach Südamerika war ein gültiges Reisedokument notwendig. Hier schuf das Interner Link:Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Abhilfe. Seit 1945 stellte das IKRK vor allem in Genua und Rom "Ersatz-Reisepässe" für staatenlose Flüchtlinge aus. Das IKRK war einem neutralen Humanitätsgedanken verpflichtet und half jedem, der um Hilfe bat – Opfern wie Tätern. Nähere Überprüfungen waren nicht vorgesehen, zudem war die karitative Organisation vom Andrang überfordert. Die einzige Voraussetzung war wirkliche oder angebliche Interner Link:Staatenlosigkeit des Antragstellers oder der Antragstellerin. Dabei verließen sich die IKRK-Delegierten oft lediglich auf die Angaben der Reisenden. Viele Holocaust-Täter nutzten diese Methode, um an Reisepapiere zu kommen, und verschafften sich gleichzeitig eine neue Identität. So gaben sich auch Adolf Eichmann, der ehemalige Leiter des sogenannten Judenreferats, das die Ermordung der Jüdinnen und Juden koordiniert hatte, und Josef Mengele, der ehemalige Lagerarzt des Vernichtungslagers Interner Link:Auschwitz-Birkenau, als staatenlose 'Volksdeutsche' aus Südtirol aus. Andere NS-Verbrecher reisten unter ihren richtigen Namen. Der ehemalige Kommandant der Vernichtungslager Sobibor und Treblinka, Franz Stangl, änderte etwa nur seinen Vornamen – Franz wurde zu Paul Stangl. Selbst der Geburtsort blieb unverändert. Mit den IKRK-Reisedokumenten war eine Ausreise etwa nach Brasilien, Argentinien, Paraguay, Bolivien, Syrien oder Ägypten möglich. Die Führung des Roten Kreuzes in Genf wurde bereits 1947 von US-Behörden mit den Realitäten des Nazi-Schmuggels konfrontiert, reagierte aber ausweichend und verwies auf die chaotische Flüchtlingssituation und die daraus resultierende andauernde Notwendigkeit des Ausweisservice. Es sei angemerkt, dass viele NS-Täter keine Eile hatten, Europa zu verlassen: Die eingespielte Fluchtroute mit IKRK-Reisepapieren wurde noch bis etwa Anfang der 1950er-Jahre genutzt. Adolf Eichmann beispielsweise floh erst 1950 und somit drei Jahre nach Bekanntwerden des massiven Missbrauches der IKRK-Papiere nach Argentinien. Zur Auflösung der Fußnote[4]
Fluchthilfe aus dem Vatikan
Die Beschaffung der Reisedokumente des Roten Kreuzes und der Visa für südamerikanische Staaten wurde ergänzt durch Aktivitäten des Vatikans. Noch während des Krieges übertrug Papst Pius XII. die Zuständigkeit für die Gefangenen- und Flüchtlingsfürsorge dem päpstlichen Hilfswerk (Pontificia Commissione Assistenza – PCA). Die Organisation mit Sitz in Rom bestätigte die Identität der Flüchtlinge in einem einfachen Empfehlungsschreiben an das Rote Kreuz, das dann (meist ohne weitere Untersuchung) dem oder der 'Staatenlosen' ein Reisedokument ausstellte. Die Päpstliche Hilfsstelle sah sich christlichen Grundwerten im Sinne des barmherzigen Samariters und daher, ebenso wie das Rote Kreuz, einem neutralem Humanitätsgedanken verpflichtet. Allen Hilfesuchenden sollte geholfen werden – und zwar ohne Rücksicht auf nationale Herkunft, Religion oder politische Überzeugung. Neben einer humanitären Zielsetzung ging es wohl auch darum, den katholischen Einfluss weltweit zu stärken. Denn Voraussetzung für die Hilfe war oft ein Bekenntnis zum katholischen Glauben und der katholischen Kirche. Nicht wenige Nazi-Täter konvertierten oder kehrten nach 1945 wieder zum katholischen Glauben zurück. Die Kirchenführung hatte das Ziel, die ehemaligen Hitler-Anhänger vom "Irrglauben des Nationalsozialismus" zu befreien. Daneben spielte Antikommunismus auch eine wichtige Rolle. Gerade die Ausländerabteilung des Päpstlichen Hilfswerks sah sich dem weltweiten Kampf gegen den "gottlosen" Kommunismus verpflichtet. Sie richtete eine Reihe von Unterkomitees ein, um die hohe Zahl der Schutzsuchenden aus Mittel- und Osteuropa zu bewältigen. Das österreichische Unterkomitee wurde von Bischof Alois Hudal geleitet. Hudal, ein christlicher Antisemit, Antikommunist, Deutschnationaler und katholischer Theologe, verhalf willentlich und wissentlich gesuchten NS-Verbrechern zur Flucht. Die Mehrzahl der Hudal-Schützlinge wollte über Italien nach Argentinien auswandern. Dabei war Hudals Unterkomitee keine Ausnahme. Andere Unterkomitees (besonders das kroatische und ukrainische) arbeiteten in ähnlicher Weise und boten sichere Häfen für Faschisten und NS-Kollaborateure aus ganz Europa.
Argentinien als Fluchtziel
Auch der argentinische Staatschef Juan Domingo Perón förderte in der Nachkriegszeit die Einwanderung von Deutschen und anderen Europäerinnen und Europäern. Argentinien – seit der Kolonialzeit ein Interner Link:Einwanderungsland und bereits vor dem Ersten Weltkrieg ein beliebtes Ziel deutschsprachiger Interner Link:Auswanderer und Auswanderinnen – sollte modernisiert werden. Dafür benötigte Perón Fachleute, um sich ihr Expertenwissen zunutze zu machen, etwa für die Aufrüstung der Luftwaffe. Bei der Anwerbung deutscher Fachkräfte (z.B. Ingenieure, Techniker, Piloten, Offiziere) konkurrierte der autoritäre Staatspräsident mit den Siegermächten (besonders den USA). In diesem Wettstreit bestand Argentiniens Vorteil in vorhandenen Kontakten, denn die Beziehungen zwischen Argentinien und Deutschland waren schon seit dem späten 19. Jahrhundert sehr eng. Da der argentinischen Regierung die Reiserouten der ehemaligen NS-Eliten bekannt waren, konzentrierte Buenos Aires seine Anwerbungstätigkeit auf Italien. Bald spielte sich auf der Route Südtirol – Genua – Buenos Aires ein funktionierendes System ein: Die katholische Kirche gewährte Unterkunft, Verpflegung und Logistik, das Rote Kreuz stellte die Reisedokumente aus und das argentinische Generalkonsulat in Genua erteilte in Abstimmung mit der Einwanderungsbehörde in Buenos Aires die Visa und bezahlte darüber hinaus in vielen Fällen die Schiffspassage.
Peróns Diplomaten bedienten sich dabei gerne der Hilfe von Argentiniern deutscher Herkunft. Im Zusammenspiel mit untergetauchten SS-Angehörigen in Italien und Südtiroler SS-Offizieren organisierten diese ein effektives System der Anwerbung. Die SS-Angehörigen besaßen die entsprechenden Kontakte, dabei verfolgten sie oft eigene Interessen. Ihnen ging es neben der Anwerbung von Fachleuten für Perón auch um die Fluchthilfe für Kameraden – schwer belastete Kriegsverbrecher eingeschlossen. Dabei konnten die Nazi-Helfer zunehmend freier agieren, denn das Interesse an Strafverfolgung wurde im Frühen Kalten Krieg immer geringer. Geschätzte 300 bis 800 exponierte Nazis flüchteten ab 1946 nach Argentinien. Ende der 1990er Jahre rekonstruierte die staatlich einberufene argentinische Historikerkommission 180 Biografien von nach Argentinien geflüchteten prominenten NS-Kriegsverbrechern aus Österreich, Deutschland, Belgien, Frankreich und Jugoslawien. Die weit größere Zahl von einfachen SS-Soldaten und Nazi-Kollaborateuren aus ganz Europa, die in Argentinien eine Zuflucht fanden, wurde dabei aber nicht erfasst. Zur Auflösung der Fußnote[5]
Neustart in Argentinien
Die im Hafen von Buenos Aires von Bord gehenden Neuankömmlinge wurden nicht immer mit offenen Armen empfangen. Die Aufnahmefähigkeit der Wirtschaft war durch den Krieg angeschlagen und die Hilfe des argentinischen Staats konzentrierte sich auf europäische Spitzenkräfte. Die meisten Einwanderer und Einwanderinnen – Nazis ebenso wie Holocaust-Überlebende – gingen mit Schulden in ihr neues Leben und mussten die oft vorgestreckten Kosten der Überfahrt ratenweise abstottern. Außerdem gab es sprachliche und kulturelle Barrieren. Ungeachtet dessen besaßen die meisten von ihnen eine solide Ausbildung und waren durch den Krieg Härten gewohnt. Die deutschsprachige Gemeinschaft mit ihren Clubs, Vereinen und Schulen erleichterte zudem die Integration. Auch deutsche Firmen waren in Argentinien bereits in den späten 1940er Jahren wieder stark präsent. Nazi-Jäger Simon Wiesenthal, ein österreichisch-jüdischer Überlebender des Holocausts, vermerkte dazu, die Firmensitze von Siemens, Krupp und Volkswagen seien in Argentinien "reine Nazinester" gewesen. Zur Auflösung der Fußnote[6]
Doch erklären diese Seilschaften allein nicht die weitgehende Straffreiheit deutscher Kriegsverbrecher im argentinischen Exil. Solange Präsident Perón seine schützende Hand über die NS-Verbrecher hielt, hatten Nationalsozialisten und Faschisten im Land wenig zu fürchten. Im Juli 1949 erließ Perón sogar eine Generalamnestie für Ausländer, die illegal oder unter Falschnamen eingereist waren. Letztlich war die Einwanderung von Kriegsverbrechern allerdings eher ein toleriertes Nebenprodukt als offizielle Politik Argentiniens. Wiesenthal bezeichnete Argentinien als "Kap der letzten Hoffnung", und das war es auch in vielerlei Hinsicht: Die NS-Verbrecher durften dort auf eine sichere Zuflucht hoffen, und alteingesessene deutsche Siedlerinnen und Siedler behaupteten voller Wunschdenken, dass die Nationalsozialisten keine Verbrecher gewesen seien. Zur Auflösung der Fußnote[7] Auslieferungen und darauf folgende Kriegsverbrecherprozesse gab es während des Kalten Krieges nur wenige – die Auslieferung von Franz Stangl und die Entführung von Adolf Eichmann stellten Ausnahmen dar. Erst in den 1990er Jahren, nach dem Ende des Kalten Krieges, gab es erneute Anstrengungen, NS-Täter zur Verantwortung zu ziehen. Doch zu dem Zeitpunkt waren die meisten von ihnen entweder bereits tot oder in hohem Alter. Vereinzelte Abschiebungen und Prozesse gegen geflüchtete NS-Täter gibt es bis heute.
https://www.bpb.de/
Die Ankläger der letzten Naziverbrecher
Kriminaloberkommissar Willms und Oberstaatsanwalt Brendel verfolgen NS-Verbrecher. Rund 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Täter sind heute alte Männer. Es ist ein Kampf für Gerechtigkeit und gegen die Zeit.
Wenn man Andreas Brendel danach fragt, ob es legitim sei, einen 92-Jährigen vor Gericht zu bringen, dann antwortet er knapp: "Mord verjährt nicht." Als Staatsanwalt sei er dazu verpflichtet, Tatvorwürfen nachzugehen. Brendel kennt solche Fragen von Journalisten, eben noch hat er einem russischen Fernsehreporter ein Interview gegeben. Und natürlich hat auch er diese Frage gestellt. Sie bietet sich an, bei einem Mann, der seit zehn Jahren einen Alt-Nazi nach dem anderen vor deutsche Gerichte bringt. Denn Brendel leitet die Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen in Dortmund.
Andreas Brendel antwortet stets in zwei aufeinanderfolgenden Argumenten. Zuerst rein juristisch. Dann aber folgt ein Zusatz: "Wir haben immer noch die Opfer und die Angehörigen von Opfern. Für sie ist es sehr wichtig, dass ein deutscher Strafprozess durchgeführt und die Schuld der Täter festgestellt wird. Unabhängig davon, ob es nachher noch zu einer Vollstreckung des Urteils kommt. Es ist wichtig, dass die Schicksale dieser Menschen Gehör finden vor deutschen Ermittlern.
Wenn man Andreas Brendel danach fragt, ob es legitim sei, einen 92-Jährigen vor Gericht zu bringen, dann antwortet er knapp: "Mord verjährt nicht." Als Staatsanwalt sei er dazu verpflichtet, Tatvorwürfen nachzugehen. Brendel kennt solche Fragen von Journalisten, eben noch hat er einem russischen Fernsehreporter ein Interview gegeben. Und natürlich hat auch er diese Frage gestellt. Sie bietet sich an, bei einem Mann, der seit zehn Jahren einen Alt-Nazi nach dem anderen vor deutsche Gerichte bringt. Denn Brendel leitet die Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen in Dortmund.
Andreas Brendel antwortet stets in zwei aufeinanderfolgenden Argumenten. Zuerst rein juristisch. Dann aber folgt ein Zusatz: "Wir haben immer noch die Opfer und die Angehörigen von Opfern. Für sie ist es sehr wichtig, dass ein deutscher Strafprozess durchgeführt und die Schuld der Täter festgestellt wird. Unabhängig davon, ob es nachher noch zu einer Vollstreckung des Urteils kommt. Es ist wichtig, dass die Schicksale dieser Menschen Gehör finden vor deutschen Ermittlern.
Vielleicht helfe es, meint er, dass er lange genug nach dem Krieg geboren wurde. Er ist Jahrgang 1959. Die Opfer wissen: Er kann nicht an den grausamen Taten der Nationalsozialisten beteiligt gewesen sein. Und doch: "Man merkt, man hat als Deutscher eine gewisse Verantwortung für das, was da passiert ist", sagt er. Wohl fühle er sich bei Ermittlungen am Tatort nie.
Der Angeklagte ist 92 Jahre alt
Als Andreas Brendel das Gerichtsgebäude in Hagen betritt, trägt er einen schwarzen Anzug, weißes Hemd, weiße Krawatte, schwarze Hornbrille. Sehr akkurat sieht er aus. Im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Hagen wird der Fall Siert Bruins verhandelt. Der heute 92-Jährige soll als Mitglied des Grenz- und Sicherheitsdienstes in der niederländischen Hafenstadt Delfzijl im September 1944 an der Ermordung eines Widerstandskämpfers beteiligt gewesen zu sein. Die Verhandlungen laufen bereits seit Anfang September.
Tatzeugen leben keine mehr. Also werden Beteiligte eines früheren Prozesses gegen Bruins gehört. Brendel blickt konzentriert, wach, macht sich Notizen, stellt selten mal eine Nachfrage an die Zeugen.
Der gebürtige Niederländer Bruins stand schon einmal in Dortmund vor Gericht. 1980 war das. Die Erschießung des Widerstandskämpfers wertete das Gericht damals als Totschlag. "Wichtig für die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag ist die Frage der Heimtücke", erklärt Brendel später. "Musste das Opfer mit der Tötung rechnen?" Diese Frage bewerte man heute anders als in den 80er Jahren. Deshalb steht Bruins jetzt erneut vor Gericht. Ist die deutsche Justiz jahrzehntelang besonders milde mit mutmaßlichen NS-Verbrechern umgegangen? Dazu möchte Brendel sich nicht äußern. Diese Frage stelle er sich nicht. Es klingt nicht wie eine Ausrede. Brendel hat anderes zu tun. Er will jetzt für Recht sorgen, nicht fragen, warum dies nicht schon früher geschehen ist.
Als Leiter der Zentralstelle für die Bearbeitung von nationalsozialistischen Massenverbrechen in Dortmund ist er zwar allein für Verfahren in Nordrhein-Westfalen zuständig, während die weitaus bekanntere Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg deutschlandweit agiert. Doch letztere ist streng genommen nur eine Vorermittlungsstelle. Kommt es zu Verfahren gegen mutmaßliche NS-Verbrecher, werden die einzelnen Fälle an die Staatsanwälte der zuständigen Bundesländer abgegeben. Und die einzige Schwerpunktstaatsanwalt für NS-Verbrechen ist eben jene in Dortmund, geleitet von Andreas Brendel. Er hat in den vergangen Jahren so gut wie alle prominenten Verfahren gegen NS-Verbrecher geführt.
Das Massaker von Oradour
Andreas Brendel und Stefan Willms entsprechen nicht dem Klischee fanatischer Nazijäger. Sie gehen nüchtern an ihre Sache heran. Erst vor wenigen Wochen waren sie gemeinsam in Oradour-sur-Glane. In dem französischen Ort verübte die deutsche Wehrmacht im Sommer 1944 ein Massaker. Das gesamte Dorf wurde zusammengetrieben, Männer von Frauen mit Kindern getrennt und auf grausame Weise umgebracht. Nur einige wenige überlebten. Die Staatsanwaltschaft Dortmund ermittelt gegen ehemalige Angehörige des SS-Panzer-Grenadier-Regiments "Der Führer". Einer breiten Masse wurde diese Geschichte in Deutschland erst mit dem Besuch von Bundespräsident Joachim Gauck bekannt. Brendel und Willms hatten die Ermittlungen schon lange vorher aufgenommen. Vor Ort haben sie mit den wenigen Überlebenden des Massakers gesprochen. Sie sind wichtige Zeugen, wenn es zu einer Anklage kommt.
In Deutschland haben sie die Wohnungen von Tatverdächtigen durchsucht. Über laufende Ermittlungen darf keiner von beiden sprechen. Aber sie können erzählen, welche Indizien und Beweismittel sie bei Verdächtigen anderer Fälle gefunden haben. Häufig sind es Tagebücher oder Briefe, in denen dann Sätze wie dieser stehen: "Sonnabends fuhr ich wieder mit drei Kameraden los, um in der Umgebung drei Juden zu holen. Wir haben sie dann bei Mondschein auf dem Judenfriedhof erledigt." Sie finden auch Orden und Fotos, die bestimmte Einsatzorte belegen können - einmal haben sie gar eine Tatwaffe entdeckt.
"Die Zeit drängt"
Bei allen Schritten sprechen sich die beiden ab. "Es vergeht keine Woche, in der wir nicht telefonieren", sagt Willms, "mindestens zwei Mal im Monat treffen wir uns." Sie unterstützen sich - auch psychisch. Schließlich lesen sie häufig tagelang nichts anderes als die Details grausamer Morde. "Das legt man nicht so einfach ad acta", sagt Willms. Und dann gibt es da auch noch böse Briefe, die Brendel immer mal wieder bekommt. Was ihm einfiele, alte Leute zu verfolgen. "Die werden von mir dann in der Regel abgeheftet", sagt er trocken. Einmal hat er auch ernsthaftere Drohungen erhalten, seine Familie wurde genannt. "Da hört der Spaß dann für mich auf."
"Es gab Kollegen hier auf der Dienststelle, die sind damit nicht klargekommen", erzählt Willms. "Die haben dann gewechselt." Für Stefan Willms und Andreas Brendel kommt das nicht in Frage. Sie werden weitermachen. "Vermutlich, bis der letzte NS-Verbrecher gestorben ist", sagt Brendel. "Die Zeit drängt. Wenn wir einen Täter finden, dann räumen wir dem große Priorität ein." Erst kürzlich wurde bekannt gegeben, dass deutschlandweit gegen 30 Aufseher aus dem Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz ermittelt wird. Einige der Akten sind unterwegs zu Andreas Brendel und Stefan Willms. Sie haben noch viel zu tun.
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Kampagne zur Suche nach Nazi-Verbrechern
Mit Plakaten in großen deutschen Städten will das Simon-Wiesenthal-Zentrum die letzten lebenden Nazi-Verbrecher aufspüren. Doch nicht alle sind glücklich über die Aktion.
Datum 23.07.2013
Autorin/Autor Alois Berger
"Wir reden über 60 Leute, die tagein tagaus über einen längeren Zeitraum an Massenmorden beteiligt waren", erklärt Efraim Zuroff Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem. "Es gibt keinen Grund, diese Leute nicht zu verfolgen, nur weil sie vielleicht 1919, 1920 oder 1921 geboren wurden." Das Simon-Wiesenthal-Zentrum beschäftigt sich vor allem mit der Aufarbeitung des Holocaust, bekannt geworden ist das Zentrum durch spektakuläre Erfolge beim Aufspüren von Kriegsverbrechern. Jetzt will das Zentrum mit der "Operation Last Chance" die letzten NS-Täter, die noch unbehelligt in Deutschland leben, vor Gericht bringen. In Berlin, Köln und Hamburg werden ab Dienstag (23.07.2013) 2000 großformatige Plakate die Bevölkerung zur Mithilfe auffordern - zwei Wochen lang.
Efraim Zuroff, Direktor des Simon Wiesenthal Zentrums (Foto: DW/Rosalia Romaniec)
Efraim Zuroff: "Es bleiben noch immer 60 Leute übrig"
Die Kampagne zielt vor allem auf die ehemaligen Aufseher in Konzentrationslagern sowie auf Mitglieder der berüchtigten Einsatzgruppen der SS. Das betreffe etwa 6000 Personen, vorwiegend Männer, die dort eingesetzt gewesen seien, rechnet Zuroff vor, 98 Prozent dürften mittlerweile gestorben sein. Wenn die Hälfte der Überlebenden inzwischen zu alt und zu hinfällig sei, um einem Prozess noch folgen zu können, dann blieben immer noch 60 Leute übrig. Insgesamt lebten noch weit mehr Nazi-Verbrecher als allgemein angenommen werde, meint Zuroff, "auch wenn niemand die genaue Zahl kennt".
25.000 Euro für sachdienliche Hinweise
Auslöser der Initiative ist die Verurteilung von John Demjanjuk (als Iwan Demjanjuk geboren) vor zwei Jahren in München. Das Gericht wertete damals die Tatsache, dass Demjanjuk im Vernichtungslager Sobibor als Aufseher arbeitete, als belastend genug, um die dünne Beweislage in Fragen der direkten Tatbeteiligung auszugleichen. Denn bis dahin hatten deutsche Gerichte reihenweise Verfahren gegen mutmaßliche Nazi-Verbrecher eingestellt, weil ihnen die individuelle Beteiligung an Mord und Folter nicht mehr ausreichend nachgewiesen werden konnte. Zuviel Zeit war bereits vergangen, zu viele Beweise vernichtet, zu viele Zeugen gestorben.
Knochen und Schädel von ermordeten KZ-Häftlingen im Vernichtungslager Majdanek bei Lublin (Foto: AFP/Getty Images)
Mit diesem offensichtlichen Schwenk in der Rechtssprechung habe das Münchner Gericht die Chance eröffnet, doch noch einige NS-Schergen zur Rechenschaft zu ziehen, hofft Zuroff. Trotz der immer schwieriger werdenden Beweislage. Man baue bei der Plakataktion auf die Mithilfe der Bevölkerung: "Wir sagen: Millionen von Menschen wurden von Nazi-Verbrechern ermordet, helft uns diese Verbrecher vor Gericht zu bringen, wir geben Ihnen für jede Information eine Belohnung von bis zu 25.000 Euro."
Doch mit der Belohnung für Informanten hat das Simon-Wiesenthal-Zentrum auch Kritik hervorgerufen. Der deutsch-israelische Geschichtswissenschaftler Michael Wolffsohn spricht von Kopfgeld und nennt die Aktion geschmacklos und schädlich, weil sie seiner Meinung nach Mitleid mit den alten Kriegsverbrechern hervorruft. Auch der emeritierte Politikprofessor Joachim Perels, dessen Vater von den Nazis hingerichtet wurde und der sich seit vielen Jahren mit der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit beschäftigt, sieht die Kampagne mit gemischten Gefühlen. Perels würdigt zwar die Verdienste des Wiesenthal-Zentrums bei der Fahndung nach gesuchten Kriegsverbrechern und bei der wissenschaftlichen Unterstützung der Behörden. Für die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechern gebe es aber längst eine gut funktionierende Zentralstelle in Ludwigsburg, in der eine engagierte Staatsanwaltschaft arbeite, die derzeit beispielsweise Ermittlungen gegen 50 KZ-Aufseher vorbereite.
Braune Kontinuität bis in die 1960er Jahre
Im Kern teilt Politik-Professor Perels die Vorwürfe des Simon-Wiesenthal-Zentrums, dass die deutsche Justiz viel zu lange nichts wissen wollte von Nazi-Verbrechen. "In Deutschland wurden insgesamt etwa 160 NS-Täter verurteilt", sagt Perels, "wenn man sich das Ausmaß der Morde an Juden, an Sinti und Roma sowie an Euthanasieopfern vergegenwärtigt, dann ist das Ergebnis nicht überzeugend".
Schuld daran sei vor allem die "braune Kontinuität der Justiz", wie Perels sagt: "In den 50er und 60er Jahren bestand die deutsche Justiz zu drei Vierteln aus Richtern und Staatsanwälten, die im Dritten Reich am Volksgerichtshof, an Sondergerichten, an normalen Gerichten tätig waren." Diese Kontinuität habe noch Jahrzehnte nach dem Krieg "zu furchtbaren Fehlentscheidungen geführt".
So habe beispielsweise das Münchner Landgericht noch in den 60er Jahren einen Einsatzgruppenleiter der SS, der 15.000 Juden hat umbringen lassen und teilweise selbst umgebracht hat, lediglich als Gehilfen eingestuft. Mit der Begründung, er habe keine feindliche Einstellung zu den Juden gehabt: "Ein klassisches furchtbares Fehlurteil."
Aufstand im Warschauer Ghetto 1943, deutsche Truppen (Foto: picture Alliance)
Die SS, hier im Warschauer Ghetto, tat sich durch besondere Brutalität hervor
Die Zeit drängt
Dass nun dasselbe Münchner Landgericht Demjanjuk allein wegen seiner Tätigkeit im Konzentrationslager schuldig gesprochen hat, wertet Joachim Perels als weiteren Beleg dafür, dass sich in der deutschen Justiz viel geändert hat in den letzten Jahren. "Das hängt mit dem Generationswechsel zusammen", meint er, "und mit dem allgemein veränderten Blick auf das Dritte Reich". Denn nicht nur die Justiz habe sich verändert durch junge, kritische Juristen. Die gesamte deutsche Gesellschaft gehe heute mit der NS-Vergangenheit kritischer um, meint Perels und erinnert daran, dass sich bis weit nach dem Krieg in Umfragen mehr als die Hälfte der Bevölkerung gegen eine Verfolgung der NS-Straftaten aussprach.
Einig sind sich der Politikwissenschaftler Perels und der NS-Aufklärer Zuroff, dass nach all den Versäumnissen der deutschen Justiz nun die Zeit drängt. Dass es eine Frage der Achtung vor den Opfern sei, die Suche nach den letzten Tätern zu verstärken, bevor es endgültig zu spät sei. Efraim Zuroff vom Simon-Wiesenthal-Zentrum hält die Plakataktion für den richtigen Ansatz. "Wir versuchen seit einem halben Jahr in Deutschland finanzielle Unterstützung für die 'Operation Last Chance' zu bekommen", erzählt er nicht ohne Enttäuschung, "wir haben 86 Stiftungen und Firmen angesprochen: ganze drei wollen uns helfen".
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Operation Last Chance. Im Fadenkreuz des »Nazi-Jägers« Taschenbuch – 1. März 2013
Als die Nazis im Zweiten Weltkrieg Europa für ihre „Endlösung“ mobil machten, fanden sie auch im Ausland reichlich Unterstützung. Milivoj Ašner, Kazys Palciauskas, Sandor Kepiro sind nur einige Namen der unzähligen mutmaßlichen Holocaust-Helfer. Sie demütigten, folterten und töteten – aus Hass, aus Langeweile, aus Gleichgültigkeit. Sie waren menschenverachtende, gewissenlose Massenmörder. Eine Vielzahl dieser Individuen setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg ins demokratische Ausland ab und baute dort für sich und ihre Familien unbehelligt ein neues Leben auf. Der jüdische Mauthausen-Überlebende Simon Wiesenthal machte es zu seiner Mission, diese Individuen aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen. Und Efraim Zuroff übernahm nach seinem Tod diese Aufgabe und bemühte sich, vor allem die Holocausttäter des Balkans zu belangen. Um zum Ziel zu kommen, musste er gleichermaßen hartnäckig und sorgfältig Detektiv, Historiker und politischer Lobbyist sein und viele Widerstände überwinden. In seinem Buch lässt Zuroff den Leser an seiner jahrzehntelangen Jagd nach den Tätern teilhaben. Er dokumentiert eindrucksvoll die Höhen und Tiefen des Strebens nach Gerechtigkeit – von den Schwierigkeiten, verlässliche Zeugen zu finden, über das Problem, im Ausland eine rechtliche Grundlage für einen Prozess und dann eine Verurteilung zu bilden, bis zum Kampf gegen den verbreiteten Unwillen der Menschen, sich nach Jahrzehnten der Verdrängung mit diesem dunklen Kapitel der Geschichte überhaupt zu beschäftigen. Doch Zuroff fühlt sich den Opfern des Holocaust verpflichtet und führt ihn weiter: den unermüdlichen Kampf gegen das Vergessen. Das Buch erscheint nun in einer zweiten, aktualisierten Auflage und gibt einen Überblick über alle Fälle bis zum Sommer 2012.
Auf der Jagd nach Kriegsverbrechern
Noch immer sind längst nicht alle Verbrechen aufgeklärt, die unter der Herrschaft des faschistischen Deutschland in Europa begangen wurden. Und noch immer leben viele der Täter unerkannt und unbehelligt unter uns.
Datum 16.04.2009
Um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit aufzuklären, die in den Jahren von 1933 bis 1945 begangen wurden, hat die damalige Bundesregierung 1958 eine Behörde geschaffen. Die "Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen" wurde in Ludwigsburg, in der Nähe von Stuttgart angesiedelt. Ihre Aufgabe bestand darin, Beweismaterial zu sammeln und es den zuständigen Staatsanwaltschaften zu übergeben.
Erwin Schüle war acht Jahre lang der erste Leiter der sogenannten Ludwigsburger Zentralstelle. Für ihn hatte die Arbeit seiner Behörde eine wichtige grundsätzliche Bedeutung. Ein Rechtsstaat wie die Bundesrepublik müsse das Unrecht des NS-Regimes so lange verfolgen, wie er der Täter habhaft werden kann. Oder, wie er sagte, "die Hauptverantwortlichen, soweit sie noch leben und verfolgbar sind, zur Verantwortung zu ziehen".
Unselige Verstrickungen
Amtsleiter Schüle selbst musste 1966 allerdings zurücktreten, nachdem bekannt geworden war, dass auch er Mitglied der NSDAP und der SA gewesen war. Die Zentralstelle hatte sich eigentlich darauf beschränken sollen, jene Verbrechen aufzuklären, die in Konzentrationslagern und Ghettos von Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes begangen worden waren.
Auf eigene Initiative untersuchte man dort aber auch Vorwürfe gegen Angehörige der Wehrmacht. Das waren mehr als 1000 Fälle, die aber nie zu einer Anklageerhebung geführt haben. Der ehemalige Amtsleiter Alfred Streim sagte dazu, die Wehrmachtsverbrechen seien "insbesondere aus politischen Gründen" nicht verfolgt worden. Insgesamt gilt für die Arbeit der Ludwigsburger Behörde, dass rund sechs Prozent der Ermittlungen zu Prozessen führten, an deren Ende eine Verurteilung stand.
Schienenweg vor dem Konzentrationslager Auschwitz (Quelle: AP)
Auschwitz Birkenau - die Konzentrationslager des NS-Regimes waren der Schauplatz millionenfachen Mordes
Es waren aber nicht immer politische Gründe, die die Aufklärung von Nazi-Unrecht verhinderten. Auch die deutsche Justiz selbst schlug oft genug Verfahren gegen NS-Verbrecher nieder. Die sogenannte Entnazifizierung hatte in den Reihen deutscher Richter und Staatsanwälte nicht oder nur unzureichend funktioniert. So saßen dort an vielen Stellen Juristen, die auch unter dem Unrechtsregime der Nationalsozialisten gearbeitet hatten. Für viele von ihnen galt, dass das, was gestern Recht gewesen sei, heute nicht unrecht sein dürfte. Aus diesem Grund sind über Jahrzehnte hinweg viele Ermittlungen nur schleppend verlaufen oder gar eingestellt worden.
Private Nazi-Jäger
Neben den offiziellen Stellen haben sich auch immer Privatpersonen der Aufgabe gestellt, Nazi-Verbrecher ihrer Strafe zuzuführen - wie der Wiener Student Andreas Forster. Er hatte im Rahmen eines Forschungspraktikums ein Verbrechen im österreichischen Burgenland untersucht. Kurz vor Kriegsende hatten dort SS-Männer 60 jüdische Zwangsarbeiter erschossen. Durch Recherchen in der Fachliteratur, in Gerichtsakten und Telefonbüchern gelang es ihm, einen mutmaßlichen Täter ausfindig zu machen. Mehr als 60 Jahre lang lebte der inzwischen 89-jährige Mann unbehelligt im Ruhrgebiet, jetzt wird gegen ihn ermittelt.
Er war einer der hartnäckigsten Verfolger untergetauchter NS-Verbrecher: Simon Wiesenthal (Foto: DPA)
Die bekannteste private Institution, die sich der Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen verschrieben hat, ist das nach seinem Gründer benannte "Simon-Wiesenthal-Center" in Wien. Der 2005 verstorbene Wiesenthal war selbst Verfolgter des Regimes und hatte in verschiedenen Konzentrationslagern gesessen. Doch es war nicht Rache, die der Antrieb für seine Arbeit als sogenannter Nazi-Jäger war. Simon Wiesenthals Motive lagen tiefer. Er sah den Sinn seiner Arbeit in einer Warnung an die Mörder von Morgen, die vielleicht schon geboren sind. Sie könnten so nie in Ruhe leben. Denn davon war überzeugt: "Wenn wir diese Warnung nicht aussprechen können, dann sind die Millionen für nichts gestorben."
Die Mörder sind unter uns
Der ehemalige KZ-Arzt Aribert Heim (Foto: DPA)
Der ehemalige KZ-Arzt Aribert Heim: Er steht auf der Liste der meistgesuchten Nazi- Verbrecher ganz oben
Das "Simon-Wiesenthal-Center" gibt auch eine ständig aktualisierte Liste jener mutmaßlichen Kriegsverbrecher heraus, die noch auf freiem Fuß sind. Darauf stehen neben John Demjanjuk auch Aribert Haim, Arzt im Konzentrationslager Mauthausen, Alois Brunner, der 180.000 Menschen hat deportieren lassen, die dann ermordet wurden und Soeren Kam, der in Dänemark wegen Mordes angeklagt ist. Seine Auslieferung hat ein bayerisches Gericht verhindert.
Fälle wie der des Kriegsverbrechers Erich Priebke, der erst in jüngerer Vergangenheit dingfest gemacht und verurteilt wurde, zeigen, dass die Suche nach den Tätern von damals noch nicht abgeschlossen ist. Noch immer leben NS-Verbrecher unbehelligt unter uns, die für ihre Taten nicht zur Rechenschaft gezogen worden sind.
Autor: Dirk Kaufmann
Redaktion: Kay-Alexander Scholz
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The real Nazi hunters: how the infamous escaped – and those who brought them to justice
After WW2, many high-profile Nazis succeeded in fleeing Europe and escaping justice for their crimes. But where did they go, and who helped them? And how were they finally held accountable? Historian Bill Niven explains more about the Nazis who eluded capture, and how they continue to haunt our culture today
Published: March 24, 2020 at 12:46 pm
In 1950, the man now known as the ‘architect of the Holocaust’, Nazi SS officer Adolf Eichmann, fled Europe for Argentina. He was later hunted down in 1960 and brought to Israel. Eichmann’s abduction by Mossad, Israel's intelligence agency, was legally questionable (because it arguably violated Argentinian sovereignty). But his resulting trial on the charge of organising the mass deportation of Jews to their deaths in concentration and extermination camps – along with the 1963–65 Frankfurt Auschwitz trials, and the showing of Marvin Chomsky’s 1978 television miniseries Holocaust – is seen as a founding moment of Holocaust memory. Amazon’s recent TV series Hunters (2020) implies, however, that we should not just be remembering the capture of Nazis, but the fact that they escaped in the first place. How did this happen?
In 1950, the man now known as the ‘architect of the Holocaust’, Nazi SS officer Adolf Eichmann, fled Europe for Argentina. He was later hunted down in 1960 and brought to Israel. Eichmann’s abduction by Mossad, Israel's intelligence agency, was legally questionable (because it arguably violated Argentinian sovereignty). But his resulting trial on the charge of organising the mass deportation of Jews to their deaths in concentration and extermination camps – along with the 1963–65 Frankfurt Auschwitz trials, and the showing of Marvin Chomsky’s 1978 television miniseries Holocaust – is seen as a founding moment of Holocaust memory. Amazon’s recent TV series Hunters (2020) implies, however, that we should not just be remembering the capture of Nazis, but the fact that they escaped in the first place. How did this happen?
There were various escape routes, known as ‘ratlines’. Some Nazis escaped from Denmark to Sweden, and from there to Argentina (the ‘Nordic’ route). Most, however, escaped through Italy to Argentina, either through Spain (the ‘Iberian’ route) or via Rome and Genoa (the ‘Vatican’ route). The real scandal is not that Nazis wanted to help Nazis, which is not a surprise, but that one of the key ratlines operated with the collusion of the Vatican. So grateful was Eichmann for this assistance that he claimed for himself – although a Protestant – the status of an ‘honorary member’ of the Catholic Church.
Ratlines through Italy were in part orchestrated by the Croatian priest Krunoslav Stjepan Draganović, and the Rome-based Austrian bishop Alois Hudal. Escaping Nazis were issued false identity papers which, of course, would not have succeeded without the International Red Cross, which casts a shadow over their work. Many key Nazis escaped through ratlines: as well as Eichmann, escapees also included Josef Mengele, notorious for his monstrous experiments at Auschwitz; and Ante Pavelić, the leader of the Croatian Ustaša, responsible for the deaths of over 100,000 Jews and Serbs.
It was not just Nazis and their supporters who ran ratlines. The United States Army Counter Intelligence Corps (CIC) helped some of their postwar informants reach South America via Italy, including Gestapo functionary Klaus Barbie, the so-called ‘butcher of Lyon’. The CIC used Barbie as an informant on communist activities – even after it was known that he was implicated in crimes against the French resistance and Jews – and refused to hand him over to the French for trial. Eventually, with the help of Draganović, the Americans enabled his escape to Bolivia. The British, moreover, resisted pressure to arrest Pavelić, though they knew of his whereabouts; handing Barbie over to Josip Broz Tito, prime minister of Yugoslavia, would have meant that Ustasha agents working for the British in the campaign against Tito’s communism would have been less happy to collaborate.
The American and British secret services helped some former Nazis escape investigation by recruiting them after the war for espionage purposes. In 1988, an all-party parliamentary report revealed that Britain, as historian David Cesarani put it in his book Justice Delayed, had been a “haven for men who had worked willingly with the Nazis and committed atrocities against Jews and other civilians during the war”. As Amazon Prime’s recent drama Hunters reminds us, the Americans also brought in Nazi scientists to help build up their military research, and so did the Soviets. Operation Paperclip, for example, was a US programme to seize as many German scientists as possible in anticipation of the Cold War.
That’s not to say that the Allies had not been tracking down Nazis at the end of the war. In his 2013 bestseller, Hanns and Rudolf, writer Thomas Harding describes how his great uncle Hanns, a Jewish emigrant to Britain in 1936, joined the British War Crimes Investigation Team in 1945 and helped to find Rudolf Höss, who had served as commandant of Auschwitz. The Americans captured Ernst Kaltenbrunner, head of the Reich Security Main Office, in the Austrian mountains in May 1945. The Nuremberg trials, and the follow-up trials, would hardly have been possible without efforts to arrest Nazis. Nor would de-nazification, given that the Allies, in all four zones of Allied-occupied Germany, interned some 250,000 former Nazi officials. Yet the escape to South America of many Nazis neverthless raises questions about Allied laxity.
How were Nazis hunted after WW2, and by whom?
Hunting Nazis has become synonymous with the dogged pursuit of those who escaped Allied capture and lay low for years, even decades. No organisation was more dogged than Mossad, the Israeli intelligence agency which seized Eichmann. But it was the district attorney of Hessen in West Germany, Fritz Bauer, who had alerted Mossad to Eichmann’s whereabouts in Argentina. Bauer, who had fled Nazi Germany in 1935, was Jewish and homosexual, and in postwar West Germany, he fought a lonely battle to bring Nazis to justice.
The televised trial of Eichmann had helped to establish the Holocaust at the heart of Israeli identity. But by the early 1960s, Mossad lost interest in pursuing Josef Mengele, focusing instead on present-day threats against Israeli security.
The American and British secret services helped some former Nazis escape investigation by recruiting them after the war for espionage purposes. In 1988, an all-party parliamentary report revealed that Britain, as historian David Cesarani put it in his book Justice Delayed, had been a “haven for men who had worked willingly with the Nazis and committed atrocities against Jews and other civilians during the war”. As Amazon Prime’s recent drama Hunters reminds us, the Americans also brought in Nazi scientists to help build up their military research, and so did the Soviets. Operation Paperclip, for example, was a US programme to seize as many German scientists as possible in anticipation of the Cold War.
That’s not to say that the Allies had not been tracking down Nazis at the end of the war. In his 2013 bestseller, Hanns and Rudolf, writer Thomas Harding describes how his great uncle Hanns, a Jewish emigrant to Britain in 1936, joined the British War Crimes Investigation Team in 1945 and helped to find Rudolf Höss, who had served as commandant of Auschwitz. The Americans captured Ernst Kaltenbrunner, head of the Reich Security Main Office, in the Austrian mountains in May 1945. The Nuremberg trials, and the follow-up trials, would hardly have been possible without efforts to arrest Nazis. Nor would de-nazification, given that the Allies, in all four zones of Allied-occupied Germany, interned some 250,000 former Nazi officials. Yet the escape to South America of many Nazis neverthless raises questions about Allied laxity.
How were Nazis hunted after WW2, and by whom?
Hunting Nazis has become synonymous with the dogged pursuit of those who escaped Allied capture and lay low for years, even decades. No organisation was more dogged than Mossad, the Israeli intelligence agency which seized Eichmann. But it was the district attorney of Hessen in West Germany, Fritz Bauer, who had alerted Mossad to Eichmann’s whereabouts in Argentina. Bauer, who had fled Nazi Germany in 1935, was Jewish and homosexual, and in postwar West Germany, he fought a lonely battle to bring Nazis to justice.
The televised trial of Eichmann had helped to establish the Holocaust at the heart of Israeli identity. But by the early 1960s, Mossad lost interest in pursuing Josef Mengele, focusing instead on present-day threats against Israeli security.
Beate Klarsfeld (née Künzel) played a similar role in West Germany. In 1971, she and her French husband Serge Klarsfeld staged a spectacular, if botched attempt in Cologne to kidnap Kurt Lischka – former commander of the Security Police in Nazi-occupied Paris who was guilty of deporting some 75,000 French Jews. France had sentenced him to life imprisonment, but the West German Basic Law prohibited the extradition of Germans. The Klarsfelds were also instrumental in detecting the whereabouts of Klaus Barbie in Bolivia in 1971. Most famous is Beate’s slapping of West German Chancellor Kurt Kiesinger in 1968. “Nazi, Nazi, Nazi”, she shouted at him. (Nobel-prize winning novelist Heinrich Böll sent her 50 red roses as a sign of his approval.)
Nazi hunting in modern culture
The hunt for Nazis was motivated by the wish to bring criminals to justice. It was not really motivated by fear that ex-Nazis might launch a Fourth Reich. But in the world of culture, this is precisely the fear that drives the Nazi hunters. The most famous fictitious hunt of all is surely that of the character of German crime reporter, Peter Miller, in Frederick Forsyth’s novel The Odessa File (1972). Miller goes in search of Eduard Roschmann – who, in both his fictional and real life role – was the commandant of the Riga ghetto in Latvia, who escaped to Argentina in 1948. In the novel, Miller infiltrates ODESSA, and ultimately ODESSA’s plan to wipe out the state of Israel is foiled. If ODESSA ever existed, it certainly did not transmute from a Nazi escape network into an instrument of liquidation. But Forsyth’s novel reflected a cultural angst that saw uncaptured Nazis as the source of world threats. It was an angst heightened by constant sightings, eagerly reported in the press, not only of surviving Nazis, but of those long since dead, notably of Hitler’s secretary Martin Bormann, or even of Hitler himself. Nazi spectres stalked the European imagination.
Forsyth’s novel reflected a cultural angst which saw uncaptured Nazis as the source of world threats
But the Nazi who caused the most angst was one who was indeed still alive – until 1979 – and that was the ‘Angel of Death’, Josef Mengele. He died in Brazil of a stroke, having never been captured.
Again and again it was Mengele, notorious for human experimentation of the most inhumane kind, who was summoned up in fiction and film as the embodiment of destructiveness. In Franklin J Schaffner’s film The Boys from Brazil (1978), Mengele (played by Gregory Peck) has cloned 94 Hitlers from Hitler’s DNA; while in Lucia Puenzo’s Argentinian film The German Doctor (2013), Mengele continues with human experiments in exile in Argentina. In Ernst Ritter von Theumer’s 1988 German/American horror film Hell Hunters, Martin Hoffmann, styled on Mengele and played by Stewart Granger, plans to use a spider venom to poison the population of Los Angeles until he is stopped by Nazi hunters. There are plenty of other examples. Eichmann has certainly also received his fair share of filmic representations: one thinks, for instance, of Peter Collinson’s The House on Garibaldi Street (1979), or Chris Weitz’s Operation Finale (2018). The focus on his capture and trial in these films provides reassurance, reaffirming the moment where Eichmann’s past caught up with him. The contrast to the films that evoke an untamed Mengele is striking.
There is a moment in Weitz’s Operation Finale where Peter Malkin, played by Oscar Isaac, considers strangling Eichmann, but then he desists: Eichmann must stand trial. There are no such compunctions in Quentin Tarantino’s Inglourious Basterds (2009) or David Weil’s series Hunters (2020). These films about Nazi hunting take us back to the war itself and the 1970s respectively, and imagine a very bloody Jewish revenge. Rough justice, of the most drastic and even sadistic kind, replaces court justice. If the avengers come to resemble the avenged, and the victims become perpetrators, are we not in danger of eliding the very fundamental ethical distinction on which hunting Nazis rests? It is a worrying question.
Bill Niven is professor in Contemporary German History at Nottingham Trent University. Read his review of Amazon Prime's "Holocaust revenge saga" Hunters here
https://www.historyextra.com/
The long read
The last Nazi hunters
Since 1958, a small department of Germany’s government has sought to bring members of the Third Reich to trial. A handful of prosecutors are still tracking down Nazis, but the world’s biggest cold-case investigation will soon be shut down. By Linda Kinstler
by Linda Kinstler
Thu 31 Aug 2017 06.00 BST
The Central Office for the Investigation of National Socialist Crimes is an austere, pale-yellow prison building nestled into the 18th-century city wall of Ludwigsburg in southwestern Germany. Once used by the Nazis to detain political prisoners, the building announces its contemporary tenants obliquely, with a small, silver sign. Entering the Central Office still feels like entering a jail; to gain access, one must pass through a white metal gate and then through a second secure doorway.
Since it was created by the West German government in 1958, the Central Office’s mission has been to deliver Nazis to justice. Every year, its six investigative “departments,” each of which consists of a single prosecutor, scour the globe looking for members of the Third Reich. Chief prosecutor Jens Rommel, who heads the operation, is a sturdy, jovial 44-year-old with frameless glasses and a triangular goatee. The German press calls him a Nazi hunter, but Rommel doesn’t like the term. “A hunter is looking for a trophy,” he told me. “He has a rifle in his hand. I’m a prosecutor looking for murderers and I have criminal code in my hand.”
Rommel and his staff visit the sites of former concentration camps across Germany and eastern Europe to sift through records and walk the grounds to determine what defendants might have witnessed from their posts. Over the past decade, the office, which has an annual budget of €1.2m, has also conducted more than 20 trips to archives in South America. The investigators spend most days under an avalanche of bureaucratic documents, checking and cross-checking names on German, Russian, British, French and Polish lists – everything from SS papers documenting quotidian affairs such as the issuing of new uniforms and marriage requests, to Allied inventories of prisoners of war. Their goal is to find the last living Nazis who have yet to be indicted and might still be able to stand trial.
Hunting the Nazis
Romina Genovesa and her terrific team take care of the archives of the Argentinean Immigration History. They digitalize stepwise all old and historical documentation. Argentina is cooperating extensively with the German government for the prosecution of former nazism crimes.
Argentina sheltered thousands of German before, during and after the world war II. Some of the "wanted" ones, like Eichmann and Mengele, disappeared a long time in Argentina under new names.
When I visited Ludwigsburg in May, Rommel was preparing for a trip to Moscow, where he would search an archive for names of perpetrators from the Sachsenhausen concentration camp, which the Nazis operated near Berlin from 1936 to 1945. Another Central Office prosecutor, Manuela Zeller, was sorting through records from Auschwitz and Ravensbrück, looking for anyone whose name hadn’t been checked by her predecessors. Her colleague Michael Otte was doing the same for the Buchenwald and Stutthof concentration camps. Another colleague was about to travel to Mauthausen, in Austria, where at least 95,000 people were murdered during the war.
“This is a giant cold-case operation,” Devin Pendas, a historian of Nazi prosecutions at Boston College, said of the Central Office. “It’s looking at crimes that happened a long time ago, with only the sketchiest information about who the perpetrators might be.” Rommel, a former criminal prosecutor, approaches the work the same way he used to investigate homicide cases, treating the archives at his disposal as live crime scenes. “There are crimes behind these words, but there’s no blood here,” he said.
Central Office prosecutors unearth the names of about 30 living perpetrators per year. Their cases are then handed over to regional prosecutors, who usually spend another year conducting follow-up investigations and deciding whether to take the individuals to court. Since the start of the 21st century, this work has led to six prosecutions, but in the media, every case has been called “the last Nazi trial”, as if writers, editors and readers all hope the label will finally prove to be true.
Today, the youngest suspects are 90 years old, and most were low-level Nazi functionaries: guards, cooks, medics, telephone operators and the like. The defendants tend to die during the lengthy judicial process, so the odds of conviction are miniscule. Partly as a result, few Germans know the Central Office exists, and many of those who do tend to view it with ambivalence. “It is hard for people to see what exactly the point is of putting a 90-year-old in jail,” Pendas said. Others view the office with reverence, awed by what it has managed to achieve despite considerable odds.
Throughout its history, the condition of the Central Office has been one important measure of Germany’s evolving relationship to its Nazi past. After its founding in 1958, it enjoyed 10 years of robust activity before receding from public view, amid widespread opposition to further investigations of German war crimes. Now, every day that passes – separating the present from the atrocities in question – further imperils the Central Office’s cause.
In Rommel’s corner office, on the second floor of the old prison, 16 small flags, one for each German state, stand atop a wooden bureau. “My bosses,” he said. The 16 regional ministers of justice will soon determine when Rommel’s investigative operation will shut down, ending this global effort to bring Nazi perpetrators to justice. One regional minister told the press that 2025 is a possible deadline for the Central Office to complete its investigations – “‘deadline’ being almost literal,” Rommel told me. Others view that as an optimistic estimate, predicting that the end of the Central Office is much nearer.
The question of whether Nazi trials should continue in spite of the increasingly unrealistic odds of success – whether the work of the Central Office remains essential, or if it needlessly litigates crimes that belong to the past – lingers over the Ludwigsburg headquarters. “How much does Germany need to do to render justice on its own prior crimes?” Pendas said. “And how long does it need to make those kinds of efforts?” These questions have haunted Germany since the war’s end, but have gained renewed currency with the rise of rightwing populist movements such as Alternative for Germany, which may become the third-largest party in the German parliament after the country’s upcoming September election, though the party’s support has declined in recent months. Earlier this year, an AfD politician called for Germany to stop atoning for its Nazi crimes.
Yet the very fact of the Central Office’s continued existence is a testament to the gravity and extent of Nazi crimes, a reminder of just how much is threatened by the rise of reactionary nationalism both in Germany and abroad. In the US, parallel institutions are under threat of closure. The Trump administration has plans to close the State Department’s modest Office of Global Criminal Justice, which is tasked with supporting international prosecutions for perpetrators of war crimes, crimes against humanity, and genocide; its director, Todd F Buchwald, has already been reassigned. As his predecessor, Stephen J Rapp, told the New York Times earlier this year, “The promise of ‘never again’ has proven hard to keep.”
Behind a vault door in the basement of Ludwigsburg’s old prison building lies the Central Office’s “treasure,” as Rommel calls it. In row upon row of beige file cabinets, an ever-expanding archive of 1.7m yellow and green index cards records the names of massacres, battles, concentration camps, victims, witnesses and perpetrators. It is the world’s most comprehensive repository of Nazi crimes and postwar attempts to bring the regime to justice. Anyone who has ever testified or even been mentioned during a Nazi trial has a card, filed in alphabetical order. But the record is not yet complete, and part of the Central Office’s job is to fill in the blanks. “Every day, we add new cards, we change cards,” Rommel said.
Only one copy of the Ludwigsburg archive exists, stored in microfilm at an undisclosed location. Protecting the index is paramount to ensuring war crimes can be tried, and that nothing is forgotten or undocumented – a relatively new undertaking in the history of warfare. For centuries, most peace treaties sought to obliterate the memory of war, a practice stretching back to the 1648 Treaty of Westphalia, which called for “perpetua oblivio et amnestia”, or “perpetual oblivion and amnesty” on both sides. It was only after the 1919 Treaty of Versailles assigned guilt to Germany for igniting the first world war, and demanded the arrest and trial of German officials, that the promise of oblivio et amnestia was abandoned.
Versailles laid the groundwork for the prosecution of war criminals after the second world war, an effort that was well underway even before the Nazis surrendered to allied forces in Reims, France, on 7 May 1945. At the time of his death, a week before the surrender, Adolf Hitler was under indictment by the UN War Crimes Commission, whose members produced hundreds of files documenting his crimes. The commission, which was established in 1943 to investigate offences by the axis powers, also supported indictments against 36,000 German and Japanese personnel, of whom at least 10,000 were convicted in roughly 2,000 trials over the next five years.
These efforts were not universally applauded. Some international participants felt the year-long Nuremberg trials, which culminated in 1946, were a “shocking waste of time”, in the words of Sir Norman Birkett, a British judge who served at the trials. In Germany, the press portrayed the hearings as an attempt to humiliate the country. “If you want to understand why the Central Office was created in the first place, you can see this as a counter-project against Nuremberg,” says Annette Weinke, a historian of post-war prosecutions. “We wanted to take the past into our own hands.”
Between 1945 and 1949, West German courts issued 4,600 convictions for Nazi crimes, but after the creation of the Federal Republic in 1949, a desire for amnesty and oblivion prevailed on both sides of the Atlantic. The UN War Crimes Commission was shuttered and its records sealed, an erasure propelled by the cold war and a rising tide of pro-Nazi sentiment in the US and Germany. As Communists became the greater enemy, the public turned away from reckoning with the Holocaust. Many of the Nazis convicted in the trials that followed Nuremberg were released in the 1950s, when a series of amnesty laws passed by the newly minted West German parliament reinstated the pensions of Nazi soldiers and paroled 20,000 Nazis previously jailed for “deeds against life”. According to the German historian Norbert Frei, nearly 800,000 people benefited from amnesty laws. By the end of the decade, thousands of Nazis had been freed from German prisons and rehabilitated, taking up comfortable posts in the judiciary, police and state administration.
At the same time, however, new trials were gradually opening up the public’s eyes to the enormity of the crimes that had been committed, particularly in eastern Europe. In 1958, during what is now known as the Ulm trial, 10 former policemen from the same mobile killing unit were tried as accessories in the murder of more than 5,000 Lithuanian Jews. Ulm was the first major Nazi trial to take place under West German law, and it exploded “like a bomb” on the German psyche, says Hans-Christian Jasch, director of the memorial site and museum at Wannsee House, where the Nazi leadership discussed the “final solution to the Jewish question” in 1942. Süddeutsche Zeitung, the largest German daily newspaper, carried an opinion piece headlined “Noch sind die Mörder unter uns” (“Murderers are still among us”), calling for more trials. Eager to counter East German propaganda that claimed his government was crawling with former Nazis, chancellor Konrad Adenauer created the Central Office, which was to focus solely on bringing Nazis to justice.
The first index cards were logged at the Central Office when it opened in December 1958. Yet, in truth, the office was never really meant to revise the West German policy of amnesty and reintegration. Its function was intended to be largely symbolic – a kind of alibi for a West German state that wanted to appear as if it were pursuing postwar justice without actually indicting the former Nazis who were once again part of the country’s establishment. As such, the Central Office was denied the ability to prosecute criminals itself. Its work was also hampered by the fact that German law contained no special provision for war crimes, and by a statute of limitations that made certain crimes nearly impossible to prosecute after 1960.
When it became known that the office was delivering a spate of names to regional prosecutors, the West German leadership, and the public, was nonplussed. The Central Office’s work was “done against domestic opinion rather than going with it,” Pendas said. Its staffers contributed evidence to the Frankfurt Auschwitz trials, which lasted from 1963 to 1965 and attracted unprecedented coverage in the domestic and international press, but were a “matter of indifference, if not open hostility, for much of the German public,” Pendas has written. When they concluded, pollsters asked the German public whether further Nazi trials should be held. Fifty-seven percent said no.
In 1969, the German high court dealt a blow to the Central Office, when it overturned the conviction of an Auschwitz dentist and former SS member on the grounds that working at the concentration camp was not a crime in itself. As a result, prosecutors were forced to drop an investigation into the Reich Security Main Office, the primary organisation responsible for implementing Hitler’s policy of mass murder. It was a “perpetrator-friendly approach,” Weinke said. “In a way, they were exonerating these crimes.” It also cast the Holocaust, legally and in the public imagination, as a sequence of ordinary murders, replacing the narrative of systematic, state-sponsored genocide with one of individually motivated killings.
After 1969, the work of the Central Office stalled, its prosecutors reduced to chasing the few former Nazi officials whose murderous acts had been recorded on paper. Even though a series of public debates in the 1960s and 70s led to the elimination of the statute of limitations for murder, thousands of men and women who served as cogs in the machine of genocide – as concentration camp guards, doctors, police, administrators and even radio operators – were never forced to reckon publicly with their culpability. For the next four decades, the Central Office largely receded from public view, and many forgot it existed entirely. Then, starting in 2007, a series of landmark cases changed everything.
In January 2007, Mounir el Motassadeq was sentenced by a German court to 15 years in prison. While studying in Hamburg, Motassadeq, a Moroccan national, had wired money to the 9/11 hijacker Marwan al-Shehhi. He was convicted of 246 counts of being an accessory to murder, one for every passenger aboard the four flights that were hijacked that day. The decision had momentous implications for prosecuting Nazis. If Motassadeq could be guilty of helping commit murder, so too could people like John Demjanjuk, a former guard at the Sobibor extermination camp in Poland. Thomas Walther, a lawyer who was working with the Central Office at the time, came up with a strategy to use the same logic to challenge the precedent set in 1969.
Walther’s revelation came just in time for the 50th anniversary of the establishment of the Central Office, which was teetering on the brink of irrelevance, as victims, witnesses and perpetrators began to die of old age. Pursuing Demjanjuk helped justify the office’s continued existence, and Kurt Schrimm, the head of the Central Office at the time, used the case and the anniversary to try to recast the office as a success of the postwar West German government.
Die Zeit called the Demjanjuk trial a “premiere”, because it promised to be the first of many attempts to hold former Nazis accountable for serving in death camps, and the process was avidly covered in the international and domestic media. In 2011, 91-year-old Demjanjuk was convicted of 28,060 counts of accessory to murder – the number of people slaughtered at Sobibor during the four months he served there in 1943 – but the case was still under appeal when Demjanjuk died in a Bavarian nursing home a year later, still a free man. (In Germany, a conviction does not legally hold if an appeal is pending.)
In 2013, a year after Demjanjuk’s death, the Central Office prepared the “Auschwitz list”, consisting of 30 living former Auschwitz personnel who could be immediately tried according to the logic of the Motassadeq ruling. Of these, only five cases made it to court. (The others died, or were deemed unfit to stand trial.) Ernst Tremmel, a former Auschwitz guard, died in 2016, days before he was due to make his first court appearance for 1,000 counts of accessory to murder. His fellow former guard, 95-year-old Reinhold Hanning, was convicted in June 2016 of facilitating more than 170,000 murders, but died on 30 May of this year, days before Germany’s highest court was expected to deny his final appeal. One trial, that of the 96-year-old former Auschwitz medic Hubert Zafke, is still ongoing, but the proceedings have been so poorly handled that the head judge has become the first jurist in history to be dismissed from an Auschwitz trial because of accusations of bias.
Rommel arrived somewhat reluctantly at the Central Office in 2015, in the midst of these cases. He was leaving a comfortable position as a public prosecutor in his hometown of Ravensburg, a stone’s throw from the Alps, where he liked to ski on weekends. But the allure of approaching the past not as history, but as crime, swayed Rommel to take the Central Office helm (that, and the fact that the age of the average defendant meant the job would hardly last for ever). According to Rommel, the government also wanted someone relatively young to head the organisation, “to avoid the impression that they were terminating the work”.
In 2016, Rommel sent 30 cases to prosecutors. That same year, Oskar Groening became the first person on the Auschwitz list to be successfully convicted using the precedent set by the Motassadeq case. The long story of Groening’s belated sentencing captured something of the agonising history of trying to bring Nazis to justice. Groening’s name was on the final 1948 UN War Crimes Commission list of Polish indictments concerning Auschwitz. But after the commission was dissolved, none of the allied powers provided the Central Office with a copy of the 36,000 indictments the commission processed. (It received a digital copy sometime in the 1980s.)
For the rest of the 20th century, Groening’s guilt was not widely known. Then, in 2005, the former “bookkeeper of Auschwitz” agreed to be interviewed by Der Spiegel. Groening spoke at length about how he sorted through Jewish inmates’ belongings, confiscated their money, and heard their screams emanating from gas chambers. “I would describe my role as a ‘small cog in the gears’,” he said. “If you can describe that as guilt, then I am guilty, but not voluntarily. Legally speaking, I am innocent.”
At the time, the Central Office passed along the article to local prosecutors, but neither law enforcement nor the courts were ready to take on what appeared to be an improbable, and perhaps unpopular, battle. After Motassadeq, however, sentencing Groening seemed not just possible, but prudent.
The final judgment against Groening bought the Central Office a bit more time. Without Groening’s conviction, “our work would have stopped,” Rommel said. Instead, the threshold for guilt had been substantially lowered, and 70 years after the crimes in question, it was once again possible to hold cogs accountable. Groening was 20 when he joined the SS; he is now 96, and in August, prosecutors in Hanover, his home region, deemed him fit to serve his four-year-prison sentence.
In March, I followed Manuela Zeller and Michael Otte, the Central Office prosecutors, to Buenos Aires, where they were trying to complete a database of Nazis who escaped to Argentina after the war. They went with little hope of finding living suspects – no indictments have come out of more than 20 expeditions to archives in Brazil, Peru, Chile, Argentina and Paraguay. A few years ago, they identified a former concentration camp doctor who fled to Peru, but it turned out he was already dead. Given the dismal track record, Zeller and Otte’s trip was primed to be the organisation’s final mission to South America, the culmination of more than a decade of scouring the continent.
“The point of the work is not always to put someone in front of a judge, but also being able to close an archive and say, ‘OK, now we know,’” Otte, a trim, bald prosecutor, explained to me over dinner in Buenos Aires’s antique San Telmo district. “It’s for future generations to know what happened.” The record will never be complete, nor will the Central Office get the chance to check archives in every country where Nazis are known to have fled. “We tried to get into Paraguay, but they said: ‘We have no Nazis here,’” he told me.
The apparent fruitlessness of the Central Office’s expeditions has not escaped scrutiny in the German press. Before Rommel took over in 2015, Die Welt, a conservative broadsheet, ran an article criticising the organisation’s expenditures, under the headline “German Nazi Hunters on Holiday in South America?” It was accompanied by a stock photograph of beachgoers in Rio de Janeiro.
Another common refrain among detractors is that the Central Office’s work could have been completed decades ago. “What I started doing in 2008, they could have done 30 years before,” said Thomas Walther, the lawyer who pressed the Central Office to take up the Demjanjuk case. Law is open to constant reinterpretation and revision; someone could have challenged the high bar for Nazi prosecutions long before the Motassadeq verdict, but, astonishingly, no one thought of it, or dared to try. If they had, it might still have been possible to find and try living offenders around the world; these days, it’s almost certainly impossible.
Although the promise of prosecution has been virtually extinguished, naming every as-yet-unknown name is not futile. Rommel is all too aware of the belatedness of his efforts, and the fact that time is running out. But he is also driven by a sense of finality – the knowledge that if the Central Office does not complete its inventory of Nazi perpetrators, no one will. Collecting the evidence is physically strenuous, mentally exhausting work, but it is perhaps the only thing, short of a trial, that can approximate justice. “Even if we don’t get a lot of perpetrators now, it’s important both for the survivors and their relatives, and for German society as well,” he told me in Ludwigsburg. “I think that’s why all of my colleagues are here, to try to do what’s possible today.”
Two days after our dinner in Buenos Aires, I found Otte and Zeller in an old dormitory on the top floor of the Hotel de Inmigrantes, a sprawling, spare complex that opened in 1911 to accommodate thousands of immigrants arriving from the Old World, and now also serves as a museum. The dormitory had been converted into an archive and working immigration office, its walls lined with 20th-century ship ledgers from around the world. Displayed on one side of the room were European ship manifests from between 1939 and 1968 – a record of every individual who arrived at the port seeking asylum, opportunity and, all too often, a place to hide.
Hugo Mouján, the museum’s press manager, laid out Adolf Eichmann’s landing record. The logistical mind behind the Holocaust had arrived at the Hotel de Inmigrantes in 1950, under the alias of Ricardo Klement. One year prior, the Auschwitz physician Josef Mengele, who performed deadly experiments on prisoners, had also passed through the hotel’s doors. Mouján laid out Mengele’s landing record, browned and frayed, documenting his arrival under the alias Helmut Gregor. The success of the Central Office’s current expedition relied on a single, simple assumption: unlike high-ranking Nazi officials such as Eichmann and Mengele, lower-ranking SS members did not expect to be held accountable for their sins, so they did not bother concealing their identities upon arriving in South America.
Zeller and Otte spent the next two weeks poring over passenger lists from between 1959 and 1962, recording the names of every German who could have served the Nazi regime and who could still be alive. Zeller, a former Bavarian judge who has a short black bob and triple ear piercings, had made herself a cheat sheet. The men and women she was looking for must have been born between 1918 and 1931 (14 is the German threshold for criminal culpability, and the Central Office will not open cases against anyone over 99), which means they would have been between 28 and 44 years old upon arriving in Buenos Aires between 1959 and 1962. Every time she and Otte came across a German name that fit those parameters, they wrote it down on a plain piece of A4 printer paper, noting the individual’s nationality, age and hometown.
Standing under a crucifix at the doorway to the archive, arms folded, Zeller reflected on the prevailing public criticism of the Central Office. “They say: ‘Why now, when we have only the little ones, and the others have never been charged?’ But I think that’s no reason to let them all go untouched.”
By the end of their trip, Otte and Zeller had collected more than 1,000 names of potential perpetrators. It will take about 12 months for the Central Office staff to cross-check them against the names in the basement archive. If a name from Buenos Aires happens to match that of an SS officer, Otte will open an investigation. But even if some suspects are alive today, they may not be a year from now.
On their last work night in Buenos Aires, Otte and Zeller seemed at peace with the limited nature of their mission. They said knowing that they’re probably the last ones to do their work – the clean-up crew for one of history’s darkest episodes – makes the job a little easier to bear; the march of time lends it renewed urgency, the impending conclusion endows it with heightened integrity.
“It’s all maybe for nothing – we know that,” Zeller said. “The point now is to say we’ve left nothing out.”
In an 18th-century gatehouse next to the old prison building in Ludwigsburg, a replica of the office of one of Rommel’s earliest predecessors is visible beneath a transparent floor. The exhibit conveys the slow, analogue nature of the postwar pursuit of justice. Stacks of files line the walls; the desk is littered with books, paper and stamps; a binder lies open to a page full of portraits of notable Nazi officers. Leather belts hang from pegs on the wall, ready to be used in binding thousands of pages of evidence. Today, boxes rather than belts are used to store files from the few cases that see the inside of a courtroom. Their slow accumulation has begun to transform the former prison into a labyrinthine memorial to the victims of the Holocaust.
Despite its imperfect mandate and modest findings, the Central Office provides a model for the expiation of national wrongs, acting as a precedent for countries that might be compelled to re-evaluate the past not as history, but as crime. A research institute and federal archive already share the building with Rommel and his team; when it becomes impossible to justify opening any further cases, they will likely subsume the investigative wing. “Criminal justice will hand the baton over to history,” says Lawrence Douglas, a professor of law and jurisprudence at Amherst College.
For the first time, the past will be past, the crime scene will be closed, and Germany’s effort to convict its own criminals will come to an end. Other nations, reckoning with their own wrongdoings, have been far hastier to arrive at this point. As Dan Plesch, author of a new history on the UN War Crimes Commission, put it, “Right now, you see a German chancellor and public who are ironically more alive to the dangers, more willing to share the past, than some of the countries that fought them.”
GERMANY-FARRIGHT-TRIAL-TURKEY<br>Beate Zschaepe, accused of being at the heart of neo-Nazi killer cell NSU, arrives for the continuation of her trial on September 5, 2013 at the regional courthouse in Munich, southern Germany. Beate Zschaepe, alleged member of the National Socialist Underground (NSU), is charged with complicity in the murders of eight ethnic Turks, a Greek immigrant and a German policewoman between 2000 and 2007. AFP PHOTO / POOL /
Rommel and his staff are keenly aware that some in Germany would like to see the Central Office’s closure expedited, including those who think the office’s efforts to prosecute Nazi telephone and radio operators, guards, chefs and medics strain the limits of propriety. The ambivalence with which much of the public views their trials is understandable, Plesch said, “until it becomes the thin end of the wedge for Holocaust denial, which it very often does, and very quickly”. In 2015, when the refugee crisis ignited a wave of xenophobic hate crimes against asylum seekers in Germany, the Central Office received emails and letters from Nazi sympathisers protesting its work.
For now, though, there’s still so much left to be done: “There are still documents which haven’t been put together, there are still matches that can be found,” Hans-Christian Jasch told me after a recent fact-finding trip to Auschwitz. For Rommel, continuing to scour the world for new evidence is “a question of personal guilt and responsibility”, he said. “A lot of my compatriots have preferred to look into the future instead of into the dark past.”
From Italy to Sweden, Hungary to France, the far right is once again a force to be reckoned with. Its hostility towards immigrants encourages xenophobes everywhere, including in Germany. Its social conservatism threatens hard-won LGBTQ+ rights. Its euroscepticism has already upset the dynamics of the EU.
The normalisation of far right rhetoric has gone far enough. For decades, Guardian journalism has challenged populists like this, and the divisions that they sow. Fiercely independent, we are able to confront without holding back because of the interests of shareholders or a billionaire owner. Our journalism is always free from commercial or political influence. Reporting like this is vital for democracy, for fairness and to demand better from the powerful.
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https://www.theguardian.com/
From the archives: The last Nazi hunters – podcast
The Audio Long Read Series
Written by Linda Kinstler, read by Ruth Barnes, produced by Simon Barnard with additions by Esther Opoku-Gyeni
Wed 3 Mar 2021 12.00 GMT
We are raiding the Audio Long Reads archives and bringing you some classic pieces from years past, with new introductions from the authors.
This week: since 1958, a small department of Germany’s government has sought to bring members of the Third Reich to trial. A handful of prosecutors are still tracking down Nazis, but the world’s biggest cold-case investigation will soon be shut down. By Linda Kinstler
https://www.theguardian.com/
https://www.nytimes.com/topic/subject/nazi-hunting
Lahrer Autor spricht mit "Nazi-Jäger Nummer 1"
Der Lahrer Schriftsteller Michael Paul schreibt schwerpunktmäßig historische Romane, die sich mit der Zeit des Nationalsozialismus auseinandersetzen.
Lahr - Im Rahmen von Recherchen traf Paul nun den ehemaligen obersten "Nazi-Jäger" im Land, den Leitenden Oberstaatsanwalt a. D. Kurt Schrimm, zu einem Gespräch.
Herr Schrimm, im Internet findet man hinter Ihrem Namen fast immer die Bezeichnung »Nazi-Jäger Nummer 1«. Wie geht es Ihnen damit?
Nun, das höre ich natürlich oft. Verboten ist es ja nicht, mich und meine ehemaligen und heutigen Kollegen so zu nennen. Aber gerne höre ich das nicht. Das hört sich so nach "Halali" an, nach einer Pirsch, und das entspricht so gar nicht unserer Arbeit.
Wir sah Ihre Arbeit aus, wenn man einen Verdäch-tigen im Visier hatte?
Die Arbeit hat sich natürlich insbesondere durch das Internet drastisch verändert. Ohne das Internet hätten wir zum Beispiel John Demjanjuk nie gefunden und anklagen können. Aber dazu kommt, dass ich die Arbeitsweise geändert habe. Bis zu meinem Amtsantritt hat die Zentralstelle nur von außen an sie herangetragene Verdachtsmomente aufgegriffen. Unter mir begannen wir, von uns aus zu ermitteln und mögliche Verdachtsfälle ausfindig zu machen.
Wie gingen Sie dabei vor?
Unsere Arbeit war und ist insbesondere Archivarbeit, national und international. Ich war während meiner Dienstzeit sehr viel in der Welt unterwegs, vor allem in Südamerika, den USA, Polen, Russland und Israel. Dabei weiß man nie, ob und was man findet. Jedes Archiv ist anders aufgebaut. Als ich die Idee hatte, dass wir in Argentinien Täter anhand ihrer Behelfsausweise in den Einwanderungslisten ausfindig machen könnten, waren wir mit 800 000 Akten konfrontiert, nur kalendarisch sortiert.
Warum hat man das nicht früher schon gemacht?
Es entsprach einfach bis dahin nicht der Arbeitsweise, von sich aus zu suchen. Sicher hätte man so mehr Täter finden können, wenn man früher damit begonnen hätte.
So hätte man vielleicht auch den Auschwitz-Arzt Mengele finden können?
Gut möglich. Aber der Aufwand ist, wie man an der Zahl 800 000 alleine in einem Archiv sieht, gigantisch. Der Fall Schwammberger hat mich vier bis fünf Jahre meiner Zeit gekostet.
Wie haben Sie die Beschuldigten, die Mörder erlebt, die in den KZs gemordet haben, Hunderte oder Tausende von Menschen selbst erschossen haben, zur Gaskammer geführt oder aber »nur« Wachleute waren? Das ist ja eine nicht ganz unwichtige Unterscheidung.
Das ist richtig. Bis zum Fall Demjanjuk war die Auffassung des BGH, dass einem Beschuldigten einen konkrete Tat nachgewiesen werden musste, um ihn verurteilen zu können. Das ist bei einem Wachmann natürlich extrem schwer gewesen. Mit dem Fall Demjanjuk änderte sich diese Rechtsauffassung. John Demjanjuk starb, bevor der BGH das auf dem Tisch hatte, aber im nächsten Fall dann entschied der BGH, seine Rechtsauffassung zu ändern. Seither reicht es, nachzuweisen, dass jemand zum Beispiel Wachmann in Auschwitz war. Damit war er fester Teil der Tötungsmaschine und wusste, was dort geschah. Vielleicht war das unser größter Erfolg, dass diese Änderung der Sichtweise eintrat. Das hat ja zuvor viele Urteile verhindert.
Wie erlebt man diese Menschen, die so grausame Taten vor vielen Jahrzehnten begangen haben?
Ein schlechtes Gewissen habe ich bei den Tätern nie erlebt. Da waren ja immer gebrechliche alte Männer, denen man so etwas auf den ersten Blick nie zugetraut hätte. Aber alle waren tatsächlich Überzeugungstäter oder willige Werkzeuge gewesen, bereuten ihre Taten auch jetzt nicht, sondern sahen es als ihre Pflicht damals an. Durchweg alle fanden ihre Verurteilung ungerecht. Wenn überhaupt, sprachen sie in der dritten Person: "Es war falsch, die Juden zu ermorden." Oder "Man hätte nicht…" Das Wort "Ich" kam dabei nie vor.
Dabei haben Sie sich doch sicher viel anhören müssen, was das Ertragbare übersteigt.
Man durfte sich nie täuschen lassen, wenn da ein alter Mann vor einem saß. Ich habe einmal einen Beschuldigten sechs Tage vernommen. Die ersten zwei Tage ließ ich ihn nur aus seinem Leben erzählen. Abends meinte meine Sekretärin, die das Gespräch wörtlich mitschrieb, dass dieser alte Mann doch niemals der Massenmörder sein konnte, den wir in ihm sahen. An den beiden folgenden Tagen ließ ich ihn über den Krieg erzählen. Da wurde er manchmal schon einsilbiger. Ab Tag fünf dann habe ich ihn richtig vernommen, mit Fakten und seinen Lügen konfrontiert. Meine Sekretärin meinte dann, dass sie froh ist, ihm erst hier und nicht damals in einem Ghetto begegnet zu sein. Er war ein absolut janusköpfiger Mensch mit zwei Gesichtern.
In Ihrer Dienstzeit waren die Täter meist um die 90 Jahre alt. Gerade wurde ein 101-jähriger verurteilt. Verstehen Sie die Diskussionen darüber, ob man so alte Menschen noch anklagen und verurteilen sollte?
Nach jedem Vortrag, den ich gehalten habe, kam diese Frage und begann eine Diskussion, bei der ich mich zurücklehnen konnte. Die Hälfte war dafür, die andere Hälfte dagegen. Juristisch ist die Sache eindeutig. Es geht um Mord oder Beihilfe zu Mord, ein Offizialdelikt, das nicht verjährt und verfolgt werden muss.
Aber die Täter gehen ja in dem Alter nicht mehr wirklich ins Gefängnis.
Am Ende des Tages geht es vermutlich gar nicht darum, sondern um die Schuld festzustellen. Das sind wir ja schon den Opfern schuldig und darum geht es den Hinterbliebenen der Opfer, die ja oft als Nebenkläger in den Prozessen auftreten. Warum soll man auf eine Verfolgung verzichten, nur weil sich jemand sein ganzes Leben vor seiner Verantwortung gedrückt hat? Auf den Transportlisten von Auschwitz standen alte Greise und Babys. Die Täter schickten alle ins Gas oder erschossen sie. Das Alter spielte für sie auch keine Rolle. Aber bei über 100-jährigen Tätern tue auch ich mich zugegeben etwas schwer. Für richtig halte ich es aber trotzdem.
Mit Ihrer Tätigkeit haben Sie nicht unerheblich zur Aufarbeitung unseres Landes mit seiner Geschichte beigetragen. Wir beurteilen Sie diesen Aufarbeitungsprozess in Deutschland?
Deutschland hat in großem Maße seine Geschichte aufgearbeitet, wie es noch nie ein kriegsverursachendes Land jemals getan hat. Es ist interessant, dass das im Ausland weit mehr geschätzt wird als in unserem Land selbst. Ich möchte da Eli Rosenbaum zitieren, den Chefsyndikus des Jüdischen Weltkongresses, der mir mal sagte: "Ich verstehe euch Deutschen nicht. Ihr habt schreckliche Fehler getan, unglaubliche Verbrechen wurden begangen. In jedem Krieg werden Verbrechen begangen. Noch nie hat ein Staat versucht, selbst die eigenen Verbrechen aufzuklären. Das tun sonst immer nur die Anderen. Ihr habt das gemacht und das muss man anerkennen."
Wenn Sie ihre 15 Jahre in der Zentralstelle anschauen. Was würden Sie heute anders machen?
Nichts! Beliebt macht man sich mit dem Beruf aber nicht. Da kommen die Täter und Verwandten hinterher und sagen, du bist zu hart. Dann kommen die Opfer und sagen, du bist zu weich.
Womöglich war das Urteil gegen den 101-jährigen schon das letzte in Deutschland. Weil es keine Täter und Zeugen mehr gibt. Was wird aus der Zentralstelle dann?
Die Frage über eine Zukunft der Zentralstelle gibt es schon sehr lange. Ich denke, dass aus dem wertvollen und umfangreichen Archiv der Zentralstelle eine Art Forschungseinrichtung werden kann. Das Archiv ist so immerhin einmalig auf der Welt.
Zur Person: Kurt Schrimm, geboren 1949 in Stuttgart, war von 2000 bis 2015 Leiter der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Bereits 1986 war ihm die Aufgabe des zuständigen Staatsanwalts für Ermittlungsverfahren wegen Mordes im Zusammenhang mit nationalsozialistischen Gewaltverbrechen für den Oberlandesgerichts-Bezirk Stuttgart übertragen worden. Schrimm ermittelte etwa gegen den 1987 festgenommenen und 1992 zu lebenslanger Haft verurteilten SS-Oberscharführer Josef Schwammberger. Über seine Arbeit hat er ein Buch geschrieben: "Schuld, die nicht vergeht- den letzten NS-Verbrechern auf der Spur".
https://www.schwarzwaelder-bote.de/
Schuld, die nicht vergeht: Den letzten NS-Verbrechern auf der Spur Gebundene Ausgabe – 2. Oktober 2017
»Gerechtigkeit gibt es nicht - wir können nur versuchen, noch so viele wie möglich zu kriegen.« Ohne sie wäre das Vernichtungssystem nicht möglich gewesen: die KZ-Aufseher, Wachleute, Buchhalter, Helfer ― die kleinen Rädchen im großen Mordgetriebe. Ohne ihn wären sie nie zur Verantwortung gezogen worden: Kurt Schrimm, Staatsanwalt und langjähriger Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen. Sein halbes Leben hat er der Aufgabe gewidmet, NS-Verbrecher wie Josef Schwammberger, Alfons Götzfrid oder John Demjanjuk vor Gericht zu bringen. Jetzt berichtet Schrimm, wie er den Tätern auf die Spur kam, und erzählt von den bewegenden Begegnungen mit KZ. Überlebenden, die er als Zeugen befragt hat. Und es wird unabweislich klar, warum es auch über 70 Jahre nach dem Ende des NS-Staats notwendig ist, jeden einzelnen dieser Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
FILMISCHE AUFBEREITUNG NAZI-JÄGER-THEMATIK BEZÜGLICH POLITISCHE UND JURISTISCHE AUFARBEITUNG
- AMAZON PRIME VIDEOS: Fritz Bauer - Generalstaatsanwalt. Nazi-Jäger 56 Min. 2020 Nazis Aufspüren zur juristischen Aufarbeitung
- "Bonn: Alte Freunde, neue Feinde" – (ARD Doku und Serie aus Januar 2023) Nazis Aufspüren zur juristischen Aufarbeitung
- "Nazijäger - Reise in die Finsternis" (ARD Dokudrama aus Januar 2022) Nazis Aufspüren zur juristischen Aufarbeitung
- "Jaguar" Spanische NETFLIX-Filmserie zum Thema Nazi-Jagd (2021) Nazis Aufspüren zur juristischen Aufarbeitung vs. Nazis töten in Selbstjustiz
Alte Freunde, neue Feinde – Die Doku
WIEDERHOLUNG Mi., 18.01.23 | 05:00 Uhr | Das Erste
Doku zur Serie: Alte Freunde, neue Feinde (S01/E07) | Video verfügbar bis 17.01.2024 | Bild: WDR/picture-alliance/dpa
„Einmal Verräter immer Verräter“, sagte Reinhard Gehlen einmal über seinen Konkurrenten Otto John. Was meinte er damit? Wie kann ein Mann aus dem Widerstand gegen Hitler in der jungen Bundesrepublik noch als Verräter gelten?
Die Dokumentation zur Serie „Bonn – Alte Freunde, neue Feinde“ erzählt die wahre Geschichte von Otto John, der vom Widerstandskämpfer zum Präsidenten des Verfassungsschutzes wurde und von Reinhard Gehlen, Generalmajor der Wehrmacht, der den Auslandsnachrichtendienst "Organisation Gehlen" aufbaute. Otto John und Reinhard Gehlen – zwei Männer, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie stehen für die Probleme einer neuen Republik, die noch nicht abgeschlossen hat mit den Verbrechen der NS-Zeit. In einem Land zwischen Schuld, Verdrängung, Wirtschaftswunder und Ost-West-Konflikt. Otto John, der die alten Seilschaften aufdecken und bekämpfen wollte – aber mit allem scheiterte. Der Widerstandskämpfer und Nazi-Jäger: In der jungen Bundesrepublik gilt er vielen Konservativen, Militärs und Geheimdienstlern noch immer als Verräter. Seine Geschichte ist auch die seines Widersachers Reinhard Gehlen, eines berechnenden Geheimdienststrategen mit zweifelhaften Verbindungen zu früheren Nazi-Verbrechern wie Alois Brunner. In den beiden konkurrierenden Geheimdiensten prallen die Konflikte der jungen Bundesrepublik aufeinander.
Otto John (1909 - 1997) ist zwischen 1950 und 1954 der erste Präsident des deutschen Inlandsgeheimdienstes Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Als Teil der Gruppe um Graf Stauffenberg flüchtete er 1944 nach dem gescheiterten Attentat auf Hitler ins Ausland. Doch sein Bruder Hans, der ebenfalls der Widerstandsgruppe angehörte, wurde verhaftet und zum Tode verurteilt. Dieses Trauma begleitete Otto John sein ganzes Leben. Er strebte nach Verbesserung demokratischer Strukturen und widmet sich intensiv der Verfolgung untergetauchter Nationalsozialisten. Öffentlich klagte er den wachsenden Einfluss früherer Nationalsozialisten in der Bundesrepublik an. Namentlich nannte er dabei unter anderem Reinhard Gehlen. Als John im Juli 1954 in der DDR auftauchte, sorgte er für einen der größten politischen Skandale der jungen Bundesrepublik. Laut eigener Aussage vom KGB verschleppt, blieb er in Ost-Berlin und übte Kritik an Adenauers Politik. 1955 floh er in den Westen, wo er wegen Landesverrats angeklagt wurde und vier Jahre im Zuchthaus verbüßte. Bis zu seinem Tod kämpfte er vergeblich um seine Rehabilitierung.
Reinhard Gehlen (1902 - 1979) leitete im Zweiten Weltkrieg die Abteilung Fremde Heere Ost (FHO) im Generalstab des Heeres. Anfang März 1945, rechtzeitig vor Kriegsende, ließ Gehlen die gesamten nachrichtendienstlichen Materialien auf Mikrofilm vervielfältigen und versteckte diese. Er wurde so zu einem wichtigen Gesprächspartner für die Alliierten. 1946 baute er seine Organisation unter Aufsicht der Amerikaner auf, die besonders interessiert waren, Informationen über die Aktivitäten der Sowjetunion zu sammeln. Doch Gehlen nutzte die Organisation auch als Auffangbecken für alte Seilschaften aus der SS, der Gestapo, der Wehrmacht – diese beschäftigte er als freie Mitarbeiter. 1956 wurde die Organisation Gehlen als Bundesnachrichtendienst in die Bundesverwaltung übernommen. Gehlen leitete den BND bis 1968, doch wurde er den Anforderungen an einen modernen Nachrichtendienst nicht gerecht.
Diese Sendung ist nach der Ausstrahlung ein Jahr lang in der ARD Mediathek verfügbar.
https://www.daserste.de/
Otto John
Otto John (* 19. März 1909 in Marburg, Deutschland; † 26. März 1997 in Innsbruck, Österreich) war ein deutscher Jurist, Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 und von 1950 bis 1954 der erste Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz in der Bundesrepublik Deutschland.
Durch Klaus Bonhoeffer bekam John noch vor dem Krieg Kontakt zum Widerstand gegen den Nationalsozialismus und beteiligte sich an den Vorbereitungen zum Attentat auf Hitler am 20. Juli 1944. Nach dessen Scheitern wurde sein mitbeteiligter Bruder Hans John verhaftet, von Roland Freisler am 2. Februar 1945 zum Tode verurteilt und am 23. April 1945 von einem SS-Kommando mit Genickschuss getötet, während ihm selbst am 24. Juli 1944 über Madrid und Lissabon die Flucht nach Großbritannien gelang.
Nach Kriegsende fungierte John als Screener in britischen Kriegsgefangenenlagern und u. a. als Zeuge der Anklage bei den Nürnberger Prozessen sowie beim Prozess gegen den Generalfeldmarschall Erich von Manstein in Hamburg.
Im Jahr 1950 wurde John nach mehreren vergeblichen Bewerbungen, darunter beim Auswärtigen Amt, auf Vermittlung Jakob Kaisers von Bundespräsident Heuss zum Präsidenten des neu gegründeten Bundesamts für Verfassungsschutz in Köln ernannt; nach Zustimmung der drei Mächte und mit der zögerlichen Zustimmung von Bundeskanzler Adenauer. So wurde Otto John eine der wenigen Personen aus den Reihen der Widerständler und ehemaligen Emigranten, die eine hohe Position in der Verwaltung der jungen Bundesrepublik erlangen konnten.
Außerdem klagte er den wieder wachsenden Einfluss früherer Nationalsozialisten in der Bundesrepublik an; namentlich nannte er Bundesvertriebenenminister Theodor Oberländer und Reinhard Gehlen, den Präsidenten des Bundesnachrichtendiensts und früheren Chef der „Abteilung Fremde Heere Ost“ der Wehrmacht. Gehlen seinerseits, der eine „Abneigung gegen Anti-Hitler-Emigranten“ (Der Spiegel) hegte, kommentierte „Einmal Verräter, immer Verräter!“, stellte also einen Zusammenhang mit Johns Beteiligung am Widerstand gegen den Nationalsozialismus her.[9]
https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_John
Siehe auch:
Bonn – Alte Freunde, neue Feinde (1)
Episode 1 + 2
London, Silvesterabend 1953/54 - Die 20-jährige Toni kümmert sich um die Kinder einer wohlhabenden Londoner Familie, in deren Stadthaus sie den Jahreswechsel verlebt. Hier kommt sie mit Lucie John und ihrem Mann Otto, dem Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV), in Kontakt. Der ehemalige Widerstandskämpfer im inneren Zirkel von Graf Stauffenberg ist beeindruckt von Tonis reflektierter Art.
Bonn, 1954 - Es ist die Zeit des Kalten Kriegs. Als Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz verfolgt Otto John untergetauchte Kriegsverbrecher und kämpft gegen ein erneutes Erstarken ehemaliger Nazis in Deutschland. Einer von Johns größten Widersachern ist Reinhard Gehlen, der Chef des nach ihm benannten Auslandsgeheimdienstes „Organisation Gehlen“. John ist überzeugt, dass Gehlen die Jagd auf ehemalige Naziverbrecher aktiv behindert, handfeste Beweise hat er dafür aber nicht. Ganz oben auf Otto Johns Fahndungsliste steht Alois Brunner, der im Krieg die Deportation hunderttausender Juden verantwortete. Auch Wolfgang Berns, einer von Johns besten Agenten, will Brunner aufspüren.
Auf der Suche nach ihm folgt Wolfgang einer Spur zu dem Fälscher Viktor Heimann, der mit falschen Papieren ehemaligen Nazis zur Flucht verhilft. Als er in Heimanns Wohnung einbricht, überrascht er den Waisenjungen Schwarte, der verspricht, ihn über Heimanns Rückkehr zu informieren. Doch der Zugriff wird vereitelt, Heimann kann fliehen und Wolfgang ist außer sich vor Wut.
Unterdessen kehrt Toni nach Deutschland zurück und wird herzlich von ihrer Mutter Else, ihrem Vater Gerd und ihrer Schwester Ingrid begrüßt. Auch Tonis Verlobter Hartmut ist da und die Freude über das Wiedersehen ist riesig. Toni ist beeindruckt vom neuen Reichtum der Familie – das Wirtschaftswunder hat bemerkenswerte Spuren hinterlassen. Die Geschäfte des Baustoffhofs laufen gut und ihr Vater ist ein angesehener Unternehmer. Doch es gibt auch Schattenseiten: Stefan, der einzige Sohn, ist nicht aus dem Krieg zurückgekehrt und gilt als verschollen.
Entgegen dem Willen der Familie will Toni ihren eigenen Weg gehen: Kinder, Küche, Kirche und in Hartmuts Fernsehgeschäft als Verkäuferin zu arbeiten, sind ihr nicht genug. Für Schwester Ingrid völlig unverständlich, die als Aushilfe im Laden von Hartmut überglücklich ist. Überraschenderweise unterstützt Gerd seine älteste Tochter und verhilft ihr zu einem Posten als Fremdsprachensekretärin bei seinem alten Weggefährten Reinhard Gehlen. Kurz darauf trifft sie im Foyer des Innenministeriums Otto John wieder. Für ihn könnte Toni der Schlüssel sein, um an brisante Informationen aus dem innersten Zirkel um Gehlen zu kommen. John setzt seinen besten Agenten auf sie an: Wolfgang.
Beim Prozess gegen den Kriegsverbrecher Joseph von Waidburg, begleitet Toni ihren Chef Gehlen. Sichtlich geschockt hört sie von den Gräueltaten des Angeklagten, doch trotz klarer Beweislage wird dieser freigesprochen. Eine herbe Niederlage für John. Er sucht das Gespräch mit Toni und auch Wolfgang macht erste Avancen: Der Plan, Toni als Agentin anzuwerben, nimmt konkrete Formen an. Auch Tonis Mutter ist unterwegs: Sie trifft heimlich Noah, ihre verflossene Affäre und Liebe ihres Lebens.
Tonis Misstrauen gegenüber Gehlen wächst, als sie ein brisantes Telefonat zur Geheimsache „Scipio“ mithört, in die Kanzleramtsminister Globke involviert ist. Auch ihr Vater hat seine Hände im Spiel. Gehlen vertraut Toni einen Umschlag an, den sie Globke persönlich übergeben soll. Auf dem Weg wird Toni von Wolfgang überrascht, der sie zu einem Kaffee überredet. Nicht ohne Hintergedanken …
Endlich gelingt Wolfgang die Festnahme des Fälschers Heimann. Auch Schwarte, die in Wirklichkeit ein Mädchen ist, trifft er wieder. Sie übergibt Wolfgang eine verschlüsselte Liste aus Heimanns Wohnung. Eine wertvolle Spur für Otto John, denn diese könnte die Aufenthaltsorte und Fluchtrouten der gesuchten NS-Verbrecher enthalten.
Tonis Zweifel an der bevorstehenden Hochzeit mit Hartmut werden stärker. Wolfgang geht ihr nicht mehr aus dem Kopf, doch bei einem gemeinsamen Abendessen kommt es zum Eklat: Ein fremder Soldat erzählt Toni, dass er ihren Bruder Stefan auf Befehl erschossen habe, als dieser desertieren wollte. Toni ist geschockt. Wolfgang bringt sie nach Hause und kann das Vertrauen von Tonis Vater gewinnen. Während im Hause Schmidt die Beerdigung von Stefan geplant wird, steht Noah vor der Tür und will Else trösten. Gerd ist außer sich und auch Toni und Ingrid erfahren nun eine niederschmetternde Wahrheit.
https://www.daserste.de/unterhaltung/serie/bonn/
Bonn - Alte Freunde, neue Feinde (1+2)
Agenten im Nachkriegs-Deutschland: Nazi-Jäger gegen Hitlers Helfer
Die sechsteilige Miniserie beleuchtet ein Kapitel Deutschlands, das fiktional weitgehend unerzählt ist: In der jungen BRD der 50er-Jahre kämpften zwei Geheimdienste um die Oberhand. Die von Alt-Nazis dominierte "Organisation Gehlen" und das reformatorische "Bundesamt für Verfassungsschutz".
10.01.2023, 19:00
Von teleschau - Eric Leimann
Die junge Deutsche Toni Schmidt (Mercedes Müller) kümmert sich Mitte der 50-er um die Kinder einer wohlhabenden Londoner Familie, in deren Haus sie den Jahreswechsel erlebt. Hier trifft sie das Ehepaar Lucie (Inga Busch) und Otto John (Sebastian Blomberg), den Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) - einen überzeugten Nazi-Jäger. Als Toni wenig später ins heimische Rheinland und den Schoß ihrer Familie zurückkehrt, spürt sie trotz des Wirtschaftswunder-Wohlstandes ihres Vaters Gerd (Juergen Maurer) einen gewissen Mief, den sie in ihrer Londoner Zeit fast vergessen hatte. Tonis Freund Hartmut (Julius Feldmeier) startet gerade mit seinem Radio- und Fernsehgeschäft durch. Doch nur Tonis Schwester Ingrid (Luise von Finckh) begeistert sich für die Arbeit im Laden. Toni würde lieber etwas Aufregenderes machen.
Vater Gerd bringt die junge Rebellin schließlich als Fremdsprachensekretärin bei Reinhard Gehlen (Martin Wuttke) unter. Der ehemalige Generalmajor der Wehrmacht ist nach dem Krieg weich gefallen und leitet den westdeutschen Auslands-Geheimdienst "Organisation Gehlen", die sich 1956 in den BND verwandelt. Als Übersetzerin für ihren Chef bei Kriegsverbrecher-Tribunalen muss Toni feststellen, dass viele Schuldige gar nicht oder kaum bestraft werden. Gleichzeitig trifft sie in Bonn Otto John wieder, der mit seinem Bundesamt für Verfassungsschutz die alten Nazi-Seilschaften jagt und vernichten will. Einer der besten Agenten Otto Johns ist Wolfgang Berns (Max Riemelt), den Toni bald kennenlernen wird. Doch wer spielt hier welches Spiel, und wer trägt - oft im Geheimen - noch die alte Nazi-Gesinnung im Herzen?
Schon ab 11. Januar finden sich alle sechs Episoden der historischen ARD-Eventserie in der Mediathek. Wer lieber "linear" schaut: Nach den ersten beiden Folgen zum Auftakt und der anschließenden Aufarbeitung "Alte Freunde, neue Feinde - Die Doku" (21.45 Uhr) folgen die Episoden drei und vier am Mittwoch, 18. Januar, 20.15 Uhr, bevor die Geschichte am Dienstag, 24. Januar, 20.15 Uhr, mit Teil fünf und sechs endet.
MERCEDES MÜLLER ALS FIXPUNKT
Die Geschichtsstunde im Ersten, präsentiert von Regisseurin und Autorin (mit Peter Furrer und Martin Rehbock) Claudia Garde, ist durchaus reizvoll. Vor allem deshalb, weil die Machtkämpfe zwischen Alt-Nazis und "jungen" Demokraten in der neu gegründeten Bundesrepublik Deutschland bisher kaum Thema des fiktionalen Fernsehens waren. Sowohl den schillernden Reinhard Gehlen, der die West-Alliierten mit viel Geheimwissen über den neuen Feinde im Osten zu seinem eigenen Vorteil "köderte", als auch Nazi-Jäger Otto John gab es wirklich.
Um diese beiden realen Figuren herum erschufen die Autoren eine - vielleicht ein bisschen zu typische - deutsche Familie der 50-er: Mutter Else (Katharina Marie Schubert) bangt und trauert um einen Sohn, der im Krieg vermisst ist, und pflegt eine etwas unklare Beziehung zu einem deutschen Juden. Ihrem Mann Gerd geht es gut dank alter Seilschaften. Und die Töchter? Sie spiegeln die Zerrissenheit zwischen altem Weibchen-Modell und der Lust wider, in eine emanzipierte, befreite "neue Zeit" aufzubrechen.
Ein großer Pluspunkt von "Bonn - Alte Freunde, neue Feinde" ist die Besetzung der Hauptrolle mit Mercedes Müller. Die 26-jährige Berlinerin ("Oktoberfest 1900") zählt zu den begabtesten jungen Schauspielerinnen Deutschlands. Sie gibt der Miniserie ein stabiles emotionales Zentrum. Durch ihre Augen mag man diese Welt gerne entdecken. Auch die Ausstattung der Viereinhalbstunden-Erzählung stimmt und versetzt einen mit vielen Aufnahmen an Originalschauplätzen und einem authentischen Look in der Zeit der Fünfziger zurück.
Vielleicht hätte dem Plot eine noch etwas komplexere Figurenführung gutgetan, doch dann wäre man wahrscheinlich nicht mehr in einer deutschen Primetime-Serie des Öffentlich-Rechtlichen. So oder so: "Bonn" ist eine Serie, die den Spagat zwischen traditionellen Historien-Mehrteilern von ARD oder ZDF und modernem seriellen Erzählen recht gut hinbekommt - und könnte so Fans in beiden "Zuschauerlagern" finden.
Bonn - Alte Freunde, neue Feinde (1+2) - Di. 17.01. - ARD: 20.15 Uhr
https://www.weser-kurier.de/kultur/film/
Nazijäger – Reise in die Finsternis
Sendetermin
So., 16.01.22 | 21:45 Uhr
Das Erste
1945 und 1946 fahren die Männer der britischen "War Crimes Investigation Unit" auf der Jagd nach Naziverbrechern durch Norddeutschland. Einer von ihnen ist Captain Anton Walter Freud, der Enkel von Sigmund Freud, dem Begründer der Psychoanalyse. Anton Walter Freud floh 1938 mit seiner Familie vor den Nazis nach London. Jetzt ist er Geheimdienstoffizier und zurück, um Mörder aufzuspüren, die auf den Fahndungslisten der Alliierten stehen: Killer in Nadelstreifen, brutale SS-Schergen und erbarmungslose Ärzte, die medizinische Experimente selbst an Kindern durchführten.
Freud ist stolz auf seine Herkunft, verehrt seinen weltberühmten Großvater. Der 24-Jährige verfügt über ein besonderes Talent: Er kann sein Gegenüber zum Reden bringen. Freud ist ein Freigeist, der sich nur ungern unterordnet. Er verabscheut Disziplin und ist für seine unkonventionellen Ideen bekannt. Sein Ziel ist nicht Rache, sondern Gerechtigkeit. Er will die Täter vor Gericht bringen. "Alles unscheinbare kleine Leute", wird Freud später in einem seiner seltenen Interviews sagen, "denen man überall begegnen kann, ohne zu ahnen, was sie getan haben."
Im Team lernt er Hanns Alexander kennen. Der Sohn eines Berliner Arztes ist ebenfalls vor den Nazis nach England geflohen und 1945 als britischer Offizier nach Deutschland zurückgekommen. Im Konzentrationslager Bergen-Belsen hat er das Grauen gesehen, das die Nazis hinterlassen haben und ist schockiert über die Kaltblütigkeit der inhaftierten Aufseher und SS-Offiziere. Bergen-Belsen hat Alexander verändert. Er ist nicht länger der sorglose Mann von einst, sondern von einer kaum noch kontrollierbaren Wut erfasst. Das macht ihn zum "Brecher", ein Ermittlertyp, der auch mit Drohungen operiert und manchmal Grenzen überschreitet – ganz anders als Anton Walter Freud.
Der verhaftet im Oktober 1945 Bruno Emil Tesch, den Geschäftsführer der Hamburger Firma "Tesch & Stabenow", die das Insektenvernichtungsmittel "Zyklon B" hergestellt und in die Vernichtungslager geliefert hat – vor allem nach Auschwitz. Die Beweise sind erdrückend, Tesch wird 1946 vor ein britisches Gericht gestellt und zum Tode verurteilt.
Überlebende Häftlinge aus dem Konzentrationslager Neuengamme haben den Ermittlern erzählt, dass kurz vor Kriegsende 20 Kinder nachts mit einem Lkw aus dem Lager gebracht worden sind. Unter ihnen ist der erst sieben Jahre alte Sergio de Simone aus Italien. Freud findet Dr. Adolf Trzebinski und verhört ihn. Vom Schicksal der Kinder wisse er nichts, behauptet der Arzt. Doch Freud kennt die Wahrheit. Trzebinski hat die Opfer von Menschenversuchen bestialisch ermorden lassen. Wann und wie, das will Freud herausfinden. Die Ermittlungen werden ihn ans Ende seiner Kräfte bringen. Das Grauen der Verbrechen, die er aufklären will, lässt ihn nicht mehr los.
Hanns Alexander fahndet vor allem nach Rudolf Höß, dem ehemaligen Kommandanten von Auschwitz, der sich seit Kriegsende in Norddeutschland versteckt. Als dessen Frau schließlich den Aufenthaltsort preisgibt, wird Höß verhaftet. Im Verhör gibt er zu, für den Tod von Millionen Menschen verantwortlich zu sein.
Wesentliche Grundlagen des Doku-Dramas "Nazijäger – Reise in die Finsternis" sind die Protokolle der Verhöre, die Anton Walter Freud und Hanns Alexander 1945 und 1946 durchgeführt haben. Sie führen in die tiefsten Abgründe der menschlichen Seele. Die Szenen werden von Schauspielern wie Franz Hartwig und Robin Sondermann zum Leben erweckt. Freud ist den Tätern immer einen Schritt voraus. Er kennt ihre Verbrechen und hat genug Beweise, um sie zu überführen. In den dokumentarischen Teilen kommen die letzten Zeitzeugen zu Wort. Die Cousinen des kleinen Sergio, Andra und Tatjana Bucci wurden wie er 1944 aus Italien nach Auschwitz deportiert und haben überlebt. Die Kamera durfte sie an die Schauplätze der Verbrechen nach Auschwitz-Birkenau und Hamburg begleiten. Hinzu kommen historische Filmaufnahmen, Originaldokumente und Fotos.
Diese Sendung ist online first ab 13. Januar 2022 in der ARD Mediathek verfügbar.
https://www.daserste.de/information/
Diese fünf Fritz-Bauer-Zitate können nicht oft genug zitiert werden
Stand: 29.06.2018, 06:01 Uhr
Wie kaum ein anderer hatte sich Fritz Bauer die Aufarbeitung der deutschen NS-Verbrechen zur Lebensaufgabe gemacht: gegen jeden Widerstand und Gegenwind. 50 Jahre nach seinem Tod klingen seine Zitate aktueller denn je.
1. Warum Vergangenheitsbewältigung wichtig ist:
»›Bewältigung unserer Vergangenheit‹ heißt Gerichtstag halten über uns selbst, Gerichtstag über die gefährlichen Faktoren in unserer Geschichte, nicht zuletzt alles, was hier inhuman war, woraus sich zugleich ein Bekenntnis zu wahrhaft menschlichen Werten in Vergangenheit und Gegenwart ergibt, wo immer sie gelehrt und verwirklicht wurden und werden. Ich sehe darin nicht (…) eine Beschmutzung des eigenen Nestes; ich möchte annehmen, das Nest werde dadurch gesäubert.«
(Fritz Bauer: »Im Mainzer Kulturministerium gilt ein merkwürdiges Geschichtsbild«, in: Frankfurter Rundschau vom 14.7.1962, Nr. 161)
2. Warum unsere Grundwerte unantastbar sind:
» Es gibt so gut wie keinen unter diesen Mördern, der sich zu dem Unrecht bekannt hätte, das er mit anderen zusammen beging. In den Prozessen, in denen es an belastenden Dokumenten und Zeugen nicht gefehlt hat (…), fehlte es häufig an jedem Respekt vor den überlebenden Opfern der Grausamkeiten. Viele der Täter sind weit davon entfernt, die Grundwerte unseres Staates, vor allem die Menschenwürde aller, die Gleichheit eines jeden ohne Rücksicht auf Geschlecht, (…) Sprache, Heimat und Herkunft, Glauben, religiöse oder politische Anschauungen in Wort und Tat zu bejahen. Ohne dies ist aber eine Anpassung an unsere Gesellschaft noch nicht erfolgt.«
(Fritz Bauer, Auf der Suche nach dem Recht. Stuttgart: Franckh’sche Verlagshandlung, 1966, S. 198)
3. Warum "Nein"-Sagen wichtig ist:
»Die gewiss aufwühlende, aber entscheidende Lehre unserer Prozesse gebietet aber die Bereitschaft zum eindeutigen Nein gegenüber staatlichem Unrecht. Die Prozesse verlangen, dass die Menschen auf private und familiäre Vorteile verzichten und auch zu persönlichen Opfern bereit sind, wenn von ihnen gefordert wird, Böses zu tun oder zu tolerieren, mag auch der Staat es sein, der sich zum Anwalt des Bösen macht.«
(Fritz Bauer, »Im Namen des Volkes. Die strafrechtliche Bewältigung der Vergangenheit«, in: Helmut Hammerschmidt (Hrsg.), Zwanzig Jahre danach. Eine deutsche Bilanz 1945-1965. München u.a.: Desch Verlag, 1965, S. 314).
4. Warum Unrecht immer Unrecht bleibt:
»Wenn die Prozesse einen Sinn haben, so ist es die unumgängliche Erkenntnis, daß Anpassung an einen Unrechtsstaat Unrecht ist. Wenn der Staat kriminell ist, weil er die Menschen- und Freiheitsrechte, die Gewissensfreiheit, das Recht auf eigenen Glauben, (…) das Recht auf eigenes Leben systematisch verletzt, ist Mitmachen kriminell. Es ist, wie unsere Prozesse demonstrieren sollen, möglicherweise Mord, gemeiner Mord. Dabei macht es keinen Unterschied, ob ich selber Hand anlege oder nicht. Es kommt nicht darauf an, ob an meinen eigenen Händen Blut klebt oder ob sie nur mit Tinte besudelt sind, ob ich aktiver Täter, Nutzniesser oder nur beifällig nickender Zuschauer bin.«
(Fritz Bauer: »Warum Auschwitz-Prozesse?«, in: Neutralität. Kritische Zeitschrift für Kultur und Politik, Jg. 2 (1964/65), H. 6–7 S. 9).
5. Warum es nicht um Rache geht:
»Aber man muss sich hierbei bewusstmachen, dass ja diese Prozesse nicht der Rache und Vergeltung dienen. Für uns ist hier der Gedanke entscheidend, im Prozess die Vergangenheit durchsichtig zu machen und einen Beitrag zur deutschen Geschichte zu leisten. Hierin liegt für mich der tiefe Sinn all dieser Prozesse.«
(Fritz Bauer, »Der SS-Staat in Person« (Interview) in: Weltbild, Jg. 16, Nr. 3, 13.1.1961).
Die Zitate wurden vom Fritz Bauer Institut gesammelt und veröffentlicht.
https://www.fnp.de/
Jaguar — Nazi Hunters In Spain
Post author
By Sheldon Kirshner
Post date
September 27, 2021
Jaguar, a six-part Netflix series set in Madrid in 1962, unfolds against the backdrop of World War II, Nazi concentration camps, and German war criminals enjoying the fruits of immunity in postwar Spain.
A small band of Spaniards whose lives were upended by Nazi oppression plot to kidnap and bring to justice Aribert Heim, a German doctor who conducted gruesome medical experiments in the Mauthausen camp in Austria.
Before they can lay their hands on him, they must win the trust of Otto Bachmann, a former German army commander who knows Heim and has helped Nazis escape from Europe.
This fast-moving, action-packed drama is based on real events.
Ten thousand anti-fascist Spaniards who fought for the losing Republican side during the Spanish Civil War fled to France after the Nationalist victory in 1939. The collaborationist French Vichy regime handed over many of them to Germany following France’s defeat 1940.
Considered enemies of Nazism, they were sent primarily to the Mauthausen and Dachau concentration camps, where they endured cruelty and hardship as slave laborers. Nearly 5,000 perished.
The Nazi hunters in Jaguar are survivors or the sons and daughters of murdered inmates. The chief characters are Isabel (Blanca Suarez), whose father was killed when he shielded her from Bachmann’s wrath, and Lucena (Ivan Marcos), a survivor who seeks vengeance.
Working as a waitress in a German restaurant in Madrid, Isabel plots to kill Bachmann (Stefan Weinert), who dines there with his Nazi friends. She links up with Lucena and several of his followers.
Lucena hatches a plan to befriend Bachmann so they can abduct Heim. On Lucena’s instructions, Isabel forms an acquaintanceship with Bachmann’s flighty wife, Ilse. Lucena, meanwhile, reaches out to Bachmann, a suspicious and nasty man with a deep scar on his craggy face.
As Isabel and Lucena win over Bachmann, they’re find themselves in the unpleasant company of dedicated Nazis who fondly remember the Third Reich. At one point, they attend a dinner honoring the Spanish veterans of the Blue Division, which fought on Germany’s side from 1941 to 1943.
Having learned that Heim lives in the coastal town of Almeira, the Nazi hunters go after him. Explosions, fist fights and shootouts occur as they match wits with Bachmann, Heim and their Spanish allies.
Bachmann is powerful enough to recruit a Spanish army general and some of his soldiers to his cause. Bachmann’s outsize influence is a subtle reminder that Francisco Franco, Spain’s supreme leader, welcomed thousands of Nazi war criminals to Spain after the war.
The series, which takes its name from Aztec warriors who compared themselves to jaguars, is reasonably plausible. But at times it lurches into lurid comic book territory and becomes cartoonish or theatrical. The cast, however, is first-rate, and Jaguar is sufficiently entertaining.
Blanca Suarez
https://sheldonkirshner.com/jaguar-nazi-hunters-in-spain/
Jaguar [Webserie] (2021)
Eine Kritik von Sauza (Bewertung des Films: 3 / 10)
eingetragen am 30.01.2023,
Im Spanien der frühen 1960er Jahre kellnert eine junge Frau schon beinahe ein Jahr in einem Restaurant mit dem deutschen Namen "Haus". Sie ist nicht zufällig dort, sondern beobachtet einen ganz bestimmten Gast unter den vielen älteren Deutschen, die hier regelmäßig ein- und ausgehen: Otto Bachmann (Stefan Weinert), einen früheren SS-Offizier, der im Lager Mauthausen ihren Vater getötet hatte. Isabel Garrido (Blanca Suárez) mußte dies damals, als kleines Mädchen, mit eigenen Augen mitansehen. Eine Laune des Schicksals ließ sie selbst als Dienstmädchen in einer Aufseher-Familie in der Nähe des Lagers überleben - seither hat sie nur noch ein Verlangen, nämlich den Mörder ihres Vaters zur Strecke zu bringen. Zunächst versucht sie es mit einem Gift, das sie in den Nachtisch kippt, welches sich allerdings als Fälschung herausstellt, doch als die schon beschwipste Gruppe aufbricht, verfolgt sie sie bis in einen Park, wo sie eine Pistole zieht und auf Bachmann zielt...
Im letzten Moment wird sie von einem jungen Burschen daran gehindert und muß fliehen - doch es sind gleich mehrere Leute hinter ihr her, denen sie gerade noch entkommen kann. Die aus 4 Leuten bestehende Gruppe überwältigt sie dann aber doch noch und verschleppt sie in ihr Domizil. Nach einigen Befragungen stellt sich heraus, daß das Kleeblatt unter der Führung von Lucena (Iván Marcos) selbst hinter Bachmann her ist - auch sie wurden Opfer der NS-Gewaltherrschaft: Der Mittvierziger Lucena hat Angehörige in Mauthausen verloren, der "Stumme" Sordo (Adrián Lastra) war dort inhaftiert, genauso wie der "alte Mann" Marsé (Francesc Garrido), und der gerade erwachsen gewordene Castro (Óscar Casas) verlor dort ebenfalls seinen Vater.
Doch ist Bachmann, den die Gruppe schon länger observiert, für sie alle zu wichtig, um ihn einfach zu töten: er fungiert als Kontaktmann für Altnazis, die sich, begünstigt vom Franco-Regime, nach Spanien absetzen wollen, um der Verfolgung in Deutschland zu entgehen. In einer Woche wird ein besonders übler Täter erwartet: Aribert Heim, der "Schlächter von Mauthausen", der als Lagerarzt dort zahlreiche fürchterliche Verbrechen begangen hat. Mindestens bis zu dessen Ankunft darf Bachmann also nichts passieren. Isabel entscheidet sich nach kurzer Bedenkzeit, bei der Gruppe mitzumachen, schließlich hat Heim auch ihren älteren Bruder grausam ermordet...
Aus der durchwegs interessanten Prämisse, untergetauchte NS-Verbrecher dingfest zu machen und vor Gericht zu stellen, um deren Gräueltaten einer breiten Öffentlichkeit vor Augen zu führen (was damals in den 1960er Jahren keineswegs so selbstverständlich war wie heute) macht die spanische Produktion Jaguar (der Titel rührt, wie man erst in den letzten Filmminuten erfährt, von aztekischen Kriegern) leider nur einen mittelprächtigen (Retro-) Giallo, in dem bis auf die epochegetreuen Fahrzeuge nicht allzuviel zusammenpasst - in Look and Feel dem trashigen italienischen Vorbild nicht nur durch penetrant in den Vordergrund gemischte Musik nacheifernd, verfolgen die 5 Jäger ein paar ständig blöd grinsende Nazi-Knallchargen, die ihnen zunächst meist einen Schritt voraus sind, bis sie am Ende dann, oh Wunder!, den Verfolgern doch noch ins Netz gehen.
Besonders schwach agiert hier Hauptdarstellerin Blanca Suárez, deren Mimik sich über volle 6 Folgen zu je etwa 45 Minuten fast nur in einer einzigen, ernst dreinblickenden Form offenbart. Das fällt einem allerspätestens dann negativ auf, wenn sie mit Lucena als vorgeblichem Gatten das Vertrauen Bachmanns gewinnen soll und stocksteif und grantig am Tisch sitzt, während der weltmännische Kopf der Verfolger den redseligen SS-Offizier einzuwickeln versucht - die Spanierin ist hier eine glatte Fehlbesetzung, auch wenn sie am Schluß dann doch einmal die Initiative ergreifen darf.
Den anderen Mitgliedern des Teams kann zwar eine durchschnittliche darstellerische Leistung bescheinigt werden, ihre jeweils eigene Geschichte gibt jedoch zu wenig her, um den müden Plot voranzubringen: der eine war ein Priester, der andere ein Kapo, der junge Mann ist schwul, doch als Bachmann türmt, ziehen alle wieder an einem Strang und nehmen die Verfolgung auf - eine Charakterentwicklung findet zu keiner Zeit statt.
Ein weiteres Stilmittel sind u.a. Cartoons, in denen das Lagergeschehen in kurzen Rückblenden dargestellt wird, übrigens auch im - für das an sich ernste Thema - viel zu larmoyant und möchtegern-flippig daherkommenden Vorspann. Neben diversen Logiklöchern gibt es auch Szenen, über die man nur noch den Kopf schütteln kann: Bachmann bittet den vermeintlichen Geschäftspartner Lucena auf sein Anwesen, wo er ihm seine edlen Pferde vorführt - dann nimmt er ein Messer und sticht eines davon (schwach getrickst) ab. Einfach so - wtf?? Kein Pferdekenner würde so etwas tun, zumal diese Aktion auch für die Filmhandlung völlig bedeutungslos, folgenlos und damit sinnlos ist.
Anhand solcher Absurditäten wundert es dann schon nicht mehr, daß die Verfolger mit einem kleinen Motorboot nachts ein größeres Schiff rammen, nachdem an dessen Reling mehrere Männer MP-Salven auf sie abfeuern (und natürlich nicht treffen), und die nachfolgende Explosion beide Schiffe sinken läßt - um nach einem harten Cut am nächsten Morgen(!) die Überlebenden beider Seiten (also fast alle) ans Ufer schwimmend bzw. schon wieder zuhause zu zeigen. Später sprengen die an sich diskret vorgehenden Verfolger eine Etage eines Krankenhauses in die Luft, in dem sich dutzende Soldaten befinden, die, man ahnt es schon, vergeblich ganze Salven auf die Verfolger abfeuern. Manche dieser Szenen sind derart lächerlich, daß man an eine Komödie denken mag, doch Drehbuch und Darsteller nehmen sich absolut ernst.
Am Schluß ertrinkt ein vergeblich erwartetes, furioses Ende in einem Herz-Schmerz-Finale, das eine weitere Staffel von Jaguar notwendig zu machen scheint - zu dieser ist es jedoch bislang gottseidank nicht gekommen. Die Punkte gibt es ausschließlich für den stellenweisen Retro-Charme einiger Einstellungen, die einen wie erwähnt zumindest optisch an Mario Bava und Konsorten erinnern, den Rest dieses verkorksten Serien-Mülls kann man getrost in die Tonne treten. 2,51 Punkte.
https://www.ofdb.de/
Jaguar: Trailer zur spanischen Nazijäger-Serie von Netflix
Aus Spanien kommt bald eine neue Serie mit sehr ernstem Thema. Denn eine KZ-Überlebende sucht einen der gefährlichsten Nazis in Europa. Hier ist der Trailer zu Jaguar.
Am 22. September feiert die spanische Netflix-Serie Jaguar ihre weltweite Premiere. Dazu wurde nun ein Trailer veröffentlicht. Der Trailer wurde im Original mit englischen Untertiteln, aber auch in der deutschen Synchronfassung veröffentlicht.
Darum geht es laut Streamingdienst: Isabel Garrido (Blanca Suarez), die das Konzentrationslager Mauthausen überlebt hat, sucht nach Bachmann (Stefan Weinert), einem der damals gefährlichsten Nazis in Europa. Bald erkennt sie, dass sie auf ihrer Mission nicht allein ist. Lucena (Ivan Marcos), Castro (Oscar Casas), Sordo (Adrian Lastra) und Marse (Francesc Garrido) werden ihr helfen, Gerechtigkeit zu üben. Acht Folgen sind angekündigt. Gema R. Neira hat das Format geschaffen.
Die Prämisse erinnert ein bisschen an „Inglorious Basterds“ oder das Amazon-Format Hunters (2020). Welchen Eindruck macht der Trailer auf Euch? Werdet Ihr reinschauen?
Der OMU-Trailer zu „Jaguar“:
https://www.serienjunkies.de/
NETFLIX-SERIE "JAGUAR"
Blanca Suàrez macht Jagd auf mordende Nazis
Blanca Suàrez ("Die Telefonistinnen") macht in der spanischen Serie "Jaguar" Jagd auf mordende Nazis, für die das Dritte Reich nie untergegangen ist.
Daniel Hadler
Redakteur Kultur, TV & Medienredaktion
25. September 2021,
Der Verdacht liegt nahe, dass der deutschen Sprachraum nicht das Zielterritorium dieser Netflix-Serie ist. Formales Indiz dafür ist das Fehlen eines deutschen Trailers für die spanische Serie, die von einer jungen Frau (Blanca Suàrez, "Die Telefonistinnen") handelt, die in den 1960ern antritt, um die Ermordung ihres Vaters durch Nationalsozialisten zu rächen. Womit wir beim zweiten Punkt wären: In Deutschland oder Österreich würde die Kommerzialisierung der Shoa-Geschichten zumindest für Diskussionen sorgen.
"Jaguar" handelt von einer jungen Frau, die sich Isabel nennt. Sie kellnert in Madrid in einem Restaurant, in dem deutsche Besucher ein und ausgehen. Insbesondere ehemalige Nazi-Schergen, die sich Gerichtsprozessen und Ächtung entzogen und deswegen flüchteten, kehren hier ein und aus. Der Job ist für Isabel Mittel zum Zweck: Sie lauert auf Otto Bachmann, der im Dritten Reich ihren Vater vor ihren Augen ermordet hatte. Noch in der ersten Folge stellt sich heraus, dass sie nicht die einzige Nazijägerin in der Stadt ist. Gemeinsam stoßen sie auf eine deutsche Gesellschaft in Spanien, in denen das Dritte Reich weiter existiert.
Die Prime-Serie "Hunters" oder Quentin Tarantinos "Inglourious Basterds" haben es vorgemacht: Die Geschichte von der Rache an den mordenden Nationalsozialisten ist voller Zweischneidigkeiten, von glaubwürdigen Rachegelüsten angetriebener Dramaturgie und historischen Anknüpfungspunkten. "Jaguar" versucht den Spagat, will lässige Action bieten und zugleich respektvoll mit dem historischen Erbe umgehen.
Die Namen der Protagonisten sind fiktiv, ihre Geschichten real. Rückblenden erzählen davon, wie Isabel in Mauthausen überleben konnte. Auch ihre Kameraden, mit denen sie Jagd auf die Nazis macht, sind Überlebende von Konzentrationslagern. Hier hat die Serie ihre starken Momente, jene in denen die Unmöglichkeit des Aufarbeitens thematisiert wird. Seine größten Schwächen offenbart "Jaguar" dort, wo der Eindruck entsteht, hier wurde die nationalsozialistische Todesmaschinerie zum banalen Futter für eine Kommerzgeschichtenmaschine.
https://www.kleinezeitung.at/
Deutschland und die letzten NS-Prozesse
Deutschland erlebt seine letzten NS-Prozesse. Der Tod eines ehemaligen Auschwitz-Wachmanns eine Woche vor Prozessbeginn hat gezeigt: Vor Gericht kommen nur noch wenige, die als mutmaßliche Helfer ermittelt worden sind.
12.04.2016
Ernst T. hätte sein Schweigen brechen können. Hätte erzählen können, was er wusste über Auschwitz und die Geschehnisse dort zwischen November 1942 und Juni 1943. Als einer der letzten Zeitzeugen hätte er Angehörigen von Opfern gegenübertreten und sich verantworten müssen. Doch T., der mehr als 70 Jahre geschwiegen hatte, hat alle Antworten mit ins Grab genommen. Er starb mit 93 Jahren, knapp eine Woche vor seinem ersten Gerichtstermin. 71 Jahre nach Kriegsende sollte T. wegen Beihilfe zum Mord in 1075 Fällen der Prozess gemacht werden.
"Ich bedauere, dass es nicht mehr zu einer juristischen Aufarbeitung gekommen ist", sagt Jens Rommel, Leiter der zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg. Seine Behörde hatte T. und andere als ehemalige Mitarbeiter des Konzentrationslagers Auschwitz ausfindig gemacht. T. soll im Alter von 19 und 20 Jahren dort Wachmann und an der Abwicklung von Gefangenen-Transporten beteiligt gewesen sein. Der Prozess gegen ihn wäre wohl einer der letzten gewesen, die in Deutschland wegen solcher Taten geführt werden. Zwar stehen unter anderem in Kiel und Neubrandenburg noch Verfahren an. Ob sich die greisen Angeklagten jedoch tatsächlich der Justiz stellen müssen, ist wegen ihres Alters und der damit zusammenhängenden gesundheitlichen Probleme fraglich. Immer deutlicher wird: Was Rommel und seine Mitarbeiter anstoßen, endet in den wenigsten Fällen vor Gericht. Mehr als zu zeigen, dass auch sieben Jahrzehnte nach Kriegsende nichts von dem, was einst geschah, vergeben und vergessen ist, bleibt unterm Strich nicht.
Eine Viertelmillion Juden wurden im Vernichtungslager Sobibor umgebracht
Die Meisten sind tot oder nicht mehr verhandlungsfähig
Es ist ein Rennen gegen die Zeit, das die Behörde führt. "Es kann sein, dass Leute sterben, damit müssen wir nach so vielen Jahren rechnen", weiß Rommel. "Und wer noch lebt, ist oft dement und verhandlungsunfähig." Dennoch hatte die zentrale Stelle 2013 die Namen von fast 60 ermittelten Beteiligten an die jeweils zuständigen Staatsanwaltschaften in ganz Deutschland weitergeleitet. 30 Personen sind demnach in Auschwitz tätig gewesen, 28 im Konzentrationslager Majdanek. "Von den Fällen, die wir für Auschwitz gefunden haben, sind fünf in der juristischen Bearbeitung", erläutert Rommel. Darunter jenes aus Kiel und das aus Neubrandenburg. Ein weiteres Verfahren liegt bei der Staatsanwaltschaft in Frankfurt am Main, jedoch sei noch keine Anklage erhoben worden, so deren Sprecherin. Wann und ob das sein wird, kann sie nicht sagen.
Für die ermittelten Beteiligten aus Majdanek sehe es laut Rommel ähnlich aus: In 25 Fällen wurden die Verfahren eingestellt, weil die Betreffenden verstorben oder dement sind. "Ein Fall, der sich in Österreich ereignet hatte, ist verjährt", erläutert der Behördenleiter. "Und eine Person ist bereits damals in der sowjetischen Besatzungszone verurteilt worden." Aktuell fahnden die Nazijäger aus Ludwigsburg in Auschwitz-Papieren weiter. "Wir werden uns auch noch Bergen-Belsen und Neuengamme vornehmen", bekräftigt Rommel. Doch auch diesbezüglich möchte der Behördenleiter keine allzu großen Hoffnungen wecken.
Deutschland John Demjanjuk Prozess in München
Lebte nach dem Krieg in den USA: John Demjanjuk, ehemaliger Wachmann im Vernichtungslager Sobibor
Kein Sonderstrafrecht für NS-Verbrechen
Warum die Fälle, die inzwischen eingestellt werden mussten, nicht schon vor Jahren juristisch geklärt wurden, darüber möchte Rommel nicht spekulieren. Hauptgrund jedoch, so erläutert er, sei ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) von 1969 gewesen. Damals hatten die Richter entschieden, dass "nicht jeder, der in das Vernichtungsprogramm des Konzentrationslagers eingegliedert war und dort irgendwie anlässlich dieses Programms tätig wurde" auch bestraft werden könne. Strafbar laut dieser Entscheidung konnte "nur derjenige sein, der die Haupttat konkret gefördert hat", wie es nachzulesen ist. Beihilfe nennen das die Juristen.
Erst mit dem Urteil gegen John Demjanjuk, der als Wachmann in Sobibor tätig war, geschah 2011 die Wende. Obwohl sowohl ihm als auch dem 2015 verurteilten "Buchhalter von Auschwitz" genannten Oscar Gröning keine Beihilfe an einzelnen konkreten Morden nachgewiesen werden konnte, sind sie verurteilt worden. Demjanjuk, weil er in einem Lager tätig war, in das Menschen ausschließlich zur Ermordung gebracht worden waren. Gröning, weil ihm Beihilfe während eines Zeitraumes nachzuweisen war, in dem Menschen getötet wurden. "Sie haben das Gesamtsystem unterstützt und ohne die Unterstützung so vieler hätte es nicht funktioniert", fasst Rommel zusammen, wie die Justiz heute, vierzig Jahre nach der bis dato geltenden BGH-Entscheidung, handelt.
Deutschland Prozess Oskar Gröning in Lüneburg Urteil
Der "Buchhalter von Auschwitz": Oscar Gröning, 2015 verurteilt
Dass es aber selbst für Juristen schwer ist, nach all den Jahren und auf der Grundlage heute geltender Gesetze festzustellen, wer in welchen Maß für welche Taten mitverantwortlich ist, betont Rommel auch. "Unser Strafrecht ist nicht auf Massenverbrechen ausgelegt, sondern auf Einzeltaten." Und ein Sonderstrafrecht für NS-Verbrechen gibt es in Deutschland nicht. "Hinzukommt, dass ein Gericht für jeden Angeklagten feststellen muss, was er damals, als 19-Jähriger im Krieg, wusste von der Haupttat und dem Beitrag, den er dazu leistet."
Entmutigen lässt sich der Jurist davon jedoch nicht. Die Arbeit seiner Behörde gehe weiter "solange Strafverfolgungsaufgaben anfallen", sagt er. Danach soll die zentrale Stelle ein Dokumentations- und Forschungszentrum werden. Umsonst war die Arbeit der Mitarbeiter also nicht – selbst wenn es zu keinem Prozess mehr kommen wird.
https://www.dw.com/de/
Vom Nazi-Jäger zum Anwalt der Holocaust-Opfer
Silke Buhrmester am 09.07.2016 um 09:00 Uhr
Thomas Walther vertrat im Detmolder Auschwitz-Prozess 26 Nebenkläger. Einer von ihnen schenkte ihm aus Dankbarkeit das Bild. (© Rafi Yablonsky)
Detmold. Einen Nazi-Jäger, der daran mitwirkte, John Demjanjuk, Oskar Gröning und jetzt auch Reinhold Hanning vor Gericht zu bringen, stellt man sich anders vor. Thomas Walther, 1943 in Erfurt geboren und seit Langem im Allgäu zu Hause, wirkt mit seinen grauen langen Haaren und den Augen, die freundlich lächeln, eher wie ein verständnisvoller Richter als ein knallharter Ermittler. Genau dieser Richter war er auch viele Jahre – in Memmingen, Kempten, Sonthofen und Lindau verurteilte er Drogendealer und Diskoschläger. Bis er 2006, kurz vor seiner Pensionierung, noch einmal etwas ganz Neues machen wollte.
https://www.lz.de/
Hanns Alexander
Hanns Alexander (* 6. Mai 1917 in Berlin; † 23. Dezember 2006 in London) war ein deutsch-britischer Kaufmann. Er fahndete nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nach ehemaligen Funktionären des Nationalsozialismus.[1] Zu seinen Erfolgen gehört die Festnahme von Rudolf Höß und Gustav Simon.
Er war Mitglied des War Crimes Investigation Team (WCIT) in Belsen und mit der Untersuchung von Kriegsverbrechen im Rahmen des War Crimes Program beauftragt. Er war bei den Verhören zahlreicher KZ-Aufseher eingesetzt worden und drängte schließlich darauf, die Suche nach noch nicht gefassten Naziverbrechern aufnehmen zu dürfen. Es gelang ihm, im Dezember 1945 Gustav Simon und im März 1946 den langjährigen Kommandanten des KZ Auschwitz, Rudolf Höß, aufzuspüren und gefangen zu nehmen.
Thomas Harding: Hanns and Rudolf: The German Jew and the Hunt for the Kommandant of Auschwitz. Heinemann, London 2013
Hanns und Rudolf. Der deutsche Jude und die Jagd nach dem Kommandanten von Auschwitz. Aus dem Englischen von Michael Schwelien. dtv, München, 2014
https://de.wikipedia.org/wiki/Hanns_Alexander_(Kaufmann)
Nazi-Fahnder Hanns Alexander
DerMann, der Rudolf Höß jagte
Keine Ermittler-Ausbildung, aber rücksichtslos und erfüllt von eiskalter Wut - Hanns Alexander war einer der besten Experten im Aufspüren ranghoher NS-Kriegsverbrecher. Sein größter Erfolg: Er stellte den Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß.
Von Sonja Peteranderl
27.08.2014, 13.19 Uhr
Hanns Alexander gab seinem Gefangenen keine Chance auf Selbstmord: Er schob ihm seine Pistole in den Mund, ließ ihn auf Giftkapseln untersuchen. Er wollte verhindern, dass der Mann, der Millionen auf dem Gewissen hatte, sich der Strafe entzog - wie SS-Chef Himmler, der eine Zyanidkapsel zerbissen hatte, als er den Alliierten in die Hände fiel.
Monatelang hatten die Ermittler nach dem Nazi gefahndet, in der Nacht des 11. März 1946 schlugen sie zu, nahmen einen der meistgesuchten Kriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs fest: Rudolf Höß, den KZ-Kommandanten von Auschwitz. Er hatte den Bau der Gaskammern und den industriellen Massenmord an Juden und politischen Häftlingen beaufsichtigt, seine Mitarbeiter hatten das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B als Mordwaffe entdeckt.
Die Nazi-Jäger hatten eine brutale Bestie erwartet - doch vor ihnen stand eine alt aussehende, eingefallene Gestalt im Schlafanzug. Alexander ließ seine Männer, die fast alle jüdische Wurzeln hatten, ein paar Minuten auf Höß einprügeln - dann luden sie ihn, nur mit einer Decke bekleidet, ein. Auf dem Weg zum Gefängnis stießen sie mit Champagner und Whiskey an.
Mit der Festnahme gelang Hanns Alexander sein größter Erfolg - trotzdem kennt kaum jemand seinen Namen. Erst nach seinem Tod, bei der Trauerfeier im Dezember 2006 in London, hörten viele seiner Angehörigen und Freunde zum ersten Mal von der Geschichte. Der 44-jährige Journalist und Autor Thomas Harding glaubte zuerst, sein zur Übertreibung neigender Großonkel hätte sich alles nur ausgedacht. Nun beschreibt Harding in der Doppelbiografie "Hanns und Rudolf. Der deutsche Jude und die Jagd nach dem Kommandanten von Auschwitz", wie Alexander dem NS-Kriegsverbrecher auf die Schliche kam.
"Leichen liefen herum"
Bevor Alexander Jagd auf Nazis machte, hatte er vor ihnen flüchten müssen: 1917 wurde er in eine wohlhabende, jüdische Familie in Berlin hineingeboren. Die Familie floh nach London, mit 19 schlug sich auch Hanns 1936 zu ihnen durch. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, meldete er sich freiwillig zum britischen Militärdienst. Erst im Mai 1945 kehrte er in seine alte Heimat zurück - auf britischen Befehl.
Kurz zuvor hatten die Alliierten das KZ Bergen-Belsen befreit. Die Briten wollten eine Ermittlertruppe gründen, um KZ-Aufseher zu verhören und das Geschehen für den Bergen-Belsen-Prozess, den ersten Kriegsverbrecherprozess auf deutschem Boden, zu dokumentieren. Alexander sollte für das neue "Number 1 War Crimes Investigation Team" als Dolmetscher tätig sein.
In Bergen-Belsen sah er als einer der Ersten das Grauen, das die Nazis hinterlassen hatten: Tausende Leichen waren aufgestapelt, wurden in Massengräber geschaufelt. Die Überlebenden vegetierten in dem überfüllten Lager vor sich hin, völlig abgemagert. "Leichen liefen herum, Leichen lagen herum", beschrieb er die Situation. "Es gab Menschen, die glaubten, noch am Leben zu sein, es in Wirklichkeit aber nicht mehr waren."
Ermittlungen auf eigene Faust
Bergen-Belsen habe Alexander einen vollkommen verändert, glaubt sein Großneffe Harding: "Er war nicht länger der sorglose Mann von einst. Er war von einer kaum noch kontrollierbaren Wut erfasst." Alexander war schockiert über die Kaltblütigkeit der gefangenen genommenen Aufseher und SS-Offiziere. Bei den Verhören hatte er Zugang zu Nazi-Schergen wie der KZ-Aufseherin Irma Grese. Die "Hyäne von Auschwitz" war für ihre Brutalität bekannt, sie hatte Häftlinge auspeitschen und erschießen lassen. Anfangs bestritt sie alles, noch im Bergen-Belsen-Prozess plädierte sie auf unschuldig - und wurde als eine der jüngsten Kriegsverbrecherinnen mit nur 22 Jahren gehenkt.
Hanns Alexander ärgerte es, dass die ranghohen Strippenzieher des Genozids immer noch frei herumliefen, ihre Flucht vorbereiten konnten. Er wollte nicht länger nur bei Verhören übersetzen, sondern selbst Nazis aufspüren. Da er keine offizielle Genehmigung erhielt, ermittelte er schließlich auf eigene Faust. "Diese SS-Typen zu jagen", schrieb er im Juli 1945 seiner Schwester, sei sein "größtes Vergnügen". In seiner Freizeit fuhr er quer durch Deutschland, befragte Bürger, Soldaten und Polizisten und untersuchte Häftlinge auf verräterische SS-Tätowierungen.
Den Amateurdetektiv Hanns Alexander trieb nur die Rache an - eine Fahnder-Ausbildung, die Ausrüstung, der Zugang zu Geheimdienstinformationen fehlten ihm. Er konnte trotzdem zwei Nazis aufspüren, allerdings keine prominenten Köpfe. Dann schwenkte die britische Regierung auf einen neuen Kurs ein, den Hanns schon seit Monaten als Hobby-Agent verfolgte: Ab sofort sollten die Ermittler sich auf öffentlichkeitswirksame Fahndungserfolge konzentrieren und untergetauchte Nazi-Größen aufspüren.
Psychoterror beim Verhör
Alexander wurde zum offiziellen Fahnder befördert. Es gelang ihm, Gustav Simon aufzuspüren, den ehemaligen Gauleiter, der für die Ermordung der jüdischen Bevölkerung Luxemburgs verantwortlich war. Dann wurde er auf Rudolf Höß angesetzt.
Die Briten vermuteten, dass Höß bei Flensburg untergetaucht war. Sie überwachten seine Frau Hedwig und die Kinder, die in einer alten Fabrik in Schleswig-Holstein lebten. Ein abgefangener Brief entlarvte, dass seine Frau wusste, wo Höß sich versteckt. Sie wurde festgenommen, doch sie schwieg bei jedem Verhör.
Erst Alexander brachte sie zum Reden - indem er die Kinder als Druckmittel einsetzte. Er fuhr zu den Kindern in die Wohnung, stellte sich dicht vor sie, brüllte sie an und drohte, die Mutter zu töten. Den ältesten Sohn nahm er mit aufs Revier, sperrte auch ihn in eine Zelle. Die Mutter hatte Angst um ihren Sohn - sie trat in den Hungerstreik, beharrte weiter darauf, dass ihr Mann tot sei.
Als hinter dem Gefängnis eine laut pfeifende Dampflok vorbeiratterte, nutzte Alexander die Gelegenheit: Er stürmte in die Zelle von Höß' Frau und drohte ihr, den Sohn gleich mit dem Zug nach Sibirien ins Arbeitslager zu schicken - nur ein Geständnis könne ihn retten. Er ließ einen Zettel und einen Stift in der Zelle zurück. Die Drohung wirkte: Um ihren Sohn zu retten, hatte die verzweifelte Frau zehn Minuten später Adresse und Decknamen ihres Mannes notiert: Unter dem Decknamen "Franz Lang" kümmerte Höß sich in dem Dörfchen Gottrupel bei Flensburg um einen Bauernhof.
Durchbruch im Kampf gegen Kriegsverbrecher
Wenige Stunden später erreichte Alexanders Kommando den Bauernhof und nahm Höß fest. Er erlebte nun selbst einen Hauch des Horrors, der in den Konzentrationslagern alltäglich gewesen war: etwa eine Gefängniszelle, die so eiskalt war, dass er Frostbeulen an den Füßen bekam, oder Peitschenschläge beim Verhör - mit seiner eigenen Peitsche.
Höß' Geständnis bedeutete den Durchbruch bei der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen: Der KZ-Kommandant gab den Ermittlern erstmals detaillierten Einblick in die Tötungsmaschinerie und die Dimension des Mordens. Opferaussagen wurden damit bestätigt, andere Nazis konnten nicht länger abstreiten, von dem Massenmord gewusst zu haben.
Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess wurde Höß zu einem der wichtigsten Zeugen. Sein Geständnis schockte die Öffentlichkeit: Er schätzte, dass "wenigstens zweieinhalb Millionen Opfer mittels Vergasung und Verbrennung hingerichtet und vernichtet wurden, dass mindestens eine halbe Million dem Hunger und den Krankheiten erlagen, was die Gesamtzahl der Toten auf ungefähr drei Millionen belaufen lässt".
Die Wut blieb
Ende Mai 1946 wurde Höß an die polnische Regierung ausgeliefert. Am 11. März 1947 begann sein Prozess in Warschau, in dem ihm die Tötung von 300.000 polnischen und russischen Häftlingen und von vier Millionen Juden angelastet wurde. Im April 1947 wurde er auf dem Gebiet des Auschwitz-Lagers gehenkt.
Alexander kehrte nach London zurück. Er wollte den Krieg vergessen, konzentrierte sich auf seine Familie, arbeitete bei einer Bank. Er trat als Witzbold auf, als unauffälliger Mann, keiner, der wie ein Kriegsheld wirkte. Er war stolz auf seine Fahndungserfolge als Nazi-Jäger. Doch die Erfolge konnten ihm seine Wut darüber nicht nehmen, dass viele Kriegsverbrecher sich nie verantworten mussten.
Deutschland betrat Hanns Alexander nie wieder.
https://www.spiegel.de/
The Nazi Hunter: Remarkable story of the Jewish refugee responsible for tracking down the Auschwitz commandant who slaughtered 3 million people
Hanns Alexander fled Germany shortly before Kristallnacht
He joined the British Army and part of a team hunting senior Nazis
Mr Alexander helped capture Auschwitz commandant Rudolf Höss
By SARA MALM
PUBLISHED: 18:51 BST, 19 August 2013 | UPDATED: 18:54 BST, 20 August 2013
Nazi hunter: Hanns Alexander, a Jewish refugee serving in the British Army, captured Rudolph Hoss
A German-born Jewish refugee who served in the British Army during World War II has been unveiled as one of the leading investigators responsible for the capture of one of the worst Nazi criminals of the Holocaust.
Throughout his life in Britain, Hanns Alexander never spoke of his involvement in the hunt for Auschwitz commander Rudolph Höss, and the truth was not unveiled until after his death.
In 1946 he played a crucial role in bringing Höss to justice, a man responsible for killing millions of Jewish men, women and children.
Rudolph Höss was not only in charge of the deadliest of the Holocaust concentration camps, he was also the mastermind behind the use of Zyklon B to commit mass killings of, mainly Jewish, prisoners.
Mr Alexander’s story was uncovered by his great-nephew at the war hero’s funeral in 2006.
During a eulogy, Mr Alexander’s nephews spoke of his past as a Nazi hunter and Thomas Harding, whose grandmother was Mr Alexander’s sister, began to investigate his past.
Hanns Alexander fled from Berlin to London in 1936 after his father, already in England, heard rumours of what was about to take place in their native Germany.
When Britain declared war on Germany in 1939, 22-year-old Hanns and his twin brother Paul volunteer for the British Army and were placed with the Auxiliary Military Pioneer Corps, a unit of refugees who wanted to fight the Nazis.
In 1945, having taken part in the D-Day landings in Normandy and witnessing the liberation of Bergen Belsen concentration camp, Hanns Alexander was chosen to take part in a 12-strong team, tasked with tracking down Nazi war criminals.
As the team rounded up the Bergen Belsen guards and administrators, interpreter Hanns became central in the interrogations and uncovers Rudolph Höss’s role in the Holocaust.
Hanns Alexander then began his hunt for Höss, knowing that the former Auschwitz Kommendant would hold the key information to the workings of the Nazi atrocities committed against his people.
Heinrich Himmler with Rudolf Höss during an inspection of AuschwitzThe fall of a Nazi criminal: Rudolf Höss, after being arrested by the British, March 1946
The fall of a Nazi criminal: Rudolf Höss, pictured with Heinrich Himmler during an inspection of Auschwitz , left, and battered and bruised following his arrested by the British, in March 1946
Justice for a killer: Rudolph Hoss's sentence being carried out at Auschwitz, on April 16, 1947
After the fall of Auschwitz, Höss and his family had fled towards the Danish border. British intelligence had tracked them down to the Flensburg area, where Höss’s wife Hedwig and their children lived in an old sugar factory.
Having managed to intercept a letter from Hedwig proving that she knew where her husband was hiding, she had been taken in for questioning.
Hanns arrived on March 7, 1946 and begin to interrogate Mrs Höss. She would not budge. But neither would Hanns Alexander.
Hanns and members of his team brought in Höss’s oldest son Klaus and threatened Hedwig with deporting him to Siberia.
Ignorance is bliss: Rudolf Höss' with children on a slide at the Auschwitz villa a few yards from the camp, 1940-1943
Ten minutes later, Hedwig had written down the location and new alias of her husband, who was living at a farm under the name Franz Lang.
Rudolf Höss was arrested on March 11, 1946. Hanns Alexander and his men dragged him out of hiding and beat him until he gave up his true identity.
Höss stood trial at Nuremberg in April and was subsequently handed over to Polish authorities on 25 May 1946, where he stood trial accused of murdering three million people.
Höss was sentenced to death on 2 April 1947 and was hanged immediately adjacent to the crematorium of the former Auschwitz I concentration camp on April 16.
Captain Hanns Alexander never returned to Germany, and died in London in 2006, aged 89.
Hanns And Rudolf: The German Jew And The Hunt For The Kommandant Of Auschwitz by Thomas Harding is out now
https://www.dailymail.co.uk/
Operation Last Chance. Im Fadenkreuz des »Nazi-Jägers«
Als die Nazis im Zweiten Weltkrieg Europa für ihre „Endlösung“ mobil machten, fanden sie auch im Ausland reichlich Unterstützung. Milivoj Ašner, Kazys Palciauskas, Sandor Kepiro sind nur einige Namen der unzähligen mutmaßlichen Holocaust-Helfer. Sie demütigten, folterten und töteten – aus Hass, aus Langeweile, aus Gleichgültigkeit. Sie waren menschenverachtende, gewissenlose Massenmörder. Eine Vielzahl dieser Individuen setzte sich nach dem Zweiten Weltkrieg ins demokratische Ausland ab und baute dort für sich und ihre Familien unbehelligt ein neues Leben auf. Der jüdische Mauthausen-Überlebende Simon Wiesenthal machte es zu seiner Mission, diese Individuen aufzuspüren und zur Rechenschaft zu ziehen. Und Efraim Zuroff übernahm nach seinem Tod diese Aufgabe und bemühte sich, vor allem die Holocausttäter des Balkans zu belangen. Um zum Ziel zu kommen, musste er gleichermaßen hartnäckig und sorgfältig Detektiv, Historiker und politischer Lobbyist sein und viele Widerstände überwinden. In seinem Buch lässt Zuroff den Leser an seiner jahrzehntelangen Jagd nach den Tätern teilhaben. Er dokumentiert eindrucksvoll die Höhen und Tiefen des Strebens nach Gerechtigkeit – von den Schwierigkeiten, verlässliche Zeugen zu finden, über das Problem, im Ausland eine rechtliche Grundlage für einen Prozess und dann eine Verurteilung zu bilden, bis zum Kampf gegen den verbreiteten Unwillen der Menschen, sich nach Jahrzehnten der Verdrängung mit diesem dunklen Kapitel der Geschichte überhaupt zu beschäftigen. Doch Zuroff fühlt sich den Opfern des Holocaust verpflichtet und führt ihn weiter: den unermüdlichen Kampf gegen das Vergessen. Das Buch erscheint nun in einer zweiten, aktualisierten Auflage und gibt einen Überblick über alle Fälle bis zum Sommer 2012.
Nazi-Jagd
SÜDAMERIKAS DIKTATUREN UND DIE AHNDUNG VON NS-VERBRECHEN
DANIEL STAHL
Reihe: Beiträge zur Geschichte des 20. Jahrhunderts; Bd. 15
430 S., geb., Schutzumschlag, 14 x 22,2 cm
ISBN 978-3-8353-1112-1 (Februar 2013)
€ 34,90 (D) / € 35,90 (A)
https://www.wallstein-verlag.de/
Nazi-Jäger : Simon Wiesenthal ist tot
17. Mai 2010, 20:43 UhrLesezeit: 3 min
Der Holocaust-Überlebende und Vorkämpfer gegen den Antisemitismus ist im Alter von 96 Jahren gestorben. Der Gründer des nach ihm benannten Dokumentationszentrums war an der erfolgreichen Suche nach mehr als 1000 Nazis beteiligt. Trotz seiner eigenen Leiden unter den Nationalsozialisten ging es Wiesenthal immer um "Recht, nicht Rache".
Er sei in seinem Haus in Wien friedlich entschlafen, teilte der Leiter des Simon-Wiesenthal-Zentrums, Marvin Hier, in Los Angeles mit.
"Er wird als das Gewissen des Holocausts in Erinnerung bleiben", sagte Rabbiner Hier.
Wiesenthal sei der Vertreter der Holocaust-Opfer gewesen, immer entschlossen, die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.
Doch dabei sei es ihm immer um "Recht, nicht Rache" gegangen, hatte Wiesenthal 2003 in einer Bilanz seiner Arbeit in der österreichischen Zeitschrift Format erklärt.
Wiesenthal verstand sich stets als Stimme für die sechs Millionen Juden, die im Holocaust ihr Leben verloren.
"Ich wollte, dass die Menschen im Rückblick auf die Geschichte wissen, dass die Nazis nicht in der Lage waren, Millionen von Menschen zu töten, ohne straffrei zu bleiben", sagte Wiesenthal einmal.
Wiesenthal wurde am 31. Dezember 1908 als Sohn eines Kaufmanns in der galizischen Ortschaft Buczacz geboren. Nach dem Abitur studierte er in Prag und Lemberg und arbeitete danach in einem Architekturbüro.
Nach dem Überfall deutscher Truppen auf die Sowjetunion wurde er 1941 von ukrainischen Milizionären zum ersten Mal verhaftet.
Er verhalft seiner Frau zur Flucht und konnte 1943 selbst aus einem Arbeitslager fliehen, wurde aber wenige Monate später wieder festgenommen.
Wiesenthal kam in insgesamt zwölf Konzentrationslager. Seine Befreiung durch US-Truppen erlebte er 1945 in Mauthausen in Oberösterreich. Seine Frau Cyla überlebte in Warschau; ansonsten kamen aber alle Mitglieder der beiden Familien - insgesamt 89 Personen - ums Leben.
Nach dem Krieg suchte er im Auftrag der USA nach Naziverbrechern und gründete 1947 zusammen mit anderen Nazi-Opfern ein Dokumentationszentrum der Verbrechern, die Deutschland an den Juden begangen hatte.
Aufgrund der Probleme durch den Kalten Krieg gab Wiesenthal schließlich auf und übergab die gesammelten Dokumente an das Yad Vashem-Institut in Israel.
Nachdem er sich an der erfolgreichen Suche des SS-Obersturmbannführers Adolf Eichmann beteiligt hatte, veröffentlichte er 1960 das Buch "Ich jagte Eichmann", dessen Titel ihm die Bezeichnung "Nazi-Jäger" einbrachte.
Nach der Verhaftung Eichmanns gründete Wiesenthal ein neues Dokumentationszentrum in Wien.
1977 richtete er dann das nach ihm benannte Simon Wiesenthal Center in Los Angeles ein.
Nach eigenen Angaben wurden etwa 1100 Nazi-Verbrecher von ihm aufgespürt und später vor Gericht gestellt. In den 80er Jahren suchte Wiesenthal vor allem nach dem früheren KZ-Arzt Josef Mengele, der jedoch bereits gestorben und in Brasilien beerdigt worden war.
"Moralische Verpflichtungen kennen keine Termine"
Wiesenthals Lebensmotto war ein Satz von Robert Kennedy: "Moralische Verpflichtungen kennen keine Termine". In der Bestrafung von Verbrechern auch nach Jahren sah er eine "Warnung vor potenziellen Mördern von morgen".
Trotz seiner Leiden durch die Nazis lehnte Wiesenthal eine Kollektivschuld der Deutschen ab, da "Schuld individuell ist", wie er 1997 in einem Interview mit der Schweizer Zeitung NZZ erklärte.
Sein Wunsch nach Wiedergutmachung verführte Wiesenthal nicht dazu, etwa den österreichischen Bundespräsidenten Kurt Waldheim als Kriegsverbrecher anzuprangern, wie es der Jüdische Weltkongress WJC in den 80er Jahren tat.
Statt dessen forderte er, die Schuld des früheren Wehrmachtsoffiziers durch eine unabhängige Historikerkommission zu klären.
In den 70er Jahren kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit der österreichichen Regierung unter Bundeskanzler Bruno Kreisky. 1970 hatte Wiesenthal berichtet, dass vier der elf Mitglieder der neuen Regierung ehemalige NSDAP-Mitglieder waren.
Fünf Jahre später machte er bekannt, dass der Parteiobmann der FPÖ, Friedrich Peter, einer SS Infanteriebrigade angehört hatte, die an Erschießungen von Juden beteiligt gewesen war.
Kreisky und die FPÖ beschuldigten Wiesenthal daraufhin der Zusammenarbeit mit der Gestapo und dachten öffentlich über die Ausbürgerung des Nazi-Jägers nach.
Nach einer Klage Wiesenthals gegen Kreisky zog dieser seine Anschuldigungen zurück.
1996 musste sich Wiesenthal gegen Vorwürfe wehren, er habe viel weniger zur Aufklärung von Nazi-Verbrechern getan, als behauptet. Vielmehr, so warfen ihm jüdische Zeugen in einer Panorama-Sendung des NDR vor, habe er durch seine Einmischung die Strafverfolgung in einzelnen Fällen sogar behindert.
Wiesenthal wehrte sich gegen "ein paar Leute, die selbst kaum etwas getan haben", und warf den NDR-Journalisten Quotensucht vor.
Seit 1999 arbeitete Wiesenthal als Leiter einer Entschädigungskommission der USA. Die Kommission traf Entscheidungen über die Verwendung jener Gelder, die Banken, die am Transfer von "Nazi-Gold" beteiligt gewesen waren, in einen Fond zur Entschädigung von Nazi-Opfern gezahlt hatten.
Seit 2003 beteiligte sich Wiesenthal nicht mehr an der Suche nach Nazi-Verbrechern, die von den Wiesenthal-Zentren in Wien und inzwischen auch in Los Angeles, Paris und Jerusalem fortgesetzt wird.
Doch auch in den letzten Jahren seines Lebens engagierte sich Wiesenthal gegen den Antisemitismus wie auch gegen Vorurteile anderen Gruppen und Völkern gegenüber.
Für sein Lebenswerk erhielt er zahlreiche Auszeichnungen. 1985 wurde ihm das Große Bundesverdienstkreuz verliehen, im Februar 2004 wurde er von der britischen Königin Elizabeth II. zum Ritter geschlagen.
https://www.sueddeutsche.de/
Jüdischer GI Kleeman
Der KZ-Häftling, der seinen Verräter verhaftete
Werner Kleemans Lebensgeschichte gleicht einem Hollywood-Drehbuch: 1938 kaufte er sich aus dem KZ Dachau frei und floh nach New York. 1944 kehrte er als US-Soldat nach Deutschland zurück - und verhaftete genau den Nazi, der ihn nach Dachau gebracht hatte.
Von Marc Pitzke
05.12.2007, 13.51 Uhr
Werner Kleemans Häuschen wirkt wie jedes andere hier am 196th Place, einer stillen Wohnstraße am äußersten Ostzipfel New Yorks. Sauber und gepflegt, Blumenkästen vor den Fenstern, ein Vordach mit verschnörkeltem Gusseisen. Eine kleine Backsteintreppe führt zur Tür hinauf. Zwei Latinos harken gerade das letzte Herbstlaub im Garten weg. Kleeman steckt ihnen ein paar Dollar zu und bittet den Besucher herein: "Willkommen in Queens!"
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Queens, ja, aber drinnen sieht es aus wie in einer bayerischen Stube: schwere Eichenmöbel, ein Plüschsofa, Wände voller Ölgemälde, eine Wohnküche. Jedes Zimmer atmet die Melancholie der Vergangenheit. Kleeman nimmt am Küchentisch Platz. "Wollen wir was essen?", fragt er, ganz der galante Gastgeber. "Oder wollen wir erst mal reden?"
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Denn zu reden gibt es viel. Der 88-jährige Witwer lebt nach außen hin zwar das Leben eines ganz normalen US-Pensionärs, dem es gut geht: alleine, unabhängig, relativ fit; nicht wohlhabend, aber versorgt. Er kocht für sich selbst, und ab und zu setzt er sich in sein Oldsmobile, Baujahr 1990, um in seinem Stammrestaurant Französisch essen zu gehen.
Als Soldat zurück nach Nazi-Deutschland: "Es war meine Pflicht, die Deutschen besiegen zu helfen."
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Als Soldat zurück nach Nazi-Deutschland: "Es war meine Pflicht, die Deutschen besiegen zu helfen."
Doch hinter dieser gutbürgerlichen Fassade hier in Queens verbirgt sich eine einzigartige, hoch dramatische Lebensgeschichte. Eine Geschichte, wie sie ein Steven Spielberg verfilmen könnte. "Hollywood", sagt Kleeman in akzentuiertem Englisch, legt seine rauen, verrunzelten Hände übereinander und zwinkert vergnügt, "hat sich schon gemeldet." Doch davon später mehr.
Vom Gastwirt verraten
Diese Geschichte beginnt in Unterfranken, in Gaukönigshofen, einem kleinen Dorf südlich von Würzburg. Hier wuchs Kleeman auf, als Sohn einer jüdischen Familie. Damals hieß er noch Kleemann, mit zwei "n". "Damals war ich noch Deutscher", sagt er. Kleeman war eines von fünf Kindern, sein Vater war Getreidekaufmann. Ihre Kindheit war idyllisch: Gaukönigshofen habe eine "romantische Unschuld" gehabt, sagt Kleeman. "So wie sie Poeten und Künstler porträtieren."
Dann kamen die Nazis. Mit 14 wurde Kleeman von der Oberrealschule in Würzburg geworfen. In der Pogromnacht am 9. November 1938 wurde das Haus seiner Familie verwüstet. "Von Leuten, die ich so gut kannte", erinnert sich Kleeman schaudernd. "Ich konnte nicht fassen, was passierte."
Kurz darauf wurde er verhaftet - verraten von einem Gaukönigshofener Gastwirt, der NSDAP-Mitglied war. Gemeinsam mit seinem Vater und zwei Brüdern kam er erst ins Gefängnis und von da aus direkt ins Konzentrationslager Dachau. Kleeman war 19 Jahre alt.
"Von nun an bin ich kein Deutscher mehr"
In Dachau sahen sie unsägliche Dinge. "Jeden Tag starben rund zehn bis zwölf Menschen." Kleeman stockt. Seine Augen füllen sich mit Tränen. "Es nimmt mich immer noch mit", sagt er. "Egal, wie lange es her ist."
Doch er entkam Dachau. Ein entfernter Cousin im US-Bundesstaat Nebraska hinterlegte 5000 Dollar in London, und über das britische Generalkonsulat erhielt Kleeman ein Ausreisevisum. "Ich habe den Mann nie getroffen", sagt er. "Er rettete mir das Leben." Am 22. Dezember 1938 wurde er aus Dachau freigelassen. Damals ging das noch. Ein Jahr später, und die Schlinge hätte sich zugezogen.
Nach Zahlung von 2000 Reichsmark und Vorlage eines Führungszeugnisses des Bezirksamts ("Keine Strafen oder sonstige Vermerke") durfte Kleeman ausreisen. Als er im Zug die holländische Grenze passierte, dachte er: "Von nun an bin ich kein Deutscher mehr. Ich fange ein neues Leben an."
Als US-Soldat zurück in die Heimat
Mit Hilfe eines Freundes kaufte Kleeman auch den Rest seiner Familie frei und holte sie nach London. Er sparte sich die Überfahrt nach New York zusammen, 30 Pfund, auf dem Unterdeck eines alten Dampfers. Nach zwei Wochen auf hoher See legte er am Pier 50 in Manhattan an, mit zwei Koffern und 2,50 Dollar in der Tasche.
Kleeman kam bei einem Cousin in Queens unter und fand einen Job in einem Kaufhaus. Dann, am 22. Juli 1942, sieben Monate nach dem Kriegseintritt der USA, wurde er in die amerikanische Armee eingezogen. Nach drei Monaten Dienst leistete Kleeman seinen Eid als US-Staatsbürger. Schon bald wurde er als Armeedolmetscher nach Großbritannien verschifft, um sich dort mit dem 12th Infantry Regiment auf die alliierte Landung in der Normandie vorzubereiten.
In der Nacht zum 6. Juni 1944 überquerten sie den Ärmelkanal - D-Day. "Alle hatten Höllenangst", sagt Kleeman. Er befand sich in einer bizarren Situation: auf dem Weg zurück in die alte Heimat - als feindlicher Soldat: "Es war meine Pflicht zu helfen, die Deutschen zu besiegen."
Treffen mit Hemingway
Sie landeten am Küstenabschnitt Utah Beach südlich von Cherbourg. Ohne großen Widerstand drangen sie vor, für Kleeman war das "wie ein Wunder". Allein dieser Teil der Geschichte würde ein ganzes Buch füllen: Kleeman kämpfte Seite an Seite mit J. D. Salinger, dem späteren Star-Autoren ("Der Fänger im Roggen"), und lernte Ernest Hemingway kennen, der als Kriegskorrespondent unterwegs war: "Netter Kerl - aber all diese Frauengeschichten!"
Kleemans Einheit half, Paris zu befreien, erlebte die letzte große Gegenoffensive der Deutschen in den Ardennen, stieß nach Luxemburg vor. Am 12. September 1944 überquerte Kleeman die deutsche Grenze, bei Elcherath in der Schnee-Eifel. "Die Deutschen waren gerade erst abgezogen, und in einem Bauernhaus fanden wir warmes Essen auf dem Tisch", erinnert er sich lakonisch.
Nach der deutschen Kapitulation beschloss Kleeman, nach Gaukönigshofen zu reisen, um nach jüdischen Bekannten zu suchen. Als Gesandter der US-Militärverwaltung rückte er im Frühjahr 1945 in dem Dorf an - in voller Soldatenuniform. "Es war ziemlich aufwühlend", sagt er, und abermals werden seine Augen feucht. Die jüdischen Freunde waren alle verschwunden, man hatte sie fortgebracht und sie waren "nie zurückgekommen". Die Synagoge war eine Feuerwehrgarage. Sein Elternhaus diente als Kriegsgefangenenlager.
Zusammenbruch im Münchner Hauptbahnhof
Kleeman besorgte sich eine Liste all jener, die an der Pogromnacht teilgenommen hatten, und übergab sie der Polizei. Den NS-Gastwirt, der ihn verraten hatte, verhaftete er persönlich, mit gezückter Waffe. "Ich brachte ihn ins selbe Gefängnis, in das er mich gebracht hatte." Rache? Nein, sagt Kleeman: "Ich fühlte mich nicht rachsüchtig. Ich fühlte, dass ich im Recht war."
Schließlich kehrte Kleeman nach New York und ins Zivilleben zurück. Er heiratete, baute sich ein Einrichtungsgeschäft auf, kaufte das Haus in Queens. Jahrzehntelang sprach er nicht über seine Odyssee von Dachau zum D-Day, selbst zu seiner Familie nicht. "Wir fragten ihn, aber er antwortete nicht", sagt seine Tochter Debby Schenkein. "Er wollte nicht darüber reden."
Zum 40. Jahrestag der Invasion reiste er 1984 als Kriegsveteran in die Normandie. Beim Umsteigen im Münchner Hauptbahnhof sah er zufällig den Raum, von dem aus er 47 Jahre zuvor den Weg in die Freiheit angetreten hatte, und brach weinend zusammen. In Frankreich öffnete er sich dann erstmals in einem TV-Interview. Doch erst zwei Jahrzehnte später fand er die Kraft, alles niederzuschreiben. Gemeinsam mit der Autorin Elizabeth Uhlig verfasste er seine Memoiren: "From Dachau to D-Day." Im Spätsommer 2007 kam das Buch in Uhligs Heimverlag Marble House heraus.
"Ich war Teil der Geschichte"
Seitdem steht Kleemans Telefon nicht mehr still. Ein Reporter der "New York Times" hat ihn besucht, ebenso ein Drehbuchautor. Ein Dokumentarfilmer ist vorstellig geworden. Kleeman hat Vorträge gehalten. Das Holocaust Resource Center des Queensborough Community College hat ihm zu Ehren einen Empfang gegeben. 90 Leute kamen und schüttelten ihm die Hand.
Kleeman schlurft in sein Arbeitszimmer. Dort sind bis unter die Decke Dokumente gestapelt: Aktenordner, Urkunden, Zeitungen. Er kramt Fotos aus seiner Armeezeit hervor, auf vielen lächelt er. Sein deutscher Pass von 1938 trägt das Hakenkreuz. "Hier", sagt Kleeman und entfaltet eine brüchige Landkarte: die Original-Karte, die sie am Utah Beach benutzt haben. "Ich war dabei", murmelt er. "Ich habe meinen Job erledigt. Ich war Teil der Geschichte."
Draußen wird es dunkel. Die Laubharker sind längst weg. Ein Jet dröhnt über die Dächer. "Vielen Dank fürs Zuhören", sagt Werner Kleeman, verabschiedet sich von dem Besucher und schließt die Tür - ein ganz normaler Pensionär in einer ganz normalen Straße in Queens.
Anm. d. Red.: Diese Artikel erschien erstmals im Dezember 2007. Im Juli 2018 starb Werner Kleeman.
https://www.spiegel.de/
Mengele. Biographie eines Massenmörders. Warum wurden seine Kriegsverbrechen aus der NS-Zeit nie geahndet? Ein wichtiger Beitrag zur Täterforschung von Historiker und Nazi-Jäger David G. Marwell - Gebundene Ausgabe – 18. März 2021
Auf den Spuren des »Todesengels« von Auschwitz: Wer war Josef Mengele? Intelligent, ehrgeizig, skrupellos: Dr. Josef Mengele wurde zum Synonym des Bösen schlechthin. Er gilt als einer der berüchtigsten Kriegsverbrecher der NS-Zeit. An der Rampe des Konzentrationslagers Auschwitz II (Birkenau) begutachtete er die neu angekommenen Juden und pfiff während der Selektion Arien. Die Mehrheit der deportierten Juden wurde sofort in den Gaskammern ermordet. An unzähligen Gefangenen führte Mengele unmenschliche Experimente durch. Obwohl er seit 1945 auf internationalen Fahndungslisten stand, konnte er bis zu seinem Tod 1979 unbelangt in Südamerika leben.
David G. Marwell hat als Spezialist im US-Justizministerium an der Strafverfolgung nationalsozialistischer Kriegsverbrecher mitgewirkt. In dieser umfassenden Biografie zeichnet er das Leben Mengeles nach: nüchtern, klar und präzise.
- Medizin ohne Menschlichkeit: Wie wurde Mengele zu diesem fürchterlich fehlgeleiteten Arzt?
- Leben und Karriere von Josef Mengele: ein wichtiger Beitrag zur Dokumentation des Holocaust
- Teils Biographie, teils Thriller, teils Detektiv-Story: gründlich recherchiert und akribisch dokumentiert
- Flucht vor den Auschwitz-Prozessen nach Südamerika: Hat die Justiz versagt?
- Das fesselnde Lebenswerk von Historiker und Nazi-Jäger David G. Marwell
Hitlers Helfer: die Biografie von KZ-Arzt, Massenmörder und NS-Kriegsverbrecher Mengele. Mengeles Leben zwischen 1945 und 1985 liest sich beinahe wie ein Thriller in Zeiten des Kalten Krieges: zwischen Mossad, BND und Burda, zwischen den US-Nazijägern und Mengeles Familie in Günzburg, zu der er bis zu seinem Tod Kontakt hielt. Wie gelang es dem KZ-Arzt, in den Wirren der Nachkriegszeit unterzutauchen und sich erfolgreich der Justiz zu entziehen? David G. Marwell war an der internationalen Fahndungsaktion nach dem NS-Verbrecher beteiligt. In der bisher gründlichsten Biografie Mengeles erzählt er die Geschichte einer Wissenschaft ohne Moral, einer Flucht ohne Freiheit und schlussendlich der Lösung eines Falls ohne Gerechtigkeit.
Maßstab für jurawatch e. V.: das Vermächtnis von Fritz Bauer!
01.05.2022
Jutta M. Leykauff
jurawatch e. V. sieht sich in seinem Selbstverständnis einigen Persönlichkeiten verpflichtet, orientiert sich in seinem Handeln an deren Vermächtnis und stellt sie Ihnen vor.
Fritz Bauer (* 16. Juli 1903 in Stuttgart; † 1. Juli 1968 in Frankfurt am Main).
Mit dem Namen und Wirken als Generalstaatsanwalt in Hessen von 1956 bis 1968 verbinden sich die Entführung Adolf Eichmanns nach Israel, die positive Neubewertung der Widerstandskämpfer des 20. Juli von 1944 und die Frankfurter Auschwitz-Prozesse.
Dieser Ausnahme-Jurist wurde als Sohn liberaler jüdischer Eltern geboren, verstand sich selbst aber als bekennender Atheist. Sein Vater Ludwig war Textilgroßhändler, seine Mutter Ella Bauer, geb. Hirsch.
In Stuttgart und Tübingen wuchs Bauer mit seiner drei Jahre jüngeren Schwester Margot] in gutbürgerlichen Verhältnissen auf und studierte nach dem Besuch des Stuttgarter Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums Rechtswissenschaft in Heidelberg, München und Tübingen. Während seiner Studienzeit engagierte er sich in einer liberalen jüdischen Studentenverbindung, vor allem in politischen Debatten.
Nach seiner Promotion Die rechtliche Struktur der Truste zum Dr. jur. bei Karl Geiler war seine erste Station 1928 Gerichtsassessor beim Amtsgericht Stuttgart und bereits zwei Jahre später fungierte er als jüngster Amtsrichter in der Weimarer Republik.
Von früh an politisch aktiv, war Bauer Mitgründer des Republikanischen Richterbundes in Württemberg und trat bereits 1920 der SPD bei, übernahm 1931 den Vorsitz der Ortsgruppe Stuttgart des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Im Zusammenhang mit Planungen zu einem gegen die Machtergreifung der Nationalsozialisten gerichteten Generalstreik wurde Bauer am 23. März 1933 festgenommen, 8 Monate im KZ Heuberg und im KZ Oberer Kuhberg inhaftiert und Ende 1933 wieder entlassen.
Die württembergischen NS-Machthaber veröffentlichten in mehreren Zeitungen ein angeblich von 8 Sozialdemokraten unterzeichnetes Treuebekenntnis, darunter ein Fritz Hauer. Ein Sozialdemokrat namens Fritz Hauer ist unbekannt, ebenso wie ein Insasse des KZ Oberer Kuhberg mit diesem Namen. Vermutlich handelt es sich in der Veröffentlichung des Treuebekenntnisses um einen Druck- bzw. Setzfehler, weshalb angenommen wird, dass der vorgebliche Unterzeichner der Häftling Fritz Bauer ist.
Bei der Haftentlassung aus den frühen KZ zwangen SS-, SA- und andere Stellen den zur Entlassung vorgesehenen Häftlingen eine Loyalitätserklärung – einen Revers – ab.
Dies wird auch im Falle Fritz Bauers und seiner mitinhaftierten Genossen angenommen, wobei der Wortlaut der abverlangten Erklärung selbstredend nicht bekannt ist. Die Nationalsozialisten machten aus dem Vorgang zu propagandistischen Zwecken ein Treuebekenntnis einstiger Sozialdemokraten, um ihre politischen Gegner zu entehren. Aus dem Staatsdienst wurde er auf der Basis des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums entlassen.
1936 emigrierte Bauer nach Dänemark. Nach der deutschen Besetzung entzogen ihm die dänischen Behörden im April 1940 die Aufenthaltsbewilligung und internierten ihn für 3 Monate in einem Lager.
Zu seinem Schutz heiratete er im Juni 1943 formal die dänische Kindergärtnerin Anna Maria geb. Petersen.
Im Oktober 1943, als die Nationalsozialisten mit der Deportation der dänischen Juden in das KZ Theresienstadt begannen, tauchte er unter und wurde im Rahmen der Rettung der dänischen Juden mit Unterstützung einheimischer Helfer nach Schweden übergesetzt.
Dort arbeitete er als Archivgehilfe und gründete mit Willy Brandt und anderen die Zeitschrift Sozialistische Tribüne.
Die dänische Fremdenpolizei verdächtigte Bauer, mit männlichen Prostituierten Umgang zu haben, was in einer Ausstellung des Fritz-Bauer-Instituts thematisiert wurde, die erstmals 2014 im Jüdischen Museum in Frankfurt am Main zu sehen war. Seitdem wird Bauer als Homosexueller kategorisiert, obwohl er sich weder dazu bekannt hat noch eindeutige Belege hierfür vorliegen.
1949 kehrte Bauer nach Deutschland zurück, wurde Landgerichtsdirektor am Landgericht Braunschweig und 1950 Generalstaatsanwalt beim dortigen Oberlandesgericht. 1956 wurde er auf Initiative des Ministerpräsidenten Georg-August Zinn in das Amt des hessischen Generalstaatsanwalts mit Sitz in Frankfurt am Main berufen, das er bis zu seinem Tod 1968 innehatte.
Einer seiner ersten Fälle als Generalstaatsanwalt in Braunschweig machte ihn auch außerhalb Deutschlands bekannt: 1952 war er der Ankläger im sogenannten Remer-Prozess. Bauer prägte dabei den Satz: Ein Unrechtsstaat, der täglich Zehntausende Morde begeht, berechtigt jedermann zur Notwehr. Infolge dieses Prozesses wurden die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 rehabilitiert und ihr Versuch, Hitler zu töten, legitimiert. Das Gericht schloss sich Bauers Auffassung in seinem Plädoyer an, der NS-Staat sei kein Rechtsstaat, sondern ein Unrechtsstaat gewesen.
Im Jahr 1957 informierte Fritz Bauer den Leiter der Israel-Mission in Köln, und damit den israelischen Geheimdienst Mossad, über den Wohnort Adolf Eichmanns in Argentinien, nachdem er diesen von dem in Argentinien lebenden ehemaligen KZ-Häftling Lothar Hermann erfahren hatte.
Bauer misstraute der deutschen Justiz und Polizei – er befürchtete, man werde Eichmann von dort aus warnen – und wandte sich früh direkt an Israel.
Der israelische Fotograf und Mossadagent Michael Maor fotografierte 1960 heimlich die Unterlagen von Bauer.
Diese Mitteilung war ein wichtiger erster Anstoß für Eichmanns Ergreifung 1960. Zum Hintergrund dieses Vorgangs gehört, dass Bauers Antrag, die deutsche Bundesregierung möge sich um die Auslieferung Eichmanns in die Bundesrepublik bemühen, von der Regierung sofort abgelehnt worden war.
Der entscheidende Hinweis samt Belegen auf Eichmanns Aufenthaltsort in Buenos Aires, der durch Bauers Vermittlung den Zugriff des Mossad auslöste, stammte indessen von dem deutschen Geologen und Historiker Gerhard Klammer, dem Adolf Eichmann zwischen 1950 und 1953 bei einer Baufirma in der Provinz Tucumán im Nordwesten Argentiniens als Landvermesse zugearbeitet hatte.
Bei einem weiteren Argentinien-Aufenthalt Klammers im Herbst 1959 kam es zu einer Zufallsbegegnung mit Eichmann an dessen neuer Wirkungsstätte in Buenos Aires, bei der Klammer Kenntnis von Eichmanns genauem Aufenthaltsort erlangte.
Unter Mitwirkung von Göttinger Studienfreunden und des ersten evangelischen Militärbischofs der Bundeswehr Hermann Kunst gelangte diese Information samt Belegen im November 1959 an Fritz Bauer. Als Bauer dem Mossad im Dezember 1959 in Jerusalem Klammers Belege übermittelte, ohne seinen Informanten preiszugeben, ordnete Ben Gurion kurz darauf die Ergreifung Eichmanns an.
Im Jahr 1958 wurde auf seine Initiative hin ein Konvolut von 100 000 Fahndungsakten nicht ans Bundesarchiv, sondern an die Zentrale Stelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen übergeben.
Die Vereinten Nationen (UNO) übergaben dorthin eine Fahndungsliste mit 30 000 neuen Tatverdächtigen.
1959 erreichte Bauer, dass der Bundesgerichtshof die Untersuchung und Entscheidung in der Strafsache gegen Auschwitz-Täter dem Landgericht Frankfurt am Main übertrug.
Auf Weisung Bauers leitete die dortige Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen vormalige Angehörige und Führer der SS-Wachmannschaft des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz ein.
Der erste Auschwitzprozess in Westdeutschland, die Strafsache gegen Mulka u. A., wurde schließlich im Dezember 1963 gegen 22 Angeklagte vor dem Landgericht Frankfurt eröffnet.
Innerhalb der bundesdeutschen Nachkriegsjustiz war Bauer wegen seines Engagements umstritten, hatten doch die meisten damaligen Juristen in der Zeit zuvor schon der NS-Diktatur gedient. Er selbst soll einmal gesagt haben: In der Justiz lebe ich wie im Exil.
Medien zitierten ihn ebenfalls mit dem Satz: Wenn ich mein [Dienst-]Zimmer verlasse, betrete ich feindliches Ausland.
Prägnant auch seine Aussagen: Ein Unrechtsstaat wie das Dritte Reich ist überhaupt nicht hochverratsfähig, oder Ich glaube, es ist eine traurige Wahrheit, dass wir unserem Affenzustand noch sehr nahe sind und dass die Zivilisation nur eine sehr dünne Decke ist, die sehr schnell abblättert.
Im August 1959 erhielt Fritz Bauer von Willy Rudolf Foerster Informationen über die Hinrichtung von Gefangenen auf deutschen Blockadebrechern während des Zweiten Weltkrieges. Diese seien in Japan mit Gewalt auf deutsche Schiffe gebracht und auf der Fahrt ohne Gerichtsurteil kaltblütig ermordet worden.
Zudem berichtete er Bauer von unwahren Zeugenaussagen ehemaliger deutscher Diplomaten vor Gericht. Diese hätten zum Ziel gehabt, eine ernsthafte und eingehende Untersuchung seines eigenen Falls zu verhindern.
Foerster hatte zusammen mit dem Jüdischen Hilfskomitee in Tokio einer beträchtlichen Anzahl von Juden zur Flucht nach Japan verholfen und sie in seinem Unternehmen beschäftigt. Hierfür war er 1943 verhaftet und gefoltert worden.
Fritz Bauer hielt 1960 vor Vertretern von Jugendverbänden das Referat Die Wurzeln faschistischen und nationalsozialistischen Handelns. Der Vorschlag des rheinland-pfälzischen Landesjugendrings, den Text Oberstufengymnasien und Berufsschulen als Broschüre zur Verfügung zu stellen, wurde vom Kultusministerium des Bundeslandes abgelehnt. Die Ablehnung wurde 1962 vom jungen CDU-Abgeordneten Helmut Kohl nassforsch begründet: Der zeitliche Abstand vom Nationalsozialismus sei zu gering, um sich darüber ein abschließendes Urteil bilden zu können.
Der Text, in dem Bauer Argumente dafür brachte, dass der NS-Staat kein Betriebsunfall der Geschichte war, erschien erst 1965 im Buchhandel. Die von Bauer begonnenen Ermittlungen gegen mutmaßliche Schreibtischtäter der Euthanasie wurden später eingestellt.
Fritz Bauers Werk galt dem Aufbau einer demokratischen Justiz, der konsequenten strafrechtlichen Verfolgung nationalsozialistischen Unrechts und der Reform des Straf- und Strafvollzugsrechts.
Die Frankfurter Auschwitzprozesse (1963–1981) wären ohne Bauers hartnäckigen Einsatz wohl nicht zustande gekommen. Die Tatbeteiligten wurden größtenteils nur zu wenigen Jahren Haft wegen Beihilfe zum Mord verurteilt, auch lehnten breite Schichten der Gesellschaft die Verfahren ab. Dennoch besteht das Verdienst Bauers darin, durch die von ihm angestrengten Prozesse ab Mitte der 1960er Jahre die öffentliche Auseinandersetzung mit der Holocaust-Thematik eingeleitet zu haben.
Von seinen Schriften gilt das 1957 erschienene Buch Das Verbrechen und die Gesellschaft als Hauptwerk. Darin zweifelt er die Annahme der Willensfreiheit als Grundlage des geltenden Schuldstrafrechts an und plädiert stattdessen anknüpfend an die Lehren von Franz von Liszt und Gustav Radbruch für ein Kriminalrecht, das – unter Verzicht auf Strafe – ausschließlich Maßnahmen resozialisierenden und sichernden Charakters kennt.
Fritz Bauer wurde am 01. Juli 1968 tot in der Badewanne seiner Wohnung in Frankfurt aufgefunden. Bei der von dem Frankfurter Gerichtsmediziner Joachim Gerchow vorgenommenen sogenannten Verwaltungssektion wurden eine Herzvorschädigung, eine schwere akute Bronchitis sowie die Einnahme eines Schlafmittels festgestellt. Es ergaben sich keinerlei Hinweise auf ein Fremdverschulden.
So vermutete Gerchow in seinem abschließenden Gutachten und späteren Äußerungen einen Suizid. Darauf hinweisende Verhaltensweisen Bauers vor seinem Tod fehlen indes.
Bauer wurde auf seinen Wunsch entgegen jüdischer Tradition eingeäschert.
Die Anweisung von Bauers Stellvertreter, eine gerichtliche Leichenöffnung zu beantragen, missachtete die dafür zuständige Frankfurter Staatsanwaltschaft aus heute unerkennbarem Grund und gab die Leiche sogleich – auch zur Feuerbestattung – frei.
Eine Verwaltungssektion fand statt, weil Angehörige Bauers in Skandinavien zustimmten, worum sich Bauers Stellvertreter bemüht hatte.
Fritz Bauers Urne wurde auf dem Friedhof Örgryte gamla kyrkogård in Göteborg beigesetzt.
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Die Jagd nach Nazi-Verbrechern durch die Briten
Britische Offiziere - meist jüdische Emigranten, die vor dem Nazi-Regime fliehen konnten - spüren 1945/46 Kriegsverbrecher im Norden auf. Sie stoßen auf schieres Grauen, finden Beweise und sorgen dafür, dass etlichen NS-Größen der Prozess gemacht werden kann.
Stand: 19.04.2022 10:30 Uhr
von Michael Kloft
Zum Ende des Zweiten Weltkriegs, Ende April 1945, stellen die Briten mit der "War Crimes Investigation Unit" (WCIU) ein Ermittler-Team zusammen, um deutsche Kriegsverbrecher dingfest zu machen und vor Gericht zu stellen. Auslöser sind die grauenhaften Zustände im gerade befreiten Konzentrationslager Bergen-Belsen. Zunächst sind es nur drei Offiziere, die eidesstattliche Versicherungen von Überlebenden sammeln, die später im Belsen-Prozess vorgelegt werden: "Die Beweise strömten wie eine Sintflut über uns herein. Trotzdem versagten wir, weil die Welle der Verbrechen so groß war und unsere Möglichkeiten so begrenzt", so ein Mitglied der WCIU damals. Das Doku-Drama "Nazijäger - Reise in die Finsternis" in der ARD-Mediathek erzählt die Geschichte der Ermittler und dokumentiert einige der NS-Gräueltaten.
Jüdische Emigranten ermitteln gegen NS-Größen
Vor allem jüdische Emigranten, die vor der Nazi-Herrschaft nach Großbritannien fliehen konnten, sind damals als Ermittler bei der WCIU gefragt - in erster Linie wegen ihrer Sprachkenntnisse.
Fred Pelikan wurde 1918 in Oberschlesien geboren. Nach den Novemberpogromen 1938 versuchte er vergeblich, nach Belgien zu fliehen und wurde im KZ Dachau interniert. Die Familie besorgte Emigrationspapiere und so durfte er nach England ausreisen, wo er seinen Namen in Pelican änderte. Nach der Landung der Alliierten in der Normandie verhörte er deutsche Offiziere. Ab Mai 1945 arbeitet er als Dolmetscher im Team, später dann als Mitglied der WCIU. In seinen Erinnerungen schreibt er: "Ich musste mir sehr schnell Kenntnisse in Ermittlungs-, Kreuzverhör-, und Verhörtechniken und die rechtlichen Abläufe aneignen. Man brachte mir bei, wie man rechtlich verbindliche 'Depositions' ausfertigt; dass man während eines Verhörs keine Deckenlampe verwenden sollte und wie man während eines Verhörs die Veränderungen der Mimik einer Person beobachtet. Ich war überzeugt, dass ich jede Aufgabe erfüllen konnte."
Hanns Alexander: Verhaftung von Höß wird wichtigstes Ziel
Auch Hanns Alexander wird ab Mai 1945 zunächst als Dolmetscher eingesetzt. 1917 in Berlin geboren, floh der Sohn eines erfolgreichen Arztes 1936 mit seiner Familie nach England. Nachdem er die grauenhaften Zustände in Bergen-Belsen gesehen hat, ist aus dem einst so unbeschwerten Jungen ein hasserfüllter Nazijäger geworden. Es ist jetzt der Sinn seines Lebens, die Mörder an den Galgen zu bringen. Wichtigstes Ziel seiner Ermittlungen ist die Verhaftung von Rudolf Höß, dem ehemaligen Kommandanten von Auschwitz.
Im Team der WCIU trägt auch Anton Walter Freud maßgeblich zur Aufklärung von NS-Verbrechen bei.
Im September 1945 stößt Anton Walter Freud zum Team. 1938 gelang ihm im Alter von 17 Jahren mit seinem Vater und Großvater, dem weltberühmten Psychoanalytiker Sigmund Freud, die Flucht aus Wien nach London. Bei Kriegsende wurde er in England wegen seiner tollkühnen Aktionen als Kriegsheld gefeiert. Seine Personalakte zeigt, dass er ein unkonventioneller Freigeist war, der sich nur ungern unterordnete: "Er ist äußerst intelligent und verfügt über alle physischen Voraussetzungen für die Aufgabe. Allerdings verabscheut er Disziplin, was sich inzwischen verbessert hat. Er wird von Nutzen sein", heißt es dort.
Interesse an Verfolgung der Täter zunächst gering
Doch zunächst ist nur der Tod oder die Misshandlung von Angehörigen alliierter Nationen Gegenstand der Ermittlungen, da aus britischer Sicht nur Kriegsparteien Kriegsverbrechen gegeneinander verüben können. Der Generalstaatsanwalt in London zeigt wenig Interesse an der Verfolgung der Täter, weil nur wenige britische Staatsbürger betroffen sind. "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" werden als Anklagepunkt erst bei den Nürnberger Prozessen Ende 1945 zugelassen.
Wie weiter nach dem Belsen-Prozess?
Die Briten bremsen vor allem aus finanziellen Gründen eine mögliche Prozess-Flut. Der Staatssekretär im Kriegsministerium schreibt: "Es gibt offenbar Schwierigkeiten, solche Prozesse durchzuführen. Deshalb möchte ich, dass die Kosten so niedrig wie möglich gehalten werden und die Zahl der Verfahren möglichst klein gehalten wird." So konzentriert sich die Ermittlungsarbeit zunächst auf nur 90 Personen der SS-Verwaltung von Bergen-Belsen und einige ungarische Wachmannschaften. Der Prozess in Lüneburg endet im November 1945 mit elf Todesurteilen. Doch wie soll es weitergehen? Der Leiter einer Arbeitsgruppe in London schreibt: "Jeder im Kriegsministerium meint, dass es eine teure, undankbare Arbeit ist, die bei der Öffentlichkeit nicht sonderlich populär ist. So sitzen wir also da und warten ab, was die Politiker entscheiden."
Zwei der zum Tode verurteilten Angeklagten, der ehemalige Lagerleiter Josef Kramer (l) und der Lagerarzt Fritz Klein (r), verlassen im November 1945 den Gerichtssaal in Lüneburg. © dpa
Belsen-Prozess 1945: "Ein Lehrstück an Demokratie"
Am 17. November 1945 fallen die Urteile im ersten NS-Kriegsverbrecherprozess: neben Todes- und Haftstrafen auch Freisprüche.
Ausweitung der Untersuchungen unter Anthony Somerhough
Eine zentrale Rolle spielt Group Captain Anthony Somerhough, der sich vollständig seiner Mission verschrieben hat. "Wahrscheinlich der genialste Mann, den ich je getroffen habe", erinnert sich später die Geheimdienst-Mitarbeiterin Vera Atkins, "und ganz sicher der geistreichste." Er benötigt Ermittler, Jäger-Typen und Verhör-Experten. Alles verläuft chaotisch, und so gibt es Kritik aus London an der Arbeit. Zu diesem Zeitpunkt sind nur 200 Männer in Haft, etwa 1.000 werden als Zeugen eingestuft.
Schließlich gelingt es, zusätzliche Ermittler und Staatsanwälte zu bekommen. Die Untersuchungen werden auf allgemeine Kriegsverbrechen in den Konzentrationslagern ausgeweitet. Nach Bergen-Belsen stehen das KZ Neuengamme und das KZ Ravensbrück im Fokus. Alles macht einen ungeordneten und zufälligen Eindruck ohne klaren Plan - als seien Amateur-Detektive am Werk. Deshalb wird die "War Crimes Investigation Unit" neu organisiert, die aber aus finanziellen Gründen unterbesetzt bleibt. Am 31. Januar 1946 befinden sich 53.000 Deutsche in britischem Gewahrsam, darunter viele KZ-Wachleute und SS-Mitglieder. 2.500 werden der Kriegsverbrechen verdächtigt. Somerhough will bis zum 30. April 500 Anklageschriften fertig haben.
Massenvernichtung im KZ: Zyklon B und die Händler des Todes
Bis 1945 liefert eine Hamburger Firma Zyklon B an Konzentrationslager. Im März 1946 stellen die Briten die Chefs vor Gericht.
Pelican und Freud ermitteln gegen Zyklon-B-Händler
Zusammen mit Fred Pelican ermittelt Anton Walter Freud zunächst gegen die Hamburger Firma Tesch & Stabenow, die das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B an die Vernichtungslager der Nazis geliefert hat. In den Geschäftspapieren finden sie viele Beweise und sie dokumentieren Zeugenaussagen, die bestätigen, dass der Geschäftsführer von der Verwendung des Giftes in den Gaskammern von Auschwitz gewusst hat. Die Briten machen Dr. Bruno Tesch im März 1946 im Hamburger Curio-Haus den Prozess. Er erhält die Todesstrafe, die bereits im Mai vollstreckt wird.
Freud stößt aufs Grauen vom Bullenhuser Damm
In der Zwischenzeit ermittelt Freud gegen Verantwortliche aus dem Konzentrationslager Neuengamme. Dabei stößt er auch auf den Fall von 20 Kindern, die dort medizinischen Experimenten ausgesetzt waren. Bei Kriegsende verlor sich ihre Spur, doch ehemalige Häftlinge können von den Ereignissen berichten. Der verantwortliche Arzt, Dr. Kurt Heißmeyer, ist spurlos verschwunden, doch Freud gelingt die Verhaftung von Dr. Alfred Trzebinski, dem Standort-Arzt im KZ Neuengamme. Der leugnet zunächst, vom Schicksal der Kinder zu wissen, doch nach und nach kommen die Ermittler der furchtbaren Wahrheit auf die Spur. Kommandant Max Pauly, Trzebinski und weitere SS-Schergen erhalten im Hamburger Neuengamme-Prozess die Todesstrafe - nicht zuletzt wegen der Morde an den zwanzig Kindern im Keller der Schule am Bullenhuser Damm. Alle werden im Oktober 1946 in Hameln an den Galgen gebracht.
Verantwortlicher Arzt überführt sich selbst
Dr. Kurt Heißmeyer arbeitet bis 1963 unbehelligt als Arzt in Magdeburg. Erst nach Berichten in der westdeutschen Presse wird er von den DDR-Behörden verhaftet und zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Er stirbt 1967 im Gefängnis von Bautzen. Im Rahmen der Ermittlungen hatte er das Versteck einer Kiste verraten, in der sich auch Beweise für seine menschenverachtenden Experimente an den Kindern befanden.
Der ehemalige Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, Rudolf Höß, in Handschellen. © picture-alliance / dpa
Rudolf Höß: Wie der Auschwitz-Kommandant festgenommen wurde
Ein junger Jude, der für die Briten Nazis jagt, setzt 1946 den früheren KZ-Kommandanten Rudolf Höß bei Flensburg fest.
Ergreifung von Höß wird Alexanders größter Coup
Im März 1946 gelingt dem jungen Hanns Alexander sein größter Coup: In einer Scheune bei Flensburg spürt er den ehemaligen Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß auf. Nach seiner Verhaftung durch Alexander und seine britischen Ermittler-Kollegen wird Höß zunächst nach Nürnberg überstellt. Dort soll er als Zeuge der Verteidigung im Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher aussagen. Danach wird er an Polen ausgeliefert und 1947 in Warschau zum Tode verurteilt. Seine Hinrichtung findet auf dem Gelände des Stammlagers in Auschwitz statt.
"Macht mich krank, wie viele Mörder ich gehen lassen musste"
Hanns Alexander verlässt Deutschland wieder - und schwört, nie wieder dorthin zurückzukehren. Im Mai 1946 heiratet er in London seine Verlobte und arbeitet bei einer Bank. Über seine Erlebnisse spricht er nur ungern: "Ich bin aber hasserfüllt. Es macht mich krank zu sehen, wie viele Mörder ich gehen lassen musste." Im Dezember 2006 stirbt Alexander im Alter von 89 Jahren.
Fred Pelican verlässt im September 1946 die "War Crimes Investigation Unit" und kehrt nach Hause zu seiner Familie zurück. Er betreibt erfolgreich Teppichgeschäfte in London und gilt als angesehenes Mitglied der Branche. 1993 veröffentlicht er seine Memoiren "From Dachau to Dunkirk".
Zur gleichen Zeit wird auch Anton Walter Freud im Rang eines Majors aus der britischen Armee entlassen. Er ist 25 Jahre alt und beginnt mit einem Studium des chemischen Ingenieurswesens. Er wird britischer Staatsbürger und heiratet im August 1947 in Dänemark Annette Krarup. Das Paar bekommt drei Kinder. Freud spricht nie über die furchtbaren Details seiner Ermittlungen und stirbt im Februar 2004.
Militärgerichtsprozesse in Hamburg bis 1949
Die britische Politik hat offenbar schon lange kein Interesse mehr an weiteren Prozessen gegen deutsche Kriegsverbrecher. Am 30. Mai 1946 schreibt Antony Somerhough resigniert: "Es wird in bestimmten Teilen des Hauptquartiers offenbar nicht anerkannt, dass sich die WCIU mit vorrangigen Aufgaben beschäftigt oder dass sie eine hochspezialisierte Einheit ist, die nicht aus normalen Offizieren und Männern besteht, sondern aus Personen zusammengestellt wurde, die wegen ihrer Sprachkenntnisse oder anderer Qualifikationen ausgesucht wurden. Viele haben auf die Entlassung aus der Armee freiwillig verzichtet, weil sie diese Arbeit machen wollen - obwohl sie ein wenig unerfreulich ist." Im Hamburger Curio-Haus finden trotzdem noch bis Dezember 1949 britische Militärgerichtsprozesse statt. Insgesamt stehen dort 445 Männer und 59 Frauen vor Gericht. Es werden 102 Todesurteile gefällt und 267 Haftstrafen verhängt.
Angeklagte im Curiohaus-Prozess, links KZ-Kommandant Max Pauly © picture-alliance / akg-images
Täter des KZ Neuengamme vor Gericht: Prozess gegen Reuelose
18. März 1946 beginnt im Hamburger Curiohaus der erste Prozess gegen Verantwortliche des KZ Neuengamme.
Sergio de Simone mit seinen Cousinen Tatjana und Andra an Sergios sechstem Geburtstag, 29.11.1943. © Archiv KZ-Gedenkstätte Neuengamme, Sammlung Günther Schwarberg
NS-Opfer in Hamburg: "Sergio musste für immer Kind bleiben"
Im April 1945 stirbt Sergio im Außenlager des KZ Neuengamme Bullenhuser Damm. Seine Cousinen erfahren erst spät von seinem Schicksal.
Dieses Thema im Programm:
Doku & Reportage | 20.04.2022 | 22:00 Uhr
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How to be a Nazi hunter
After the Second World War, many members of the Nazi regime stood trial for their crimes, but some managed to escape justice and start new lives. With the outbreak of the Cold War, Nazi hunting slipped down the priority lists of Western governments and was largely left to individuals, with the Austrian Holocaust-survivor Simon Wiesenthal being a famous example.
Of course, as time goes by, it becomes harder to find surviving perpetrators of Nazi crimes, and a Nazi hunter today doesn’t exactly have the same chance of tracking down a real life Nazi as Sam Donaldson did, when he and an ABC camera crew found Erich Priebke in 1994. But it’s still worth working out how major figures in the Third Reich fled after the war – what their networks were, who helped them. And it’s now a lot easier, thanks to the declassification of previously top secret documents and every amateur sleuth’s friend, the internet.
1. The CIA Electronic Reading Room
In 1998, the US Government passed the Nazi War Crimes Disclosure Act, a law that resulted in the identification and declassification of a vast number of previously inaccessible documents. The CIA went one step further and set up an ‘Electronic Reading Room’ to make their files available online. Type a name in the box – see what happens. (You can also use the reading room to search for information on UFOs, if that’s your thing.)
2. The US National Archives
Unfortunately, the CIA wasn’t always the major player in the intelligence game that it is now. In the post-war years, it often played second fiddle to the US Army’s Counterintelligence Corps (CIC). As a result of the Nazi War Crimes Disclosure Act, CIC records have been declassified and made available at the US National Archives near Washington, D.C. They’re not online, but they have been helpfully catalogued. Perhaps someone you’re interested in is listed and you were thinking of a trip to the States anyway. A bit expensive? You could get help from a local historian instead. Or you can ask for a scan of files you’re interested in.
3. The UK National Archives
The lack of a UK version of the Nazi War Crimes Disclosure Act means that the material in the UK National Archives isn’t helpfully gathered in one place, but the website has a good search function and some material is available online (for a small fee). The archives also contain the files of the Combined Services Detailed Interrogation Centre (CSDIC), which which was set up to interview prisoners of war. These files can be a useful way of establishing what someone did during the war (and what British and American intelligence services knew about it).
As an aside, it’s worth noting that the lack of a UK Nazi War Crimes Disclosure Act also makes it difficult to know whether British intelligence agencies, like their American counterparts, employed former Nazis. It’s hard to believe that they didn’t.
4. German archives
Speak German? Terrific. If not, you should learn – it’s a wonderful language. It also gives you access to a number of archives in Germany, Austria and elsewhere. Some – for example,the German Federal Archive – can help you work out exactly what role the person you’re looking into played in the Nazi state. Others may provide clues on how they fled justice. As the path was often via northern Italy, you could try the regional archive of the South Tyrol. Or you could look into the personal papers of Bishop Alois Hudal, a great friend to those on the run, at the German Pontifical College of Santa Maria dell’Anima in Rome.
5. Read around
There are a few professional historians who have worked in this area. A good overview of the subject is Gerald Steinacher’s Nazis on the Run (Oxford University Press). Or, if you’re particularly interested in the US government’s interaction with fleeing Nazis, you could try the essays collected in US Intelligence and the Nazis (Cambridge University Press). Of course, you should also listen to Philippe Sands tracking Otto Wächter in Intrigue: The Ratline.
6. Get started
While working on the case of Otto Wächter, we turned up a number of leads that we didn’t get the chance to investigate as thoroughly as we’d have liked. If something strikes you as you listen to The Ratline – a place, a name, an organisation, or anything else that you think could help us complete the picture – please do be in touch.
Please do email, me, James Everest with any exciting discoveries!
Intrigue: The Ratlines is available as a podcast. James Everest was the academic researcher.
https://www.bbc.co.uk/
Staatsanwalt für Naziverbrechen
Er sucht nach hunderttausendfachen Mördern
Staatsanwalt Jens Rommel fahndet 73 Jahre nach Kriegsende noch immer nach Mittätern aus Konzentrationslagern. Die Zeit wird knapp - alle sind über 90. Was treibt ihn an?
Von Kristin Haug
03.12.2018, 12.38 Uhr
Er liest Berichte von Zeugen, die beobachtet haben, wie Nazis Säuglinge und Kleinkinder gegen Wände oder Lastwagen schleuderten, um sie zu töten. Schilderungen von Menschen, die mit ansehen mussten, wie ihre Angehörigen brutal ermordet wurden. Er liest von Genickschussanlagen und Gaskammern, von der massenhaften durchorganisierten Vernichtung von Menschen. Das ist seine Arbeit.
Seit drei Jahren leitet Jens Rommel, 46 Jahre alt, braune Locken mit grauen Strähnen, Spitzbart und dunkelgrauer Anzug, die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. Eine bürokratische Bezeichnung für eine Behörde, deren Mitarbeiter sich mit den grausamsten Verbrechen der Menschheit beschäftigen.
"Manchmal schaue ich mir zu Hause 'House of Cards' oder 'Suits' an. Das hilft mir, mich in Trance zu versetzen", sagt Rommel. "Manchmal steige ich auch auf mein Fahrrad und fahre eine Runde um Ludwigsburg. Der Verkehr lenkt mich ab", sagt er.
Rommel ist einer der letzten Nazijäger in Deutschland. Mit dem NS-Generalfeldmarschall Erwin Rommel ist er weder verwandt noch verschwägert, wie er nicht müde wird zu betonen. Mit seinen sieben Ermittlern sucht Jens Rommel nach Menschen, die in Konzentrationslagern gearbeitet und sich dadurch an hunderttausendfachen Morden mitschuldig gemacht haben.
Seit dem Urteil gegen John Demjanjuk, einem Wachmann im Vernichtungslager Sobibór, im Jahr 2011, sind nicht nur diejenigen ins Visier der Ermittler geraten, die direkt an den Tötungen beteiligt gewesen waren. Damals hatte das Landgericht München II entschieden, dass auch der Dienst als Wachmann ausreicht, um wegen Beihilfe zum Mord verurteilt zu werden. Der Bundesgerichtshof übernahm diese Argumentation. Seitdem suchen Rommel und seine Kollegen nach all jenen, die dazu beigetragen haben, die Tötungsmaschinerie am Laufen zu halten.
Die Zentrale Stelle
Foto: SPIEGEL ONLINE
Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen wurde am 1. Dezember 1958 gegründet. Vorher wurde das Gebäude in Ludwigsburg als Frauengefängnis genutzt. Seit ihrer Gründung hat die Zentrale Stelle mehr als 7600 Vorermittlungen geführt. Der Zentralen Stelle sind Richter, Staatsanwälte und Polizeibeamte zugewiesen, die mit ihrer Zustimmung aus den Ländern nach Ludwigsburg abgeordnet werden.
Rommels Büro ist voll von NS-Literatur: Ein Sammelband zu den Nürnberger Prozessen, Bücher über den SS-Staat, über Hitler, Massenerschießungen, Vernichtungslager. Auf seinem Schreibtisch liegt ein Aktenberg, den er noch durcharbeiten muss. Und obwohl das Büro recht groß ist, riecht es ein bisschen muffig.
Die Ermittler aus Ludwigsburg haben die KZs unter sich aufgeteilt. Systematisch durchforsten sie Aufzeichnungen von Lagern, in denen die Nazis in einem bestimmten Zeitraum systematisch Menschen getötet haben. Rommel ist für Dachau zuständig. Er und seine Kollegen reisen zu Archiven in Polen, Russland, in die USA, nach Südamerika sowie zu den KZ-Gedenkstätten, um Akten und Beweise zu finden.
Sie durchforsten Gehaltsnachweise, Beförderungs- und Versetzungslisten, Krankmeldungen, Auszeichnungen, Nachweise über Uniformausgaben. Alles, um herauszufinden, wer in welchem KZ wie lange im Einsatz war.
Dabei brauchen sie Geschick, kriminellen Spürsinn und Akribie. Akribisch sein heißt etwa, herauszufinden, wer nach dem Krieg mit dem Schiff oder Flugzeug nach Argentinien ausgewandert ist, alle Passagierlisten anzufordern und Dutzende Kartons mit Einwanderungsunterlagen durchzugehen.
Die Ermittler können zwar keine Durchsuchungen mehr anordnen, keine Telefone mehr abhören, keine Handys orten, kaum noch Zeugen befragen. Aber sie können Informationen auswerten, Zusammenhänge finden, Puzzles zusammensetzen.
In Excel-Tabellen listen sie ehemalige KZ-Mitarbeiter auf und überprüfen, ob sie noch am Leben sind, schauen, ob sie Rente bekommen oder in Einwohnermelde- oder Standesämtern auftauchen. Wenn ein möglicher Täter noch lebt, leitet Rommel den Namen an die zuständige Staatsanwaltschaft weiter, die anschließend die Ermittlungen einleiten sollte.
Allerdings dauert dies oft Monate, da sich Staatsanwaltschaften meist zuerst um diejenigen kümmern müssen, die in Untersuchungshaft sitzen. Bis es zu einem Prozess kommt, kann schon mal ein Jahr vergehen. "Zwei Behörden für denselben Fall - das ist sicher nicht der effektivste Weg", sagt Rommel.
Er kämpft nicht nur gegen die Bürokratie, sondern auch gegen die Zeit. Die noch lebenden ehemaligen KZ-Mitarbeiter sind mittlerweile zwischen 91 und 99 Jahre alt, von Tausenden leben nur noch Dutzende. "Wir finden im Jahr ungefähr 30 mögliche Täter, die noch leben", sagt er. "Zu 30 Auschwitz-Verfahren haben die Staatsanwälte fünf Beschuldigte angeklagt - zwei Angeklagte wurden verurteilt."
In den vergangenen Jahren waren das Oskar Gröning und Reinhold Hanning, ein Buchhalter und ein Wachmann in Auschwitz. Beide starben, bevor sie ihre Haft antreten konnten. Schon seit zehn Jahren kam kein Täter mehr ins Gefängnis. "Es ist frustrierend, wenn man sieht, wie viele Personen für eine Strafe in Betracht kommen und wie viele tatsächlich vor Gericht landen."
Verantwortung übernehmen
In seinem Büro hängt ein Bild von Don Quijote. Wie Cervantes' Held ist auch Rommel ein Idealist, der einen Kampf gegen die Windmühlen führt. Doch Rommel geht es gar nicht darum, gegen Riesen zu kämpfen oder alte, kranke Männer ins Gefängnis zu bringen. Es geht ihm darum aufzuklären. Das ist er sich als Staatsanwalt schuldig. Die Beteiligten sollen Verantwortung für ihre Taten übernehmen. "Das ist unsere Verpflichtung", sagt er.
Wie muss einer beschaffen sein, der so einen Job macht, der sich nur selten auszahlt, bei dem es kaum Erfolge gibt? "Ich muss mich ständig motivieren können", sagt Rommel. "Ohne unsere Arbeit hätten nicht so viele Menschen von Stutthof erfahren." Zwei Verfahren haben die Staatsanwälte gegen zwei ehemalige Mitarbeiter des Lagers in der Nähe von Danzig eingeleitet. Das erste hat gerade erst begonnen.
Rommel hatte sich schon im Studium mit Kriegsverbrechen beschäftigt, war in Karlsruhe bei der Terrorismusbekämpfung und zuletzt Staatsanwalt für Tötungsdelikte in Ravensburg, bevor das Justizministerium in Baden-Württemberg ihn fragte, ob er die Zentrale Stelle leiten wollte. Vier Tage lang dachte er darüber nach und entschied sich dann dafür. Er wollte Teil der Geschichte sein - oder besser: Teile der Geschichte wiedergutmachen.
Als er seinen Dienst in der Zentralen Stelle antrat, wurde er von einigen angefeindet, bekam sogar Morddrohungen. Auch jetzt noch wird er ab und zu bedroht und bekommt Zuschriften, in denen ihm vorgeworfen wird, "das deutsche Volk zu versklaven", "das Völkerrecht zu brechen" oder sich "der Juden-Tyrannei unterworfen" zu haben. "Das heften wir unkommentiert ab", sagt Rommel nüchtern. Angst habe er nicht, nur manchmal ein komisches Gefühl.
Ermittler, die ihre Arbeit abbrechen mussten
Wenn Rommel eine Pause braucht, dann holt er sich am anderen Ende des Gebäudes einen Kaffee. Er sagt, er sei süchtig danach. Auch jeden Nachmittag setzt er sich mit seinen Kollegen zusammen, trinkt Kaffee mit ihnen. Sie reden dann meist über etwas anderes als die Arbeit, über Fußball oder die Politik.
Der Zusammenhalt helfe sehr. Einmal im Jahr machen die Ermittler einen Betriebsausflug, schauen sich Städte an oder gehen wandern. Es gab schon Ermittler, die ihre Arbeit abbrechen mussten und sich wegbeordern ließen, weil sie das Grauen nicht aushielten. Rommel sagt, es sei gut, dass er sich nur Schwarz-Weiß-Bilder ansehen müsste. Das gebe ihm etwas Abstand.
Wenn in den nächsten Jahren irgendwann alle Täter gestorben sein werden, dann gibt es für Rommel nichts mehr zu tun in der Zentralen Stelle. Dann will er zurück zu den heutigen Verbrechen, zu den heutigen Mördern. Vielleicht wird er die Vergangenheit dann hinter sich gelassen haben. Vergessen wird er sie nie.
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Fritz Bauer - "Ein Held von gestern für heute"
Broschüre zur Preisverleihung des Fritz Bauer Studienpreises am 1 Juli 2015
Fritz Bauer - "Ein Held von gestern für heute"PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei
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NS-Aufarbeitung
Nazijäger mit Vergangenheit
Sie sollte aufklären und wurde selbst zum Skandal: 1958 nahm in Ludwigsburg die Zentralstelle zur Aufklärung von NS-Verbrechen ihre Arbeit auf. An ihrer Spitze - ein ehemaliges NSDAP-Mitglied.
Von Andreas Mix
28.11.2008, 12.53 Uhr
Als Oberstaatsanwalt Erwin Schüle am 1. Dezember 1958 die neu gegründete Behörde mit dem sperrigen Namen "Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrecher" bezog, musste er mit seinem kleinen Mitarbeiterstab zunächst die Diensträume entrümpeln. Vom ehemaligen Frauengefängnis an der Schorndorfer Straße in Ludwigsburg aus sollte Schüle mit seinem Team innerhalb von wenigen Jahren die unbequeme Vergangenheit strafrechtlich endgültig bewältigen. "Der führende Nazi-Jäger der Bundesrepublik", wie ihn der SPIEGEL titulierte, ging die Aufgabe mit großem Engagement an - bis er über seine eigene Vergangenheit stolperte.
Für die neue Stelle hatte sich Schüle als Ankläger im Ulmer Einsatzgruppenprozess empfohlen. Der damals 45-Jährige brachte 1958 zehn Männer eines SS-Einsatzkommandos vor Gericht, die 1941 im deutsch-litauischen Grenzgebiet Tausende Juden erschossen hatten. Der Prozess schreckte die bundesdeutsche Gesellschaft auf. Das Wirtschaftswunderland wurde plötzlich mit einer Vergangenheit konfrontiert, die als abgeschlossen galt - schließlich hatten die Amerikaner im Mai 1958 die letzten verurteilten Kriegsverbrecher der Nürnberger Nachfolgeprozesse vorzeitig aus der Haft entlassen. Umso bestürzender waren die Prozessberichte. Sie enthüllten, dass längst nicht alle NS-Verbrechen bekannt, geschweige denn geahndet worden waren. Viele NS-Mörder hatten sich mehr oder minder unbemerkt in brave Bundesbürger verwandelt, wie nun die Presse mit Erstaunen und wachsender Empörung registrierte.
Der Ulmer Prozess brachte die Justiz in Bedrängnis. Die NS-Verbrechen waren von ihr bisher nämlich ohne System und vielfach sogar unwillig verfolgt worden. Unter dem Eindruck der grausamen Details aus dem Einsatzgruppenprozess jedoch wuchs die Kritik an der "Zufallsjustiz" ("Süddeutsche Zeitung"). In einer Allensbach-Umfrage sprachen sich im August 1958 knapp 54 Prozent der Befragten für eine weitere Strafverfolgung der NS-Verbrechen aus.
Verdiente Ruhe?
So musste die Politik handeln. Wenige Wochen nach dem Ulmer Urteil beschlossen die Justizminister der Länder und des Bundes im Herbst 1958 die Gründung einer zentralen Behörde zur Verfolgung von NS-Tätern. Auf den Weg gebracht wurde sie von engagierten Juristen wie dem Stuttgarter Generalstaatsanwalt Erich Nellmann, der Schüle mit dem Ulmer Einsatzgruppenprozess betraut hatte. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Mörder und ihre Gehilfen, die wir mit systematischem und planvollem Vorgehen erreichen können, straflos ausgehen und zum Teil als Beamte und Angestellte des Staates, sogar der Polizei, tätig sind", erklärte Nellmann.
Seinem Vorgesetzten, dem baden-württembergischen Justizminister Wolfgang Haußmann (FDP), schlug er eine zentrale Staatsanwaltschaft für die Verfolgung von NS-Verbrechen vor, aber Haußmann konnte sich damit bei seinen Länderkollegen nicht durchsetzen. Manche lehnten intensivere Ermittlungen der Justiz in Sachen Nazi-Verbrechen rundweg ab. Dem "Volke die verdiente Ruhe zu gönnen", verlangte etwa Hubert Ney (CDU), Justizminister des Saarlands. Mit der Ruhe war es jedoch längst vorbei. Seit 1957 attackierte die DDR medienwirksam "Hitlers Blutrichter in Adenauers Diensten". Die bewährte Haltung aus Abwehr und Ignoranz konnte sich die Bundesrepublik gegenüber ihren Verbündeten und einer zunehmend kritischeren Öffentlichkeit nicht mehr leisten.
So fiel der Beschluss zur Gründung der neuen Behörde einstimmig aus - ihre Kompetenz allerdings war begrenzt: Sie sollte allein die außerhalb des Gebiets der Bundesrepublik verübten NS-Verbrechen aufklären. Die Verbrechen der Justiz im "Dritten Reich" selbst, aber auch die Morde in den sogenannten Euthanasieanstalten, in denen die Nazis behinderte Menschen als "lebensunwert" ermordet hatten, waren der Zentralen Stelle entzogen. Auch selbständig Anklage erheben konnten die Ludwigsburger Staatsanwälte nicht.
Ein "bestimmter Geruch"
Trotz dieser Einschränkungen und einer dürftigen Ausstattung entwickelte das Team von Oberstaatsanwalt Erwin Schüle eine rege Aktivität. Mehr als 400 Ermittlungsverfahren wurden binnen eines Jahres eingeleitet. Sie betrafen die Morde der Einsatzgruppen in der Sowjetunion, die Ghettoräumungen im besetzten Polen und die Verbrechen in den Konzentrationslagern. Schnell gab es spektakuläre Ergebnisse. So konnte im Sommer 1959 der Präsident des Landeskriminalamts von Rheinland-Pfalz, Georg Heuser, verhaftet werden, der als SS-Hauptsturmführer am Mord der jüdischen Bevölkerung in Weißrussland beteiligt gewesen war.
Mit den Erfolgen allerdings wuchs auch die Kritik an den Nazi-Jägern von Ludwigsburg. Der Bürgermeister von Ludwigsburg sprach öffentlich von einem "bestimmten Geruch", der der Stadt des "blühenden Barocks" nun durch die dort ansässigen Ermittler anhafte.
1965, zwanzig Jahre nach Kriegsende, wären die nach damaligem Recht in der NS-Zeit verübten Morde verjährt. Bis dahin hoffte Schüle, sämtliche Taten zu erfassen. Doch die Ermittler stießen auf immer neue, bislang unbekannte Verbrechen. Die Tatorte lagen zumeist in Osteuropa. Die dortigen Archive aber waren den Ludwigsburger Ermittlern verschlossen, da die Bundesrepublik noch keine diplomatischen Beziehungen zu den Ostblockstaaten unterhielt. Als sich Schüle dennoch um direkten Zugang zu den Akten bemühte, geriet er ins Kreuzfeuer der Schlussstrichapologeten und der DDR-Propaganda. Die Stasi versuchte, der bundesdeutschen Justiz den Weg zu den Archiven der sozialistischen Bruderländer abzuschneiden. Dazu zielten Mielkes Männer auf den Ludwigsburger Behördenleiter.
Der nützlichste Pg., den es je gab
Als Schüle am 4. Februar 1965 das erste Mal nach Warschau flog, enthüllte die DDR-Nachrichtenagentur ADN seine NSDAP- und SA-Mitgliedschaft. "Nazis 'überprüfen' Nazis", höhnte das SED-Zentralorgan "Neues Deutschland". In Warschau gelandet, stritt Schüle ab, was seine Vorgesetzten in Stuttgart und Bonn längst wussten: Der Jurastudent war 1933 in die SA und 1937 in die NSDAP eingetreten. Die politische Instinktlosigkeit, einen ehemaligen Parteigenossen auf eine so exponierte Stelle zu platzieren, beschädigte den Ruf der Ludwigsburger Behörde.
Ihr Leiter konnte sich jedoch noch im Amt halten, bis die Sowjetunion ihn ein Jahr später beschuldigte, im Herbst 1941 im russischen Tschudowo Zivilisten erschossen zu haben. Als Leutnant in der 215. Infanterie-Division der Wehrmacht hatte Schüle an der Ostfront gekämpft. 1945 war er in sowjetischer Kriegsgefangenschaft per Schnellverfahren zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt, dann aber vorzeitig entlassen worden. "Die Sache Erwin Schüle" - so der Titel eines sowjetischen Propagandafilms - konnte jedoch nicht aufgeklärt werden, weil die Moskauer Behörden keine Beweise für ihre Behauptungen vorlegen wollten oder konnten. Von den Vorwürfen zermürbt, bat der "nützlichste Pg., den es je gab" (DER SPIEGEL), im August 1966 um Ablösung von seinem Posten. Für die Zentrale Stelle war der Fall Schüle ein "Gau", der größte anzunehmende Unfall, so sein ehemaliger Mitarbeiter Dietrich Kuhlbrodt.
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Nazi-Fahnder Hanns Alexander
Der Mann, der Rudolf Höß jagte
Keine Ermittler-Ausbildung, aber rücksichtslos und erfüllt von eiskalter Wut - Hanns Alexander war einer der besten Experten im Aufspüren ranghoher NS-Kriegsverbrecher. Sein größter Erfolg: Er stellte den Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß.
Von Sonja Peteranderl
27.08.2014, 13.19 Uhr
Hanns Alexander gab seinem Gefangenen keine Chance auf Selbstmord: Er schob ihm seine Pistole in den Mund, ließ ihn auf Giftkapseln untersuchen. Er wollte verhindern, dass der Mann, der Millionen auf dem Gewissen hatte, sich der Strafe entzog - wie SS-Chef Himmler, der eine Zyanidkapsel zerbissen hatte, als er den Alliierten in die Hände fiel.
Monatelang hatten die Ermittler nach dem Nazi gefahndet, in der Nacht des 11. März 1946 schlugen sie zu, nahmen einen der meistgesuchten Kriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs fest: Rudolf Höß, den KZ-Kommandanten von Auschwitz. Er hatte den Bau der Gaskammern und den industriellen Massenmord an Juden und politischen Häftlingen beaufsichtigt, seine Mitarbeiter hatten das Schädlingsbekämpfungsmittel Zyklon B als Mordwaffe entdeckt.
Die Nazi-Jäger hatten eine brutale Bestie erwartet - doch vor ihnen stand eine alt aussehende, eingefallene Gestalt im Schlafanzug. Alexander ließ seine Männer, die fast alle jüdische Wurzeln hatten, ein paar Minuten auf Höß einprügeln - dann luden sie ihn, nur mit einer Decke bekleidet, ein. Auf dem Weg zum Gefängnis stießen sie mit Champagner und Whiskey an.
Mit der Festnahme gelang Hanns Alexander sein größter Erfolg - trotzdem kennt kaum jemand seinen Namen. Erst nach seinem Tod, bei der Trauerfeier im Dezember 2006 in London, hörten viele seiner Angehörigen und Freunde zum ersten Mal von der Geschichte. Der 44-jährige Journalist und Autor Thomas Harding glaubte zuerst, sein zur Übertreibung neigender Großonkel hätte sich alles nur ausgedacht. Nun beschreibt Harding in der Doppelbiografie "Hanns und Rudolf. Der deutsche Jude und die Jagd nach dem Kommandanten von Auschwitz", wie Alexander dem NS-Kriegsverbrecher auf die Schliche kam.
"Leichen liefen herum"
Bevor Alexander Jagd auf Nazis machte, hatte er vor ihnen flüchten müssen: 1917 wurde er in eine wohlhabende, jüdische Familie in Berlin hineingeboren. Die Familie floh nach London, mit 19 schlug sich auch Hanns 1936 zu ihnen durch. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, meldete er sich freiwillig zum britischen Militärdienst. Erst im Mai 1945 kehrte er in seine alte Heimat zurück - auf britischen Befehl.
Kurz zuvor hatten die Alliierten das KZ Bergen-Belsen befreit. Die Briten wollten eine Ermittlertruppe gründen, um KZ-Aufseher zu verhören und das Geschehen für den Bergen-Belsen-Prozess, den ersten Kriegsverbrecherprozess auf deutschem Boden, zu dokumentieren. Alexander sollte für das neue "Number 1 War Crimes Investigation Team" als Dolmetscher tätig sein.
In Bergen-Belsen sah er als einer der Ersten das Grauen, das die Nazis hinterlassen hatten: Tausende Leichen waren aufgestapelt, wurden in Massengräber geschaufelt. Die Überlebenden vegetierten in dem überfüllten Lager vor sich hin, völlig abgemagert. "Leichen liefen herum, Leichen lagen herum", beschrieb er die Situation. "Es gab Menschen, die glaubten, noch am Leben zu sein, es in Wirklichkeit aber nicht mehr waren."
Ermittlungen auf eigene Faust
Bergen-Belsen habe Alexander einen vollkommen verändert, glaubt sein Großneffe Harding: "Er war nicht länger der sorglose Mann von einst. Er war von einer kaum noch kontrollierbaren Wut erfasst." Alexander war schockiert über die Kaltblütigkeit der gefangenen genommenen Aufseher und SS-Offiziere. Bei den Verhören hatte er Zugang zu Nazi-Schergen wie der KZ-Aufseherin Irma Grese. Die "Hyäne von Auschwitz" war für ihre Brutalität bekannt, sie hatte Häftlinge auspeitschen und erschießen lassen. Anfangs bestritt sie alles, noch im Bergen-Belsen-Prozess plädierte sie auf unschuldig - und wurde als eine der jüngsten Kriegsverbrecherinnen mit nur 22 Jahren gehenkt.
Hanns Alexander ärgerte es, dass die ranghohen Strippenzieher des Genozids immer noch frei herumliefen, ihre Flucht vorbereiten konnten. Er wollte nicht länger nur bei Verhören übersetzen, sondern selbst Nazis aufspüren. Da er keine offizielle Genehmigung erhielt, ermittelte er schließlich auf eigene Faust. "Diese SS-Typen zu jagen", schrieb er im Juli 1945 seiner Schwester, sei sein "größtes Vergnügen". In seiner Freizeit fuhr er quer durch Deutschland, befragte Bürger, Soldaten und Polizisten und untersuchte Häftlinge auf verräterische SS-Tätowierungen.
Den Amateurdetektiv Hanns Alexander trieb nur die Rache an - eine Fahnder-Ausbildung, die Ausrüstung, der Zugang zu Geheimdienstinformationen fehlten ihm. Er konnte trotzdem zwei Nazis aufspüren, allerdings keine prominenten Köpfe. Dann schwenkte die britische Regierung auf einen neuen Kurs ein, den Hanns schon seit Monaten als Hobby-Agent verfolgte: Ab sofort sollten die Ermittler sich auf öffentlichkeitswirksame Fahndungserfolge konzentrieren und untergetauchte Nazi-Größen aufspüren.
Psychoterror beim Verhör
Alexander wurde zum offiziellen Fahnder befördert. Es gelang ihm, Gustav Simon aufzuspüren, den ehemaligen Gauleiter, der für die Ermordung der jüdischen Bevölkerung Luxemburgs verantwortlich war. Dann wurde er auf Rudolf Höß angesetzt.
Die Briten vermuteten, dass Höß bei Flensburg untergetaucht war. Sie überwachten seine Frau Hedwig und die Kinder, die in einer alten Fabrik in Schleswig-Holstein lebten. Ein abgefangener Brief entlarvte, dass seine Frau wusste, wo Höß sich versteckt. Sie wurde festgenommen, doch sie schwieg bei jedem Verhör.
Erst Alexander brachte sie zum Reden - indem er die Kinder als Druckmittel einsetzte. Er fuhr zu den Kindern in die Wohnung, stellte sich dicht vor sie, brüllte sie an und drohte, die Mutter zu töten. Den ältesten Sohn nahm er mit aufs Revier, sperrte auch ihn in eine Zelle. Die Mutter hatte Angst um ihren Sohn - sie trat in den Hungerstreik, beharrte weiter darauf, dass ihr Mann tot sei.
Als hinter dem Gefängnis eine laut pfeifende Dampflok vorbeiratterte, nutzte Alexander die Gelegenheit: Er stürmte in die Zelle von Höß' Frau und drohte ihr, den Sohn gleich mit dem Zug nach Sibirien ins Arbeitslager zu schicken - nur ein Geständnis könne ihn retten. Er ließ einen Zettel und einen Stift in der Zelle zurück. Die Drohung wirkte: Um ihren Sohn zu retten, hatte die verzweifelte Frau zehn Minuten später Adresse und Decknamen ihres Mannes notiert: Unter dem Decknamen "Franz Lang" kümmerte Höß sich in dem Dörfchen Gottrupel bei Flensburg um einen Bauernhof.
Durchbruch im Kampf gegen Kriegsverbrecher
Wenige Stunden später erreichte Alexanders Kommando den Bauernhof und nahm Höß fest. Er erlebte nun selbst einen Hauch des Horrors, der in den Konzentrationslagern alltäglich gewesen war: etwa eine Gefängniszelle, die so eiskalt war, dass er Frostbeulen an den Füßen bekam, oder Peitschenschläge beim Verhör - mit seiner eigenen Peitsche.
Höß' Geständnis bedeutete den Durchbruch bei der Aufarbeitung der Kriegsverbrechen: Der KZ-Kommandant gab den Ermittlern erstmals detaillierten Einblick in die Tötungsmaschinerie und die Dimension des Mordens. Opferaussagen wurden damit bestätigt, andere Nazis konnten nicht länger abstreiten, von dem Massenmord gewusst zu haben.
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Im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess wurde Höß zu einem der wichtigsten Zeugen. Sein Geständnis schockte die Öffentlichkeit: Er schätzte, dass "wenigstens zweieinhalb Millionen Opfer mittels Vergasung und Verbrennung hingerichtet und vernichtet wurden, dass mindestens eine halbe Million dem Hunger und den Krankheiten erlagen, was die Gesamtzahl der Toten auf ungefähr drei Millionen belaufen lässt".
Die Wut blieb
Ende Mai 1946 wurde Höß an die polnische Regierung ausgeliefert. Am 11. März 1947 begann sein Prozess in Warschau, in dem ihm die Tötung von 300.000 polnischen und russischen Häftlingen und von vier Millionen Juden angelastet wurde. Im April 1947 wurde er auf dem Gebiet des Auschwitz-Lagers gehenkt.
Alexander kehrte nach London zurück. Er wollte den Krieg vergessen, konzentrierte sich auf seine Familie, arbeitete bei einer Bank. Er trat als Witzbold auf, als unauffälliger Mann, keiner, der wie ein Kriegsheld wirkte. Er war stolz auf seine Fahndungserfolge als Nazi-Jäger. Doch die Erfolge konnten ihm seine Wut darüber nicht nehmen, dass viele Kriegsverbrecher sich nie verantworten mussten.
Deutschland betrat Hanns Alexander nie wieder.
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Jagd auf Hitlers Handlanger
Die vielen Leben des Martin Bormann
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Martin Bormann einer der meistgesuchten Verbrecher der Welt. Etliche Personen wurden festgenommen, weil sie mit dem zweitmächtigsten Mann in Nazi-Deutschland verwechselt wurden. Selbst als im Jahr 1972 Bauarbeiter seine Leiche entdeckten, fand die Jagd kein Ende.
Von Peter Maxwill
06.12.2012, 17.29 Uhr
Ein einziges Wort reichte als Überschrift, um die Titelgeschichte als Sensation zu verkaufen: "Bormann". "Weltexklusiv" prahlten die Redakteure des englischen "Daily Express" in dicken Lettern, darunter prangte das Bild eines Mannes, der seit 27 Jahren als verschollen galt: Martin Bormann, als Parteisekretär im "Dritten Reich" mächtigster Mann nach Adolf Hitler, war in Südamerika aufgespürt worden - so schrieb es das Blatt Ende November 1972. Der seit 1945 verschollene Bormann habe sich unter dem Namen Ricardo Bauer als Großkaufmann in Chile und Argentinien eingerichtet. Ein journalistischer Jahrhundert-Coup. So schien es zumindest.
Doch was Redakteur Peter Knight seinen Lesern in einer sechsteiligen Serie als "größte Nachrichtengeschichte seit Ende des Zweiten Weltkriegs" verkaufte, stellte sich schon kurz darauf als gigantische Zeitungsente heraus. Die Rechercheure waren auf einen Haufen halbgarer Spekulationen hereingefallen, handfeste Beweise gab es nicht. So blieb der Redaktion nach der journalistischen Blamage nur ein einziger Trost: Sie waren nicht die ersten, die der Welt einen falschen Bormann präsentiert hatten.
Allein bis Anfang der siebziger Jahre waren deutsche Fahnder auf der Suche nach dem unauffindbaren Bormann 6400 Hinweisen nachgegangen, unzählige Male verkündeten mehr oder weniger glaubwürdige Zeugen die Lösung des globalen Verwirrspiels: Im Laufe der Jahrzehnte entstanden so Hunderte Lesarten über den Verbleib des Gesuchten, mindestens 16 Bormänner wurden festgenommen, mehrere vermeintliche Gräber des Nazi-Funktionärs ausgehoben. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang versuchten sich Kriminalisten, Journalisten und Forscher am Bormann-Rätsel - auch dann noch, als es längst gelöst war.
Kurioserweise war der Name Bormann während der Nazi-Diktatur kaum einem Deutschen ein Begriff, sogar Zeitungen schrieben seinen Namen falsch. Dabei hatte neben Hitler niemand mehr Macht als er. Der SS-Obergruppenführer war Reichsleiter der NSDAP, Hitlers Sekretär, Reichsminister, Chef der Parteikanzlei, politischer Befehlshaber des Volkssturms. Bis zu Hitlers Selbstmord arbeitete Bormann in Berlin, am 1. Mai schrieb er im Führerbunker nur ein Wort in sein Notizbuch: "Ausbruchsversuch!". Dann verlor sich seine Spur - und die Spekulationen begannen.
Für tot erklärt - und trotzdem gesucht
Als Erster suchte im Oktober 1945 der britische Major Richard Hortin nach Hitlers Stellvertreter, ließ 200.000 Steckbriefe mit Bormanns Gesicht drucken - vergeblich. Als einen Monat später der Prozess gegen die alte Führungsriege der Diktatur vor dem Militärgericht in Nürnberg begann, fehlte der Gesuchte. Die Richter verurteilten ihn im Jahr darauf dennoch zum Tod durch den Strang, "in Abwesenheit". Aber das Amtsgericht Berchtesgaden wollte neun Jahre später Rechtssicherheit haben - und legte fest, dass Bormann zum Zeitpunkt seiner Verurteilung schon nicht mehr gelebt hatte. Das Berliner Standesamt registrierte den Sterbefall Bormann daraufhin unter der Nummer 29223, offizieller Todeszeitpunkt: 2. Mai 1945, 24 Uhr.
Trotzdem verdichteten sich die Hinweise darauf, dass dem damals 44-Jährigen tatsächlich die Flucht gelungen sein könnte. Laut der Londoner Zeitung "Telegraph" gingen britische Geheimdienstler schon in den vierziger Jahren zahllosen Hinweisen nach, die Bormann etwa in Sri Lanka, Ägypten oder Südamerika verorteten. Schon wenig später gab die US-Regierung Bilder und Beschreibungen Bormanns an ihre Soldaten in Deutschland sowie Diplomaten in der ganzen Welt heraus.
Den Staatsanwälten in Berlin blieb angesichts stets neuer Gerüchte nichts anderes übrig, als ein neues Verfahren gegen den offiziell totgesagten NS-Verbrecher einzuleiten. 1959 begannen die Fahnder mit ihren Nachforschungen, während sich auch der jüdische Nazi-Jäger Simon Wiesenthal sowie der amerikanische Geheimdienst CIA an der internationalen Bormann-Jagd beteiligten. In der Bundesrepublik übernahm unterdessen der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer 1961 die Ermittlungen. Der bekannte Nazi-Ankläger war sich sicher: Bormann lebt.
Schon nach kurzer Zeit hatte Bauer einen Haftbefehl gegen Hitlers Ex-Sekretär erwirkt, später wurden sogar 100.000 Mark Belohnung auf dessen Ergreifung ausgesetzt. Im Sommer 1965 folgte die Staatsanwaltschaft einem fast 20 Jahre alten Hinweis, Bormanns letzte Ruhestätte befände sich mitten in Berlin. Die Ermittler ließen in der Nähe des Lehrter Bahnhofs das Erdreich umgraben. Vergeblich. Dabei waren sie kaum 15 Meter von der Lösung des Rätsels entfernt.
"Prominentester Informant und Berater" - der Sowjetunion
Stattdessen tauchten immer wieder neue Thesen auf: Die Londoner "Sunday Times" berichtete 1968 über die Aussagen des vermeintlichen Bormann-Vertrauten Erich Karl Wiedewald, der den Parteisekretär 1945 aus dem eingekesselten Berlin befreit und später in Südamerika bewacht haben wollte. Drei Jahre später zementierte Reinhard Gehlen, Ex-Präsident des Bundesnachrichtendienstes, in seinen Memoiren eine der populärsten Theorien über Bormann: Er habe "schon zu Beginn des Russlandfeldzuges", so Gehlen, "als prominentester Informant und Berater" Moskau gedient - und starb angeblich nach dem Krieg in der Sowjetunion. Doch all diese Theorien sollten bald widerlegt werden, durch einen Zufall.
Ende 1972 schachteten einige Männer an der Invalidenstraße 63 in Berlin die Erde aus, um Leitungen zu verlegen. Plötzlich stießen die Arbeiter auf einen bräunlichen Gegenstand. Es war ein menschlicher Schädel. Es folgten systematische Grabungen, die schließlich zwei Skelette hervorbrachten. Nach monatelangen Analysen wurde eines der beiden Skelette schließlich Hitlers Leibarzt Ludwig Stumpfegger zugeordnet, die übrigen Knochen identifizierten Gerichtsmediziner "mit absoluter Sicherheit als die Überreste des ehemaligen Reichsleiters Martin Bormann". Er hatte sich mit einer Giftampulle getötet.
Für die Staatsanwaltschaft war der Fall damit geklärt, wie die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" am 12. April 1973 feierlich verkündete: "Martin Bormann ist in der Nacht zum 2. Mai 1945 zwischen ein und drei Uhr auf der Eisenbahnbrücke der Invalidenstraße in Berlin gestorben." Der Haftbefehl gegen Bormann wurde aufgehoben, seine menschlichen Überreste wanderten in die Asservatenkammer, er selbst wurde ein zweites Mal amtlich für tot erklärt. Die Ermittlungsakte Bormann, Aktenzeichen Js 11/1961, wurde nach zwölf Jahren geschlossen. Vorerst.
Denn da es noch keine genetischen Untersuchungsmethoden gab, waren einige Unklarheiten geblieben. Und mit ihnen die Zweifel. So folgte der nächste Akt des nicht enden wollenden Rätselratens: Aus dem Kriminalstück "Bormann" wurde endgültig eine bizarre Nachkriegsphantasterei. Ständig tauchten neue Decknamen, Sterbedaten und Scheinidentitäten des Ex-Parteisekretärs auf.
Bormann in Madrid, Moskau oder Mexiko?
Anfang der achtziger Jahre entdeckte ein Starreporter des "Stern" das Thema für sich: Gerd Heidemann, der sich wenig später mit einer Titelgeschichte über gefälschte Hitler-Tagebücher einen unrühmlichen Namen machen sollte. Der Sensationsjournalist glaubte fest an Bormanns Überleben, dem "Hamburger Abendblatt" zufolge kaufte er einem Karlsruher Waffenhändler sogar für 140.000 Mark das Märchen ab, Bormann habe Wohnsitze in Madrid, im mexikanischen Chihuahua sowie in Zürich - wo der Journalist den Ex-Reichsleiter bald hätte interviewen sollen. Die Affäre um die Hitler-Tagebücher beendete Heidemanns Ambitionen zwar bald, doch andere setzten die Produktion stets neuer Verschwörungstheorien fort.
Josef Mengeles Gebeine: Der Schädel des Bösen Von Jens Glüsing
Der Schädel des Bösen
So wie der sowjetische Ex-Agent Boris Tartakowski, der 1994 in einer Moskauer Zeitung die Theorie von Bormanns Spitzeltätigkeit für die Russen aufwärmte. Oder der britische Ex-Agent Christopher Creighton, der 1996 in seinem Buch "Operation James Bond" behauptete, Bormann im Auftrag von Englands Premier Winston Churchill aus dem eingekesselten Berlin geschleust zu haben. Schließlich tönte das italienische Linksblatt "Il Manifesto" im Dezember 1996, Bormann sei 1952 in Rom gestorben. Die Theorien über Bormanns Verbleib hätten womöglich noch jahrelang weiter Blüten getrieben - doch langsam reichte es Bormanns Nachfahren.
Auf Vorschlag der Kinder Bormanns und mit Zustimmung des hessischen Justizministeriums veranlasste der Frankfurter Generalstaatsanwalt Hans Christoph Schaefer 1997 eine erneute Untersuchung der Bormann-Gebeine. Schaefer setzte laut SPIEGEL auf ein junges Spezialverfahren zur Analyse der DNS, weil "ein politisches Interesse an der Aufarbeitung der historischen Vergangenheit bestehe".
Im Frühjahr 1998 wanderten Teile des Skelettfundes von 1972 durch Labore in Frankfurt, Bern und München. Schließlich gelang den Experten in Bayern ein DNS-Vergleich zwischen den Knochen und dem Blut einer Bormann-Nachfahrin, Ergebnis: Die sterblichen Überreste waren die des Gesuchten - zweifelsohne. Die Staatsanwälte schlossen die Akte Js 11/1961 ein zweites Mal, das Beweismaterial verließ endgültig die Asservatenkammer. 1999 wurden Bormanns sterbliche Überreste eingeäschert und in der Ostsee bestattet - 54 Jahre nach seinem Tod.
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Antisemitismus-Opfer Philipp Auerbach
Der unerwünschte Nazi-Jäger
Alle wollten vergessen, er verlangte Gerechtigkeit: Im Nachkriegsdeutschland kämpfte Philipp Auerbach wie kein zweiter für die Entschädigung von NS-Opfern. Politiker und Medien beschimpften ihn - ein ehemaliger Nazi-Richter verurteilte den Juden in einem unfairen Prozess. Die Hetze endete tödlich.
Von Christoph Sydow
30.01.2013, 13.18 Uhr
Philipp Auerbach war kein sympathischer Mensch. Selbst Leute, die es gut mit ihm meinten, bezeichneten ihn als cholerisch, machtgierig, selbstherrlich. Aber andererseits auch als hilfsbereit, gutmütig und selbstlos. Viele Deutsche verachteten ihn schlicht: Denn in den ersten Nachkriegsjahren war Auerbach der Stachel im Fleisch der jungen Republik. Während die meisten Deutschen die Verbrechen während der zwölfjährigen Nazi-Diktatur einfach nur vergessen wollten, drängte er wie kein zweiter auf eine Wiedergutmachung für die NS-Opfer und eine rücksichtslose Verfolgung der Täter.
Auerbach gehörte als Jude selbst zu denen, die unter den Nazis eingesperrt waren und jahrelang in Todesangst auf ihre Freilassung hoffen mussten. Er überlebte die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald. Doch nach seiner Befreiung 1945 wurde Auerbach nicht wie erhofft mit Jubelrufen, sondern bestenfalls mit Gleichgültigkeit, oft auch mit Hass empfangen. Denn er vertrat all jene, die jeden Tag die Deutschen an ihre Mitschuld an den Verbrechen des Nazi-Regimes erinnerten.
Seine Mission: Wiedergutmachung für die Opfer des NS-Regimes und die juristische Verfolgung von Alt-Nazis. Dieses Ziel vertrat er in verschiedenen Ämtern, zuletzt als bayerischer Staatskommissar für rassisch, religiös und politisch Verfolgte und als Präsident des Landesentschädigungsamtes in München.
Auerbach war kein Mann der Kompromisse, kein Versöhner, manchmal handelte er am Rande der Legalität. Er verlangte nicht nur Entschädigung für jüdische NS-Opfer, sondern ausdrücklich auch für die im Nachkriegsdeutschland noch immer diskriminierten Homosexuellen sowie für Sinti und Roma. Mit dieser Haltung machte er sich auch bei jüdischen Interessengruppen Feinde.
Viele Deutsche hatten kein Verständnis für Auerbach
Auerbach forderte für jeden ehemaligen KZ-Häftling eine Entschädigung von zehn Mark pro erlittenem Hafttag. Dafür sollte das Raubgut der Nazis unter den Opfern des "Dritten Reiches" verteilt werden. Daraufhin erhielt er zahlreiche antisemitische Schmähbriefe, in denen den Überlebenden des Nazi-Regimes pauschal Gier und Rachsucht vorgeworfen wurden.
Denn in den ersten Nachkriegsjahren, als viele deutsche Städte in Trümmern lagen und die Not groß war, sahen fast alle Deutsche sich selbst als Opfer der Nazi-Zeit. Sie mussten mit den Folgen der Kriegsniederlage leben. Für Auerbachs Haltung fehlte ihnen fast jedes Verständnis.
Der verteidigte in einem Gastbeitrag im SPIEGEL 1947 seine Forderungen: "Während wir im Kampf um unsere Idee gegen den Hitler-Terror kämpften und unser Leben aufs Spiel setzten, misshandelt, verkrüppelt und tyrannisiert wurden, haben große Teile von ihnen in Ruhe ihrer Beschäftigung nachgehen können oder sogar in Amt und Würden gestanden und von dem System Nutzen gezogen, das wir bekämpften. Sie hatten bis die Bomben einschlugen, ihre Wohnung, ihr Heim."
In der deutschen Presse erschienen inzwischen wieder offen antisemitische Leserbriefe wie dieser von einem "Adolf Bleibtreu", der im August 1949 in der "Süddeutschen Zeitung" schrieb: "Geht doch nach Amerika, aber dort können sie Euch auch nicht gebrauchen, sie haben genug von diesen Blutsaugern", pöbelte der Mann. Und fuhr fort, er sei "beim Ami beschäftigt", und habe dort gehört, dass sie den Deutschen alles verziehen, außer dass sie nicht alle Juden vergast hätten. Denn nun würden sie Amerika beglücken.
Häme für den "Cäsar der Wiedergutmachung"
Auch seine Jagd nach Alt-Nazis brachte Auerbach Ärger ein: Die junge Bundesrepublik benötigte ehemalige Vertreter des NS-Regimes für den Aufbau ihres Verwaltungsapparats, und auch die US-Militärbehörde zeigte kein wirkliches Interesse an einer Aufarbeitung des Unrechts während der Nazi-Zeit. Sie brauchte stabile deutsche Institutionen angesichts des aufziehenden Kalten Krieges und der Konfrontation mit dem neuen Feind Kommunismus. Schnell wurde klar: Der unbequeme Nazi-Jäger musste weg.
Bereits 1949 stellte der CSU-Gründer und bayerische Justizminister Josef Müller einen Staatsanwalt eigens dafür ab, belastendes Material gegen Auerbach zu sammeln. Im Januar 1951 durchsuchte die Polizei das von Auerbach geleitete Landesentschädigungsamt. Zehn Wochen lang besetzte die Beamten die Münchener Behörde, Entschädigungsanträge wurden in dieser Zeit kaum noch bearbeitet. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Das Amt sollte mit Hilfe gefälschter Dokumente mehrere 100.000 Mark an Wiedergutmachungsgeldern erschlichen haben. Viele Deutsche fühlten sich dadurch in ihrem antisemitischen Vorurteil bestätigt, dass Juden zu ihrem eigenen finanziellen Vorteil lügen und betrügen.
Journalisten und Politiker bedienten diese Vorurteile. Manche ganz offen, bei anderen schlichen sich weit verbreitete Ressentiments in Nebensätzen ein. So erwähnte etwa der SPIEGEL im Februar 1951 in einem Artikel über Auerbachs Tätigkeit als Präsident des bayerischen Landes-Entschädigungsamtes ganz nebenbei "Juden, denen KZ-Haft und Tod zahlloser Angehörigen den Maßstab gesetzlicher Notwendigkeit getrübt hatten". Bayerns Justizminister Müller, der mehr und mehr zu Auerbachs erbittertstem Gegenspieler wurde, geht noch einen Schritt weiter. Er sagte, er könne nicht zusehen, dass Bayern von einem jüdischen König regiert werde. Außerdem machte er Auerbachs Verhalten für den wachsenden Antisemitismus im Nachkriegsdeutschland verantwortlich.
Am 10. März hatte die Staatsanwaltschaft offenbar genügend belastendes Material gesammelt: Die bayerische Polizei nahm Auerbach auf der Autobahn fest, als dieser von einer Dienstreise aus Bonn zurückkehrte. Nach 13 Monaten in Untersuchungshaft begann im April 1952 der Prozess gegen ihn und drei Mitangeklagte, darunter den bayerischen Landesrabbiner Aaron Ohrenstein. Die Anklageschrift war Ausdruck der pedantischen Ermittlungsarbeit. Sie warf Auerbach Erpressung, Untreue, Betrug, Bestechung, Abgabenüberhebung, Amtsunterschlagung, Angabe falscher Versicherung an Eides statt und die unbefugte Führung eines akademischen Grades vor.
Keine Chance auf einen fairen Prozess
Schon vor dem Prozess erreichten die Behörden zahllose antisemitische Briefe. So schrieb ein anonymer Absender: "Ehrliche Arbeit scheut der Jude." Und hetzte weiter: Das Deutsche Volk habe seit Jahren in Erfahrung bringen müssen, dass bei Staatlichen- und Kommunalen-Behörden, wo Unterschlagungen und Betrügereien vorgekommen sind, stets Juden an den maßgebenden Stellen die Betrüger waren. Am Ende seiner Tirade foderte er gar: "Raus mit den Juden aus Deutschland!"
Als der Angeklagte am 16. April 1952 erstmals auf der Anklagebank Platz nahm, saß ihm eine Riege ehemaliger NS-Juristen gegenüber: Richter Josef Mulzer war nicht nur ein ehemaliger Kanzleikollege von Auerbachs Gegenspieler Müller; er war auch Oberkriegsgerichtsrat im "Dritten Reich". Ein Beisitzer war Ex-SA-Mitglied, ein weiterer Beisitzer, die Staatsanwälte und der psychiatrische Sachverständige waren Mitglieder der NSDAP. Ganz unbefangen erwähnte der Richter, dass Auerbach "eine arische Ehefrau habe", und als der Verteidiger daran erinnerte, dass sein Mandant Jahre im KZ interniert war, entgegnete Mulzer lapidar, dass er selbst auch in sowjetischer Kriegsgefangenschaft gesessen hatte.
Unstrittig war, dass Auerbach unberechtigterweise einen Doktortitel führte. Doch weit schwerer wiegende Anklagepunkte brachen in sich zusammen, weil Zeugen Auerbach entlasteten und Belastungszeugen frühere Aussagen zurücknahmen. Wegen seines angeschlagenen Gesundheitszustands wurde der 45-Jährige aus der Untersuchungshaft entlassen und durfte zur Behandlung in ein Sanatorium. Justizminister Müller musste noch während des Prozesses zurücktreten, weil er eigenmächtig einen Staatsanwalt jahrelang gegen Auerbach ermitteln ließ.
Dennoch verurteilte das Gericht Auerbach am 14. August 1952 zu zweieinhalb Jahren Haft und 2700 Mark Geldstrafe. Seine Vergehen: unberechtigtes Führen eines akademischen Grades, zwei falsche eidesstattliche Erklärungen, ein Erpressungsversuch, Bestechung in drei und Untreue in vier Fällen. Den Hauptanklagepunkt - die angebliche Veruntreuung von Entschädigungsgeldern - hatten die Richter fallengelassen.
Proteste bei der Beerdigung
Doch der Urteilsspruch und die antisemitische Hetzkampagne hatten Auerbach gebrochen: Zwei Tage später nahm er sich mit einer Überdosis Schlaftabletten das Leben. In seinem Abschiedsbrief schrieb er: Ich habe mich niemals persönlich bereichert und kann das entehrende Urteil nicht weiterhin ertragen. Ich habe bis zuletzt gekämpft umsonst ... Mein Blut komme auf das Haupt der Meineidigen.
Bei der Beerdigung auf dem Jüdischen Friedhof in München am 18. August 1952 folgten Tausende dem Sarg des Verstorbenen. Am Rande des Trauerzugs kam es zu Tumulten, als Demonstranten ein Transparent mit dem Schriftzug enthüllten: Bist Du nun zufrieden, Josef Müller? Die Polizei setzte Wasserwerfer ein.
Doch es war nur eine Minderheit, die auf Seiten Auerbachs stand: Die bayerische Landpolizei schrieb in einem Bericht über die Beisetzung: "Das Urteil im Auerbach-Prozess wird im Volke allgemein als gerecht, vielfach aber auch () als zu milde empfunden. Der Selbstmord Auerbachs sei zwar mit Überraschung, aber ohne besondere Erschütterung zur Kenntnis genommen und als Schuldbekenntnis gewertet worden."
Zwei Jahre später wurde Auerbach von einem Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags vollständig rehabilitiert. Auf seinem Grabstein steht heute: "Helfer der Armen, Opfer seiner Pflicht".
https://www.spiegel.de/
Nazi-Jäger
: Neue Most-Wanted auf Wiesenthals Liste
Immer mehr Naziverbrecher sterben, doch die Liste der zehn Meistgesuchten des Wiesenthal-Zentrums bleibt voll. Ganz oben steht Alois Brunner, enger Mitarbeiter Eichmanns.
Von Hellmuth Vensky
1. Juni 2012, 15:13 Uhr
Enio Mancini ist keine sieben Jahre alt, als das Grauen in sein Dorf einbricht. Viele Bewohner toskanischer Küstenstädte haben im letzten Sommer des Zweiten Weltkrieges Zuflucht gesucht in diesem Sant'Anna di Stazzema in den Bergen, in das damals nicht einmal eine richtige Straße führt. Die SS findet trotzdem den Weg, von italienischen Faschisten geführt. Die Deutschen sinnen auf Vergeltung für Partisanenüberfälle.
Ihre Rache vom 12. August 1944 wird Mancini nie vergessen. Er beschreibt den Anblick vergewaltigter Frauen, den Geruch verbrannten Fleisches. Er beschreibt noch Schlimmeres. In nüchternen Zahlen: 560 Zivilisten, davon rund 120 Kinder, metzeln die SS-Schergen nieder, verbrennen vor der Kirche die Leichen. Für den Fall, dass sich hinter der Orgel in der 400 Jahre alten Kirche jemand verbirgt, zerschießen sie das Instrument mit Maschinengewehrgarben.
Die Orgel ist dank einer Initiative von Essener Musikern heute wieder spielbar, die Verantwortlichen für das Massaker von Sant'Anna di Stazzema sind straflos geblieben. Im Juni 2005 hat das Landgericht im italienischen La Spezia drei ehemalige Offiziere und sieben Angehörige der 16. Panzergrenadierdivision "Reichsführer SS" zu lebenslanger Haft verurteilt – in Abwesenheit. Keiner von ihnen musste je für seine Taten büßen. Auch nicht Gerhard Sommer, dessen Name deshalb weit oben auf der Most-Wanted-Liste des Simon-Wiesenthal-Centers steht.
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Die Menschenrechtsorganisation, die sich unter anderem mit der Aufklärung des Holocausts befasst, berichtet alljährlich über Ergebnisse der Verfolgung von NS-Verbrechern. Auf der dazugehörigen Liste der zehn Meistgesuchten standen lange dieselben Namen, doch zuletzt gab es Veränderung: Etliche der hochbetagten mutmaßlichen Kriegsverbrecher sind gestorben.
Einer der Toten ist Iwan Demjanjuk, der 2011 in München verurteilt wurde, weil er im Vernichtungslager Sobibór als Wachmann gedient hatte. Als er im März 2012 mit 91 Jahren starb, galt er dennoch juristisch als unschuldig: Verteidigung und Staatsanwaltschaft hatten Revision eingelegt, das Urteil war also nicht rechtskräftig.
Zuletzt, am 24. Mai, starb in Ingolstadt Klaas Carel Faber. Er war 1947 von einem niederländischen Gericht zum Tode verurteilt worden, weil er als SS-Freiwilliger Zivilisten ermordet hatte. Faber entkam jedoch nach Deutschland, dessen Staatsbürgerschaft er wie alle ausländischen SS-Freiwilligen durch einen Erlass von Adolf Hitler erhalten hatte. Er konnte also nicht ausgeliefert werden. Deutsche Ermittlungen in den fünfziger Jahren scheiterten, weil die Niederländer nicht mit der immer noch von Nazis durchsetzten deutschen Justiz zusammenarbeiteten. Kurz vor Fabers Tod gab es Pläne, das in lebenslange Haft umgewandelte Urteil in Deutschland zu vollstrecken.
"Dr. Tod" lebt wahrscheinlich nicht mehr
Faber steht noch auf der Wiesenthal-Liste, die kurz vor seinem Tod erschien. Auch der weißrussische Gestapo-Übersetzer Mikhail Gorshkov ist noch drauf. Er soll an der Ermordung von 3.000 Zivilisten im Ghetto von Slutsk beteiligt gewesen sein und wurde 2002 aus den USA ausgewiesen. In seinem Geburtsland Estland wurden Ermittlungen gegen ihn eingestellt: Es sei nicht sicher, ob er der Kollaborateur sei oder nur denselben Namen trage. Das Wiesenthal-Center akzeptiert diese Entscheidung nicht.
Ganz oben auf der Liste nennt das Wiesenthal-Center Alois Brunner, rechte Hand von Holocaust-Organisator Adolf Eichmann, und KZ-Arzt Aribert Heim alias "Dr. Tod". Beide leben aber wahrscheinlich nicht mehr, sie werden in einer Sonderkategorie geführt. Auf Nummer eins der eigentlichen Liste steht der erste von drei neuen Namen: Ladislaus Csizsik-Csatary, der als ungarischer Polizeioffizier für die Deportation von fast 16.000 Juden nach Auschwitz verantwortlich gewesen sein soll. Er verließ 1997 Kanada und soll in Ungarn leben.
Vladimir Katriuk soll als Kommandant einer ukrainischen Armeeinheit für Massenmorde an Juden und Zivilisten in Weißrussland verantwortlich sein. Er lebt in Kanada, bekam die Staatsangehörigkeit zwischenzeitlich aberkannt, klagte aber erfolgreich dagegen. Das Wiesenthal-Zentrum spricht von neuen Beweisen, die Katriuks Rolle bei einem Massaker belegen.
Ebenfalls in Kanda lebt Helmut Oberlander, der in der Ukraine und auf der Krim mit einem SS-Einsatzkommando an der Ermordung von mehr als 23.000 Menschen beteiligt gewesen sein soll, die meisten Juden. Auch er wehrt sich gegen seine Ausbürgerung. Das Wiesenthal-Center rügt Kanada in seinem Jahresbericht für mangelnde Bemühungen, diese und andere Fälle zum Abschluss zu bringen.
Schon bekannte Namen auf der Liste sind Zentai, Kalymon, Kam und Algimantas Dalide. Kam und Dailide leben in Deutschland. In einem Altersheim in Hamburg wohnt auch Gerhard Sommer, der nach Überzeugung der italienischen Justiz als SS-Untersturmführer maßgeblich am Massaker von Sant’Anna di Stazzema beteiligt war. Immer wieder versuchen Angehörige von Opfern und Überlebende wie Enio Mancini, die deutsche Justiz zu einer Anklage gegen ihn zu bewegen. Bisher verliefen alle Ermittlungen im Sande. Sommer ist 90 Jahre alt.
https://www.zeit.de/
Siehe dazu auch:
- Beantragte NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS-Verfahren >>>
- Petition beim Landtag Baden-Württemberg zur Aufarbeitung nationalsozialistischen Unrechts >>>
- Zuständigkeit des Amtsgerichts Mosbach in NS- und Rechtsextremismus-Verfahren >>>
- Verfahrensstrategien in den beim Amtsgericht Mosbach beantragten NS-Verfahren >>>
- Amtsseitig offizielle Verknüpfung von Familienrechtsverfahren mit NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : International und innerstaatlich >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : Nazi-Jäger-Anwendung >>>
- Nazi-Jäger und ihre Aktivitäten >>>
5. Geplante und Kontrollierte Nazi-Jäger-Aktionen: Jagen, Aufspüren und ÖFFENTLICHES BENENNEN und BELEIDIGEN von NS-Belasteten zur symbolpolitischen öffentlichen Konfrontation
Beispiele dieses Nazi-Jäger-Typus sind u.a.:
Siehe dazu auch:
- Beantragte NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS-Verfahren >>>
- Petition beim Landtag Baden-Württemberg zur Aufarbeitung nationalsozialistischen Unrechts >>>
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- Verfahrensstrategien in den beim Amtsgericht Mosbach beantragten NS-Verfahren >>>
- Amtsseitig offizielle Verknüpfung von Familienrechtsverfahren mit NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : International und innerstaatlich >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : Nazi-Jäger-Anwendung >>>
- Nazi-Jäger und ihre Aktivitäten >>>
6. Aktuelle Thematisierung von Nazi-Jäger-Aktivitäten und Nazi-Beleidigungen beim Amtsgericht Mosbach seit 2022
Beglaubigte Abschrift
VOM
Amtsgericht Mosbach
Mosbach, 17.08.2022
6 F 202/21
Verfügung
In Sachen
*** wg. Elterl. Sorge (Ri)
In Vorbereitung des für den 13.09.2022 anberaumten Termins, weist das Gericht darauf hin, dass es im Rahmen von Internetrecherchen aufgrund der wiederholten Freigabeerklärung zur Veröffentlichung der jeweiligen Eingaben des Vaters in den unzähligen Eingaben im Verfahren 6 F 9/22, seit dem letzten Termin am 25.04.2022, sowohl nach der vom Vater benannten Internetseite www.nationalsozialismus-in-mosbach-baden.info als auch unter dem Namen des Vaters im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes recherchiert hat. Hierbei ist das Gericht auf den in der Anlage beigefügten Artikel der Nordwestzeitung vom 23.04.2008 gestoßen.
Die im Verfahren 6 F 9/22 eingereichten Eingaben sind im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes auch im vorliegenden Verfahren gerade im Hinblick auf die Frage der psychischen Gesundheit des Vaters von Relevanz, auch wenn sie in der Sache selbst mit dem Verfahrensgegenstand Umgang und elterliche Sorge in keinerlei Zusammenhang stehen.
Das Gericht weist darauf hin, dass beabsichtigt ist, den Vater psychiatrisch begutachten zu lassen. Vorab wird das Gericht eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen bis zum Termin einholen, im Hinblick auf ihre Einschätzung betreffend die erfolgten Eingaben des Vaters im Verfahren 6 F 9/22 und der Frage der Notwendigkeit einer psychiatrischen Begutachtung zur Beurteilung der Erziehungsfähigkeit. Die Sachverständige hatte bereits nach Erteilung des Gutachtensauftrages darauf hingewiesen, dass sich nach Aktenlage Anhaltspunkte hierfür ergeben könnten, welche sich dann im Rahmen der Exploration nicht bestätigt hatten. Die unzähligen nicht im Zusammenhang mit den Verfahrensgegenständen stehenden Eingaben sind erst nach Übersendung des Gutachtens zur Stellungnahme und nach dem letzten Termin am 25.04.2022 in 6 F 9/22 erfolgt, sodass unklar ist, ob und inwieweit die bisherige Entwicklung der Verfahren betreffend die Eingaben des Vaters die Erziehungsfähigkeit des Vaters tangieren.
Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme zu den erteilten Hinweisen bis 07.09.2022.
***
Richterin am Amtsgericht
Beglaubigt
Mosbach, 18.08.2022
***
Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Durch maschinelle Bearbeitung beglaubigt
ohne Unterschrift gültig
KOMMENTAR: Die Sachverhaltserforschung, -aufklärung und -ermittlung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen in der juristischen Aufarbeitung ist in öffentlichem Interesse. Siehe auch:
- Rechtsprechung zur Veröffentlichung von Gerichtsdokumenten und Gerichtsbeschlüssen >>>
- Beantragte NS- und Rechtsextremismusverfahren beim Amtsgericht Mosbach >>>
- Petition beim Landtag Baden-Württemberg zur Aufarbeitung von NS-Unrecht >>>
KOMMENTAR:
Das Amtsgericht Mosbach erwähnt in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die vielfältigen Eingaben des Antragstellers an das Amtsgericht Mosbach und benennt dabei explizit nicht, dass es sich dabei um die vielfältigen vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismusverfahren unter 6F 9/22 handelt. Erst durch die Benennung des Internet-Links www.nationalsozialismus-in-mosbach-baden.info sowie durch den Verweis des in der Anlage beigefügten Artikels der Nordwestzeitung vom 23.04.2008 wird der Sachzusammenhang der Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen des Antragstellers sowohl aus dem gegenwärtigen Zeitraum um 2022 als auch aus dem Zeitraum vor 14 Jahren um 2008 klar.
Das Amtsgericht Mosbach nimmt diese Aktivitäten des Antragstellers zum Anlass und zur Begründung einer erneuten Überprüfung seiner psychischen Gesundheit und seiner Erziehungsfähigkeit durch laut Amtsgericht Mosbach entstehende diesbezügliche Zweifel.
NWZONLINE.DE REGION
23.04.2008
PROZESS
Aktivist beschimpft Richter als „Nazis“
Von ***
Wilhelmshaven. Weil er Richter des Amtsgerichtes in Wilhelmshaven als „Nazis“ beschimpft hat, muss der selbst ernannte Nazi-Jäger und Menschenrechtsaktivist [***VOLLSTÄNDIGER KLARNAME***] aus *** nun eine Geldstrafe von 1800 Euro zahlen.
Das Oldenburger Landgericht verurteilte den 39-Jährigen am Dienstag wegen übler Nachrede.
*** ist bundesweit bekannt. Er ist der Meinung, dass derjenige, der sich nicht öffentlich als Nazi-Jäger betätigt, selbst ein Nazi ist. Etliche Personen wurden von *** in die Nazi-Ecke gestellt.
So traf es auch Richter in Wilhelmshaven. Weil diese seiner Ansicht nach in einem Sorgerechtsverfahren nicht schnell genug gehandelt haben sollen, unterstellte er ihnen, nationalsozialistisches Sorgerecht angewandt zu haben.
Auch Staatsanwältinnen der Oldenburger Anklagebehörde mussten die Vorwürfe über sich ergehen lassen.
Für die Betroffenen waren die Vorwürfe alles andere als ein böser Scherz. Nicht nur, dass sie in dem Verfahren gegen *** allesamt als Zeugen auftreten und erklären mussten, keine Nazi-Aktivitäten unternommen zu haben, sie litten auch persönlich unter den Angriffen.
*** verhöhne mit seinen ungerechtfertigten Attacken die Opfer des Nazi-Regimes, setzte sich einer der betroffenen Richter zur Wehr. Am Ende wurde *** auch verurteilt. Immer wieder musste der Vorsitzende *** den 39-Jährigen zur Ruhe ermahnen. In seiner Befragung war ** teilweise unter die „Gürtellinie“ der Zeugen gegangen.
In etlichen Schreiben an die Staatsanwaltschaften in der gesamten Bundesrepublik hatte *** Personen und Sachverhalte als nationalsozialistisch verleumdet. Wegen seines auffälligen Verhaltens war der 39-Jährige begutachtet worden. Er soll vermindert schuldfähig sein.
Siehe dazu auch:
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : International und innerstaatlich >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : Nazi-Jäger-Anwendung mit Rechtsprechung zu Nazi-Beleidigungen und Vergleichen und Erläuterungen zu Nazi-Jäger-Aktivitäten >>>
- Nazi-Jäger und ihre Aktivitäten >>>
KOMMENTAR:
Sowohl der erneut zum zweiten Mal beauftragten Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen in ein und demselben Verfahren als auch dem per Verfügung beauftragenden Amtsgericht Mosbach selbst ist gerichtsbekannt gemäß Akten- und Verfahrensanalysen im anhängigen Verfahrenscluster, dass der Antragsteller sowohl in den anhängigen Familienrechtsverfahren als auch in den anhängigen NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach aus dem Zeitraum um 2022 zu keinem Zeitpunkt seit November 2021 beteiligte und unbeteiligte Personen beschimpft und beleidigt hat. Weder das Amtsgericht Mosbach noch die beauftragte Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen benennen diese nachweisbaren und gerichtsbekannten Sachverhalte.
KOMMENTAR:
Der vom Amtsgericht Mosbach in der Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 genannte Online-Zeitungsartikel der Nordwestzeitung vom 23.04.2008 soll offensichtlich eine Stigmatisierung und Prangerwirkung gegenüber dem Antragstellers beabsichtigen und wird ggf. unter anderem einer strafrechtlichen Prüfung bezüglich der Nennung von Klarnamen und damit der möglichen Verletzung von Persönlichkeitsrechten unterzogen werden müssen. Ggf. könnte damit das Amtsgericht Mosbach rechtwidriges Beweismaterial in die anhängigen Verfahren eingeführt haben.
Mit dieser Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 verwendet das Amtsgericht Mosbach möglicherweise eine rechtswidrige Presseberichterstattung mit Nennung des Klarnamens des Antragstellers seit 2008, insbesondere mit dem zunehmendem zeitlichen Abstand unter dem Gesichtspunkt des Rechtsanspruches auf Resozialisierung des Verurteilten. In diesem vor 14 Jahren aus 2008 veröffentlichten Zeitungsartikel und vom Amtsgericht Mosbach 14 Jahre später in 2022 unter 6F 202/21 verwendeten Zeitungsartikels ist auch keine Sicherstellung einer Ausgewogenheit vorhanden, die darin besteht, vor der Veröffentlichung eine unmittelbare Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Sollte es nach der ersten Instanz zu einem Schuldspruch kommen, darf die Presse ggf. zwar einerseits identifizierend berichten, wenn an der Tat und der Identität des Verurteilten ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Nach der Verurteilung jedoch überwiegt aber andererseits das Persönlichkeitsrecht des Verurteilten mit zunehmendem zeitlichen Abstand der Gesichtspunkt der Resozialisierung, was hier im vorliegenden Fall über den Zeitraum von 14 Jahren eindeutig gegeben ist.
Weitere Erläuterungen zur Rechtsprechung zu Nazi-Beleidigungen und Vergleichen und Erläuterungen zu Nazi-Jäger-Aktivitäten bietet die Seite Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : Nazi-Jäger-Anwendung >>>
Während sich das Amtsgericht Mosbach in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 auf die vor 14 Jahren verurteilten Nazi-Beleidigungen des Antragstellers fokussiert, unterlässt im vorliegenden Verwaltungsakt das Amtsgericht wie dokumentiert, dabei gleichzeitig zu benennen, dass die KM Beschimpfungen, Beleidigungen, Verunglimpfungen und Verleumdungen gegenüber Familienangehörigen des Antragstellers als "Nazis" äußert, dokumentiert im familienpsychologischen Sachverständigengutachten vom 07.04.22 unter Aktz: 6F 202/21 auf Seite 49. Absatz 1 der erneut beauftragten Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen.
KOMMENTAR:
In seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 verwendet das Amtsgericht Mosbach eine widersprüchliche Argumentation im vorliegenden Verwaltungsakt der erneuten Beauftragung der Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen.
Einerseits sollen die Aufarbeitungsbemühungen in den Eingaben des Antragstellers zu NS-Unrecht und NS-Verbrechen aus dem Zeitraum um 2022 beim Amtsgericht Mosbach gemäß dem Amtsgericht Mosbach in der Sache selbst mit dem Verfahrensgegenstand Umgang und elterliche Sorge in keinerlei Zusammenhang stehen.
Andererseits sollen aber gleichzeitig genau diese Eingaben des Antragstellers zu NS-Unrecht und NS-Verbrechen aus dem Zeitraum um 2022 beim Amtsgericht Mosbach als Anlass und Begründung für eine erneute Überprüfung der psychischen Gesundheit und der Erziehungsfähigkeit des Antragstellers von NS-Verfahren mit entsprechenden persönlichen Konsequenzen für die anhängigen Sorgerechtsverfahren dienen.
KOMMENTAR:
Das Amtsgericht Mosbach weist in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 darauf hin, dass erst nach Übersendung des Gutachtens zur Stellungnahme und nach dem letzten Termin am 25.04.2022 in 6 F 9/22 die Eingaben des Antragstellers zu NS-Unrecht und NS-Verbrechen erfolgt sind. Dabei unterlässt es aber das Amtsgericht Mosbach im vorliegenden Verwaltungsakt wie dokumentiert, dabei gleichzeitig zu benennen, dass die KM Beschimpfungen, Beleidigungen, Verunglimpfungen und Verleumdungen gegenüber Familienangehörigen des Antragstellers als "Nazis" nachweisbar äußert, dokumentiert im familienpsychologischen Sachverständigengutachten vom 07.04.22 unter Aktz: 6F 202/21 auf Seite 49. Absatz 1 der erneut beauftragten Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen.
Während das Amtsgericht Mosbach in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 ausführt, dass die unzähligen Eingaben des Antragstellers zu NS-Unrecht und NS-Verbrechen nicht im Zusammenhang mit den familienrechtlichen Verfahrensgegenständen stehen würden, unterlässt es das Amtsgericht hier aber gleichzeitig sowohl die nachweisbare und gerichtsbekannte Nazi-Beschimpfung und -Beleidigung der KM gegenüber Familienangehörigen des Antragstellers in den anhängigen Familienrechtsverfahren zu benennen als auch die nachweisbar per Aktenlagen wiederholten ehrverletzenden und berufsschädigenden Rassismusvorwürfe von Verfahrensbeteiligten gegenüber dem Antragsteller in den anhängigen Familienrechtsverfahren zu benennen.
KOMMENTAR:
In seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 verwendet das Amtsgericht Mosbach den erläuterten Zeitungsartikel als möglicherweise rechtswidrige Presseberichterstattung unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten aus 2008 vor 14 Jahren, um damit 14 Jahre später in 2022 in der Beauftragung der Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen eine mögliche Persönlichkeitsstörung des Antragstellers von NS-Verfahren durch die gerichtlich beauftragte Sachverständige diagnostizieren zu lassen.
VOM
Amtsgericht Mosbach
FAMILIENGERICHT
6 F 202/21
Abschrift
17.08.2022
*** Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen ***
In Sachen
*** wg. Elterl. Sorge (Ri)
Sehr geehrte Frau ***,
bezugnehmend auf die Ihnen mit Verfügung vom 08.06.2022, 15.06.2022, 22.06.2022, 14.072022, 26.07.2022 und 03.08.2022 übersandten Schreiben des Vaters, eingegangen in den Verfahren 6 F 9/22, werden Sie im Hinblick auf das von Ihnen erstattete Familienpsychologische Gutachten vom 07.04.2022 zur Vorbereitung des Termins um ergänzende Stellungnahme bis spätestens 05.09.2022 gebeten, unter Einbeziehung des in der Anlage übersandten seitens des Gerichts von Amts wegen ermittelten Zeitungsartikels der Nordwestzeitung vom 23.04.2008.
Mit freundlichen Grüßen
***
Richterin am Amtsgericht
KOMMENTAR: Die Sachverhaltserforschung, -aufklärung und -ermittlung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen in der juristischen Aufarbeitung ist in öffentlichem Interesse. Siehe auch:
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : International und innerstaatlich >>>
- Nazi-Beleidigungen und Vergleiche : Nazi-Jäger-Anwendung mit Rechtsprechung zu Nazi-Beleidigungen und Vergleichen und Erläuterungen zu Nazi-Jäger-Aktivitäten >>>
- Nazi-Jäger und ihre Aktivitäten >>>
KOMMENTAR:
In seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 verwendet das Amtsgericht Mosbach den erläuterten Zeitungsartikel als möglicherweise rechtswidrige Presseberichterstattung unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten aus 2008 vor 14 Jahren, um damit 14 Jahre später in 2022 in der Beauftragung der Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen eine mögliche Persönlichkeitsstörung des Antragstellers von NS-Verfahren durch die beauftragte Sachverständige diagnostizieren zu lassen.
KOMMENTAR:
!!! Nachdem die gerichtlich bestellte Forensische Sachverständigen aus Kitzingen und ihr familienpsychologisches Sachverständigengutachten von der KM-Verfahrenspartei am 22.06.2022 gerichtsbekannt und aktenkundig kritisiert und ihr mangelnde Professionalität unterstellt wurde, weil sie sich in ihrem Gutachten vom 07.04.2022 zu Aktz: 6F 211/21 und 6F 202/21 zuvor für den Lebensmittelpunkt des Kindes eher beim Vater ausgesprochen hatte, beauftragt das Amtsgericht-Familiengericht Mosbach am 17.08.2022 sodann ein zweites Mal hintereinander dieselbe familienpsychologische Sachverständige in ein und demselben Verfahren, um von ihr eine Neubewertung ihrer Schlussfolgerungen aus ihrem Gutachten und eine neue Bewertung bezüglich der elterlichen Sorgerechtsbefähigung vornehmen zu lassen. !!!
VON DER
Forensischen Sachverständigen für Familienrecht
einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
aus Kitzingen
an das Amtsgericht Mosbach
Familiensache Aktenzeichen 6 F202/21 : Ergänzende Stellungnahme
vom 31.08.2022
Sehr geehrte Damen und Herren,
gemäß Ihres Schreibens vom 17.08.2022 nehme ich im Folgenden ergänzend zum psychologischen Gutachten Stellung zum aktuellen Verfahrensverlauf.
Die SV erinnert, dass bereits nach Aktenstudium vorsorglich auf die Möglichkeit eines Ergänzungsgutachtens durch entsprechenden Kolleg*innen der Erwachsenenpsychiatrie bzw. Psychotherapie hingewiesen wurde. Hintergrund war zu diesem Zeitpunkt der Verdachts dass es sich seitens des Kv um eine problematische Persönlichkeitsakzentuierung oder -störung oder eine anders gelagerte psychische Erkrankung handeln könnte, die z.B. durch ungewöhnlich starkes Misstrauen gegenüber, Behörden o.ä. sowie ein erhebliches Ungerechtigkeitsempfinden oder erhöhter narzisstischer Kränkbarkeit imponiert.
Da sich dieser Verdacht während der Begutachtung zunächst nicht bedeutsam erhärten ließ, wurden erkennbare Persönlichkeitsakzentuierungen beider Ke im Gutachten mehrfach kritisch gewürdigt, von der erneuten Anregung einer ergänzenden psychiatrischen Untersuchung jedoch Abstand genommen (siehe dazu z.B. S. 75 und 79 Gutachten). Umso mehr erstaunt nun die zunehmend expansive Form der schriftlichen Beschwerde- und Argumentationsführung des Kv nach Gutachtenerstellung und Eingang bei Gericht. Es ist der SV inzwischen inhaltlich nur noch inkonsistent möglich, der Argumentation des Kv zu folgen sowie den Zusammenhang mit den Fragestellungen im o.g. Verfahren herzuleiten.
Der eingangs geäußerte Eindruck kann aus psychologischer Sicht inzwischen nicht mehr vernachlässigt werden. Die (schriftliche) Kommunikation des Kv nach Gutachteneingang wirkt inzwischen sowohl inhaltlich als auch quantitativ deutlich abweichend von der Norm. Der Verdacht liegt nahe, dass dieses Verhalten von übertriebener Empfindlichkeit gegenüber Zurücksetzung, Neigung zu Groll, Misstrauen (z.B. gegenüber Behörden und Gerichten), feindlicher Missdeutung von Handlungen anderer und schließlich beharrlichem, streitsüchtigem und situationsunangemessenem Bestehen auf eigenen Rechten motiviert ist. Diese Symptomatik erinnert an eine Störung, z.B. aus dem Spektrum paranoider/sonstiger spezifischer Persönlichkeitsstörungen.
Es stellt sich erneut und dringlicher, als zu Beginn die psychiatrische Frage, ob inzwischen eine pathologisch-paranoide Ausprägung im Denken und Erleben des Kv (zumindest auf spezifische Inhalte bezogen, z.B. Väterrechtspolitik, Nationalsozialismus) erreicht ist. Ich empfehle im Nachgang eine ergänzende Untersuchung durch psychiatrische Fachkolleg*innen.
Nach Befundung ist erneut abzuwägen, ob und in wie weit sich dieser einschränkend auf die väterliche Erziehungsfähigkeit auswirkt, welche erfolgversprechenden Hilfen zur Verfügung stehen und in wie weit Einsicht und Bereitschaft zu deren Inanspruchnahme seitens des Kv besteht. Ggf. wird entsprechend eine anders gelagerte psychologische Empfehlung hinsichtlich des kindlichen Lebensmittelpunkts, bzw. der alleinigen elterlichen Sorge notwendig. Gegenwärtig stellen sich, wie bereits im Gutachten diskutiert, insbesondere Einschränkungen im Bereich der Kooperationsfähigkeit (mit Behörden, Ämtern usw.) dar, ferner Einschränkungen der Bindungstoleranz des Kv gegenüber der Km.
Der Kv zeigt mit seiner gegenwärtigen schriftlichen Kommunikation eine mangelhafte Berücksichtigung sowohl seiner sozialen Wirkung auf Beteiligte, als auch möglicher emotionaler Folgen für Mutter und Kind, zu Gunsten der Durchsetzung eines recht akademisch geführten Rechtstreits. Er zeigt, soweit durch die SV erkennbar, nach Gutachtenerstellung wenig pragmatische Anstrengung die emotionale Situation des Kindes zu beruhigen und zu optimieren. Insofern stellt sich schon jetzt die Frage, ob trotz der beschriebenen Einschränkungen mütterlicherseits eine bessere Prognose des Kindes bei dieser besteht oder das Kind bis zur Klärung offener Fragestellungen bei dieser verbleibt.
Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.
Vorab per Fax- Schreiben folgt auf dem Postweg
KOMMENTAR:
Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen hat nachweisbar nach der erneuten Beauftragung durch das Amtsgericht Mosbach während ihrer Entscheidungsfindung kein weiteres persönliches Gespräch mit dem Antragsteller gesucht. Und hat somit auch beim Antragsteller nicht nachgefragt, was er da eigentlich macht, warum er das eigentlich macht und was er eigentlich damit bezwecken will.
Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen verwendet stattdessen u.a. den vom beauftragenden Amtsgericht Mosbach zitierten 14 Jahre alten Zeitungsartikel, um dann wie gewünscht 14 Jahre später in 2022 damit Aussagen über die psychische Gesundheit des Antragstellers von NS-Verfahren auszuführen.
KOMMENTAR:
Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen bewertet es als nachteilig für den Antragsteller und Vater, dass er sich in Sorge- und Umgangsrechtsverfahren für Väterrechte und die Rechte des gemeinsamen deutsch-afrikanischen Mischlingskindes und für die Aufarbeitung von Rassismus und NS-Verbrechen normabweichend mehr als unangemessen übereifrig einsetzen würde. Sie schreibt dem Antragsteller und Vater spezifische Persönlichkeitsstörungen aus dem paranoiden/sonstigen Spektrum zu, begründet und befürwortet damit die vom Amtsgericht Mosbach zuvor nachgefragte und gewünschte psychiatrische Begutachtung des Antragstellers von NS-Verfahren ausgehend von Familienrechtsverfahren.
Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen sieht hier Haltungen und Verhalten sozialer Akteure und Verfahrensbeteiligter mit konsequenter und öffentlich nachweisbarer immer begründeter Kritik an institutionellen und behördlichen Haltungen und Verfahrensweisen im demokratischen Rechtsstaat der BRD als problematisch und kritisch bezüglich psychischer Gesundheit und Erziehungsfähigkeit an, was die Sachverständige dementsprechend hier in ihren Ausführungen erläutert.
KOMMENTAR:
Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen relativiert und reduziert die Bemühungen des Antragstellers zu Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008 sowie aus dem Zeitraum um 2022 lediglich auf eine angeblich persönlichkeitsgestörte akademische Rechtsstreitführung.
KOMMENTAR:
Der Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen ist durch die Akten- und Verfahrensanalyse und aus Gesprächen mit den KE unter 6F 211/21, 6F 216/21 und 6F 202/21 während ihres Begutachtungszeitraumes im Frühjahr 2002 bekannt, dass der Antragsteller wiederholt von Verfahrensbeteiligten als angeblicher Rassist bezeichnet und dargestellt wird, und dass ihm wiederholt in dem beim Amtsgericht Mosbach anhängigen Familienrechtsverfahrenscluster rassistisches Denken und Handeln unterstellt wird. Und dass diese Unterstellungen und wahrheitswidrigen Falschaussagen vor Gericht von anderen Verfahrensbeteiligten kommentar- und widerspruchslos toleriert und damit befördert werden.
Der Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen ist durch ihre eigene Berichterstattung an das Amtsgericht Mosbach bekannt, dass die KM Beschimpfungen, Beleidigungen, Verunglimpfungen und Verleumdungen gegenüber Familienangehörigen des Antragstellers als "Nazis" äußert, dokumentiert im eigenen familienpsychologischen Sachverständigengutachten vom 07.04.22 unter Aktz: 6F 202/21 auf Seite 49. Absatz 1.
Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen sieht in den ihr damit bekannten Sachverhalten keinerlei Motivationen für den Antragsteller, die vom Amtsgericht Mosbach in ihrer Beauftragung vom 17.08.2022 benannten NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach zu initiieren.
KOMMENTAR:
Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen bewertet das öffentlich nachweisbare konsequente Engagement des Antragsstellers sowohl für Väterrechte als auch für die Aufarbeitung von NS-Verbrechen als nachteilig für Mutter und Kind, während die Sachverständige aber gleichzeitig ausführt, dass der Antragsteller und Vater diese Auseinandersetzung überhaupt gar nicht mit Mutter und Kind, sondern in ihrer SV-Bewertung unangemessen exzessiv mit Behörden, Ämtern und Institutionen führt.
Es ist bisher nicht bekannt, ob die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen einer FRAU, die sich ihrerseits öffentlich nachweisbar konsequent und mit intensivem Engagement auch und erst recht in der Auseinandersetzung mit Institutionen und Behörden für FRAUEN- und MÜTTERRECHTE einsetzt, wie hier einem MANN, der sich seinerseits öffentlich nachweisbar konsequent und mit intensivem Engagement für MÄNNER- und VÄTERRECHTE einsetzt, dann eine Persönlichkeitsstörung, eine beeinträchtigte psychische Gesundheit, eine eingeschränkte Erziehungsfähigkeit sowie eine schädigendes Verhalten gegenüber Kind und Vater ebenfalls diagnostizieren und zuschreiben würde.
KOMMENTAR:
!!! Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen, die sich zunächst eher für den Lebensmittelpunkt des Kindes beim Vater in ihrem familienpsychologischen Sachverständigengutachten vom 07.04.22 unter Aktz: 6F 202/21 ausgesprochen hatte, spricht sich nun aber auf erneute Nachfrage des Amtsgerichts Mosbach vom 17.08.2022 eher für den Lebensmittelpunkt des Kindes bei der Mutter aus und begründet ihre Entscheidung vom 31.08.2022 mit dem öffentlich nachweisbaren konsequenten Engagement des Antragsstellers sowohl für Väterrechte als auch für die Aufarbeitung von Rassismus und NS-Verbrechen unter Einbeziehung von öffentlicher Kritik an Behörden, Ämtern und Institutionen. Denn diese Verhaltensweisen würden gemäß der familienpsychologischen Sachverständigen vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 die Erziehungsfähigkeit, Bindungstoleranz und Kompromissfähigkeit des Vaters erheblich einschränken. !!!
Die konkreten Aussagen des familienpsychologischen Sachverständigengutachtens der Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen zur psychischen Verfassung des KVs vom 07.04.2022 zu Aktz: 6F 211/21 und 6F 202/21 beim AG/FG MOS auf Seite 79, Abs.2, sind wie folgt :
„3.6 Erkenntnisse aus testpsychologischer Untersuchungen. Vorab kann gesagt werden, dass sich der anfängliche Verdacht auf Vorliegen einer psychischen Erkrankung oder problematischen Persönlichkeitsakzentuierung beim KV, welches ein aggressives, körperlich oder psychisch übergriffiges Verhalten in Beziehungen begünstigt, testpsychlogisch nicht bestätigt werden konnte. Es ergaben sich daneben keine Hinweise auf Beantwortung nach sozialer Erwünschtheit und damit willentliche oder unwillentliche Manipulation der Ergebnisse.
Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ist der KV eine Person mit höherer sozialer Verantwortung und Gewissen, als der Durchschnitt, die auf die Sorgen anderer eingehen kann und motiviert ist, zu helfen, zu trösten und zu pflegen.“
!!! Nach ihrer zweiten Beauftragung vom 17.08.2022 in ein und demselben Verfahren 6F 202/21 beim Amtsgericht Mosbach kommt die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen nunmehr dann aber zu einer ganz anderen und diametral entgegengesetzten Bewertung der psychischen Verfassung und der Erziehungsfähigkeit des Antragstellers und Kindesvaters als nach der ersten Beauftragung durch das Amtsgericht Mosbach. !!!
KOMMENTAR:
In seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 verwendet hier das Amtsgericht Mosbach einerseits den erläuterten Zeitungsartikel als möglicherweise rechtswidrige Presseberichterstattung unter Verletzung von Persönlichkeitsrechten aus 2008 vor 14 Jahren, um damit andererseits 14 Jahre später in 2022 in der Beauftragung der Forensischen Sachverständigen für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen eine mögliche Persönlichkeitsstörung des Antragstellers von NS-Verfahren durch die beauftragte Sachverständige diagnostizieren zu lassen. Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen folgt hier nachweisbar dieser Vorgehensweise des Amtsgerichts Mosbach bezüglich des Zeitraumes von 14 Jahren kommentar- und widerspruchlos, ohne jegliche Kritik am institutionellen Verhalten ihres amtsgerichtlichen Auftraggebers.
Die Forensische Sachverständige für Familienrecht einer Praxis für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie aus Kitzingen verwendet stattdessen u.a. den vom beauftragenden Amtsgericht Mosbach zitierten 14 Jahre alten Zeitungsartikel, um dann wie gewünscht 14 Jahre später in 2022 damit Aussagen über die psychische Gesundheit des Antragstellers von NS-Verfahren auszuführen.
KOMMENTAR:
!!! Nachdem die gerichtlich bestellte Forensische Sachverständigen aus Kitzingen und ihr familienpsychologisches Sachverständigengutachten von der KM-Verfahrenspartei am 22.06.2022 gerichtsbekannt und aktenkundig kritisiert und ihr mangelnde Professionalität unterstellt wurde, weil sie sich in ihrem Gutachten vom 07.04.2022 zu Aktz: 6F 211/21 und 6F 202/21 zuvor für den Lebensmittelpunkt des Kindes eher beim Vater ausgesprochen hatte, beauftragt das Amtsgericht-Familiengericht Mosbach am 17.08.2022 sodann ein zweites Mal hintereinander dieselbe familienpsychologische Sachverständige in ein und demselben Verfahren, um von ihr eine Neubewertung ihrer Schlussfolgerungen aus ihrem Gutachten und eine neue Bewertung bezüglich der elterlichen Sorgerechtsbefähigung vornehmen zu lassen, was dann die erneut gerichtlich bestellte Forensische Sachverständigen aus Kitzingen sodann in ihrer Ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 zu ihrem Gutachten vom 07.04.2022 dann entsprechend ausführt. !!!
7. YouTube-Videos
Die wahre Geschichte eines Nazi-Jägers
stern
Er verlor seine Familie im Zweiten Weltkrieg und nahm dafür Rache: Als Mitglied einer geheimen jüdischen Organisation jagte Chaim Miller nach 1945 SS-Männer - und tötete sie.
Nazijäger Fritz Bauer | Nach einer wahren Geschichte | ARTE
Irgendwas mit ARTE und Kultur
In seinem Film "Der Staat gegen Fritz Bauer" (2015) porträtiert Lars Kraume den hessischen Generalstaatsanwalt und maßgeblichen Initiator der Frankfurter Auschwitz-Prozesse von 1963-1965. Er erklärt die Rolle von Fritz Bauer bei der Verhaftung Adolf Eichmanns und der Ahndung der in Auschwitz begangenen Verbrechen.
In einem Nachkriegsdeutschland, das die Gräuel des Nationalsozialismus am liebsten aus seinem kollektiven Gedächtnis löschen wollte, setzte ein junger hessischer Staatsanwalt alles daran, die Schuldigen zu finden und zu verurteilen. Er war entschlossen, in seinem Land eine neue, demokratische Justiz aufzubauen.
Fritz Bauer wurde 1956 an die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main berufen und begann sogleich mit den Ermittlungen gegen den Auschwitz-Arzt Josef Mengele sowie gegen Adolf Eichmann, den Kopf hinter der sogenannten „Endlösung“. Infolge der Nachforschungen von Fritz Bauer konnte Adolf Eichmann in Argentinien aufgespürt werden. Er wurde anschließend vom israelischen Geheimdienst verhaftet und verurteilt.
Eine echte Konfrontation des deutschen Volkes mit seiner Vergangenheit gelang Fritz Bauer durch einen historischen Prozess. Schon seit den frühen 50er Jahren ermittelte er gegen ehemalige SS-Mitglieder, die an den Verbrechen in Auschwitz beteiligt gewesen waren. Nach jahrelangen hartnäckigen Recherchen und Zeugenbefragungen wurden 1963 endlich die Auschwitz-Prozesse eröffnet, die einen Wendepunkt in der Verurteilung der nationalsozialistischen Verbrechen darstellen sollten.
Dokureihe (F 2021, 27 Min)
5 wahre Hintergründe aus "Nazijäger - Reise in die Finsternis"
ARD
Zum ganzen Dokudrama: https://1.ard.de/nazijaeger-mediathek
Im September 1945 fahnden britische Soldaten nach SS-Leuten, KZ-Schergen und Tätern in Nadelstreifen. Bei ihren Recherchen stoßen sie auch auf den Mord an zwanzig Kindern in den letzten Tagen des Krieges. Das spannende und ergreifende Dokudrama "Nazijäger" erzählt die Geschichte der Ermittler und ihrer Arbeit, die sie an den Rand ihrer psychischen Kräfte bringt.
Die letzten Nazi-Jäger
profil online
In Ludwigsburg werden Nazi-Kriegsverbrecher ausgeforscht. Nun starten die vielleicht letzten Prozesse. Zu Besuch bei den Ermittlern: https://www.profil.at/
Deutschland - Fritz Bauer, Nazijäger in der BRD - deutsch
Teleguen - - -
Mörder unter uns – Fritz Bauers Kampf
Fritz Bauer, hessischer Generalstaatsanwalt, war eine Ausnahmeerscheinung in der Nachkriegsjustiz.
Er trieb die Ahndung nach den Tätern von NS-Verbrechen und deren Verurteilung maßgeblich voran.
"...solang die Mörder leben auf der Welt"
euronews (deutsch)
http://de.euronews.com/ Vor gut einem Jahr forderten Demonstranten in Budapest die Verurteilung eines anderen mutmaßlichen Nazi-Helfers aus Ungarn. Sandor Kepiro war bereits 1944 verurteilt worden, konnte dann aber entkommen und untertauchen. Ihm wurde Mittäterschaft an einem Massaker 1942 in Novi Sad vorgeworfen, bei dem 1.200 Juden ermordet wurden. 2011 endete der Prozeß vor einem ungarischen Gericht mit Freispruch.
Ungarn hatte mit den "Pfeilkreuzlern" seine eigene Nazi-Partei. Die kam im Oktober 1944 an die Macht. Sie setzte die von Eichmann begonnenen Deportationen fort.Tausende ungarische Juden wurde gleich an der Donau erschossen und in den Fluß geworfen. Sandor Kepiro starb kurz nach dem Freispruch. Auch ihn hatten Jouralisten mit Hilfe des "Simon-Wiesenthal-Zentrums" aufgespürt.
So wie jetzt Laszlo Csatary. Der soll im Frühjahr 1944 in Kosice in der Slowakei, als Polizeichef maßgeblich an der Deportation von mehr als 15.000 Juden ins Vernichtungslager Auschwitz beteiligt gewesen sein. Auf der Liste der Nazi-Jäger vom Wiesenthal-Zentrum stehen neben Csataly heute noch Alois Brunner, der in Syrien vermutet wird, Algimantas Dailide, der 2006 in seiner Heimat Littauen in Abwesenheit zum Tode verurteilt wurde
und sich möglicherweise in Deutschland aufhalten soll. Aribert Heim, der "Doktor Tod" aus dem KZ Mauthausen, soll möglicherweise in Ä gypten verstorben sein, Karoly Zentai wartet in Australien derzeit auf seine Auslieferung nach Ungarn,und in Kanada vermuten die Nazi-Jäger Helmut Oberländer und Wladimir Katrijuk, denen Kriegsverbrechen in Weißrussland bzw. der Ukraine vorgeworfen werden.
Efraim Zuroff vom "Simon-Wiesenthal-Zentrum" sagte 2010, auf der Fahndungsliste stünden noch 10 mutmaßliche Kriegsverbrecher, die man vor Gericht bringen könne. Das sei aber nur die Spitze des Eisbergs. Niemand könne genau sage, wieviele Nazi-Kriegsverbrecher noch an Leben seien.
Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verjähren niemals.
Darum schützt das hohe Alter die spät aufgespürten auch nicht vor Strafe. Das gilt aber in einem der mehr 51 von insgesamt 210 UN-Mitgliedsstaaten ( Stand 2007), die die entsprechende UN-Konvention ratifiziert haben.
Simon Wiesenthal, der um 89 ermordete Familienangehörige trauerte, hatte auch mehrfach die Vereinten Nationen gemahnt, keinen Mörder davonkommen zu lassen.
Nazi-Jäger Klarsfeld begrüßt geplanten Prozess gegen Demjanjuk
AFP Deutschland
Der bekannte französische Nazi-Jäger Serge Klarsfeld hat den geplanten Prozess gegen den KZ-Wächter John Demjanjuk in Deutschland begrüßt. Demjanjuk stehe für alle KZ-Bewacher, die den Holocaust in die Tat umgesetzt hätten, sagte Klarsfeld der AFP in Paris. Ersten Untersuchungen zufolge ist der 89-Jährige haftfähig; die für einen Prozess entscheidende Frage der Verhandlungsfähigkeit ist aber noch nicht geklärt.
Fritz Bauer - Generalstaatsanwalt. Nazi-Jäger / DVD Trailer
absolutMEDIENBerlin
Regie: Catherine Bernstein
“Fritz Bauer erinnerte bräsige Bundesbürger an Massenmörder im Anzug und die Banalität des Bösen.” Der Tagesspiegel
Am 20. Dezember 1963 begann am Frankfurter Landgericht das erste große bundesdeutsche Gerichtsverfahren gegen Nazi-Kriegsverbrecher. Die Ermittlungen leitete ein hessischer Generalstaatsanwalt, der als Jude und Sozialdemokrat selbst vom NS-Regime verfolgt worden war: der Jurist Fritz Bauer (1903-1968). In den Wirtschaftswunder-Jahren Deutschlands stellte er sich gegen eine Politik des Schweigens und Vergessens. Mit dem Prozess gewann die Auseinandersetzung mit dem Holocaust in der Bundesrepublik Deutschland erstmals eine öffentliche Dimension.
Fünfzehn Jahre des unverhofften Wirtschaftswunders gingen ins Land, bis eine bundesdeutsche Staatsanwaltschaft erstmals systematische und umfassende Ermittlungen gegen SS-Personal des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau einleitete und im Rahmen eines Sammelverfahrens den Versuch unternahm, den Verbrechenskomplex Auschwitz aufzuklären. Auf Antrag des hessischen Generalstaatsanwalts Fritz Bauer hin fanden ab April 1963 in Frankfurt die sogenannten Auschwitzprozesse statt, bei denen Befehlsgeber und Handlanger der NS-Vernichtungspolitik im KZ Auschwitz-Birkenau verurteilt wurden.
Fritz Bauer, der sich als Humanist und Demokrat verstand, wusste nur zu gut, dass viele der einstigen Täter nach dem Krieg wichtige Positionen in Staat und Gesellschaft eingenommen hatten. Sein entschiedenes Eintreten für die juristische Aufarbeitung der Nazizeit zwang die Bundesrepublik, sich ihrer Vergangenheit zu stellen.
Beate und Serge Klarsfeld: Bundesverdienstkreuz für Nazi-Jäger
euronews (deutsch)
Die Nazi-Jäger Beate und Serge Klarsfeld sind mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Bekannt wurden beide durch die Aufklärung und Verfolgung von NS-Verbrechen.
Adolf Eichmann: die Jagd bis zum Prozess
MrWissen2go Geschichte
Adolf Eichmann ist der „Organisator des Holocaust“.
Eichmann setzt den Beschluss der Wannseekonferenz von 1942 um: Die systematische Verfolgung, Vertreibung, Deportation und Ermordung von Millionen von Juden.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges führen die Alliierten zahlreiche Prozesse gegen viele Nazigrößen. Einige Nazis entziehen sich den Prozessen durch Suizid, andere versuchen in den Wirren im Nachkriegseuropa unterzutauchen. So auch Adolf Eichmann. Unter falschen Namen schlägt er sich als Gelegenheitsarbeiter durch. Doch Eichmann wird insgeheim verfolgt: Simon Wiesenthal, ein Holocaust-Überlebender ist ihm auf den Fersen. Wiesenthal sammelt jegliche Informationen über Nazi-Verbrecher und natürlich auch über Adolf Eichmann. Dennoch schafft es Eichmann letztlich nach Argentinien zu flüchten – über die sogenannte Rattenlinie.
In Argentinien kann er mehrere Jahre mit seiner Familie unbehelligt leben, bis ihn der israelische Geheimdienst entführt. Simon Wiesenthals unermüdliche Arbeit hat sicher ihren Anteil an der Ergreifung Eichmanns, doch heute gilt als sicher, dass auch die Geheimdienste der Bundesrepublik, der USA und der UdSSR über Eichmanns Aufenthaltsort informiert waren. In Israel wird Eichmann der Prozess gemacht, der 1961 mit dem Todesurteil endete. Die ganze Jagd auf Adolf Eichmann zeichnet Mirko in diesem Video nach.
Jüdisches Museum München
Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger. Künstlergespräch mit Pascal Bresson und Sylvain Dorange
Im Rahmen des Comicfestivals München fand am 03. Juni 2021 im Jüdischen Museum München ein Werkstattgespräch mit den Autoren der Graphic Novel „Beate und Serge Klarsfeld: Die Nazi-Jäger“ statt. Nun gibt es die Aufzeichnung zum Nachschauen auf unserem YouTube- und Vimeo-Kanal!
Am 7. November 1968 ohrfeigte Beate Klarsfeld in aller Öffentlichkeit Kurt Georg Kiesinger, damals Bundeskanzler der BRD und bezeichnet ihn als "Nazi". Diese Ohrfeige steht exemplarisch für ihr jahrzehntelanges Engagement und ihren Kampf für die lückenlose Aufarbeitung der NS-Verbrechen und für eine angemessene Strafverfolgung der Täter. Zusammen mit ihrem Mann Serge hat Beate Klarsfeld sich der Jagd nach NS-Kriegsverbrechern verschrieben, die sie über Ländergrenzen und Kontinente hinweg aufspürte.
Das Künstlergespräch fand in französischer Sprache mit deutscher Übersetzung statt.
Noch bis 29. August 2021 ist im Foyer des Jüdischen Museum Münchens eine Installation zum Comic zu sehen. Der Eintritt ist frei. Bitte informieren Sie sich vor Ihrem Besuch auf unserer Homepage zum aktuellen Hygienekonzept.
Nazi-Rächer - Die Jagd nach SS- und Gestapo-Angehörigen | Doku
Krisse 85
SPIEGEL TV Dokumentation über eine jüdische Spezialeinheit, die nach 1945 Jagd auf ehemalige SS- und Gestapoangehörige machte. “Wir wollten das jüdische Volk ein für alle Mal aus der Rolle des ewigen Opfers befreien”. Für Aba Kovner, der den Zweiten Weltkrieg mit einer jüdischen Partisanengruppe in den Wäldern Litauens verbracht hatte, gab es nur eine Antwort auf das Grauen des Holocaust: Rache. Ähnlich wie ehemalige Angehörige jüdischer Spezialeinheiten der britischen Armee gründete er 1945 eine Gruppe, deren Ziel es war, das Volk der Täter zu bestrafen. Den SPIEGEL TV-Autoren Dan Setton und Daniel Paran ist es gelungen, dieses weitgehend unbekannte Kapitel der direkten Nachkriegsgeschichte mit Hilfe ehemaliger Kommandomitglieder zu rekonstruieren. Die Männer, die sich noch heute “Rächer” nennen, erzählen über die Jagd auf SS- und Gestapo-Angehörige, über improvisierte Gerichtsverhandlungen und Exekutionen an abgelegenen Orten, mitten in Deutschland. Und: Sie berichten erstmals von Plänen und Projekten Massentötungen durch die Vergiftung der Trinkwasserreservoirs deutscher Großstädte durchzuführen. Ein Vorhaben, das im Kreise der “Rächer” äußerst umstritten war weil er auch jüdisches Leben gefährdete und buchstäblich erst in letzter Sekunde gestoppt wurde.
Die Nazi Jäger Klaus Barbie Doku 2010
Die Nazi Jäger Franz Stangl Doku 2010
Planet Wissen - Die Nazijägerin
QuoShop
22.03.13
Beate Klarsfeld polarisierte: In der Nachkriegszeit taten sich viele Menschen in Deutschland schwer mit ihr. Als die meisten Bundesbürger vergessen wollten, kämpfte Klarsfeld für die Verurteilung von NS-Verbrechern. "Mein Antrieb ist Gerechtigkeit, nicht Rache", sagt die Journalistin.
Die Nazi Jäger Adolf Eichmann Doku 2010
SS WACHMANN "VERURTEILT": Zweijährige Jugendstrafe auf Bewährung für den 93-Jährigen
WELT Nachrichtensender
Der «Nazi-Jäger» Efraim Zuroff hat die Verurteilung eines ehemaligen SS-Wachmanns im Konzentrationslager Stutthof am Donnerstag grundsätzlich begrüßt. Die zweijährige Jugendstrafe auf Bewährung bezeichnete er jedoch als «sehr, sehr enttäuschend». Die Hamburger Jugendstrafkammer hatte den 93 Jahre alten Angeklagten der Beihilfe zum Mord in 5232 Fällen und der Beihilfe zu einem versuchten Mord schuldig gesprochen.
Die Bewährungsstrafe nannte der Leiter des Wiesenthal-Zentrums «ein Syndrom deplatzierter Sympathie». Nicht der SS-Mann, sondern die Holocaust-Opfer verdienten Sympathie. Die Tatsache, dass er damals erst 17 Jahre alt war, «bedeutet nicht, dass er nicht wusste, was in dem Lager passiert». Zuroff wörtlich: «Er wird den ganzen Weg nach Hause lachen, sein Leben fortsetzen. Die Überlebenden bleiben mit ihren Albträumen zurück.»
Das 1977 gegründete Wiesenthal-Zentrum ist mit der weltweiten Suche nach untergetauchten Nazi-Verbrechern und Kollaborateuren bekannt geworden. Seit Umsetzung einer neuen juristischen Praxis vor rund einem Jahrzehnt habe es fünf solcher Prozesse gegeben, sagte Zuroff. «Nicht einer der bei diesen Prozessen verurteilten Personen hat nach der Verurteilung auch nur einen Tag im Gefängnis gesessen», bemängelte er.
Seit dem Urteil gegen den KZ-Aufseher John Demjanjuk 2011 besteht die Justiz nicht mehr auf dem oft unmöglichen Nachweis individueller Schuld. Heutzutage wird auch die allgemeine Dienstausübung in einem Lager, in dem erkennbar systematische Massenmorde stattfanden, juristisch geahndet.
Zuroff betonte, ein hohes Alter der Täter sei kein Grund, auf eine Strafverfolgung zu verzichten. «Die vergangene Zeit verringert nicht die Schuld», sagte er. «Sie verdienen kein Mitgefühl, weil sie selbst absolut kein Mitgefühl mit den Opfern hatten.» Prozesse gegen NS-Verbrecher seien weiterhin wichtig im Kampf gegen Holocaust-Leugnung. «Es ist wichtig, dass diese Prozesse weitergehen, aber wenn es kein Element der Bestrafung gibt, dann ist etwas sehr Grundsätzliches falsch.»
22.05.2018 - Ermittlerteam aus Ludwigsburg ist letzten Nazi-Verbrechern auf der Spur
faz
Der jüngste Beschuldigte ist zwar inzwischen 91 Jahre alt, doch die Behörde möchte ihre Ermittlungen keinesfalls für nutzlos erklären. Im Gegenteil: Auch Stimmen aus dem Landesjustizministerium befürworten die Aufklärung der Verbrechen. © AFP
Link zum Video: https://www.faz.net/-gum-9aefi
05.10.2021 - Zur Strafverfolgung von NS-Verbrechen in jüngerer Zeit
Landesarchiv Baden-Württemberg
Thomas Will, seit kurzem Leiter der Zentralen Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg, vermittelt in diesem Vortrag einen Überblick über die strafrechtliche Verfolgung von NS-Verbrechen in Deutschland. Dabei geht er auf die entscheidenden Wendepunkte bei der juristischen Aufarbeitung des NS-Unrechts ein, vom Ulmer Einsatzgruppenprozess, den Auschwitz-Prozessen bis hin zu den Verfahren gegen wie John Demjanjuk und Oskar Gröning in der jüngeren Vergangenheit. Ein Ausblick über die noch ausstehende Arbeit der Zentralen Stelle beschließt den Vortrag.
Aufzeichnung des Vortrags am 5. Oktober 2021 im Staatsarchiv Ludwigsburg
#landesarchivbw
18.12.2019 - The Nazi Hunter: Capturing the Architect of the Holocaust
The Atlantic
A thrilling true-crime story of how secret agent Zvi Aharoni hunted down one of the highest-ranking Nazi war criminals on the run in Argentina in 1960. Read more: https://www.theatlantic.com/video/ind...
https://www.youtube.com/watch?v=TUxgma0D8XA
06.04.2021 - Unmasking a hidden Nazi: The SS General living unnoticed in Germany | report München extra
ARD
A new chapter in the disturbing history of former Nazi-war criminals living next door. The story is about the SS-General Franz Josef Huber. His accomplice Adolf Eichmann stood trial in Jerusalem 60 years ago. While Eichmann was held responsible for his crimes – Franz Josef Huber was not. He lived comfortably in his hometown Munich until his death.
SS-General Franz Josef Huber was in charge of the Gestapo in Vienna. Report Munich author Stefan Meining follows the traces of this phantom of contemporary history. Also he uncovers the role of the Germanys Federal Intelligence Service (Bundesnachrichtendienst, BND) and US intelligence.
Das Trauma, dass KZ-Mörder unter uns unentdeckt leben konnten, erhält ein neues Kapitel. Es geht um den Münchner Polizisten und SS-General Franz Josef Huber. Und um seinen Komplizen Adolf Eichmann, der vor genau sechzig Jahren in Jerusalem vor Gericht stand. Er musste sich für seine Verbrechen verantworten, aber Franz Josef Huber nie. Er führte in München ein bequemes Leben, bis zu seinem Tod.
SS-General Franz Josef Huber war Chef der Gestapo in Wien. Report München-Autor Stefan Meining folgt den Spuren eines Phantoms der Zeitgeschichte. Er deckt auf, welche entscheidende Rolle der Bundesnachrichtendienstes (BND) und US-amerikanische Geheimdienste in der Geschichte spielen.
https://www.youtube.com/watch?v=f9JXm1ti0Rg&t=2s
"Gestapo" Müller - Hunting Hitler's Secret Police Chief
Mark Felton Productions
What happened to the greatly feared SS General Heinrich Müller, head of the infamous Gestapo. Last seen in Hitler's bunker the day after Hitler's suicide, he simply disappeared into thin air. This programme examines the worldwide hunt for him, and the theories of Gestapo Müller's ultimate fate.
Dr. Mark Felton is a well-known British historian, the author of 22 non-fiction books, including bestsellers 'Zero Night' and 'Castle of the Eagles', both currently being developed into movies in Hollywood. In addition to writing, Mark also appears regularly in television documentaries around the world, including on The History Channel, Netflix, National Geographic, Quest, American Heroes Channel and RMC Decouverte. His books have formed the background to several TV and radio documentaries. More information about Mark can be found at: https://en.wikipedia.org/wiki/Mark_Fe...
https://www.youtube.com/watch?v=j--Ci3d9RWU
10.11.2020 - Hunting Dr. Evil - Hans Kammler: Hitler's Secret Weapons Chief
Mark Felton Productions
Hans Kammler was in the every sense the true Dr. Evil - he ran the concentration camp system and was in charge of the special weapons projects, including jet aircraft and V-2 missiles. At war's end, he simply disappeared - did he kill himself, escape or did he work for the Americans?
Dr. Mark Felton is a well-known British historian, the author of 22 non-fiction books, including bestsellers 'Zero Night' and 'Castle of the Eagles', both currently being developed into movies in Hollywood. In addition to writing, Mark also appears regularly in television documentaries around the world, including on The History Channel, Netflix, National Geographic, Quest, American Heroes Channel and RMC Decouverte. His books have formed the background to several TV and radio documentaries. More information about Mark can be found at: https://en.wikipedia.org/wiki/Mark_Fe...
https://www.youtube.com/watch?v=kc1bay7I3L0
31.08.2020 - The Last SS Commandant - Hunting Alois Brunner
War Stories with Mark Felton
Find out the story of SS Captain Dr. Alois Brunner, the last camp commandant, who remained on the run in the Middle East until recently.
https://www.youtube.com/watch?v=bZaWZcg9DdE
04.03.2012 - Beate Klarsfeld: »Den Gegnern der Nazis viel Mut zusprechen«
DIE LINKE
Rede von Beate Klarsfeld auf dem Landesparteitag der LINKEN Mecklenburg-Vorpommern am 3. März 2012 in Güstrow.
https://www.youtube.com/watch?v=RxqQBN4Eop4
08.04.2021 - Adolf Eichmann: die Jagd bis zum Prozess
MrWissen2go Geschichte
Adolf Eichmann ist der „Organisator des Holocaust“.
Eichmann setzt den Beschluss der Wannseekonferenz von 1942 um: Die systematische Verfolgung, Vertreibung, Deportation und Ermordung von Millionen von Juden.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges führen die Alliierten zahlreiche Prozesse gegen viele Nazigrößen. Einige Nazis entziehen sich den Prozessen durch Suizid, andere versuchen in den Wirren im Nachkriegseuropa unterzutauchen. So auch Adolf Eichmann. Unter falschen Namen schlägt er sich als Gelegenheitsarbeiter durch. Doch Eichmann wird insgeheim verfolgt: Simon Wiesenthal, ein Holocaust-Überlebender ist ihm auf den Fersen. Wiesenthal sammelt jegliche Informationen über Nazi-Verbrecher und natürlich auch über Adolf Eichmann. Dennoch schafft es Eichmann letztlich nach Argentinien zu flüchten – über die sogenannte Rattenlinie.
In Argentinien kann er mehrere Jahre mit seiner Familie unbehelligt leben, bis ihn der israelische Geheimdienst entführt. Simon Wiesenthals unermüdliche Arbeit hat sicher ihren Anteil an der Ergreifung Eichmanns, doch heute gilt als sicher, dass auch die Geheimdienste der Bundesrepublik, der USA und der UdSSR über Eichmanns Aufenthaltsort informiert waren. In Israel wird Eichmann der Prozess gemacht, der 1961 mit dem Todesurteil endete. Die ganze Jagd auf Adolf Eichmann zeichnet Mirko in diesem Video nach.
https://www.youtube.com/watch?v=mmNgFfUN4MA&t=13s
03.12.2018 - Jagd auf Nazi-Verbrecher: Ein 95-Jähriger vor dem Jugendrichter | DER SPIEGEL
Johann R. war Wachmann im KZ Stutthof. 73 Jahre nach Kriegsende steht er nun vor Gericht. Wer hat ihn gefunden? Warum wird er erst jetzt angeklagt? Ein Besuch bei Deutschlands Nazi-Fahndern.
Hier gibt es weitere Infos:
http://www.spiegel.de/karriere/nation...
https://www.youtube.com/watch?v=NtDx1D8CnPY
04.07.2018 - Qui sont les chasseurs de nazis
France Culture
95% des nazis du Troisième Reich sont morts. Aux quatre coins du monde, quelques uns traquent les derniers encore en vie, comme le procureur allemand Jens Rommel. Pour que justice soit faite.
https://www.youtube.com/watch?v=QSRbIJzPRJM
16.02.2021 - Rencontre avec Simon Wiesenthal, chasseur de nazis
archivesRC
Le 22 juin 1985, Robert Guy Scully, animateur de l’émission «Impacts», présente une entrevue qu’il vient de réaliser le 17 juin précédent avec Simon Wiesenthal (1908 - 2005), survivant autrichien de la Shoah et célèbre chasseur de ces nazis qui ont pris la fuite à la fin de la Seconde Guerre Mondiale. L’essentiel de l’entrevue porte alors sur les raisons qui expliquent pourquoi le criminel nazi Josef Mengele n’a jamais été attrapé. Mengele est ce médecin militaire surnommé « l’ange de la mort » qui est responsable du gazage de centaines de milliers de Juifs dans le camp de concentration d’Auschwitz. Le cadavre de Mengele a été exhumé à Sao Paolo en juin 1985. Il se serait noyé accidentellement au Brésil en 1979.
Source : Impacts, 22 juin 1985. Animateur : Robert Guy Scully.
https://www.youtube.com/watch?v=TVtzJxYiLcU
03.03.2020 - L’ancien NAZI piégé par un journaliste en pleine interview (1972) - HDG #18
Mamytwink
Le 3 février 1972, le journaliste français Ladislas de Hoyos piège en pleine interview Klaus Barbie, ancien nazi notoire, qui a trouvé refuge en Bolivie depuis plus de 25 ans. Découvrez l'histoire de la traque et de l'arrestation de Klaus Barbie, l’ex nazi le plus recherché de France.
https://www.youtube.com/watch?v=6uv5RzB8BX8
"Chasseurs de nazis" les Klarsfeld racontent - C l’hebdo - 05/10/2019
C l'hebdo
Rencontre avec un homme et une femme exceptionnels. Ils ont consacré leurs vies à se battre contre l’impunité des anciens nazis. Ils ont dénoncé, poursuivi, chassé sans relâche les anciens nazis et leurs collaborateurs. . Ils poursuivent le combat contre les menaces qui pèsent aujourd’hui sur nos démocraties. Les présidents et fondateurs de l’association des « Fils et filles des déportés juifs de France », Beate et Serge Klarsfeld publient « Nos vies contre l’oubli »
https://www.youtube.com/watch?v=Rmj0ioTdC9M
23.07.2015 - Nazi hunter targets 90-year-old former labor camp guard in Denmark
PBS NewsHour
A leading Nazi hunter has urged authorities in Denmark to investigate 90-year-old Helmuth Rasboel, who was a guard at a forced labor camp where hundreds of Jews were murdered during World War II. Special correspondent Malcolm Brabant talks with the former guard about the accusations, as well as Nazi hunter Efraim Zuroff about why he believes in pursuing old Nazis to the grave.
https://www.youtube.com/watch?v=T2TPOLDEJxg
09.08.2020 - Nakam: The Holocaust Survivors Who Became Nazi Hunters | Secrets Of War | Timeline
Timeline - World History Documentaries
Israel remains in a constant state of survival, commissioning super sleuths for military assassinations, kidnappings and counterintelligence. From retribution against ex-Nazis to the establishment of the Mossad, this episode focuses on Israeli intelligence.
https://www.youtube.com/watch?v=ih7_-HhQKBg
05.09.2022 - The Hunt for Martin Bormann - Episode 1: Hitler's Gatekeeper
Mark Felton Productions
What happened to Hitler's sinister private secretary, the head of the Nazi Party Chancellery Martin Bormann? Did he manage to escape from Berlin in May 1945 and live out the rest of his life in hiding in South America? This series will answer those questions.
https://www.youtube.com/watch?v=fUuAaVvigLw
30.09.2021 - 96-year-old woman accused of Nazi war crimes is caught after fleeing trial - BBC News
BBC News
A 96-year-old woman who was a secretary at a Nazi concentration camp is in custody in Germany.
She was arrested after going on the run from her care home, to avoid charges of complicity in the murder of more than 10,000 people.
Irmgard Furchner was a teenager when she worked for the commander of the Stutthof concentration camp in occupied Poland.
Sophie Raworth presents BBC News at Ten reporting by Berlin correspondent Jenny Hill.
https://www.youtube.com/watch?v=wmH8uhlVWYI
30.09.2021 - Angeklagte 96-Jährige KZ-Sekretärin auf der Flucht gefasst |
DW Deutsch
Vor Gericht soll sich die ehemalige Sekretärin im KZ Stutthof wegen Beihilfe zu tausendfachem Mord verantworten. Doch statt beim Prozess in Itzehoe zu erscheinen, setzte sich die 96-Jährige in ein Taxi Richtung Hamburg.
Wegen der plötzlichen Flucht der Angeklagten hatte das Landgericht die Verhandlung auf den 19. Oktober vertagt und einen Haftbefehl gegen die Angeklagte erlassen. "Gegen eine ausgebliebene Angeklagte findet die Hauptverhandlung bekanntlich nicht statt", sagte der Vorsitzende Richter Dominik Groß.
https://www.youtube.com/watch?v=GaRVfnoFaX4&t=184s
8. Stellungnahme der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen Sachverständigen aus Kitzingen zu sogenannten Nazi-Jäger-Aktivitäten in der IN DER NS-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG NACH 1945
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten.
Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel 1 auf dieser Seite.
Während die vom Familiengericht-Amtsgericht Mosbach beauftragte forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, zunächst EINERSEITS ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten in einem Umfang von über 100 Seiten zum 07.04.2022 unter 6F 202/21 erstellt hat, entschließt sich dieselbe Gutachterin sodann, ANDERERSEITS eine ergänzende Stellungnahme von zwei ganzen DIN A4-Seiten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute, insbesondere zum Kontext der historisch nachgewiesenen Beteiligungen an NS-Massenmordverbrechen in Mosbach wie Judenverfolgung und Holocaust, NS-Verfolgung von Sinti und Roma, Nazi-Euthanasie unter 6F 202/21 zum 31.08.2022 an das Amtsgericht Mosbach zu generieren.
Die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, ERWÄHNT LEDIGLICH MIT EINEM WORT DEN "NATIONALSOZIALISMUS" auf Seite 2, Absatz 2 und erwähnt lediglich mit einem Satz auf Seite 2, Absatz 2, dass der Antragsteller von NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach sich gegen den Nationalsozialismus wendet.
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen hat hier die GERICHTLICH BEAUFTRAGTE EINDEUTIGE GELEGENHEIT gehabt, mit einer entsprechend beim Amtsgericht Mosbach beantragten Fristverlängerung SICH SACHLICH UND FACHLICH auch auf über 100 Seiten bezüglich der Nazi-Thematik bzw. der Nazi-Problematik vor einem deutschen BRD-Gericht EXPLIZIT ZU ÄUSSERN. Diese Gelegenheit für eine sachliche und fachliche gutachterliche Expertise zum Nationalsozialismus und nationalsozialistischen Verbrechen, deren Auswirkungen und Aufarbeitungen nach 1945, u.a. auch in Mosbach, besteht zukünftig weiterhin jederzeit für die forensische Sachverständige aus Kitzingen.
Siehe dazu auch:
Das Amtsgericht Mosbach BEAUFTRAGT EXPLIZIT in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die forensische Sachverständige aus Kitzingen, eine GUTACHTERLICHE STELLUNGNAHME ZU sogenannten NAZI-JÄGER-AKTIVITÄTEN IN DER NS-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG NACH 1945 am Beispiel des Antragstellers von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach in 2022 mit seinen jahrelangen Bemühungen um die außergerichtliche und gerichtliche Aufarbeitung von Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen an das deutsche BRD-Amtsgericht Mosbach im Jahr 2022 zu erstellen.
EINERSEITS:
Mit den Verfügungen des Familiengerichts-Amtsgericht Mosbach vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 hat die gerichtlich beauftragte forensische Sachverständige aus Kitzingen nicht nur die Möglichkeit, sondern auch die Chance und das gerichtliche explizite Angebot, sich sachlich und fachlich zur NS-Vergangenheitsbewältigung seit 1945 bis heute, auch zur NS-Vergangenheitsbewältigung und Nazi-Kontinuität in Mosbach und in Baden-Württemberg, AUSFÜHRLICH EXPLIZIT gutachterlich zu äußern.
ANDERERSEITS:
Die forensische Sachverständige aus Kitzingen ÄUSSERT SICH JEDOCH EXPLIZIT NICHT in ihrer gutachterlichen ergänzenden Stellungnahme vom 31.08.2022 unter 6F 202/21 an das Amtsgericht Mosbach als ein BRD-Gericht im Jahr 2022 ZU sogenannten NAZI-JÄGER-AKTIVITÄTEN IN DER NS-VERGANGENHEITSBEWÄLTIGUNG NACH 1945.
UND DIES OBWOHL diese Sachverhalte zu dieser NS-Thematik bzw. NS-Problematik frei verfügbar sind im öffentlichen Diskurs über entsprechende Medienberichte; über künstlerisch-kulturelle Themenaufarbeitungen; über die juristische, politische und wissenschaftliche Fachliteratur; über Publikationen von BRD-Institutionen der Justiz, der Politik.
UND DIES OBWOHL hier das Amtsgericht Mosbach in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 diese Gutachterin mit der Sachverständigen-Aufklärung der außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen des Antragstellers sowohl aus dem Zeitraum um 2022 als auch aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten EXPILZIT BEAUFTRAGT.
9. Beantragte Stellungnahmen bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen und Gutacherin aus Kitzingen zur Nazi-Jagd im Rahmen der NS-Vergangenheitsbewältigung
9.1 Beantragte Stellungnahme bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Kitzingen zur Einordnung des Nazi-Jäger-Typus für den zu begutachtenden Antragsteller von NS-Verfahren
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die langjährigen offiziell nachweisbaren Anti-Nazi- und Nazi-Jäger-Aktivitäten des Antragstellers von NS-Verfahren in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten. Auch unter konkreter Bezugnahme auf die öffentlich verfügbare Dokumentation in der Internet-Präsenz http://www.nationalsozialismus-in-mosbach-baden.de/ Siehe dazu Kapitel 1, 6 und 8 auf dieser Seite.
Der Antragsteller von NS-Verfahren seit ca. 2004, u.a. seit Sommer 2022 beim Amtsgericht Mosbach, leistet wiederholt und kontinuierlich öffentlich nachweisbar Recherchearbeit mit dem Zusammentragen von Informationen für die außergerichtlich politische und wissenschaftliche sowie für die gerichtlich juristische Aufarbeitung von NS-Unrecht und NS-Verbrechen ...
- ... und zählt nicht zum Nazi-Jäger-Typus, der Nazis und NS-Belastete Personen aufspürt und in Selbstjustiz TÖTET. Siehe Kapitel 2 auf dieser Seite.
- ... und zählt nicht zum Nazi-Jäger-Typus, der Nazis und NS-Belastete Personen ENTFÜHRT, um sie der juristischen Aufarbeitung zu zuführen. Siehe Kapitel 3 auf dieser Seite.
Bei der forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, wird am 14.01.2023 gemäß der Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 vom Familiengericht- Amtsgericht Mosbach beantragt, diese konkrete langjährige konsequente Anti-Rassistische Menschenrechtsarbeit hinsichtlich der historischen und der aktuellen Nazi-Jagd sowie hinsichtlich des konkreten Nazi-Jäger-Typus des Antragstellers von NS-Verfahren selbst in ihren Stellungnahmen an das Amtsgericht Mosbach dahingehend zu überprüfen und an das Amtsgericht Mosbach zu berichten, ob diese langjährige konsequente Anti-Rassistische Menschenrechtsarbeit mit Thematisierungen der historischen und der aktuellen Nazi-Jagd möglicherweise auf eine psychische Persönlichkeitsstörung zurück zu führen sein könnte, und ob sie Kriterien für Anzeichen einer psychischen Erkrankung und einer eingeschränkten Sorgerechtsfähigkeit bei dem zu begutachtenden Antragsteller von NS-Verfahren, Petenten, Menschenrechtsaktivisten und KV darstellen könnte.
Siehe dazu auch:
- Beantragte NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach seit 2022 >>>
- Frühere außergerichtliche NS-Aufarbeitungen 2005 bis 2011 >>>
- Frühere gerichtliche NS-Aufarbeitungen 2004 bis 2010 >>>
- Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Spruchkörper des Amtsgerichts Mosbach in NS-Verfahren >>>
- Anhörungsrügen gegen Spruchkörper des Amtsgerichts Mosbach In NS-Verfahren >>>
- Petitionen beim Landtag Baden-Württemberg >>>
- Erklärungen des Justizministeriums Baden-Württemberg seit 2022 zu Rechtsmitteln und statistischen Erhebungen bei NS-Verfahren >>>
9.2 Beantragte Stellungnahme bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Kitzingen zur Beteiligung des zu begutachtenden Antragstellers von NS-Verfahren an der Nazi-Jagd nach dem KZ-Wachmann John Demjanjuk, zu NS-Prozessen und NS-Urteilen des 21. Jahrhunderts
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die langjährigen offiziell nachweisbaren Anti-Nazi- und Nazi-Jäger-Aktivitäten des KVs und Antragstellers von NS-Verfahren in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten. Auch unter konkreter Bezugnahme auf die Internet-Präsenz http://www.nationalsozialismus-in-mosbach-baden.de/ Siehe dazu Kapitel 1, 6 und 8 auf dieser Seite.
Dazu zählen laut Anweisungen dieser amtsgerichtlichen Verfügungen SOWOHL die seit Sommer 2022 vom Antragsteller beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS- und Rechtsextremismus-Verfahren ALS AUCH seine außergerichtlichen und gerichtlichen Aufklärungs- und Aufarbeitungsbemühungen zu Nationalsozialistischem Unrecht und Nationalsozialistischen Verbrechen aus dem Zeitraum um 2008, d.h. konkret von 2004 bis 2011, im Rahmen seiner sogenannten "Nazi-Jäger"-Aktivitäten im sachverhaltsbezogenen Kontext zur Problematik des Nationalsozialismus vor und nach 1945 und dessen Aufarbeitung bis heute. Siehe dazu auch Kapitel 1 und Kapitel 6 auf dieser Seite.
Der Antragsteller von NS-Verfahren seit ca. 2004, u.a. seit Sommer 2022 beim Amtsgericht Mosbach, leistet wiederholt und kontinuierlich öffentlich nachweisbar Recherchearbeit mit dem Zusammentragen von Informationen für die außergerichtlich politische und wissenschaftliche sowie für die gerichtlich juristische Aufarbeitung von NS-Unrecht und NS-Verbrechen.
Dazu zählen auch die konkreten öffentlich nachweisbaren Beteiligungen des zu begutachtenden Antragstellers von NS-Verfahren aus 2008, wobei das Amtsgericht Mosbach in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 direkt auf dessen Nazi-Jagd-Aktivitäten aus 2008 für die amtsseitig gerichtlich beauftragte gutachterliche Aus- bzw. Bewertung verweist, an der konkreten Nazi-Jagd nach dem KZ-Wachmann John Demjanjuk, um diesen in der BRD vor Gericht bringen, wobei dann Urteil und Konsequenz aus dem Demjanjuk-Prozess in 2011 eine historisch und juristisch bedeutende Wendung in der BRD-Rechtsaufassung und BRD-Rechtssprechungspraxis zu NS-Verfahren ergeben.
Der Antragsteller von NS-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach hat sich im Rahmen seiner Anti-Rassistischen Menschenrechtsarbeit und seiner sogenannten „Nazi-Jäger“-Aktivitäten öffentlich nachweisbar an der strafrechtlichen Verfolgung des KZ Wächters Demjanjuk unter 1612 Js 3444/08 bei der Staatsanwaltschaft Kassel mit seiner Strafanzeige vom 20.01.2008 wegen Mord und Beihilfe zu Mord auf Grund dessen Tätigkeiten als Mitglied der SS-Hilfstruppen in Nazi-Konzentrationslagern beteiligt. Und dies noch vor Einleitung bzw. Durchführung seines Auslieferungsverfahrens. John Demjanjuk wurde in 2009 von der USA an die BRD ausgeliefert und als erster nicht-deutscher NS-Befehlsempfänger vor ein deutsches Gericht gestellt und dann am 12.05.2011 durch das Landgericht München wegen Beihilfe zum Mord an 28.060 Menschen verurteilt.
Nach dem Demjanjuk-Urteil von 2011 und nach dem Gröning-Urteil von 2016 sind auch sämtliche Personen als Teil des NS-Vernichtungssystems juristisch zur Verantwortung zu ziehen, die das massenhafte Töten ermöglicht haben auf der Suche nach später Gerechtigkeit für die Opfer und für die Bestrafung noch lebender NS-Täter. Seitdem ist es auch möglich, Personen ohne konkreten Tatnachweis für Beihilfe zum Mord zu verurteilen, weil es für eine solche Verurteilung ausreicht, an der Aufrechterhaltung der NS-Vernichtungsmaschinerie beteiligt gewesen zu sein. Wer demnach hätte erkennen müssen, dass dort systematische Tötungen stattfanden, machte sich mitschuldig, auch wenn er oder sie nicht unmittelbar beteiligt war. Im Fall von NS-Verbrechen bedarf es daher in Deutschland seitdem keines Einzeltatnachweises mehr.
Bei der forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, wird am 14.01.2023 gemäß der Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 vom Familiengericht- Amtsgericht Mosbach beantragt, diese konkrete langjährige konsequente Anti-Rassistische Menschenrechtsarbeit des Antragstellers von NS-Verfahren hinsichtlich der Nazi-Jagd nach dem KZ-Wachmann John Demjanjuk von 2008 bis 2011 während der NS-Prozesse des 21. Jahrhunderts in ihren Stellungnahmen an das Amtsgericht Mosbach dahingehend zu überprüfen und an das Amtsgericht Mosbach zu berichten, ob diese langjährige konsequente Anti-Rassistische Menschenrechtsarbeit mit Thematisierungen der Nazi-Jagd nach dem KZ-Wachmann John Demjanjuk möglicherweise auf eine psychische Persönlichkeitsstörung zurück zu führen sein könnte, und ob sie Kriterien für Anzeichen einer psychischen Erkrankung und einer eingeschränkten Sorgerechtsfähigkeit bei dem zu begutachtenden Antragsteller von NS-Verfahren, Petenten, Menschenrechtsaktivisten und KV darstellen könnte.
Siehe dazu auch:
- Beantragte NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach seit 2022 >>>
- Frühere außergerichtliche NS-Aufarbeitungen 2005 bis 2011 >>>
- Frühere gerichtliche NS-Aufarbeitungen 2004 bis 2010 >>>
- Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Spruchkörper des Amtsgerichts Mosbach in NS-Verfahren >>>
- Anhörungsrügen gegen Spruchkörper des Amtsgerichts Mosbach In NS-Verfahren >>>
- Petitionen beim Landtag Baden-Württemberg >>>
- Erklärungen des Justizministeriums Baden-Württemberg seit 2022 zu Rechtsmitteln und statistischen Erhebungen bei NS-Verfahren >>>
- Historische und Aktuelle NS-Prozesse >>>
9.3 Beantragte Stellungnahme bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Kitzingen zur Ablehnung der Kontinuität von Nazi-Funktionseliten seitens des Antragstellers von NS-Verfahren im Rahmen der NS-Vergangenheitsbewältigung sowie zur historischen und aktuellen Nazi-Jagd nach 1945
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi- und Nazi-Jäger-Aktivitäten des KVs und Antragstellers in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten. Auch unter konkreter Bezugnahme auf die Internet-Präsenz http://www.nationalsozialismus-in-mosbach-baden.de/ Siehe dazu Kapitel 1, 6 und 8 auf dieser Seite.
Die folgenden aktuellen filmischen Aufbereitungen der ARD sowohl als Doku als auch als Serie thematisieren die NAZI-JAGD im Januar 2022 und 2023.
- Nazi-Jagd: Bonn. Alte Freunde, neue Feinde – (ARD Doku und Serie aus Januar 2023)
- Nazijäger - Reise in die Finsternis (ARD Dokudrama aus Januar 2022)
Die ARD Doku und Serie "Bonn. Alte Freunde, neue Feinde" aus Januar 2023 thematisiert die Nazi-Jagd unter Bezugnahme auf historische Fakten während der Nachkriegszeit:
- Die Behinderung der Nazi-Jagd auf Kriegsverbrecher durch die "Kontinuität der NS-Funktionseliten" nach 1945 in der NS-Vergangenheitsbewältigung, die untereinander Nazi-Seilschaften bilden, u.a. mit Fluchthilfen für NS-Kriegsverbrecher ins Ausland, mit der Erstellung falscher Identitäten für NS-Täter*innen, mit der Behinderung der juristischen Aufarbeitung von NS-Verbrechen, etc.
- Die Pervertierung und Ad-Absurdum-Führung der Nazi-Jagd durch die BRD-Justiz u.a. mit Freisprüchen; milden Urteilen; Persilscheinen; Haftverschonungsbeschlüssen; Verhandlungsunfähigkeit oder Bewährungsstrafen wegen angeblich krankem Gesundheitszustand; etc. gegen NS-Täter*innen bei stattgefundenen NS-Prozessen in der NS-Vergangenheitsbewältigung.
Bei der forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, wird am 17.01.2023 gemäß der Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 vom Familiengericht- Amtsgericht Mosbach beantragt, die konkrete langjährige konsequente Anti-Rassistische Menschenrechtsarbeit des Antragstellers von NS-Verfahren seit ca. 2004, u.a. seit Sommer 2022 beim Amtsgericht Mosbach, sowie dessen konkrete Beteiligungen an NS-Prozessen des 21. Jahrhunderts hinsichtlich der historischen und aktuellen Einordnung der Nazi-Jagd unter Berücksichtigung der Kontinuität von NS-Funktionseliten nach 1945 in ihren Stellungnahmen an das Amtsgericht Mosbach dahingehend zu überprüfen und an das Amtsgericht Mosbach zu berichten, ob diese langjährige konsequente Anti-Rassistische Menschenrechtsarbeit mit Thematisierungen der Nazi-Jagd möglicherweise auf eine psychische Persönlichkeitsstörung zurück zu führen sein könnte, und ob sie Kriterien für Anzeichen einer psychischen Erkrankung und einer eingeschränkten Sorgerechtsfähigkeit bei dem zu begutachtenden Antragsteller von NS-Verfahren, Petenten, Menschenrechtsaktivisten und KV darstellen könnte.
Siehe dazu auch:
- Beantragte NS- und Rechtsextremismus-Verfahren beim Amtsgericht Mosbach seit 2022 >>>
- Frühere außergerichtliche NS-Aufarbeitungen 2005 bis 2011 >>>
- Frühere gerichtliche NS-Aufarbeitungen 2004 bis 2010 >>>
- Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Spruchkörper des Amtsgerichts Mosbach in NS-Verfahren >>>
- Anhörungsrügen gegen Spruchkörper des Amtsgerichts Mosbach In NS-Verfahren >>>
- Petitionen beim Landtag Baden-Württemberg >>>
- Erklärungen des Justizministeriums Baden-Württemberg seit 2022 zu Rechtsmitteln und statistischen Erhebungen bei NS-Verfahren >>>
- Historische und Aktuelle NS-Prozesse >>>
- NS-Funktionseliten nach 1945 >>>
- NS-Vergangenheitsbewältigung >>>
- Nazi-Vergangenheitsbewältigung und Nazi-Kontinuität in Baden und Württemberg >>>
- Schlussstrichdebatte in der NS-Vergangenheitsbewältigung >>>
- Nazi-Terror- und Verfolgungsjustiz >>>
- Nazi-Juristen >>>
- Nazi-Juristen Prozesse und Verfahren >>>
9.4 Beantragte Stellungnahme bei der vom Amtsgericht Mosbach gerichtlich beauftragten forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Kitzingen zur "Ablehnung des Nationalsozialismus" als Begründung für die Einschränkung von Sorgerecht
Das Familiengericht-Amtsgericht Mosbach, Hauptstraße 110, 74281 Mosbach, beauftragt die forensische Sachverständige aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, in seinen Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21, die Anti-Nazi- und Nazi-Jäger-Aktivitäten des zu begutachtenden KVs und Antragstellers während seiner langjährigen öffentlich nachweisbaren anti-rassistischen Menschenrechtsarbeit in einer ergänzenden Stellungnahme gutachterlich einzuschätzen und zu bewerten.
Zu diesen beim Amtsgericht Mosbach initiierten NS-Verfahren zählen auch die KONKRETEN TATBETEILIGUNGEN IN MOSBACH-BADEN an Nazi-Massenmord-Verbrechen, wie an der NS-Verfolgung der Sinti und Roma; an der NS-Verfolgung der Juden; an der Nazi-(Kinder)-Euthanasie durch die Deportationen aus den Mosbacher Heil- und Pflegeanstalten von behinderten Menschen in die Euthanasie-Vernichtungsanstalten, um dann die Gebäude der Mosbacher Heil- und Pflegeanstalten u.a. für das NS-Zwangsarbeit-System und für Nutzungsangebote an die Wehrmacht in Mosbach-Baden nutzen zu können; am Versterben lassen von Häftlingen und Zwangsarbeitern unter den Lager-, Arbeits- und Haftbedingungen im KZ-Komplex Mosbach-Neckarelz als Außenlager des KZ Natzweiler; an den Ermordungen von Häftlingen und Zwangsarbeitern im KZ-Komplex Mosbach-Neckarelz; an den Nazi- Massentötungen von Kindern osteuropäischer Zwangsarbeiterinnen; an den Endphaseverbrechen der sogenannten "Todesmärsche" während der Evakuierungen aus dem KZ-Komplex Mosbach-Neckarelz gegen Kriegsende als Reaktion auf die vorrückenden Truppen der West-Alliierten; an den Beteiligungen der Hinrichtungen von polnischen Zwangsarbeitern wegen Beziehungen zu deutschen Frauen; etc.
Mit den Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 verknüpft das Amtsgericht Mosbach EINERSEITS die vom Antragsteller beim AG MOS initiierten Verfahren zur Aufarbeitung von NS-Unrecht und NS-Verbrechen, die das Amtsgericht Mosbach ANDERERSEITS nicht bearbeiten will, sondern laut Verfügungs-Mitteilung vom 17.08.2022 unter 6F 9/22 getrennt von der Akte lediglich in einem Sonderband anlegen will, da es laut Rechtsauffassung des AG MOS entgegen der Rechtsauffassung des baden-württembergischen Justizministeriums nicht Aufgabe de Gerichts sei, die NS-Vergangenheit aufzuarbeiten, jedoch dann wiederum selbst amtsseitig mit den anhängigen familienrechtlichen Sorge- und Umgangsrechtsverfahren des KVs/Antragstellers.
Das AG MOS begründet hier nunmehr in seiner Verfügung vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 die gewünschten Einschränkungen und Benachteiligungen im Sorgerecht des KVs unter Bezugnahme auf dessen öffentlich nachgewiesenen langjährigen Anti-Nazi-Aktivitäten und sogenannten Nazi-Jäger-Aktivitäten. Das AG MOS diskriminiert hierbei den KV auf Grund seiner politischen Weltanschauung mit der konsequenten langjährigen Ablehnung des Nationalsozialismus. Damit wirken gemäß dieser Verfügungsbegründen vom 17.08.2022 amtsseitige Repressalien des Familiengerichts-Amtsgerichts Mosbach mit Benachteiligungen des KVs in seinem Sorgerecht, weil er sich langfristig konsequent und öffentlich nachweisbar gegen den Nationalsozialismus, auch in Mosbach-Baden, ablehnend wendet.
HINWEIS: In der Nationalsozialistischen Familienrechtspraxis ist die „Ablehnung des Nationalsozialismus“ eine Begründung für politisch motivierte Sorgerechtseinschränkung bzw. für Sorgerechtsentzug indem auf die angeblich dadurch entstehende Gefährdung des Kindeswohls wegen Widerstandsleistung gegen den Nationalsozialismus verwiesen wird, wie z.B. Verweigerung des Hitlergrußes von Kindern und/oder Eltern (Siehe dazu die einschlägige Fachliteratur).
Bei der forensischen familienpsychologischen Sachverständigen aus Moltkestr. 2, 97318 Kitzingen, wird am 20.01.2023 gemäß der Verfügungen vom 17.08.2022 unter 6F 202/21 und 6F 9/22 vom Familiengericht- Amtsgericht Mosbach beantragt, die konkrete langjährige konsequente Anti-Rassistische Menschenrechtsarbeit des Antragstellers von NS-Verfahren seit ca. 2004, u.a. seit Sommer 2022 beim Amtsgericht Mosbach, sowie dessen konkrete Beteiligungen an NS-Prozessen des 21. Jahrhunderts in ihren Stellungnahmen an das Amtsgericht Mosbach dahingehend zu überprüfen und an das Amtsgericht Mosbach zu berichten, ob diese langjährige öffentlich nachweisbare "Ablehnung des Nationalsozialismus" möglicherweise auf eine psychische Persönlichkeitsstörung zurück zu führen sein könnte, und ob sie Kriterien für Anzeichen einer psychischen Erkrankung und einer eingeschränkten Sorgerechtsfähigkeit bei dem zu begutachtenden Antragsteller von NS-Verfahren, Petenten, Menschenrechtsaktivisten und KV darstellen könnte.
Siehe dazu auch:
- Verknüpfung von Familienrechts- und NS-Verfahren >>>
- Umgang des Amtsgerichts Mosbach mit NS-Verfahren >>>
- Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Spruchkörper des Amtsgerichts Mosbach In NS-Verfahren >>>
- Anhörungsrügen gegen Spruchkörper des Amtsgerichts Mosbach In NS-Verfahren >>>
- Einbeziehung von Gutachtern und Sachverständigen >>>
- Sachverständige und Gutachter aus Kitzingen - Verhältnis zum Nationalsozialismus und Rechtsextremismus >>>
- Versuchte Instrumentalisierung von familienpsychologischen Sachverständigen >>>
- Gelungene Instrumentalisierung von familienpsychologischen Sachverständigen >>>
- Beauftragung einer Psychiatrischen Begutachtung des Antragstellers von NS-Verfahren >>>
- Psychiatrische Begutachtung durch Facharzt der Johannes Diakonie Mosbach >>>
Siehe dazu auch:
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